na denn, weiter gehts....
29.05.2012
Auf nach Barcelona – mit Hindernissen
Schon um 4.30 bin ich wach. Nicht, weil mir der die ganze Nacht anhaltende Strassenlärm auf die Nerven geht, nein. Nein, ich friere.
Es ist schweinekalt und offensichtlich ist der Schlafsack für diese Temperaturen nicht gemacht. Ich setze meine Stirnleuchte auf,
schalte sie an und sehe meinen Atem als Dampf vor mir schweben. Ich ziehe mein Kapuzensweatshirt an, wickle mein Halstuch um,
ziehe die Kapuze auf. Nichts hilft. Etwas warmes muss her. Kaffee? Nee, noch zu früh. Zum Glück habe ich Tee mitgenommen und
werfe den Gaskocher an. Ich sitze mal wieder in der Apsis – die natürlich offen ist, denn sicher ist sicher und das Wasser wird so
langsam heiss. Gleichzeitig merke ich, wie sich die Luft erwärmt und die Wärme etwas in das Zelt strömt. Kurz und gut, ich entschließe
mich, die Apsis zu schließen und somit durch den Gaskocher etwas mehr Wärme ins Zelt zu bekommen. Das funktioniert und zusammen
mit dem Tee wird es mir dadurch auch etwas wärmer. Wärmer, nicht warm. Nach dem Tee folgt Espresso - klar, Instant-Espresso, aber immerhin.

schweinekalt war es, trotz Tee und Espresso
Aber das hilft auch nicht großartig, die innere Heizung anzuwerfen. Irgendwann halte ich es trotz Tee, Espresso und Gaskocher nicht
mehr aus und fange an, meine Sachen zusammenzupacken um mich auf den Aufbruch vorzubereiten. Als ich alles soweit fertig verpackt
und auf dem Mopped verstaut habe, gehe ich kurz zur Einfahrt des Platzes aber die Schranke ist noch unten und niemand in Sicht, der
diese öffnen kann. Am Eingang sehe ich, dass die Schranke ab 07.30 geöffnet ist. Das sind noch 1,5 Stunden!!! Was solls, das kann
ich eh nicht ändern, also schlendere ich noch etwas über den Platz und warte darauf, dass der kleine Supermarkt öffnet.
Endlich macht jemand die Tür auf. Ich habe es tatsächlich geschafft, eine Stunde lang herumzuschlendern... Hier passiert aber auch
gar nix. Rappzapp in den Supermarkt, ein Brot gekauft, eine Flasche Wasser und ein Schnellfrühstück absolviert. Den Gaskocher habe
ich noch draußen und mit dem frischen Wasser auch einen Kaffee gemacht. Fein gemampft, den Kaffee getrunken, alles schön verstaut
und los geht’s. Die Schranke geht gerade auf, als ich dort ankomme.
La Vella good bye.
Ich fahre durch das Tal und nehme etwa zwei Kilometer vor der Grenze die Möglichkeit war und tanke die Q auf. Für etwa EUR 1,25
den Liter! Ich sehe zu, dass der Tank auch wirklich randvoll ist und fahre gen Spanien. Nach ungefähr 1 Stunde Fahrzeit hinter der
Grenze, also schon in Spanien, erreiche ich den Abzweig zu meiner Schotterstrecke, die ich letzte Nacht im Traum schon abgefahren bin.
Blinker links gesetzt und die Strasse führt mich zunächst entlang eines Flusses. Ich halte nach ein paar hundert Metern an, denn auf der
anderen Uferseite liegt ein Dorf auf einem Berg, das muss natürlich fotografiert werden.
Weiter geht’s. Die Strasse wird immer schmaler und schlängelt sich in engen Serpentinen immer weiter in die Höhe. Zwischendurch mache
ich Halt und habe die Möglichkeit im Morgendunst ein paar Fotos zu machen.

Morgendunst...
