Dazu müsst Ihr das Szenario kurz kennen: Georg ist der Vater von Jasi, der besten Freundin meiner Tochter. Wenn Jasi nicht schon einen g´scheiten Vater hätte, würde ich sie glatt adoptieren. Georg hat seit einem Unfall vor ein paar Jahren nicht genügend Antrieb, sich wieder auf´s Mopped zu setzen. So hat Tanja ihm einfach eine Moppedtour mit uns beiden geschenkt.
Alles klar? Nee?.... also nochmal:..... Georg ist der Vater...... ach quatsch, lies´ jetzt einfach!
Georgs-Geburtstagstour, Tag 1
Waldenbuch - Reutlingen - Hohnauer Steige - Trochtelfingen - Gammertingen - Riedlingen - Ertingen - Herbertingen - Ertingen (häh? Waren wir da nicht schon mal?) - Allmansweiher - Hochdorf - Bad Wurzach - Kißlegg - Maierhöfen - Oberstaufen - Hittisau - Riedbergpass - Tiefenberg
273 km, 7 Stunden unterwegs, 4 1/2 Stunden Fahrzeit
Hach wie ist das Leben schwer, schenkt doch Tanja dem Georg zum 49sten Geburtstag eine Mopped-Tour ins Allgäu, und ich armer muss mit, was ist das für ein Opfer! Wo ich doch überhaupt keine Lust zum Moppedfahren habe....
VON WEGEN - Jipeehhh, was für ein geiles Geschenk, da haben doch alle was davon... wir drei können Kilometer schrubben, unsere Frauen haben Ruhe vor uns, Michelin und Co. bekommen wieder Reifengeschäft, BMW freut sich 1.000 km früher auf meinen nächsten Inspektionstermin.... die Liste kann ich endlos fortsetzen. Auf neudeutsch nennt man das eine Win-Win Situation!
Ausgemacht war, daß wir Georg um 9:30 feierlich zu Hause abholen, aber da wird nichts draus, denn kurz voher taucht er vor unserer Tür auf, mit blitzeblank geputzter Diversion und frisch geölten Stiefeln. Sehe ich da etwa ein Topcase? Das merke ich mir für später, wenn wir die Stilfrage besprechen (Topcase geht gar nicht, ist völlig uncool).
Wir verabschieden uns von Andrea und den vielen Leuten, die bei uns überraschend zum Frühstück aufgetacuht sind (kommt schon mal vor bei uns) und düsen los.
Mit der anfänglichen Reihenfolge Til, Tanja, Georg ist Tanja nicht einverstanden, sie will unbedingt hinten fahren. Die ersten 40 Kilometer zotteln wir über Dettenhausen nach Reutlingen, dort durch den unausweichlichen Orstverkehr bis zur Hohnauer Steige. Die Burg Lichtenstein thront stoisch und gelassen wie eh und je über dem Tal und ist wahrscheinlich froh, daß sie schon oben ist - aber Burgen denken ja nicht wirklich. Wie auch immer... wir gelangen auch hoch und fahren die B313 entlang nach Trochtelfingen. Die Landschaft ist dem Lautertal sehr änlich, nur eben leiser (Achtung Wortspiel, will sagen "ohne Lauter"). Kurz nach Gammertingen machen wir die erste Pause an einer Tankstelle. Die erste Stunde ist rum und Tanjas Popo brennt bestimmt ein wenig. Ausserdem müssen wir wegen der Hitze rechtzeitig trinken. Die nächste Pause aber bitte mit Schatten und in etwas lauschigerer Umgebung, fordert Georg. Aber gerne doch!
Weiter geht´s in Richtung Riedlingen, auf unserer Straße ist so gut wie kein Verkehr mehr. Das erlebe ich jedes Mal wenn ich über die Alb fahre. "Unten" ist alles überfüllt und der Verkehr nervig, hier "oben" paradisische Entspanntheit und Ruhe. Und das alles erreichst Du innerhalb von 40 Minuten. Du musst natürlich mit langsamen Traktoren rechnen, also gnadenlos um die Kurven fegen ist nicht ratsam! Bei Pflummern biegen wir rechts ab nach Heiligkreuztal, ich meine mich an eine nette Straße zu erinnern, die in die richtige Richtung führt. Von wegen, auf einmal sind wir auf der 3-spurig ausgebauten B311, das geht ja gar nicht! Also 2 mal rechts abgebogen. Hmmm, die Kirche haben wir doch vorhin schon mal gesehen, ob die zwei das wohl gemerkt haben? Bestimmt, der orangene Ford in der Kurve ist ja kaum zu übersehen. Beim nächsten Halt holt Tanja auch prompt tief Luft: Gell Papa, da haste Dich verfahren! Nene, ich wollte nur schauen ob Ihr auch mitdenkt...
