Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012
Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012
Hallo allseits
Dann will ich mich auch mal an meinen ersten Reisebericht wagen.
Eine Woche, nachdem ich letztes Jahr die Prüfung Kat. A erfolgreich absolviert hatte, machte ich mich - mutterseelenalleine - am 4. Oktober auf den Weg in die Cinque Terre. Als Route wählte ich eine Variante über den Grossen Sankt Bernhard Pass durchs Aostatal. Ich war schon mehrere längere Tagesetappen gefahren, mit 690 km war die Strecke, die ich mir für den ersten Tag vorgenommen hatte aber doch deutlich das Längste, was ich bis dahin gefahren bin. So stand ich denn um halb Fünf auf, verköstigte mich ausgiebig und fuhr um halb Sechs los. Der Tag begann grau, aber nicht feucht und ich kam auf der Autobahn zügig voran.
In Martigny verliess ich die Autobahn und arbeitete mich Richtung Passhöhe des Grde. St. Bernhard vor. Zwar war ich auf kühle Temperaturen eingestellt und hatte das Winterfutter in Jacke und Hose montiert. Damit, dass jedoch die Übergangshandschuhe, die ich mir extra noch zugelegt hatte, nur unzureichend vor der Kälte auf über 2000 Metern schützten, hatte ich dann doch nicht gerechnet. Und so war ich einigermassen froh, dass das Café auf der Passhöhe offen war und man mein Französisch insoweit verstand, dass ich einen wärmenden Kaffee bekam.
Zum fahren war der Grosse Sankt Bernhard recht anspruchslos. Kurz vor der Passhöhe auf der Schweizer Seite wird es etwas kurviger und etwas steiler, jedoch wirklich machbar. Auch die italienische Seite verlangte kein fahrerisches Können jenseits vom schweizerischen Prüfungslevel.
Im Aostatal angekommen, nahm ich wieder die Autobahn. Schliesslich hatte ich in Rappallo das Hotel nur ausgesucht, aber nicht reserviert, so dass ich zeitig genug unten sein wollte, um bei Bedarf noch was anderes suchen zu können. Bei Voghera verliess ich sie wieder und machte kurz darauf mit den Tücken der Routenplanung fürs Navi Bekanntschaft. Ich hatte da wohl einen Punkt etwas zu unpräzise gesetzt, so dass mich Werner (ich bevorzuge die männliche Stimme, weil sie im Motorengeräusch für mich besser hörbar ist; meine Frau behauptet zwar, das sei nur, weil ich mich nicht von einer Frau herumkommandieren lassen wolle...) kurz nach einer Abzweigung aufforderte, bei Gelegenheit umzudrehen.
Nun ging es Überland auf den teils schmalen Strässchen durch die Lombardei, die Emilia-Romagna hinunter nach Ligurien. Das Wetter benahm sich ausgesprochen freundlich und trotz des angebrochenen Herbstes erschien mir die Vegetation noch sehr grün.
Mit der italienischen Fahrweise (rasantes Kurvenschneiden) war ich bereits vertraut. Während der Anfahrt auf den 1'149 Meter über Meer gelegenen Passo del Penice machte ich dann auch erstmals mit dem italienischen Fahrbahnzustand Bekanntschaft: Schöner Belag, der zu zügigem Tempo anregt, doch mitten in einer Kurve ein Schlagloch von ca. 20 cm Durchmesser und geschätzten 5 cm Tiefe. Ich hatte zum Glück zum damaligen Zeitpunkt schon etwas über 18'000 km Fahrerfahrung und so konnte ich die Situation mit etwas Drücken glücklich meistern.
Auf dem Passo del Penice gibt es des Winters offenbar ein Schneesportzentrum. Darauf lassen nicht nur die sichtbaren Landschäden schliessen, auch entsprechende Werbetafeln weisen in diese Richtung. Ferner gibt es eine Statue für den San Colombano (leider konnte ich auf die Schnelle keine Info auf deutsch finden).
