Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

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barney
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Re: Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

#33 Ungelesener Beitrag von barney »

Vorletzter Akt:

Wie zuletzt berichtet, stand seit Anfang Juli 2014 mit Gilberto eine mehr als beachtliche Konkurrenz in der Garage, die in vielerlei Hinsicht die F übertraf. Zwar auch beim Gewicht, aber da ich mittlerweile keine gezielten Versuche mehr unternehme, welches Motorrad früher und tiefer im Schlamm oder Sand versinkt ist mir dieser Aspekt reichlich egal. Beim Fahren merkt man davon nichts, die 65 zusätzlichen Pferde katapultieren den Power-Kürbis mit einer Vehemenz nach vorne dass das Gewicht nicht auffällt.

Also habe ich die F technisch (Öl- und Filterwechsel) und optisch (d.h. mal wieder gründlich gewaschen und ein paar Macken im Lack ausgebessert) aufgehübscht und ins Netz gestellt.
Aber entweder war die Zeit (Spätsommer) gerade ungünstig, oder das Angebot einfach zu groß. Denn trotz eines – nach meinen Maßstäben – konkurrenzfähigen Preises gab es nur wenige ernsthafte Anfragen. Und die Kameraden welche entweder für den Freund in Süditalien oder Nordnorwegen mit Zahlung per Scheck oder sonstwie unseriös daherkamen habe ich gleich aussortiert. Es ist schon vorteilhaft wenn es die finanzielle Lage zulässt nicht jedes Angebot annehmen zu müssen.

Die F stand also weiter in der Garage und plötzlich kam aus dem Greisen-Kreis die Möglichkeit auf mich zu eine kleine Tour durch Südamerika zu unternehmen. Da von 5 anderen Teilnehmern immerhin 3 auf KTM 690 Enduro fahren wollten überlegte ich kurz meine noch im Bestand befindliche und erfolgreich für Wüstentouren im Oman und Marokko eingesetzte 640 Adventure zu aktivieren.

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Nach näheren Diskussionen über Reiseziele und Entfernungen (lang !) und vorgesehene Routen (überwiegend Asphalt) entschied ich mich dann doch, die mehrzylindrige und damit auf Langstrecken gegenüber der „Rüttelplatte“ LC4 deutlich komfortablere F für den Seetransport nach Chile vorzubereiten (auf Gilberto wollte ich nicht für knapp 6 Monate verzichten).

Wobei sich das „Vorbereiten“ auf einen Satz neuer Heidenau K60 und die Kontrolle der Verschleißteile begrenzte. Das ich bei der letzten Proberunde 14 Tage vor der Verladung auf freier Strecke mit entladener Batterie liegen blieb führte ich noch auf die zwischenzeitlich lange Standzeit ohne Nachladung der Batterie zurück. Mittlerweile ist mir bewusst das dies ein Fehler war … :Oh:

Also wurde die F mit Oktober 2015 zusammen mit 3 KTM 690 und einer 1993er Honda Transalp bei Klaus Demel in Göppingen zum Weitertransport nach Valparaiso abgeliefert. Über die Tour selber zu berichten sprengt hier den Rahmen, das hebe ich mir vielleicht für später auf. Ein paar Bilder für die Fangemeinde sollen aber dann doch sein:

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Der Prinz der Finsternis hat mich dann in der zweiten Reisewoche erwischt. Laufleistung ca. 55Tkm. Ziemlich genau hier:

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Zuerst stellte ich eine schwache oder gänzlich entladene Batterie fest wenn der Druck auf den Starterknopf nur noch ein müdes Zucken auslöst und suchte die Schuld bei selbiger. Aber auch häufiges Laden brachte keine dauerhafte Verbesserung, denn der Fehler lag im Versagen der Isolation der Lichtmaschine bzw. genauer gesagt der Wicklungen der Lima. Siehe Bilder.

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Für die Technik-Interessierten: Versagt die Isolation, gibt es Wicklungs-Kurzschlüsse und die Ausgangsspannung der Lima sinkt. Ein schleichender Prozess, den man nicht von heute auf morgen erkennt. Es sei denn, man hat ein Voltmeter montiert (oder im GPS integriert, wie ich später beim Spielen mit dem Garmin 278 entdeckte).

Die Lichtmaschine zählt – soweit kann ich mich meines Studiums noch erinnern - zu den passiven Bauelementen der Elektrotechnik. D. h. wenn man das Teil richtig dimensioniert (Einsatz- und Umweltbedingungen, Strom, Spannung, Wicklungs- und Lagenisolation, ...) geht es so gut wie nie kaputt. Und wenn dann eher mechanisch (Lager) als elektrisch.

Was ich dann auch in den einschlägigen BMW-Foren lesen konnte: ein Versagen der Lichtmaschine bei den Jahrgängen 2008-12 kommt offensichtlich häufig vor. Mit dem Modellwechsel 2013 hat BMW (anhand geänderter Teilenummern ersichtlich) technische Änderungen vorgenommen, sah es aber offenbar nicht als erforderlich an seine Bestandskundschaft vorsorglich zu informieren oder gar eine Rückrufaktion vorzunehmen. Die ist augenscheinlich nur bei sicherheitsrelevanten Mängeln auf Druck des KBA vorgesehen, wenn – besonders in den USA – ansonsten millionenschwere Schadensersatzklagen drohen.