Also weiter, grobe Richtung Ost-Süd-Ost. Wir passieren Bad Buchau, rechts im Ried stehen 3 Störche und lassen sich durch uns bei der Suche nach Fröschen nicht stören. In Hochdorf merke ich, daß wir schon fast drei Stunden unterwegs sind, bestimmt knurren Tanja und Georg die Mägen. Wir halten an der Dorfbeiz an und gehen in den Biergarten. Ja, Tanja hat Hunger und bestellt das erste Wiener Schnitzel der Tour, Georg seine ersten Kässpätzle mit Röstzwiebeln. Die sehen richtig lecker aus, ich bereue fast, daß ich einen Wurstsalat bestellt habe. Jetzt können wir auch miteinander quatschen, was beim Fahren ja schlecht möglich ist. Die flotte Kellnerin ist eher nicht flott, sie vergißt den Aschenbecher und Tanjas Wasser. Georg erbarmt sich des armen Kindes und zapft ihr Wasser höchstpersönlich. Die gute Frau ist inzwischen am Telefon und organisiert einen Geburtstagsfeier. Da muss ein Glas Wasser natürlich warten.
Über Bad Wurzach gelangen wir nach Kißlegg und sind damit eigentlich schon im Allgäu. Die Strecke wird jetzt kurviger und viel hügeliger, am Horizont tauchen tatsächlich die Alpen auf. Die Kirchen haben schon lange Zwiebeltürme und die Bauernhäuser haben alle rote Geranien in den Blumenkästen. Von Isny aus fahren wir über kleine verwinkelte Sträßchen nach Oberstaufen. Uns ist affig warm in den Mopedklamotten und wir halten ein letztes Mal vor Tiefenberg an um zu trinken. Gegenüber ist ein Modeladen, und Tanja geht shoppen - Weiber! Fünf Minuten später: "Papa, der Bikini war total billig und nein, probiert habe ich ihn natürlich nicht, aber der passt bestimmt!"
Ich will über den Riedbergpass nach Tiefenberg, also fahren wir nach Hittisau in Österreich. Die Baustelle am westlichen Aufstieg des Passes ist noch nicht ganz fertig, der Verkehr wird immer noch über Ampeln geregelt. Die Wartezeit ist kurz, denn als ich mit Bernd vor vier Wochen hier war, mussten wir 8 Minuten in der Sonne schmoren. Beim Weiterfahren bleibt bei mir irgendwie durch Zauberhand der Gasgriff hängen und ich düse losgelöst von Georg und Tanja den Pass hinauf. Sie lassen sich nicht verleiten und fahren ihr Tempo weiter. Der Riedbergpass ist immer wieder klasse, für mich eindeutig der schönste im Allgäu mit seinen genialen Kurvenfolgen und steilen An- und Abstiegen.
Am Tunnel vor Obermaiselstein habe ich mein Gasgriffproblem gelöst und warte kurz auf Georg und Tanja. Bis Tiefenberg ist es nur ein Katzensprung. Wir nähern uns unseren Wirtsleuten, die natürlich vorgewarnt sind und das Haus Kühl gehalten haben:
Wir versorgen erst mal die Moppeds und beziehen die Zimmer. Georg gefällt's glaub ich ganz gut. Es dauert nicht lange und er fragt nach einem Fernglas. Dann steht er in der Badehose im Garten und zählt Gipfelkreuze, sucht Liftkabinen und wundert sich über die Häuser, die gerade unterhalb des Ofterschwanger Horns eingerüstet sind. Ob das wohl Ferienwohnungen sind?