Je südlicher ich kam, umso düsterer zogen sich die Wolken regengrau zusammen und ab Montebruno setzte schwacher, aber kontinuierlicher Regen ein. Doch mindestens war es recht warm und als ich in Rapallo einfuhr, hatte der Regen aufgehört. Ich parkierte mein Motorrad, nicht ohne es mit einem Bremsscheibenschloss zusätzlich zu sichern und bezog ein Zimmer im Hotel Italia e Lido. Mein Einzelzimmer war nicht sehr geräumig, die Nasszelle machte von der Grösse her ihrem Namen alle Ehre, aber es war sauber und der Preis mit 57 Euros in Ordnung.
Den Abend verbrachte ich bei einem leckeren Fischessen am Lido von Rapallo und beschloss ihn mit einem lustigen Aufenthalt in einer Karaoke-Bar.
Fortsetzung folgt sofort.
Dann will ich mich auch mal an meinen ersten Reisebericht wagen.
Eine Woche, nachdem ich letztes Jahr die Prüfung Kat. A erfolgreich absolviert hatte, machte ich mich - mutterseelenalleine - am 4. Oktober auf den Weg in die Cinque Terre. Als Route wählte ich eine Variante über den Grossen Sankt Bernhard Pass durchs Aostatal. Ich war schon mehrere längere Tagesetappen gefahren, mit 690 km war die Strecke, die ich mir für den ersten Tag vorgenommen hatte aber doch deutlich das Längste, was ich bis dahin gefahren bin. So stand ich denn um halb Fünf auf, verköstigte mich ausgiebig und fuhr um halb Sechs los. Der Tag begann grau, aber nicht feucht und ich kam auf der Autobahn zügig voran.
In Martigny verliess ich die Autobahn und arbeitete mich Richtung Passhöhe des Grde. St. Bernhard vor. Zwar war ich auf kühle Temperaturen eingestellt und hatte das Winterfutter in Jacke und Hose montiert. Damit, dass jedoch die Übergangshandschuhe, die ich mir extra noch zugelegt hatte, nur unzureichend vor der Kälte auf über 2000 Metern schützten, hatte ich dann doch nicht gerechnet. Und so war ich einigermassen froh, dass das Café auf der Passhöhe offen war und man mein Französisch insoweit verstand, dass ich einen wärmenden Kaffee bekam.
Zum fahren war der Grosse Sankt Bernhard recht anspruchslos. Kurz vor der Passhöhe auf der Schweizer Seite wird es etwas kurviger und etwas steiler, jedoch wirklich machbar. Auch die italienische Seite verlangte kein fahrerisches Können jenseits vom schweizerischen Prüfungslevel.
Im Aostatal angekommen, nahm ich wieder die Autobahn. Schliesslich hatte ich in Rappallo das Hotel nur ausgesucht, aber nicht reserviert, so dass ich zeitig genug unten sein wollte, um bei Bedarf noch was anderes suchen zu können. Bei Voghera verliess ich sie wieder und machte kurz darauf mit den Tücken der Routenplanung fürs Navi Bekanntschaft. Ich hatte da wohl einen Punkt etwas zu unpräzise gesetzt, so dass mich Werner (ich bevorzuge die männliche Stimme, weil sie im Motorengeräusch für mich besser hörbar ist; meine Frau behauptet zwar, das sei nur, weil ich mich nicht von einer Frau herumkommandieren lassen wolle...) kurz nach einer Abzweigung aufforderte, bei Gelegenheit umzudrehen.
Nun ging es Überland auf den teils schmalen Strässchen durch die Lombardei, die Emilia-Romagna hinunter nach Ligurien. Das Wetter benahm sich ausgesprochen freundlich und trotz des angebrochenen Herbstes erschien mir die Vegetation noch sehr grün.
