Nachdem nun bereits 2 der Hechlingen „Crew“ Ihre Erlebnisse sehr treffend und begeisternd wiedergegeben haben, gebe ich auch noch mal meinen Senf dazu – Achtung es besteht Gefahr, dass einiges bereits erwähntes hier wiederholt – man möge es mir nachsehen.
Irgendwann, ich glaub‘ es war in den letzten Tagen des vergangenen Jahres, keimte in mir die Idee, ein Enduro Training zu machen. Das GeländeSofa hatte ich seit dem Frühjahr und während der Saison etwas über 5.000 km damit unter die Reifen genommen. Fast ausnahmslos auf gut ausgebauten Teerbändern mit ein paar Feld- und Schotterweg Einlagen.
Ich wollte einfach wissen, ob sich dieses Dickschiff auch in gröberem Terrain bewegen lässt und insbesondere, ob ICH auch dazu in der Lage wäre.
Nach kurzer Recherche wurde ich auf den Enduropark Hechlingen aufmerksam. Dort wird offensichtlich alles geboten, was mir im Kopf rum spukte. Und – ganz ausschlaggebend – es gab Leihmotorräder, die man auch mal bedenkenlos in den Dreck werfen konnte ohne sich darüber einen Kopf machen zu müssen.
Ich bin nicht kontaktscheu, aber so ganz allein hatte ich irgendwie auch keine Lust und so stellte ich mal ein zwei Sätze ins Forum.
Siehe da, mein Aufruf fand Gehör und kurz nachdem Michael mit ins Boot gestiegen war, gesellten sich noch Doris und Wolf dazu. Zunächst mit eingeplant war auch der Michl, der jedoch leider aus bekannten Gründen kurzfristig andere Prioritäten setzen musste. An dieser Stelle noch mal Daumen gedrückt für den Michl – und ich darf Dir versichern, der Wolf hat die Ösi Fraktion auch als Solist hervorragend vertreten ;-)
Anreise, erstes Zusammentreffen, Trainingsbeginn
Nachdem sich das trübselige Winterwetter langsam trollte und dem überall einsetzenden Frühlingserwachen Platz machte, war es endlich soweit. Besser konnten die Voraussetzungen nicht sein, alle konnten vorab bereits ein paar km unter die Räder nehmen (allein Doris musste auf Kopfkino zurückgreifen, da die Kuh noch ein paar Service Rückstände aufzeigte), die Wettervorhersage für den Zeitraum war hervorragend und die Vorfreude bereits mit etlichen Bekundungen im Forum auf dem Höchststand.
Michael und Wolf bewältigten die Anreise auf Kati und Tiger, Doris (notgedrungen) in der Dose und ich der Bequemlichkeit frönend im Flieger.
Das erste Zusammentreffen war herzlich und von der ersten Sekunde locker und entspannt. Eine klasse Truppe in der die Chemie auf Anhieb stimmte.
Kurz zur Auflösung der Taxi Frage des ersten abends – Michael erklärte sich nach dem Essen doch noch kurzerhand freiwillig zum Chauffeur – irgendwas an meinem Fahrstil hatte ihn auf der Fahrt zum Restaurant einen Gesinnungswandel erfahren lassen

Der kommende Morgen – auf geht’s
Nach kurzer Vorstellung des Parks, der Instruktoren und des groben Training Ablaufes wurden Gruppen gebildet - zunächst basierend auf der eigenen Einschätzung. Das ging von „wer hat schon mal auf einem Zweirad gesessen“ bis „wer ist routinierter Fahrer und hat schon einige offroad Erfahrung“.
Das Kalkül von Wolf und mir – wir melden uns zur absoluten Einsteigergruppe – da wird es die wenigsten Teilnehmer haben (weil dort eben aus falscher Scham niemand hin will) und greifen den Instruktor für uns allein ab.
Unsere Rechnung ging leider nicht ganz auf – weil eben ohne den Wirt gemacht

Generell muss man sagen – Fehleinschätzungen bringen nichts (weder im Positiven noch Negativen). Die Gruppenstärken sind wirklich ausgeglichen 6 – 8 Leute pro Instruktor und gerade bis zur Halbzeit des ersten Tages, gibt es gar keine Unterschiede im Ablauf.
Die Instruktoren entscheiden DANN wer zu wem in welche Gruppe kommt und die Leute sind absolut erfahren in der Beurteilung des eigenen Levels.