Während wir uns häuslich einrichten schreibt mir Tanja einen Einkaufszettel, denn heute wird gegrillt. Ich fahre zum Einkaufen und bekomme mit ach und krach alles in Tankrucksack, Hecktasche und Rucksack unter. Gottseidank haben wir Grillkohle im Haus, sonst müsste ich zweimal fahren. Das ist die Schattenseite des Motorradfahrens, Du hast eben keinen Kofferraum! Nein danke, ich will KEIN Topcase!
Während Georg und ich uns beim Fleischumdrehen abwechseln (das ist aber auch anstrengend), macht Tanja Tomatensalat. Mit einbrechender Dunkelheit geniessen wir das Abendessen nach einem herrlichen Auftakt zu Georgs Geburtstagstour!
Georgs-Geburtstagstour, Tag 2
Tiefenberg - Oberalbpass (ähhh Oberjoch) - Tannheimer Tal - Gaichtpass - Reutte - Plansee - Ettal - Garmisch - Krün - Rißtal - Vorderriß - Pia´s Mauthäuserl - Garberl-Alm - Großer Ahornboden - Vorderriß - Sylvensteinsee - Walchensee - Einsiedel - Altjoch - Kochelsee - Murnau am Staffelsee - Schöffau - Böding - Wildsteig - Steingaden - Lechbruck - Rosshaupten - Nesselwang - Grüntensee - Rettenberg - Tiefenberg
376 km, 10 Stunden unterwegs, 7 Stunden Fahrzeit
Erst vor vier Wochen war ich alleine hier, als mein Freund Bernd seine Grippe vor unserer Allgäu-Tour auskurieren musste. An dem Tag bin ich der Empfehlung eines Berichtes gefolgt und habe mich zum Großen Ahornboden aufgemacht. Von Tiefenberg aus ist das mit 350 km ein ziemlicher Ritt. Die Route verläuft auf kleinen Sträßchen mit vielen Ortsdurchfahrten und durch herrliche Landschaften. Da willst Du gar nicht schnell fahren. Du musst nur darauf achten, daß Dir nicht die Zeit durch die Finger rinnt, und das Fahren ist recht anspruchsvoll.
Gestern Abend haben Georg und ich Tanja überredet, daß wir nach ihrer Zeitrechnung "früh" aufstehen, also um 8:00 Frühstücken. Das müsste reichen um gegen 9:00 loszukommen. Beim Frühstück eröffne ich den beiden meine Routen-Idee und lasse keine Zweifel aufkommen, daß es heute anstrengend werden kann, siehe oben. Tanja kümmert´s wenig, denn sie hat schlichtweg zu wenig Erfahrung (im Sinne des Wortes), um meine Bedenken einordnen zu können - Jugend siegt! Georg hat Nehmerqualitäten, ausserdem hat er mit seiner Diversion ja auch eine Sänfte im Vergleich zu Tanjas Rennerle, um ihn sorge ich mich nicht. Wir geniessen das Frühstück und machen uns noch ein paar Brötchen für unterwegs, dann rein in die Moppedklamotten und nichts wie los!
Wir fahren los in Richtung Oberalbpass (ähhh Oberjoch) und halten die gewohnte Reihenfolge ein: Til, Georg, Tanja. In Sonthofen wird es kurzzeitig richtig eng: Die Ausfahrt von der B19 nach Bad Hindelang ist vielleicht 100m hinter einer Einfahrt, aus der ein LKW auf die B19 einbiegt. Ich fahre vor ihm auf die Ausfahrt, Georg gibt Gas und reiht sich hinter mir ein. Tanja hat zu viel Abstand auf Georg, sieht das Manöver erst spät und muss sich blitzschnell entscheiden. Sie merkt, daß sie nicht mehr hinter uns am LKW vorbei kann, sieht, daß hinter ihr kein Verkehr ist, steigt in die Eisen und reiht sich hinter dem LKW ein. Gut gelöst, spätestens jetzt ist sie wach.