Mit der italienischen Fahrweise (rasantes Kurvenschneiden) war ich bereits vertraut. Während der Anfahrt auf den 1'149 Meter über Meer gelegenen Passo del Penice machte ich dann auch erstmals mit dem italienischen Fahrbahnzustand Bekanntschaft: Schöner Belag, der zu zügigem Tempo anregt, doch mitten in einer Kurve ein Schlagloch von ca. 20 cm Durchmesser und geschätzten 5 cm Tiefe. Ich hatte zum Glück zum damaligen Zeitpunkt schon etwas über 18'000 km Fahrerfahrung und so konnte ich die Situation mit etwas Drücken glücklich meistern.
Auf dem Passo del Penice gibt es des Winters offenbar ein Schneesportzentrum. Darauf lassen nicht nur die sichtbaren Landschäden schliessen, auch entsprechende Werbetafeln weisen in diese Richtung. Ferner gibt es eine Statue für den San Colombano (leider konnte ich auf die Schnelle keine Info auf deutsch finden).
Je südlicher ich kam, umso düsterer zogen sich die Wolken regengrau zusammen und ab Montebruno setzte schwacher, aber kontinuierlicher Regen ein. Doch mindestens war es recht warm und als ich in Rapallo einfuhr, hatte der Regen aufgehört. Ich parkierte mein Motorrad, nicht ohne es mit einem Bremsscheibenschloss zusätzlich zu sichern und bezog ein Zimmer im Hotel Italia e Lido. Mein Einzelzimmer war nicht sehr geräumig, die Nasszelle machte von der Grösse her ihrem Namen alle Ehre, aber es war sauber und der Preis mit 57 Euros in Ordnung.
Den Abend verbrachte ich bei einem leckeren Fischessen am Lido von Rapallo und beschloss ihn mit einem lustigen Aufenthalt in einer Karaoke-Bar.
Fortsetzung folgt sofort.
Kermit ist mit seinem eigenen Forum hier zu finden: >Motorradreiseforum.ch<
Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012
Servus Kermit,
klingt schon mal ganz gut. Knapp 700 km (auch mit Autobahn) muss erst mal abgesesen werden.
Um Rapallo herum ist's ganz schön zu kurven. Falls Du die Autobahn durch Genua noch nicht gefahren bist - sie ist ein higlight. Vielleicht für die Rückfahrt.
Und einen kurzen Abstecher nach Portofino solltest Du Dir auch gönnen...
Ach Mensch, ich Trottel - ich hab das jetzt so gelesen, als wärst Du auf Tour - dabei war das ja (wie auch bei dem Wetter) schon im Oktober.
Ich freu mich schon auf die Fortsetzung und - nicht böse sein - fahr ein bisschen mit Dir mit.
klingt schon mal ganz gut. Knapp 700 km (auch mit Autobahn) muss erst mal abgesesen werden.
Um Rapallo herum ist's ganz schön zu kurven. Falls Du die Autobahn durch Genua noch nicht gefahren bist - sie ist ein higlight. Vielleicht für die Rückfahrt.
Und einen kurzen Abstecher nach Portofino solltest Du Dir auch gönnen...
Ach Mensch, ich Trottel - ich hab das jetzt so gelesen, als wärst Du auf Tour - dabei war das ja (wie auch bei dem Wetter) schon im Oktober.
Ich freu mich schon auf die Fortsetzung und - nicht böse sein - fahr ein bisschen mit Dir mit.
- vienna_wolfe
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012
Servus Kermit - feine Einsteigertour, die dir der Werner da vorgeschrieben hat 
Ich sag ja immer, die einzige Frau, auf die ich höre, ist die in meinem Navi - aber das ist eine andere Geschichte
Locker geschrieben, DANKE fürs Mitnehmen - freu mich schon auf die Fortsetzung!
So long,
da Wolf

Ich sag ja immer, die einzige Frau, auf die ich höre, ist die in meinem Navi - aber das ist eine andere Geschichte

Locker geschrieben, DANKE fürs Mitnehmen - freu mich schon auf die Fortsetzung!