Weiter geht’s. Nach ungefähr 10 Minuten erreiche ich einen größeren Bauernhof, den ich überquere. Zwischen den Gebäuden hindurch
fahre ich weiter und etwa nach einem Kilometer ist der asphaltierte Weg zu Ende und ich befinde mich auf Schotter. Ich lasse es gemütlich
angehen. Der Weg wird noch schmaler und der Schotter ist kein Schotter mehr, sondern Matsch. Na, dann kannst Du nachher in Barcelona
schön auf dicke Hose machen, dass Du ne Offroad-Tour gemacht hast, denke ich und fahre weiter. Vor mir taucht ein Bachlauf auf (Fluss
wäre zuviel gesagt) etwa vier Meter breit und ich denke noch, dass das ja wohl easy ist und kaum zu Ende gedacht rutscht mir auch schon
leicht das Vorderrad weg. Hups, denke ich und irgendwie schaffe ich es, das Mopped mittendrin anhalten zu können und stehe – mit beiden
Beinen – knapp bis zum Schienbein im Wasser. Da musst Du jetzt durch, denke ich. Was ich wohl besser gedacht hätte – so sollte es mir
jedenfalls dann etwa vier Kilometer weiter durch den Kopf schiessen – dass es wohl besser wäre umzukehren, denn mit den Reifen und
dem Beladungszustand.... Egal, das ist halt Abenteuer und weiter geht’s. Ich schlingere also langsam durch den Bach und schaffe es ohne
Sturz und ohne Wasser in den Stiefeln. Auf der anderen Seite angekommen, lasse ich es ein wenig krachen und jage durch eine Pfütze, die
deutlich kleiner und höchstens ein paar Zentimeter tief ist. Fein, wie das spritzt... Da guck ich mir doch nachher mal an, wie das Mopped
aussieht und mach ein paar Fotos, denke ich voller Genugtuung und fühle mich, wie auf meiner persönlichen Dakar. Es geht weiter auf
Schotter. Irgendwann komme ich an eine Fläche, ungefähr 70 bis 80 qm groß, die sich in den Berg hineinlegt. Links und rechts davon jeweils
ein Abzweig. Nix mit gerade aus, mein Navi sagt links rum, den Weg nach oben.
Irgendwie bin ich aber auf rechts eingestellt, versuche schnell die Kurve zu bekommen und merke, wie mir mein Hinterrad wegrutscht...
wohl zu viel Gas gemacht. Zum Glück bekomme ich das Mopped noch abgefangen, links rum muss ich aber trotzdem. In die Bremse gepackt
und das dann auch noch deutlich zu stark. Das ABS rattert, der Bremsweg wird zu lang, die Q zu langsam und ich merke, wie sie kommt.
Nach links. Nicht in die Kurve... Sondern ganz langsam im Zeitlupentempo im 90 Gradwinkel in Richtung Boden. Laut schreie ich Sch...
und dann liegt sie da. Das einzige, was ich im Affekt mache, ist, den Killschalter zu betätigen und die Kuh zum Schweigen zu bringen.
Das Ding bekommst Du doch niemals wieder auf die Räder gestellt. Ein Blick auf die Uhr. Es ist halb zwölf. Um 22.00 wird das Mopped auf
die Fähre verladen. Das muss passen, denke ich, sonst ist Theater angesagt (am 30sten will ich meine Freundin auf Formentera treffen...).
Ich versuche die Q, die mit den Rädern bergauf liegt, aufzurichten. Keine Chance. Dann muss eben das Gepäck runter. Ich baue das Topcase
ab, nehme den rechten Seitenkoffer ab, den Tankrucksack und die Ortliebtasche schnalle ich auch ab. Ich schwitze. Ich hasse es zu schwitzen.
Also, ran an den Speck. Ich bekomm die GS tatsächlich etwas angehoben, aber aufgerichtet? Nada, wie der Spanier zu sagen pflegt. Was tun?
Gehst Du jetzt 5 Kilometer zum Bauernhof zurück – durch den Bachlauf – und sagst: „Entschuldigung, können Sie mir mal helfen? Mein
Moped ist mir umgefallen...“ ? Nee, die Schmach behältst Du dir bis zum Schluss vor, denke ich. Mit einem Mal fällt mir ein Schulungsvideo
ein, was ich einmal genießen konnte, in dem es genau um eine solche Situation ging: Räder bergauf. GS im Dreck. Als ich den Film sah, hatte
ich mir geschworen, das niemals zu tun, denn das kann nur Kratzer geben: Mopped im Dreck drehen, bis die Räder zum Tal zeigen und dann
einfach aufrichten. Das ist die eine Alternative, die andere ist eben das kleine spanische Bäuerlein, was sich nachher höchstwahrscheinlich
über mich kaputtlachen würde. Also, dann lieber Schmerzen in der Seele. Gesagt getan.