Wir schleichen den Oberalbpass hoch, vor mir fährt ein Rentner im 3er BMW, der mich zur Weissglut bringt. Die Passstraße ist auf 50 km/h begrenzt, man könnte mit Tempomat gepflegt und risikolos den Berg bezwingen. Der Trottel jedoch schafft es, vor den Kurven auf 20 km/h runterzubremsen. Ruhig Til, es ist Samstag morgen, nicht gleich so früh schon aufregen.... Hier ist nicht nur die Geschwindigkeit begrenzt, sondern auch noch Überholverbot. Ich takte mich runter und warte einfach bis das Elend vorbei ist. Es dauert dann doch noch bis er in Hindelang abbiegt, vielleicht geht er ja ins Käsereimuseum. Egal, Hauptsache der verschwindet von der Bildfläche.
Tanja hat gestern Abend schon gesagt, daß ihr Benzin zur Neige geht. Ich meine, das müsste bis zu einer billigen Tankstelle in Österreich reichen. Hoffentlich klappt das, denn zum Abschleppen oder Fremdbetanken haben wir heute nicht genug Zeit. Wir fahren über die Grenze und erreichen fast direkt danach eine Tankstelle. Benzin ist hier 30 Cent billiger als bei uns, weshalb wir unsere Tanks bis zur Halskrause füllen. Weiter geht es ins Tannheimer Tal, der Verkehr ist immer noch lästig. Das wird heute vermutlich auf den meisten Strecken so sein, es ist Samstags und Ferienzeit. So haben wir aber mehr Zeit die Landschaft zu geniessen. Das Tannheimer Tal ist recht weitläufig, die Talsohle zwischen 200 und 500 Meter breit. Wir kommen zum ersten See des Tages, dem Haldensee. Die Frühaufsteher unter den Wassersportlern und Badegästen sind schon unterwegs, es ist leicht windig.
Einige Kilometer weiter beginnt der Gaichtpass, der uns aus dem Tannheimer Tal hinab ins Lechtal führt. Vorher muss ich mich nochmals kurz aufregen, da schon wieder ein weißhaariger Depp meint, auf der Bundesstrasse, direkt vor einem Schild halten zu müssen. Entweder ist die Brille trübe, die Wahrnehmung zu schlecht oder er ist schlichtweg nicht mehr verkehrsfähig. Ich plädiere ab sofort für regelmäßige Fahrtauglichkeitsprüfungen! Georg und Tanja hinter mir sind genauso fassungslos.
Uns kommen Reisebusse entgegen, die lange Kolonnen an Autos hinterher ziehen. Solange wir in die andere Richtung fahren, habe ich damit kein Problem. Am Pass selbst ist alles prima, weder bergauf noch bergab nennenswerter Verkehr. Nur eine Bikerin mit ziemlich lautem Auspuff überholt uns halbspektakulär.
Im Lechtal biegen wir nicht nach Westen ab in Richtung Hahntennjoch, sondern nach Osten, und wechseln gleich zur anderen Lechseite nach Reutte. Die Bundesstraße mit dem Hauptverkehr bleibt hinter uns und wir haben unsere Route für uns. Wir fahren langgezogene Kurven entlang, links blickt der Flusslauf ab und zu durch, rechts Wiesen mit ein paar Rindern und Nadelwälder, die sich den Hang hochziehen.
Bis Reutte ist es nicht weit und wir biegen ab zum Plansee. Schilder fordern uns auf nicht schneller als 30 hm/h zu fahren. Der Aufforderung kommen wir gerne nach, denn an der Uferstraße laden Ausflügler ihre Siebensachen aus den Autos. Ausserdem ist die Sicht auf den See im sich weitenden Tal spektakulär! Das Ufer ist keinen Meter neben der Straße, und das Wasser nur wenig tiefer. Die Uferstraße windet sich kurvig am Hang entlang, und überall kann man an wenigen Bäumen oder Büschen vorbei das Panorama bewundern. Im glasklaren Wasser spiegeln sich die umliegenden Berge, während das gegenüberliegende Ufer noch im Schatten liegt. Ein kleines Ausflugsschiff schiebt eine Bugwelle vor sich her. Als wir anhalten um den Ausblick zu geniessen und etwas zu trinken ist das "Naturkind" Tanja völlig gefangen von der Aussicht. Wir haben zwar Badeklamotten dabei, aber zum Schwimmen ist es noch zu früh am Tag und wir fahren weiter. Der See erstreckt sich über eine Länge von 5 km und ist an seiner breitesten Stelle knapp 1,5 km breit. Am östlichen Ende des Sees biegt die Straße nach Norden ab und führt uns durch ein dicht bewaldetes Tal an Linderhof vorbei nach Ettal. Unterwegs taucht völlig unvermittelt und komplett unpassend das kastige, neu gebaute BMW Alpenhotel Ammerwald auf. Architektonisch würde es besser ins Frankfurter Geschäftsviertel passen als hierher in die Berge. Es ist bestimmt toll und hat sicher auch Designpreise erhalten, aber hier wirkt es auf mich einfach nur fremd.