Niemand wird unter oder überfordert und auch ein Wechsel zwischen den einzelnen Gruppen ist auch im weiteren Training immer völlig locker möglich und wird notfalls auch ohne eigene Anregung durchgeführt, so wird jedem Teilnehmer quasi der Maßanzug geschneidert.
Aufsteigen, Absteigen, mit 2 Fingern am Moped um selbiges herumlaufen, zur Not auch mal das Spiel „220 kg heb auf“ probieren.
Langsame Runden fahren auf unbefestigtem Terrain - sitzend, stehend, einen Fuss auf der Raste einer in der Luft, Kniebeugen auf dem Moped, kniend auf der Sitzbank, im Damensitz etc. etc.
Blickführung, Körperhaltung, Kupplungs- und Gashandbedienung.
Der Slalom und die Wende im abgesteckten Pylonenkreis zeigt dann schon das ein oder andere Mal, dass der tatsächlich gefahrene Kurs nicht ganz mit der Vorgabe in Einklang zu bringen ist

Es sind absolute Basics, aber sie tun jedem gut und auch die „erfahreneren“ Teilnehmer mucken nicht.
Mittag - mittlerweile sehr angenehme 16 Grad und eine Sonne am Blau des wolkenlosen Himmels, die mit den Teilnehmer um die Wette strahlt.
Gemeinsames Essen im nahegelegenen Hotel in dem auch wir Unterkunft fanden. Wirklich tolle und entspannte Atmosphäre – jeder quatsch mit jedem, hockt sich mal hier mal dort mit zu.
Es sind Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Ungarn, Russland, England - eine bunt gewürfelte Truppe.
Der Nachmittag steht dann schon voll im Zeichen des Fahrens. Verschiedene Routen des Parks werden unter die Räder genommen – und es sind wirklich schmale Spuren, grober Schotter, beides zusammen, enge Waldpfade, etc.
Ich behaupte mal, ohne vorweg fahrenden Instruktor, wäre ich zumindest 40 % der Strecken nicht gefahren. So sagt man sich – naja, der wird schon wissen dass es geht und man auf dem Trampelpfad zwischen diesen Bäumen durchpasst.
Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie mühelos diese Dickschiffe doch wirklich über Steine, Baumwurzeln oder auch mal einen 40 cm Absatz rauf und runter gehen. Da hätte ich teilweise mit dem Mountainbike nicht die Traute und plötzlich geht so viel.
Motivation pur – wenn auch die Knie und Hände das ein oder andere Mal doch schlagartig wieder weich bzw. hart werden und es in der Unterhose stottert wie das ABS am Hinterrad.
Die Ausfälle in den einzelnen Gruppen halten sich in Grenzen – aber es gibt sie. Ich konnte auch nur einen Teilnehmer ausmachen, der mit dem eigenen Dreckschubser gefahren ist – das war allerdings auch eine G650X – also schon eher die Riege leichtere Sportenduro.
Spätestens beim ersten Umfaller fühlt sich wohl jeder in der Ansicht bestätigt, dass die Leihmaschine mehr als sinnvoll ist. Es wird auch nicht lange diskutiert oder rumgebastelt. Ist irgendwas kaputt (und manchmal bedurfte doch einiges der Erneuerung), wird einfach das Motorrad getauscht und 10 Minuten später geht’s weiter im Takt.
An dieser Stelle auch ein Wort zum Gruppenzusammenhalt – ich kann nur für meine Gruppe sprechen, habe aber auch ausschließlich gleichlautende Aussagen gehört. Haut es einen hin, sind sofort 2 oder 3 aus der Gruppe zur Stelle, die dann hilfreich unter die verschwitzten Arme greifen. Ist bei einem die Luft raus, begleitet die komplette Gruppe den Kollegen kurz runter zur Station – kein Murren, kein Maulen – vielleicht ist man ja selbst der Nächste.
Es werden in wirklich angemessenen Abständen Pausen gemacht wobei Getränke (kalt / heiss) oder auch mal ein Keks immer zur Verfügung steht.
Das MIMOTO Quartett schlägt sich hervorragend in allen Disziplinen. Bedeutende Ausfälle müssen wir auch nicht verzeichnen.
Einmal schaltet mein kompletter Organismus beim Anblick eines hinabzufahrenden Steilhanges komplett auf Stand By. Ich kann jetzt nachvollziehen, wenn ein Pferd vorm Ochser stehen bleibt ;-)
Irgendwo haut’s Wolf dann doch etwas heftiger hin, als er im Wald bei den Bäumen einfädelt.
Lenkerbreite 98 cm – Durchfahrtsbreite 102 cm ;-) da ist einfach schon eine ziemliche Portion Glück dabei, wenn man die Stelle schadlos passiert.