So long,
da Wolf
Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012
Für den zweiten Tag hatte ich mir eine Etappe von 336 km vorgenommen. Dass dies nach den 690 km des Vortags ein Klacks sein würde, dachte ich - wenigstens am Anfang. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
Da ich mir die Hotels erst nach der Routenplanung aussuchte, hatte ich halt irgend einen Ausgangspunkt für die zweite Etappe angenommen, diesen jedoch nach der Hotelwahl vergessen zu korrigieren. So fuhr ich am nächsten Morgen in Rapallo los und folgte der Küstenstrasse Richtung La Spezia, als plötzlich die Stimme aus dem Helm zum Abzweigen in ein schmales, steiles Seitengässchen aufforderte. Da das ja nicht sein konnte, fuhr ich erst mal weiter, doch kurz darauf kam wieder dieses bestimmte "in 150 Metern biegen Sie links ab." Neugierig, wie ich nun mal bin, gab ich der Versuchung, etwas Neues, Unbekanntes, womöglich Überraschendes zu entdecken nach. Das Strässchen führte steil bergan und kurz darauf stand ich an diesem Punkt und das Navi verlangte von mir, links neben dem schmiedeisernen Tor die Bergabfahrt anzutreten. Ein Roller der italienischen Post versperrte mir zunächst den Weg, doch nachdem der Postbote nach freundlicher Rückfrage, ob ich wirklich da hinunter wolle, stirnrunzelnd das Hindernis aus dem Weg geschoben hatte, rückte ich vor. Das Strässchen, man kann es leider auf Google Street View nicht erkennen, bestand aus einer Fahrspur von ca 50cm je links und Rechts von einer in der Mitte verlaufenden Fussgängertreppe. Ich dachte mir noch: wenn das nur gut geht und rollte langsam den Hügel hinunter. Allerdings nur ein paar Meter, dann war die Strasse fertig und nur mein Navi meinte, das da ein Durchkommen wäre.
Glücklicherweise gab es eine kleine, horizontale Plattform von ein paar Quadratmetern, so dass ich absteigen und das Motorrad von Hand wenden konnte. Nun stand ich also da, vor mir die Treppe in der Mitte und links und rechts diese schmalen Fahrstreifen, ganz nahe am Zaun und der auf StreetView sichtbare, violette Strauch nahm auch noch etwas Breite weg. Ich überlegte, ob es eine Alternative gäbe, verwarf aber das Nebenherlaufen mit schleifender Kupplung als zu riskant, atmete tief durch und fuhr langsam und konzentriert hoch. Das mag sich für erfahrene Fahrer drollig anhören, aber ich war ja erst frisch ab Prüfung. Auf jeden Fall wusste ich nun, warum ich vor der Prüfung stundenlang Spurgasse geübt hatte. (Anmerkung, falls das in DE/A nicht verstanden wird: Spurgasse ist ein Prüfungselement in der Schweiz, wo ein 1 Meter beiter, 15 Meter langer Streifen ohne abstehen so langsam durchfahren werden muss, dass die Fahrt mindestens 15 Sekunden dauert.)
Nachdem ich nun der Stimme aus dem Off klar gemacht hatte, dass ich diesen einen Punkt nicht mehr anzufahren wünsche, fuhr ich weiter südwärts. Doch schon in Chiavari wartete die nächste Hürde auf mich: Meinen Tank dürstete und so fuhr ich bei dieser Tanke ran, steckte 20 Euros rein. Doch da kam kein Most raus. Das Kassenhaus war noch zu (war schliesslich um Halbneun in der Früh...). Hilfsbereite Italiener versuchten mir zu helfen, aber da war nichts. Die 20 Euros hätte ich auch in irgend einem Gullideckel versenken können.