´s Kind am Plansee, Stilleben mit Kawa

In Ettal ist wieder dichter Verkehr, der uns bis Garmisch und noch viel weiter begleitet. Wir lassen uns also einfach treiben und zotteln in der Schlange mit. Tanja erwischt in Garmisch irgendwie die falsch Spur und steckt hinter ein paar Linksabbiegern fest. Bis sie auf die andere Spur kann, ist sie weit hinter uns. Das ist dann auch eines der Hauptprobleme des Motorradfahrens in Gruppen. Selbst mit nur drei Mopeds hast Du ganz schnell 15 Autos zwischen dem ersten und dem letzten Fahrer. Dann fühlt sich der letzte gezwungen, Boden gutzumachen und überholt vielleicht unbedacht. Tanja macht es aber ganz gelassen da sie weiss, daß wir im Falle des Abbiegens natürlich warten würden. Sie holt langsam auf, indem sie vorsichtig ein Auto nach dem anderen überholt. Ich kann das gut im Rückspiegel beobachten. Bald hat sie wieder aufgeschlossen.
Wir können jetzt auch endlich die B2 verlassen und nähern uns dem Rißtal. In einer Linkskurve muss ich scharf nach rechts abbiegen um die Einfahrt zur Mautstrasse zu finden. Georg biegt hinter mir ein aber für Tanja ging das irgendwie zu zackig und sie verpasst die Abfahrt. Georg und ich warten eine Weile, dann fährt er los um sie zu suchen. Es kommt, was kommen muss: Tanja taucht auf und Georg fehlt! Im Slapstick würde ich jetzt losfahren und Georg suchen, worauf hin er auf Tanja treffen würde, die dann widerum losfährt um mich zu suchen, undsoweiterundsofort...... nenenene, das machen wir nicht! Georg kommt auch kurz darauf von selbst um die Ecke zurück.
Das Mauthäuschen steht kurz hinter dem netten Clubhaus des Golf- und Landclubs Karwendel. Mauthäuschen und Golfclub haben bestimmt getrennte Kassen... Auf das Rißtal habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut, es ist neben dem Großen Ahornboden einer der Hauptgründe, warum mich diese Gegend so fasziniert. Wir sind jetzt im Karwendel-Gebirge, und der Rißbach führt um diese Jahreszeit natürlich nicht besonders viel Wasser. Das breite Geröllbett jedoch lässt darauf schliessen, daß hier bei Schneeschmelze gewaltige Wassermassen durchdonnern. Im Winter ist die Mautstraße auch gesperrt. Jetzt ist das alles sehr beschaulich. Wir fahren auf der fast einspurigen Straße durch Nadelwälder, sehen den Rißbach immer wieder durch Buschwerk und Lärchen durchblitzen. Jetzt wäre es an der Zeit ein wenig Pause zu machen und die Füße zu kühlen. Am ersten Parkplatz kehren wir wieder um da er zu tief im Wald ist, schliesslich wollen wir ja ans Wasser. Hah, der Nächste ist genau richtig. Wir steigen ab und schälen uns aus den Klamotten. Tanjas Lederhose will mal wieder nicht so wie sie, also schnappen sich Georg und ich jeweils ein Hosenbein. Auf drei! Eins, zwei, DREI..... und wir ziehen Tanja auf dem Allerwertesten ein wenig über´s Gras bevor die Hose endlich weg ist. Die wenigen anderen Leute am Ufer haben ein wenig was zum Lachen. Jetzt erst mal im Fluß abkühlen - er ist ganz schön kalt! Tanja und Georg blödeln ein wenig im Wasser rum während ich fotografiere. Georg verspricht Tanja ein Eis, wenn sie sich ganz ins Wasser traut. Das lässt sie sich nicht zwei mal sagen und verdient sich die Belohnung, hat aber eindeutig Schnappatmung vor lauter Kälte. Wir packen unsere Brötchen aus und lassen uns von der Sonne und der warmen Luft trocknen.