Jedes knarzen ist in den nun folgenden Augenblicken, wie Messerstiche in mein Herz, denn ich entschließe mich dazu, die Q an der Gepäckbrücke
herumzureißen. Ich versuche nicht auf das Jammern der Kuh zu achten, fluche schwitzend vor mich hin und bekomme den Bock in die richtige
Position. Ich stelle mich mit dem Rücken zum Mopped, die eine Hand am Lenkerende, die andere am Rahmen. Ich stemme mich aus der Hocke
dagegen und so bekomme ich sie auf die Beine gestellt. Nur nicht zu weit, sonst hast du den Mist mit der anderen Seite. Ich drehe mich um und
lege mich mit dem Oberkörper – schweißüberströmt - auf die Sitzbank und bin total am Ende. Ich kicke den Seitenständer aus und betrachte
mir das Schauspiel. Und, was ist, ist der Tank nun versaut? Nix, lediglich der linke Seitenkoffer ist etwas verkratzt – ich bin froh, dass es die BMW-
Koffer sind, ich denke, einen Alu-Koffer hätte es gewaltig verzogen – und der Sturzbügel hat ein paar Kratzer abbekommen. Ich tanze gedanklich
vor Freude und da ich nun vollends bis auf die Unterhose nass bin, suche ich mir im Hang einen Felsblock und ziehe meine Sommersachen an,
denn bei meiner Abfahrt in Andorra war es noch zu kalt für diese. Aus dem Topcase, was inmitten des Gepäcks noch auf die anstehende Verladungs-
aktion wartet, nehme ich mir eine Flasche Wasser und trinke erstmal einen ordentlichen Schluck, der – so jedenfalls hab ich das Gefühl – in meinem
Hals augenblicklich verdampft.
Nach der kurzen Pause packe ich alles wieder auf das Mopped und dazu habe ich es vorher auf den Hauptständer gestellt. Denn selbst bei ein-
gelegtem Gang ist mir hier zu viel Gefälle im Spiel. Einmal umfallen reicht – übrigens habe ich mir die Mühe gemacht und war den Weg die nächsten
Hundert Meter abgegangen. Das Ergebnis ist die nun anstehende Kehrtwende, denn darauf bin ich wirklich nicht vorbereitet. Der Weg sah aus...
Mit anderen Reifen – wenn es noch mal in die Pyrenäen geht, werde ich definitiv vorher Stollenreifen aufziehen lassen – aber mit meinen als
Enduroreifen getarnten Strassenreifen...? Das ist nicht machbar, stelle ich fest und gehe wieder zurück zum Mopped. Ich schwitze schon wieder!
Also alles aufgepackt, runter vom Hauptständer und dann kanns ja endlich wieder losgehen.
Denke ich, denn der nun folgende Druck auf den Anlasserknopf lässt lediglich ein superkurzes Rattern entstehen. Danach eine unendliche Stille,
bis auf das Gezeter von den Vögeln, die sich nun schon fast eine Stunde über mich amüsieren: „Hey, guckt Euch den an, wie der schwitzt...
Muhuhaaa, ich lach mich schlapp!“, brüllt der eine gekrümmt vor Lachen zum anderen. Das kann doch nicht sein, schimpfe ich vor mich
hin – die Vögel zetern noch lauter – und stoße noch mehr Flüche aus, was mir aber nicht weiterhilft, die Vögel aber noch mehr amüsiert.
Ich stelle das Mopped auf den ausgeklappten Seitenständer und suche sämtliche Kabel ab, die zu finden sind. Vielleicht ist ja doch was abge-
rissen? Nix. Nochmal probieren... Nix. Ach, Du Depp, der Killschalter! Klar das die nicht anspringt. Ich stell ihn in die Betriebsstellung, drücke in
freudiger Erwartung den Starterknopf und..? Nix!!! Verdammte Sch....! Der Blick auf die Uhr. Kurz nach eins. „Seit mehr als 1,5 Stunden mach
ich hier rum, bekomm die auf die Beine gestellt und nu springt dieses Sch....Teil nicht an“, (ich hab mich nachher bei ihr entschuldigt) schreie ich!
Leichtes Gekicher, so meine ich jedenfalls, ist wieder aus den Bäumen zu hören. Irgendetwas prustet sogar. Ich denke, dass ist der mit den grünen
Streifen im Gefieder. Na warte, wenn ich die Q ans laufen bekomme, gehts Dir an den Kragen!