Doris, unsere angehende Panamericana Stürmerin zieht das Programm super cool durch – man merkt, Sie ist Wiederholungstäterin in Hechlingen.
Der Tatsache Rechnung tragend, dass Michael ein begnadeter „Linksausleger“ ist – es scheint demnach auch in Hechlingen Mimoto Video Abo‘s zu geben – wurde ihm direkt ein Motorrad zugeteilt, das offensichtlich schon ein paar Übungen unterhalb der Grasnarbe absolviert hat. Leider hat sich die Aussicht nicht erfüllt, bei diesem Event mal einen seiner Stunts auch live miterleben zu dürfen ;-)
Der auf den tollen Tag folgende Abend zusammen war ebenso klasse. Wolf, für uns alle überraschend um ein Jahr gealtert, lud zum Umtrunk ein. Der verabreichte Genesungstrunk Namens Blutwurz machte die müden Glieder wieder putzmunter, schmeckt allerdings eigentlich auch erst ab dem Dritten.
Das Frühstück am darauffolgenden Morgen wurde von mir mit einer allseits gern angenommenen Vitamin C Spritze in Form von gepresster Acetylsalicylsäure eingeläutet. In Anbetracht der plötzlich über Nacht eingetretenen Gesichtsalterung hätten wir eigentlich gleich mindestens 2 weitere Geburtstage feiern können.
Der 2te Tag beginnt mit einer Frühsporteinlage a la „lets dance“ und ausstaffiert mit adäquatem Schuhwerk und GoreTex Ausgeh-Anzug wird auch relativ schnell wieder die korrekte Betriebstemperatur erreicht.
Es folgen wieder ein paar Einfahrübungen bevor es etwas mehr an’s Eingemachte geht.
Anhalten am Steilhang, durchs Kiesbett schubbern, bremsen auf Schotter mit und ohne ABS, das Vorderrad auf dem Schotter kontinuierlich an der Blockiergrenze halten sind schon Übungen die man sicherlich nicht tagtäglich auf der Hausrunde absolviert.
Den Trampelpfad mit dem passenden Namen Ho-Chi-Min, fand ich besonders erquickend. Hier war wirklich Konzentration gefragt – gar nicht so einfach mit einer nicht zu vernachlässigenden Restmenge Blutwurz in den Adern

Ich gestehe offen und ehrlich, gegen 14:00 Uhr war bei mir die Luft raus. Die Konzentration war futsch und Passagen die vorher noch gut gingen nötigten mir mehr und mehr Respekt ab.
Ich für meinen Teil hatte bis dorthin mehr mitgenommen als ich erwartet hatte, das Wetter war traumhaft und ich hatte einfach nicht mehr die geringste Lust, mir beim Endspurt doch noch weh zu tun. Ergo – mehr Pausen, mehr isotonische Durstlöscher und ein bisschen mehr Heldengeschichten mit den anderen Teilnehmern austauschen.
Nachdem es Wolf infolge der schmerzlichen Erfahrung des Vortages dann noch ein zweites Mal schmiss, ging auch er dazu über, die ein oder andere Einstellung mit der Cam aus der sicheren Position des Zweibeiners auf den Chip zu bannen.
Doris war mit jeder Biegung und jedem Hügel anscheinend schon gedanklich auf der Panamericana unterwegs und Michael kennt sowieso kein Ende.
Wolf und Michael treten noch am gleichen Tag die Heimreise an, Doris und ich lassen den Tag und den Abend noch mit einem gemeinsamen Abendessen ausklingen, bevor sich auch am kommenden Morgen unsere Wege gen Heimat wieder trennen.
Zusammenfassend war es ein super geiles Erlebnis und fun pur. Dann noch das Glück zu haben, so tolle und doch individuelle Leute aus dem Forum näher kennenzulernen und dies mit ihnen teilen zu können …… P E R F E K T.
PS. Nein, wir haben keinen Werbungsbonus mit dem Veranstalter ausgehandelt, aber auch objektiv gesehen darf man sagen – das ist eine durchaus lohnenden Veranstaltung für jeden, der gern Motorrad fährt (egal ob Straße oder Enduro).
Filmisch wird Wolf und sicherlich Michael noch die Highlights zusammenstellen. Aufgrund akuten Zeitmangels habe ich Wolf mein Material zur Verfügung gestellt, vielleicht wird er die ein oder andere Szene daraus verwenden können – ich bin schon sehr gespannt.
Gruss
André