Ich gehe den Rest der Tour im Geiste durch und merke, daß wir noch eine ziemliche Strecke vor uns haben. Ich möchte auf jeden Fall noch in der Garberl-Alm einkehren, die nicht all zu weit weg ist. Also packen wir bald zusammen und fahren weiter. Wir fahren über den Bach und biegen ab in Richtung Großer Ahornboden. Wir kommen zur nächsten Mautstelle, ich nenne sie mal Pia´s Kasterl, doch dazu später mehr. 15 Kilometer weiter halten wir an der Garberl-Alm an, eine wunderhübsche alte Holzhütte mit prachtvollen Blumenkästen und Sonnenschirmen auf der Terrasse. Wir setzen uns an einen Biertisch und merken erst spät, daß hier etwas sehr anziehendes für Wespen sein muss - Tanja wedelt ohne unterlass! Das nützt natürlich nur ihr, die Wespen lässt das sichtlich unbeeindruckt. Also wechseln wir den Tisch uns setzen uns etwas abseits an eine zünftige Holzbank. Hier sitzt noch ein älteres Ehepaar mit Hund. Familienoberhaupt ist eindeutig der Hund, dann kommt Frauchen. Mit viel Abstand dann das Herrchen. Wir flachsen mit ihnen über Hunde, Rollenverteilung und wer wem wann die Füße leckt, eben ein typisches Biertischgespräch. Tanja und Georg teilen sich einen riesen Suppentopf mit kindskopfgroßem Speckknödel. Zu gerne würde ich einen Kaiserschmarrn bestellen, aber den hebe ich mir für heute Abend auf, wenn wir in der Alpe Dornach sind (so der Plan). Ausserdem habe ich ja erst 2 belegte Brötchen verspeist.

Uns zieht es weiter in Richtung Großer Ahornboden. Die Straße windet sich das Tal entlang, wir fahren über einen Weiderost. Auf der Fahrbahn sind auch immer wieder frische Kuhfladen denen wir ausweichen, die Sauerei will niemand auf dem Auspuffkrümmer haben. Ganz unvermittelt öffnet sich das Tal und wir haben ihn vor uns, den Großen Ahornboden! Ein imposanter Anblick: Auf der Ebene vor uns die Ahornbäume und Wiesen, umgeben von den hohen Felswänden des Karwendels. Oberhalb der Baumgrenze sind in schattigen Lagen immer noch Schneereste des Winters zu sehen. Ein paar Kühe weiden auf der Ebene. Tanja denkt sofort an eine Szene aus Jurassic Park und wartet irgendwie auf ein paar Dinos, die gemächlich an ihr vorbeiziehen. Das würde sie irgenwie gar nicht überraschen. Wie das hier wohl im Herbst aussieht, wenn die Ahornblätter sich rot färben?
Ich führe die beiden dann noch bis ans Ende der Straße zu einem großen Parkplatz, Biergarten und einem Hotel. Natürlich machen hier auch die meisten Besucher des Tals Rast. So wie ich vor 4 Wochen, als ich bei einer unfreundlichen und kurzangebundenen Bedienung eine völlig überteuerte Brettljause bestellt habt. Die Garberl-Alm ist hier mit Abstand die bessere Wahl.
Tanja, Georg und Euer winkelfingriger Til

Hier ist die Straße zu Ende und wir drehen um, lassen die Ahornwälder hinter uns, fahren an der Garberl-Alm vorbei und machen noch einen kleinen Plausch mit Pia (was ist denn nun mit ihr, wann kommt denn endlich die Geschichte? Nun warte doch!!!!)
Wieder im Rißbachtal angekommen, biegen wir nach Osten ab und fahren am Sylvensteinsee entlang. Die Straße führt über eine 30 Meter hohe Brücke. Ein paar Jugendliche sind über das Geländer geklettert und stehen kurz davor runter zu springen. Ich kann das nicht glauben und auch Tanja erschrickt. Ob das gut gegangen ist werden wir nicht erfahren, aber ein sanfter Einschlag ist das aus dieser Höhe auf keinen Fall. Unten saust ein Motorboot herbei, vielleicht ist das die Wasserwacht.