Ich ertappe mich bei dem Gedanken, in meiner Werkstatt anzurufen: „Ähm, ja ich steh hier in den Pyrenäen und mein Mopped springt nicht an“,
ähnlich gut wäre es, den ADAC zu rufen. Die sind bestimmt gleich da und dann wird alles wieder gut.... Wieso geht das Display nicht (das geht
nie, wenn ein Gang eingelegt und der Seitenständer ausgeklappt ist, denn da gibt es so eine lustige Schutzschaltung...)? Ich Depp hab doch den
Gang eingelegt, damit die Q nicht im Gefälle weggaloppiert. Also, Gang raus, Startknopf gedrückt und freudig brummt mich die GS wieder an.
Ich ertappe mich dabei, wie ich nach einem geeigneten Stein suche, um dem gefiederten Freund eine Rechnung aufzumachen, lasse dies dann
aber doch sein.
Puuh, nu aber fix weiter, denn Du hast noch was vor. Bevor ich losfahre muss ich erst noch einen Schluck Wasser trinken, denn schon wieder habe
ich solch einen Durst, dass die Kalahari-Wüste im Vergleich zu meiner Kehle einem Sumpfgebiet ähnelt. Also kurz noch mal ans Topcase, eine Flasche
Wasser gezückt und dann – pffffff – Wasser wieder verdampft. Dass ich keine Dampfschwaden über mir sehe, ist ein Wunder. Den Rest des Wasser
bewahre ich wieder im Topcase auf, also wieder zurück damit in ebensolches. Nun aber weg hier.
Als allererstes deaktiviere ich das ABS, denn das was mir passiert war, muss nicht noch mal passieren. Dann geht’s wieder los, nur retour: Durch die
Pfütze, danach wieder durch den Bach – hier pass ich ein wenig besser auf und versuche nicht direkt vors Rad zu schauen, sondern halte meinen Blick
auf das andere Ufer gerichtet, was die Durchquerung einfacher macht. Ich komme wieder am Hof vorbei und irgendwann stehe ich wieder mit den
Reifen auf Asphalt. Kurz angehalten, das ABS wieder aktiviert. Nach ein paar Metern ist Split auf der Strasse, der wohl noch vom Winter übrig ist
und ich mache jeweils vorn und hinten eine Bremsprobe, um zu kontrollieren, ob das ABS seinen Job macht. Perfekt, alles in Ordnung, dann kann
ich es ja nun wieder ein wenig fixer angehen lassen, was allerdings schon auf dem Hinweg maximal Tempo 40 bedeutete, denn der Weg ist schmal
und die Kehren dicht an dicht. Und runter ist es eh schwieriger, denn die Masse drückt von hinten zusätzlich. Gut dass ich hier keinen Gegenverkehr
habe, denn ein Auto und die GS nebeneinander funktioniert hier nicht.
So langsam wird dann die Strasse wieder zu einer Strasse, die diesen Namen verdient und endet letztlich wieder auf meiner Hauptroute.
Ich biege links ab und nach etwa 4 Kilometern komme ich an der Stelle vorbei, an der ich aus dem Berg wieder auf die Strasse gekommen wäre, wenn
ich denn die Schotterstrecke zu Ende gefahren wäre. Knapp zwei Stunden hat mich der Spaß gekostet. Aus der ursprünglichen Panik wird langsam
wieder ein entspanntes Fahren, denn die Fähre verlässt Barcelona ja erst um 22.30 und um 22.00 Uhr ist die Verladung angesetzt. Zeit satt – wenn
nicht wieder was passiert...

Col de Jou
Aus den Pyrenäen komme ich über x Serpentinen langsam Richtung Mittelmeerküste. Bis auf ganz wenige Autos und Motorrädern bin ich hier wieder
alleine unterwegs, fahre zwei, drei letzte Pässe und komme dann oberhalb von Berga wieder in die Zivilisation. Ich mache kurz einen Stop, denn
einerseits ist die Aussicht auf Berga so schön, dass ich ein Foto machen will und andererseits plagt mich der Durst. Ich finde in der Serpentinenabfahrt
ein geeignetes Plätzchen für beides und halte an.