Zu allem Überfluss begann es wieder zu regnen und an zügiges Fortkommen war aufgrund der Witterungs- und Strassenverhältnisse nicht zu denken. Ich überquerte den Passo del Biscia und war Mittags erst in Varese Ligure, wo ich mir in einer Bäckerei am Hauptplatz die schlechteste Pizza Margherita holte, die ich in Italien je bekommen hatte.
Während ich meiner Route Richtung Emilia Romagna folgte, hörte es zu Regnen auf, der Himmel lichtete sich, die Sonne blinzelte verschämt durch die Wolken und liess die Stimmung wieder steigen. Nach Sesta Godano folgte ein teils holpriges Strässchen, das mich entlang der Kapelle Madonna della Penna führte. (Fotos machen erübrigt sich ja dank StreetView bis zu einem gewissen Grad, wenn man an die Qualität nicht zu heere Ansprüche stellt.) Doch schon eine kurze Strecke später stand ich vor dieser Tafel. Irgend ein Witzbold hatte von Hand ein NON hinzugefügt (Strasse gesperrt wegen nicht Arbeiten), was ich zunächst als gelungenen Witz empfand. Nun da ich weiss, dass die Tafel schon auf den StreetView Bildern von August 2011 drauf ist, könnte ich mich natürlich ohrfeigen, dass ich diesen Teil der Strecke nicht vorgängig im StreetView angeschaut hatte. Aber eben...
Wenden war etwas schwierig, die Strasse ist an dieser Stelle wirklich schmal und die Möglichkeit, das Motorrad auf dem Seitenständer zu drehen, lernte ich erst letzten Winter in einem von Michaels Videos kennen. Was denn auch prompt dazu führte, dass ich mit dem Vorderrad im linken Strassengraben endete, wodurch das Motorrad so tief zu liegen kam, dass ich den Seitenständer nicht mehr ausfahren konnte. Mit aller Kraft stemmte ich meine Beine auf den Boden, aber sie reichte nicht, um das Rad wieder über die Kante zu bringen. Also stieg ich ab, ohne Ständer, und wuchtete das Leergewicht von etwas über 200 Kilo mit beiden Händen aus seiner misslichen Lage. Nur stand ich jetzt auf derjenigen Seite, wo der Seitenständer nicht ist. Wegen des Tank- und Rückbankrucksacks und meiner nicht ganz gertenschlanken Bauchregion war er fernab jeglicher Erreichbarkeit. Zudem war auch noch kein Gang eingelegt, so dass ich mich vorsichtig ums Vorderrad herum bewegen musste, ohne dass das Teil kippte oder wegrollte. Na ja, irgendwann hatte ich es geschafft.
Auf der Tafel war ja eine Alternativroute angegeben, mit der ich mein Navi fütterte und schon gings weiter. Doch wer glaubt, das sei es gewesen, den muss ich enttäuschen. Ich hatte nicht beachtet, dass die Beschilderung empfahl, über S. Godano zu fahren und so führte das Navi mich ich schon vorher auf die neue Strecke, an Pignona vorbei den Hügel hinauf, bis die Strasse immer schmäler und holpriger wurde und ich letztlich wieder vor einem Schild stand, auf dem in dicken schwarzen Lettern stand: STRADA CHIUSO PER LAVORI. Einen Witzbold hatte es da allerdings nicht.
Nun war es zu spät, um noch nach einer weiteren Umfahrung zu suchen, so dass ich mich Richtung meines Tagesziels, Corvara, aufmachte. In Brugnato schien die Sonne ganz toll, es war um 20 Grad und deshalb hielt ich an dieser Bar und gönnte mir eine Stunde Sonnenbad auf der Terrasse.
Als ich dann gegen Abend in Corvara im Hotel Paese del Corvara (das ich bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben hatte) ankam, setzte ich mich auf die Treppe vor der Kirche und kritzelte in mein Reisetagebuch nur den einen Satz: "5.10.2012: Heute war nicht mein Tag."