Wir fahren an der Staumauer des Sylvensteinsees hinab und biegen nach Jachenau ab. Jetzt sind wir ungefähr am Scheitelpunkt der Tour und fahren wieder nach Westen. Es geht zum Walchensee. Natürlich kommt aber auch hier wieder eine Mautstation. Die Mautgebühren des Tages kostet insgesamt das doppelte dessen, was wir beim Tanken in Österreich gespart haben. An dieser Mautstelle bin ich vor 4 Wochen aus Versehen zügig vorbeigefahren. Da war zwar ein Häuschen und irgendwie standen da Autos und Motorräder rum, aber gehalten habe ich deswegen nicht - aus Versehen. Kann ja im Affekt passieren.
Am Walchensee ist die Hölle los: die enge Uferstraße ist fast durchweg zugeparkt. Wenn sich hier 2 SUVs begegnen wird´s richtig eng. Der See ist aus München schnell erreicht und so sind bei dem Wetter natürlich auch jede Menge Tagestouristen. Am schmalen Uferstreifen liegen Badegäste dicht auf dicht. Während wir eine Pause machen beobachten wir, wie sich zwei Jungs und ein Mädchen zieren ins Wasser zu gehen. Ich verspreche tosenden Applaus für einen Kopfsprung und setzte damit die Jungs unter Druck, trotzdem ist SIE als erste im Wasser. Weicheier! Am See entlang fahre wir weiter in Richtung Norden, jetzt kommt der Anstieg zum Altjoch und die lange kurvenreiche Abfahrt zum Kochelsee. Zwischen beiden Seen ist ein Wasserkraftwerk das sich die Höhendifferenz zu Nutze macht.
Vom Kochelsee fahren wir weiter zum Staffelsee, inzwischen sind wir im südlichen Pfaffenwinkel angelangt. In dieser Region gibt es so viele Kirchen und Klöster wie sonst nirgends in Deutschland, was auch den Namen erklärt. Wir sind jetzt nicht mehr in den Bergen, die liegen zu unserer Linken. Wir fahren jetzt durch eine hügelige Kulturlandschaft, durch kleine blitzesaubere Ortschaften, überall Viehweiden und Getreidefelder. Bekannte Namen wie Lechbruck, Murnau oder Urspring tauchen auf. Auch hier ist wirklich wenig Verkehr und wir kommen zügig voran.
Immer wieder sind in den Örtchen schöne Biergärten, ein Pferdehof auf freiem Feld lädt ebenfalls zur Rast ein. Nichts da, wir müssen weiter. Ich habe ausgerechnet, daß wir gegen 18:30 in Tiefenberg sein müssten. Das würde ganz gut passen und wir könnten uns gemütlich für´s Abendessen auf der Alpe Dornach vorbereiten.
Trotzdem, im Rückspiegel sehe ich, daß Tanja mehrfach im Fahren aufsteht und die Beine streckt und den Allerwertesten entlastet. Georg signalisiert, daß sie eine Pause braucht. Wir halten neben einem Bauernhof an. Tanja hat bisher richtig gut durchgehalten, aber jetzt geht sie schon ein wenig auf dem Zahnfleisch. Die Pause tut aber auch Georg und mir gut, und ob wir nun etwas später als geplant ankommen spielt nun wirklich keine Rolle. Wir haben ja schliesslich Urlaub!
Die letzten 40 Kilometer nehmen wir nach der Pause etwas gestärkt in Angriffe, wir sind ja auch schon wieder im Allgäu. Links von uns taucht der Grünten mit den Antennen auf dem Gipfel auf, kurz danach fahren wir am Abzweig zum Grüntensee vorbei. In Rettenberg passieren wir die 3 oder 4 Brauereien, die dem Ort den Beinamen "Brauereidorf" geben. Jetzt haben wir es fast geschafft, die letzten Kilometer nach Tiefenberg legen wir auf der B19 zurück. Um kurz nach 19:00 mache ich das Garagentor auf.