Auf die Abfahrt von den Bergen schauend auf Berga zu,

Ausblick auf Berga
„Erstmal was trinken“, schiesst es mir durch den Kopf, denn meine innere Dampfmaschine läuft schon wieder auf Hochtouren und der Kessel verlangt
nach frischem Wasser. Ich krame mein Schlüsselband, was mir um den Hals hängt, unter der Jacke hervor und will das Topcase aufschliessen, aber das
ist zum Glück – hääää ? – offen! Auch das noch. In böser Ahnung suche ich mein Brillenetui meiner ungetönten Brille, denn das liegt direkt vorne an.
Sollte es jedenfalls. Ohne Erfolg! Ich scheine das Case wohl bei meiner Losfahrt vergessen zu haben, richtig zu schliessen und so ist durch die Holperei
das Teil aus dem Case verloren gegangen. Das reicht jetzt aber für die Tour und gleichzeitig kommt mir in Erinnerung, wie Thomas damals meinen
Schal auf der Tour nach Österreich aus seiner Lederrolle verloren hat, weil er eben auch vergessen hatte, diese zu schliessen. Sei’s drum, die finde ich
eh nicht mehr, seit meinem Offroad-Versuch bin ich knapp 150 Km gefahren und die abzusuchen...? Aber mein Wasser ist noch da, also wenigstens etwas.
Ich trinke, mache mein Foto und fahre runter nach Berga hinein. Die Stadt ist in der Mittagszeit nahezu verschlafen, ein paar Autos fahren durch sie,
wie ich, hindurch und die Menschen, die ich sehen kann, treiben sich im Schatten herum. Ein Blick auf die Tankanzeige sagt mir, dass es mal wieder Zeit
ist, um der Q das notwendige Lebenselexier namens Benzin zu verabreichen und schon zu Ende gedacht, sehe ich eine Tankstelle. Beim Tanken mache
ich mir so meine Gedanken, dass es absolut unnötig war, soviel Reservesprit mitzunehmen (4 Liter), denn ich finde auf der gesamten Tour bisher– wenn
es nötig ist – nahezu auf Anhieb immer Tankstellen. Schnell habe ich bezahlt und fahre weiter.
Ich fahre ab Berga ein Stück der Europastrasse 5 entlang und kurz vor Gironella mache ich einen 90 Grad-Turn nach links, grobe Richtung Küste. Kleine Orte,
wie Prats de Llucanes, Olost, größere, wie Vic passiere ich, bis ich den nahezu letzten Kurvenspaß für heute im Parc Natural del Montseny vorfinde. Die BV 5301
schlängelt sich hier hindurch und trifft an deren Ende auf die C61, auf die ich nach der Überquerung der Autobahn C35 gelange. Bald ist auch die Küste in
Sicht und die Besiedlung wird schlagartig dichter. Was auch dichter wird, ist der Verkehr, der sich ab Arenys de Mar entlang der Küste windet.
LKW an LKW reiht sich hier hintereinander ein. Ich sehe zwar den Strand, aber von dem werde ich getrennt durch ein Bahngleis. Eigentlich hatte ich vor,
irgendwo am Strand meine Füsse ins Wasser zu halten, aber nun beschliesse ich, dem ganzen Gewimmel einfach schnell zu entkommen. So fahre ich einfach
weiter über Mataro, Badalona bis ich dann in Barcelona ankomme. Der Berufsverkehr nervt mich extrem, die Ampelanlagen sind ebenso nervig und "schön"...?
Schön war die Strecke entlang der Küste auch nicht. Schnell steht für mich fest, dass ich das auf der Rückfahrt nicht mehr haben muss und um Barcelona einen
Riesenbogen machen werde. Das habe ich mir anders vorgestellt. Meine Vorstellung bei der Planung war, ganz entspannt die Küstenlinie abzufahren und den
Blick ab und zu auf das Meer richten zu können. Hätte ich das auf den letzten Kilometern getan, wäre ich von einer brenzligen Situation in die nächste geraten.