Hier noch ein paar Eindrücke von Corvara:
Da ich mir die Hotels erst nach der Routenplanung aussuchte, hatte ich halt irgend einen Ausgangspunkt für die zweite Etappe angenommen, diesen jedoch nach der Hotelwahl vergessen zu korrigieren. So fuhr ich am nächsten Morgen in Rapallo los und folgte der Küstenstrasse Richtung La Spezia, als plötzlich die Stimme aus dem Helm zum Abzweigen in ein schmales, steiles Seitengässchen aufforderte. Da das ja nicht sein konnte, fuhr ich erst mal weiter, doch kurz darauf kam wieder dieses bestimmte "in 150 Metern biegen Sie links ab." Neugierig, wie ich nun mal bin, gab ich der Versuchung, etwas Neues, Unbekanntes, womöglich Überraschendes zu entdecken nach. Das Strässchen führte steil bergan und kurz darauf stand ich an diesem Punkt und das Navi verlangte von mir, links neben dem schmiedeisernen Tor die Bergabfahrt anzutreten. Ein Roller der italienischen Post versperrte mir zunächst den Weg, doch nachdem der Postbote nach freundlicher Rückfrage, ob ich wirklich da hinunter wolle, stirnrunzelnd das Hindernis aus dem Weg geschoben hatte, rückte ich vor. Das Strässchen, man kann es leider auf Google Street View nicht erkennen, bestand aus einer Fahrspur von ca 50cm je links und Rechts von einer in der Mitte verlaufenden Fussgängertreppe. Ich dachte mir noch: wenn das nur gut geht und rollte langsam den Hügel hinunter. Allerdings nur ein paar Meter, dann war die Strasse fertig und nur mein Navi meinte, das da ein Durchkommen wäre.
Glücklicherweise gab es eine kleine, horizontale Plattform von ein paar Quadratmetern, so dass ich absteigen und das Motorrad von Hand wenden konnte. Nun stand ich also da, vor mir die Treppe in der Mitte und links und rechts diese schmalen Fahrstreifen, ganz nahe am Zaun und der auf StreetView sichtbare, violette Strauch nahm auch noch etwas Breite weg. Ich überlegte, ob es eine Alternative gäbe, verwarf aber das Nebenherlaufen mit schleifender Kupplung als zu riskant, atmete tief durch und fuhr langsam und konzentriert hoch. Das mag sich für erfahrene Fahrer drollig anhören, aber ich war ja erst frisch ab Prüfung. Auf jeden Fall wusste ich nun, warum ich vor der Prüfung stundenlang Spurgasse geübt hatte. (Anmerkung, falls das in DE/A nicht verstanden wird: Spurgasse ist ein Prüfungselement in der Schweiz, wo ein 1 Meter beiter, 15 Meter langer Streifen ohne abstehen so langsam durchfahren werden muss, dass die Fahrt mindestens 15 Sekunden dauert.)
Nachdem ich nun der Stimme aus dem Off klar gemacht hatte, dass ich diesen einen Punkt nicht mehr anzufahren wünsche, fuhr ich weiter südwärts. Doch schon in Chiavari wartete die nächste Hürde auf mich: Meinen Tank dürstete und so fuhr ich bei dieser Tanke ran, steckte 20 Euros rein. Doch da kam kein Most raus. Das Kassenhaus war noch zu (war schliesslich um Halbneun in der Früh...). Hilfsbereite Italiener versuchten mir zu helfen, aber da war nichts. Die 20 Euros hätte ich auch in irgend einem Gullideckel versenken können.
Zu allem Überfluss begann es wieder zu regnen und an zügiges Fortkommen war aufgrund der Witterungs- und Strassenverhältnisse nicht zu denken. Ich überquerte den Passo del Biscia und war Mittags erst in Varese Ligure, wo ich mir in einer Bäckerei am Hauptplatz die schlechteste Pizza Margherita holte, die ich in Italien je bekommen hatte.