Georg und ich helfen Tanja mal wieder aus der Lederhose, wir wissen ja jetzt wie das geht. Es war für uns alle eine ganz schön anstrengende Tour. Tanja hat noch nie einen ganzen Tag auf dem Moppedsattel verbracht, und auch bei Georg dürfte das schon eine Weile her sein. Ich spüre die Kilometer auch in den Knochen, obwohl ich in den letzten Wochen schon gute 2.500 km hinter mich gebracht habe. Jetzt freuen wir uns erst mal auf ein tolles Essen.
Für die 20 Kilometer zur Alpe Dornach setzt sich Tanja auf meinen Sozius. Das Duschen hat uns alle erfrischt und sie plappert am laufenden Band... "Papa, redest Du auch immer beim Motorradfahren?", "Wozu ist der Knopf an Deinem linken Schalter?" Ich finde das lustig und freue mich, daß sie nach dem anstrengenden Tag noch so munter ist.
Wir fahren den steilen Stich den Berg hoch und kommen zur Alpe. Unser Tisch ist für innen reserviert, obwohl wir extra außen bestellt haben. Wir finden aber einen Tisch an der frischen Luft und geniessen den Anblick des Tals. Vor 4 Wochen waren wir um die gleiche Zeit hier und konnten die gegenüberliegenden Berge in der Abensonne sehen, jetzt ist die Sonne schon hinter uns verschwunden und das Tal wird dunkel. Als unsere Vorspeisen kommen wechseln wir an einen etwas geschützteren Tisch unter den festen Sonneschirmen. Tanja hat das Carpaccio vom Rind bestellt, Georg und ich den Obatzda. Es schmeckt richtig gut, genau das richtige nach diesem Tag. Als später der Hauptgang kommt, bin ich ein wenig neidisch auf Tanjas Burger, freue mich aber auf meinen Nachtisch, den Kaiserschmarrn. Als ich den jedoch später bestellen will, heißt´s er sei aus! So ´ne Pleite, jetzt esse ich in der Garberl-Alm keinen weil ich mir den für jetzt aufspare, und jetzt gibt´s ihn nicht! Schade, aber dann hebe ich mir ihn eben auf für die Zeit, wenn ich mit Andrea hierher komme.
In der Dunkelheit fahren wir dann zurück. Ich freue mich über das fantastische LED Licht der BMW, gegen das das H4-Licht der Diversion wie eine Karbidlampe aussieht. Georg muss dringend eine neue und hellere Birne einbauen, denn auch tagsüber ist sein Licht nicht wirklich auffallend.
Wow, was war das für ein Tag. Die 376 Kilometer waren klasse, und für Tanja gleichbedeutend mit 500 bis 600 Kilometern "normaler" Strecke. Das hat ihr schon eine ganze Menge Sicherheit gegeben. Und auch Georg hat jetzt endlich wieder einen schönen Tourentag erlebt.
Fehlt da jetzt nicht noch was? Ach ja, die Geschichte mit Pia....
Zahlen bitte!
Ja, die Pia...
Wir fahren also zum Großen Ahornboden und halten am Mauthäuschen. Heraus schaut eine Mittvierzigerin mit kurzem, feuerrotem Haar und lacht uns fröhlich an und verlangt 4€ pro Motorrad. Ich sage ihr, daß ich schon bei der Mautstation am Golfclub bezahlt habe und daß ich dächte, das würde auch für den Großen Ahornboden gelten. Sie grinst mich an und sagt: "Net denk´n, zohl´n!" Wir prusten alle gleichzeitig los und lachen schallend. Ich verspreche ihr für diesen Spruch des Tages einen Eintrag in mein Reisetagebuch - Gesagt, getan!
Wir sollen den Wirt in der Garberl-Alm herzlich von ihr grüßen, und sein Kaiserschmarrn wäre spitze! Grrrrr.......
Auf dem Rückweg halten wir nochmal bei ihr an, weil ich unbedingt ein Foto für diesen Eintrag haben will. Das ist gar nicht so einfach! Während immer mehr und mehr Autos auf die einmalige Gelegenheit warten, ihr die Mautgebühr erstatten zu dürfen, hält Pia einen längeren Plausch mit einem Fahrer, der schon längst "zohl't" hat. Die Schlange hinter ihm kümmert sie wenig.
.... und die ROTE PIA