Es ist jetzt Schlag 18.00 Uhr. Mit meiner Ticketreservierung stehe ich in einer schier endlos erscheinenden Schlange vor dem Schalter im Hafengebäude. Über
den Schaltern befinden sich elektronische Anzeigetafeln, die die Zielhäfen ab Barcelona angeben und die Fähren, die dort hin übersetzen. Tanger lese ich
und sofort fällt mir die Zeile des BAP-Songs ein: „Noch ne kooze Jroß un dann, dann jeht et rüver no Tanger“. "Mache ich vielleicht auch irgendwann mal",
denke ich und beschaue mir die Leute, die hier mit mir zusammen darauf warten, dem Schalter näher zu kommen. „Seh’ ich auch so fertig aus? Bestimmt nicht...“
Endlich bin ich an der Reihe. Die Reservierung wird schnell zu einer hochamtlichen Ticketausstellung und nun muss ich nur noch in den Wartebereich zur Ver-
adung. Den Weg lass ich mir von dem Typen kurz erklären, der mir das Ticket ausgestellt hat. Ich soll wieder runter vom Hafengelände, zurück bis zum nächsten
Kreisverkehr und wieder rauf aufs Hafengelände fahren, also eigentlich eine 360 Grad-Wende, nur dass ich einen anderen Abzweig nach dem Kreisverkehr nehmen soll.
Gesagt getan. Ich schwinge mich wieder auf meinen Bock und fahre die paar Meter weiter bis in den Kreisverkehr und hier schiesst mich fast jemand ab. Das,
was die Spanier in den Pyrenäen so auszeichnet, nämlich vorausschauend zu fahren, legen die Kameraden in potenzierter Form in den Städten einfach ab.
Draufhalten ist bei denen angesagt und so entkomme ich nur knapp dem Kotflügel von diesem Meisterstück deutscher Automobilbaukunst VW Golf. Das ging
grad noch mal gut. Den Schreck noch in den Knochen finde ich ein paar Meter weiter den richtigen Abzweig auf das Hafengelände, sehe die per Hand geschrieben
Schilder „Ibiza“, die mich zu der überdachten Stellfläche führen, wo schon ein paar Autos stehen.

Wartebereich für die Verladung auf die Fähren im Hafen Barcelona
Heiß ist es hier immer noch, obwohl der gesamte Bereich überdacht ist. Einzige Möglichkeit, das zu ändern ist, mich umzuziehen, denn selbst die Sommerklamotten
lassen mich hier aussehen, wie einen schmelzenden Eiswürfel. Schnell habe ich meine Sachen aus dem Topcase zusammen-sortiert und versuche mich neben dem
Mopped umzuziehen. Hinter mir hupt es. Eine Spanierin strahlt mich freudig an, als ich versuche, mir die mittlerweile durchgeschwitzte Moppedhose vom Hintern
zu ziehen. Ich grinse zurück und irgendwann stehe ich mit frischem Polo, trockener Hose und FlipFlops neben meiner Q. Ich verstaue meine Mopped-Klamotten schnell
auf der Ortliebtasche, fädle das Stahlseil durch die Hosenbeine und Ärmel der Sommersachen. Alles bekomme ich fein abgeschlossen, bis auf meine Stiefel...
Egal, wer will diese Treter schon klauen und somit quetsche ich die beiden Galoschen unter die Spanngurte.
Hunger hab ich. Seit heute morgen gabs nix zu mampfen, bis auf ein paar Magdalenas! Mit großem Appetit mache ich mich auf zur Rambla del Mar, die ich 2003 schon
einmal besuchen konnte und dort wirklich gut gegessen hatte. Ich laufe an der Kolumbussäule am Hafen entlang und komme auf die Rambla. Eine heitere Touristenmeile
tut sich vor mir auf. Das war damals ganz anders, denn als ich mit Olaf 2003 hier war, war gerade erst Mitte März gewesen. „Egal, mampfen kannst Du trotzdem was.“
Nach ein paar Metern auf der Rambla stelle ich fest, dass sich die Restaurants eher zu Touristenfallen entwickelt haben: Ein Camarero steht auf der Rambla und wirbt
hungrige Gäste an. Der schnappt sich diese dann nach erfolgreichem Gespräch und bringt die geneigten Esser oder solche, die es werden sollen, zum Eingang des Restaurants.
Dort wird der Gast vom nächsten Camarero empfangen, mehr oder weniger am Schlawittchen gepackt und zusammen mit einer Speisekarte an einen Tisch gesetzt. Und wehe
der steht auf und geht ohne was zu essen!