Reparieren konnte man da nichts, auch wenn wir den besten verfügbaren Mechaniker in Chile (hier in der Mitte) aufsuchten.

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Der Ersatzteilpreis für die Lima (gibt es in Amerika nur komplett) beträgt ca. 800 US$, das war es mir dann nicht wert für eine Vor-Ort-Reparatur. Also hilft nur weiterfahren und es war das große Glück das wir in einer tollen Truppe unterwegs waren.

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Die Tour konnte ich nur beenden nachdem ich alle nicht fahrt-notwendigen Verbraucher deaktivierte (z.B. den Frontscheinwerfer absteckte) und die Batterie regelmäßig extern in Form unserer mobile Batterielade- und -tauschstation (unsere mitreisende 93er Honda Transalp) auffrischte.

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Am Ende hatten wir den Prozess soweit optimiert, dass die Batteriewechsel-Zwangspause nur noch knapp 10 Minuten dauerte. Das klappte natürlich nur wenn wir an einer abschüssigen Stelle geparkt hatten, um unnötigen Energieverbrauch durch Betätigen des Anlassers zu vermeiden.

Die alte Transalp war übrigens das einzige Fahrzeug der Truppe, das während der Reise keine Reparaturen benötigte. :L

Das Befahren unbeleuchteter Tunnel stellte eine besondere Herausforderung dar. Ebenso wie die Einfahrt ins peruanische Puna bei Dunkelheit …

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Da half dann nur eine vorausfahrende KTM bei der Erleuchtung. Wobei ich nicht verschweigen will das auch an einer KTM unterwegs geschraubt werden musste. Da hatte sich nämlich ein schlampig verlegter Stecker seinen Weg durch die Lamellen des Kühlers gesucht.

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Nach gut 7000 km durch Chile, Argentinien und Peru stellten wir die Mopeds nach 4 Wochen wieder im Speditionslager nahe Valparaiso ab. 8 Wochen später konnten wir sie wieder in Göppingen abholen. Nach einem mehr als ernüchternden längeren Schriftwechsel mit dem „Service“ der bayerischen Murks-Werke bleibt festzuhalten:

Sehr geehrter Herr Wolfes,
[...]
Ihr Motorrad ist über fünf Jahre alt und weist eine Laufleistung von weit über 50.000 km auf. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir in diesem Fall keine Kulanzregulierung mehr befürworten können.
[...]
Auch nach nochmaliger Prüfung und in Abstimmung mit der Geschäftsführung von BMW Motorrad sehen wir keine Möglichkeit, unsere Entscheidung in dieser Angelegenheit zu revidieren.
Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen und sind überzeugt, dass Sie auch zukünftig mit einem BMW Motorrad die richtige Wahl treffen. :Sp:
Mit freundlichen
Grüßen

Bayerische Motoren Werke
Aktiengesellschaft

i. A. Walter Xxxx
Technische Betreuung
BMW Motorrad
80788 München


Zur Erinnerung: das Motorrad war gerade mal 6 Jahre alt und 60.000 km gelaufen. :Al:

Aber schwerwiegender war wohl das ich mich fahrlässig der zahlungskräftigen BMW-Gemeinschaft entzogen hatte indem ich den bei 50 Tkm (und weit außerhalb der Gewährleistung) fälligen Kundendienst nicht mehr bei einem Vertragshändler durchführen ließ (der hätte natürlich den Defekt mit 100%iger Sicherheit vorab gefunden :Ir: ).
Dazu noch sinngemäß die Aussage, keinerlei Kenntnis von gehäuften Defekten der Lichtmaschine zu haben und das im Internet (offenbar besonders in BMW-Foren) viel Unsinn geschrieben wird …
Siehe auch hier: http://www.motorrad.net/bmw/liebe-mit-h ... 00-gs.html

Letzter Akt:

Also habe ich notgedrungen eine Lichtmaschine bei Götz Motorsport bestellt (die ist dort nicht nur deutlich preiswerter, sondern wird wegen der „bekannten“ Anfälligkeit auch in einer verstärkten Ausführung angeboten), Motoröl und – filter gewechselt, das Moped neuerlich gewaschen und poliert und schließlich in Juni 2016 an Privat verkauft.
Natürlich nicht ohne auf den vorherigen Einsatz und die vorgenommenen Reparaturen aufmerksam gemacht zu haben.

Was bleibt sind natürlich auch die schönen Erinnerungen an tolle Reisen und Erlebnisse auf diesen Reisen. Die F800GS ist eigentlich ein tolles Konzept und man muss es wohl nicht zuletzt BMW anrechnen die Reiseenduro-Mittelklasse wieder neu belegt zu haben, und damit letztendlich auch die neue :Gn: Africa Twin CRF 1000 verursacht zu haben.