Während ich meiner Route Richtung Emilia Romagna folgte, hörte es zu Regnen auf, der Himmel lichtete sich, die Sonne blinzelte verschämt durch die Wolken und liess die Stimmung wieder steigen. Nach Sesta Godano folgte ein teils holpriges Strässchen, das mich entlang der Kapelle Madonna della Penna führte. (Fotos machen erübrigt sich ja dank StreetView bis zu einem gewissen Grad, wenn man an die Qualität nicht zu heere Ansprüche stellt.) Doch schon eine kurze Strecke später stand ich vor dieser Tafel. Irgend ein Witzbold hatte von Hand ein NON hinzugefügt (Strasse gesperrt wegen nicht Arbeiten), was ich zunächst als gelungenen Witz empfand. Nun da ich weiss, dass die Tafel schon auf den StreetView Bildern von August 2011 drauf ist, könnte ich mich natürlich ohrfeigen, dass ich diesen Teil der Strecke nicht vorgängig im StreetView angeschaut hatte. Aber eben...
Wenden war etwas schwierig, die Strasse ist an dieser Stelle wirklich schmal und die Möglichkeit, das Motorrad auf dem Seitenständer zu drehen, lernte ich erst letzten Winter in einem von Michaels Videos kennen. Was denn auch prompt dazu führte, dass ich mit dem Vorderrad im linken Strassengraben endete, wodurch das Motorrad so tief zu liegen kam, dass ich den Seitenständer nicht mehr ausfahren konnte. Mit aller Kraft stemmte ich meine Beine auf den Boden, aber sie reichte nicht, um das Rad wieder über die Kante zu bringen. Also stieg ich ab, ohne Ständer, und wuchtete das Leergewicht von etwas über 200 Kilo mit beiden Händen aus seiner misslichen Lage. Nur stand ich jetzt auf derjenigen Seite, wo der Seitenständer nicht ist. Wegen des Tank- und Rückbankrucksacks und meiner nicht ganz gertenschlanken Bauchregion war er fernab jeglicher Erreichbarkeit. Zudem war auch noch kein Gang eingelegt, so dass ich mich vorsichtig ums Vorderrad herum bewegen musste, ohne dass das Teil kippte oder wegrollte. Na ja, irgendwann hatte ich es geschafft.
Auf der Tafel war ja eine Alternativroute angegeben, mit der ich mein Navi fütterte und schon gings weiter. Doch wer glaubt, das sei es gewesen, den muss ich enttäuschen. Ich hatte nicht beachtet, dass die Beschilderung empfahl, über S. Godano zu fahren und so führte das Navi mich ich schon vorher auf die neue Strecke, an Pignona vorbei den Hügel hinauf, bis die Strasse immer schmäler und holpriger wurde und ich letztlich wieder vor einem Schild stand, auf dem in dicken schwarzen Lettern stand: STRADA CHIUSO PER LAVORI. Einen Witzbold hatte es da allerdings nicht.
Nun war es zu spät, um noch nach einer weiteren Umfahrung zu suchen, so dass ich mich Richtung meines Tagesziels, Corvara, aufmachte. In Brugnato schien die Sonne ganz toll, es war um 20 Grad und deshalb hielt ich an dieser Bar und gönnte mir eine Stunde Sonnenbad auf der Terrasse.
Als ich dann gegen Abend in Corvara im Hotel Paese del Corvara (das ich bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben hatte) ankam, setzte ich mich auf die Treppe vor der Kirche und kritzelte in mein Reisetagebuch nur den einen Satz: "5.10.2012: Heute war nicht mein Tag."
Hier noch ein paar Eindrücke von Corvara:
Kermit ist mit seinem eigenen Forum hier zu finden: >Motorradreiseforum.ch<
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012





Köstlich, Kermit - mit einer sympathischen Portion Selbstironie geschrieben, gefällt mir. Und das um's Moped Herumgehen (sowie es dabei mit zwei Fingern halten) übt man auch in Hechlingen, was übrigens nicht nur Offroadwilligen zu empfehlen ist...