Ich schaue mir dieses Theater an und eigentlich hab ich keine Lust dazu, mich diesem Schauspiel als Darsteller auszuliefern. Aber der Hunger ist zu groß und so suche ich mir
ein Restaurant, aus dem ich zumindest ein paar spanische Wortfetzen hören kann – was schwer ist, denn unsere amerikanischen Verbündeten und japanischen Fotoprofis sind
hier zu Hauf unterwegs. Ich setze mich direkt an den erstbesten Tisch auf einer Terrasse und lasse mir die Karte bringen. Mit einem Blick auf die Speisenauswahl und die dane-
benstehenden Preise beschließe ich, eine kleine Portion frittierte Calamares zu ordern, denn eigentlich kann man damit ja nichts falsch machen. Kann man doch, wie sich nach
fünf Minuten herausstellt, denn die Dinger sind nahezu kalt, mehr als fettig und pampig obendrein. Die haben Mehlpampe nicht nur gesehen, sondern sind höchstwahrscheinlich
darin auch schon gefangen worden. Mit großer Enttäuschung mampfe ich die Kringel trotzdem auf, verschlinge den dazu servierten Salat und trinke das zum Glück kalte, wie
auch frische Bier. Nachdem ich bezahlt hatte – der Vorgang dauerte länger als das ganze Essen, denn Kumpel Camarero lässt sich scheinbar extra Zeit, in der Hoffnung, dass
ich noch ein Bier bei Kumpel Collega bestelle – marschiere ich die Rambla wieder zurück zu meinem Mopped und stelle fest, das ich nicht der Einzige bin, der nach Ibiza will.
Bewegung kommt ins Spiel. Mit einem Mal rauschen niegelnagelneue Renault Scenic auf die Fähre. Einer nach dem anderen mit High Speed in den Bauch der riesigen Fähre.
Das Schauspiel dauert mehr als eine halbe Stunde. Nachschub für Ibiza und Formentera. Mietwagen für Touris! Nachdem dann die neue Mietwagenflotte verladen ist, sind wir
dran. Als erstes dürfen die Roller und Motorräder an Bord. Prima, dann ist die Fähre noch einigermaßen leer und Du kannst Dir nen feinen Platz suchen. Als wir die Laderampe
hochfahren, werden wir an Bord vom Lademeister in Empfang genommen und durch den Bauch des Schiffes gejagt. Geschreie scheint hier an der Tagesordnung zu sein und so
schreit mich einer der Typen an, ich soll weiterfahren. Wild gestikuliert der Typ und das soll wohl bedeuten, ich soll hier und da lang, nein , da nicht, hier lang und dann da
lang und so lerne ich die Fähre von innen kennen. Ich mach alles brav mit und endlich bin ich an einem Plätzchen angekommen, an dem ich meine Q abstellen soll. Fein auf
den Hauptständer gestellt. Dann kommt einer der freundlichen Mitarbeiter, nimmt einen Tampen und legt diesen vorsichtig um die Fussraste, die beim Abspannen natürlich
nach oben klappt. Profis am Werk, denke ich und helf ihm kurz mein Mopped halbwegs gegen Umfallen zu sichern. Ich bin mal gespannt, wie lange das hält. Versichert sind die
ja bestimmt. Hoffe ich jedenfalls.

.... ohne Worte
Nachdem ich meinen Tankrucksack abgenommen habe, suche ich den Zugang zu den Decks und befinde mich kurz darauf am Oberdeck. Ich schaue dem Schauspiel vor und auf
der Laderampe interessiert zu. Irgendwann gehe ich wieder rein und hole mir an der Bar zwei Dosen Bier. Anstatt das Bier drinnen zu trinken gehe ich noch mal raus auf das
Oberdeck und werde dort sofort von einem Amerikaner empfangen, der gerade eine Kräuter-Zigarette geniesst. Ich kann den Gestank von Gras nicht mehr ab, stelle mich ein
paar Meter weiter weg, reiße eine meiner beiden Dosen auf und schütte den Inhalt nach kurzem Überlegen in mich rein. Nachdem die erste Dose leer ist, drehe ich mir eine
Zigarette, öffne die zweite Dose und bereite mich so auf meine Nacht vor. Ich beobachte noch das Ablegemanöver, gehe dann nach innen, suche mir ein feines Plätzchen,
mache es mir auf dem bequemen Sessel gemütlich und irgendwann schlafe ich ein.
Was für eine Aktion bis hierher und keinen Augenblick bereue ich.