Aber solange in der Propeller-Firma offenbar der "Shareholder-Value" über allem steht, die Kaufleute und nicht die Ingenieure das letzte Wort haben bzw. die Boni für die Teileinkäufer nicht mit den Ausgaben für Rückrufaktionen und Gewährleistungsfälle verglichen werden ...
Jeder darf sagen was er denkt, vorausgesetzt er hat vorher gedacht.
Reise vor dem Sterben, sonst reisen Deine Erben ;-) ;-)
Guckstdu barneys Abwege

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GS-Tom
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Re: Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

#34 Ungelesener Beitrag von GS-Tom »

Meine Lima ist auf dem Heimweg von einer größeren Tour 60 km vor der Garage verraucht. Neue Wicklung rein und später verkauft. Beim neuen Besitzer hat sie 15.000 km gehalten. Das Problem haben die Typen ab 2013 nicht mehr. Hatte kürzlich fast wieder eine gebrauchte gekauft.

Gruss Thomas
Egal was sie beschließen, Du zahlst!
Trotzdem immer unterwegs mit Honda NC 750 DCT, MZ ETZ 250, Simson Schwalbe oder Fahrrad

>>Onkel GS-Tom's Reiseberichte<<

fmwag
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Re: Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

#35 Ungelesener Beitrag von fmwag »

Ihr Motorrad ist über fünf Jahre alt und weist eine Laufleistung von weit über 50.000 km auf.
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir in diesem Fall keine Kulanzregulierung mehr befürworten können.
Ich habe und werde vermutlich nie eine BMW besitzen - aber die Entscheidung von den BMW Leuten kann ich gut nachvollziehen

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Linus
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Re: Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

#36 Ungelesener Beitrag von Linus »

barney hat geschrieben:Über die Tour selber zu berichten sprengt hier den Rahmen, das hebe ich mir vielleicht für später auf. Ein paar Bilder für die Fangemeinde sollen aber dann doch sein:
Wer so etwas schreibt und dann SOLCHE Bilder zeigt, muss sich entweder Beschimpfungen der übelsten Sorte aussetzen

oder dringend aufgefordert werden, einen Bericht zu eben dieser Tour zu schreiben!

ANFANGEN bitte
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Bäda
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Re: Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

#37 Ungelesener Beitrag von Bäda »

Seh ich auch so :mrgreen:

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Doris
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Re: Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

#38 Ungelesener Beitrag von Doris »

Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen und sind überzeugt, dass Sie auch zukünftig mit einem BMW Motorrad die richtige Wahl treffen. :Sp:
Mit freundlichen
Grüßen


Ist das jetzt Ironie oder Sarkasmus?

Bei den Bildern kommt schon wieder Fernweh auf!
Laß uns nicht zu lange mit dem Bericht warten!
Liebe Grüße
von einer, die auszog, die Welt zu entdecken...


Doris


Die Kuh einfach mal (f)liegen lassen

Meine Reiseberichte
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Bäda
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Re: Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

#39 Ungelesener Beitrag von Bäda »

fmwag hat geschrieben:
Ihr Motorrad ist über fünf Jahre alt und weist eine Laufleistung von weit über 50.000 km auf.
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir in diesem Fall keine Kulanzregulierung mehr befürworten können.
Ich habe und werde vermutlich nie eine BMW besitzen - aber die Entscheidung von den BMW Leuten kann ich gut nachvollziehen
Überhaupt gar nicht. Wenn es sich um ein minderwertig hergestelltes Bauteil, das auch keinem normalen Verschleiß unterliegt, dann müsste man da schon etwas entgegenkommen. Noch dazu, wenn der Defekt bei vielen Motorrädern vorkommt und kein Einzelfall ist.
Doris hat geschrieben:Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen und sind überzeugt, dass Sie auch zukünftig mit einem BMW Motorrad die richtige Wahl treffen. :Sp:
Mit freundlichen
Grüßen


Ist das jetzt Ironie oder Sarkasmus?

Ich käme mir fast schon verkackeiert vor bei dem Satz.

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Frido
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Registriert: Samstag 29. November 2014, 16:40
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Re: Meine (Ex-)BMW F800GS oder die Zwei Seiten der Medaille

#40 Ungelesener Beitrag von Frido »

Hallo,
Doris hat geschrieben:Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen und sind überzeugt, dass Sie auch zukünftig mit einem BMW Motorrad die richtige Wahl treffen. :Sp:
Mit freundlichen
Grüßen


Ist das jetzt Ironie oder Sarkasmus?
evtl. auch Überheblichkeit und/oder Dummheit?

Wieviel wird BMW wohl im Einkauf für so eine Lima bezahlen?

Vmtl. wäre der Kunde ja schon zufrieden wenn ein Teil der Kosten übernommen würde, aber anscheinend ist man der Meinung so etwas nicht nötig zu haben, auf Kunden verzichten zu können und den Imageverlust verkraften zu können.

Gruß
Frido
Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.

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