So long,
da Wolf
Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012
... Du brauchst wirklich keinen Sarkasmus vorzutäuschen - Du erlebst ihn ja andauernd.
Wo Dich das Navi hinführt - welche Straßen wegen Bauarbeiten - ober eben keinen Bauarbeiten gesperrt sind....
Ich fürchte, das Mitfahren macht fast mehr Vergnügen, als das tatsächliche Fahren und Erleben.
Bin gespannt, wie's weiter geht.
Wo Dich das Navi hinführt - welche Straßen wegen Bauarbeiten - ober eben keinen Bauarbeiten gesperrt sind....
Ich fürchte, das Mitfahren macht fast mehr Vergnügen, als das tatsächliche Fahren und Erleben.
Bin gespannt, wie's weiter geht.
Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012
Und weiter gehts mit dem 6. Oktober:
Für den dritten Tag hatte ich mir einen Erholungstag verschrieben und die Route so gewählt, dass ich allen 5 Dörfern der Cinque Terre meine Referenz erweisen konnte. Ich fuhr von Corvara aus im Gegenuhrzeigersinn los und passierte himmlische Strecken durch Wald und Feld und teilweise mit Blick aufs Meer.
Bei der Anfahrt nach Monterosso al Mare wurde mir gewahr, dass man dort sich meiner Referenz gar nicht erfreuen würde, wies mich doch auf halber Strecke ein Strassenschild an, als Motorradfahrer bitte schön zu wenden. Nun gut, wer sich um mich foutiert, dem brauche ich auch mein Geld nicht nachzutragen und deshalb hielt ich es auch nicht für nötig, mich zu Fuss oder Autostopp ins Dörfchen durch zu schlagen. Das nächste Ziel, Vernazza, lockte.
Nachdem ich am Morgen, als Elisabetta mich nach meinen Weg erkundigt hatte und daraufhin erklärte, sie habe gehört, zwischen Monterosso und Vernazza sei die Strasse im Moment sehr gefährlich, dachte ich mir: Na ja, für Italiener vielleicht, die machen sich ja wegen jedem kleinen Mückenschiss in die Hose. Nur stand ich dann halt hier vor einem Fahrverbot und einer Hinweistafel, die Strasse sei verschüttet und der Abzweiger nach Rechts, der auch noch nach Vernazza gehen würde, war ebeso gesperrt. Deshalb entschied ich mich, die Route umzudrehen und fuhr über ein enges Strässchen wieder zurück bis fast nach Corvara.
Die Strecke von dort nach La Spezia gab nicht viel her, doch wurde ich durch die Stimmung in Portovenere, wo ich mich beim Mittagessen am Lido an einer Portion Gambas labte, mehr als entschädigt.
Für die Weiterfahrt nach Riomaggiore hatte ich mir eine kurvenreiche Strecke durch den Wald angelacht. Einfach nur schön!
In Riomaggiore kann man bis zum Dorfrand fahren, es hat dort auch ein paar Parkplätze für Motorräder. Diese dürften aber zur Hauptreisezeit übervoll sein, so dass man gezwungen sein könnte, im kostenpflichtigen Parkhaus unter zu kommen. In etwa einer Viertelstunde läuft man durchs Dorf hinunter bis an den Fischerhafen.
Hier genoss ich eine sonnige Stunde und zog mir das mediterrane Ambiente rein. Erholung pur!
Der Rest ist schnell erzählt: Die zwei verbleibenden Dörfer, Corniglia und Manarola, sind nur für einheimische per Motorfahrzeug erreichbar und ich musste in Ermangelung einer für eine Bandit befahrbaren Alternativen wieder zurück via La Spezia. Aber der sonnige Tag hat dafür mehr als entschädigt. Würde ich nochmals dort hin, so würde ich nach Levanto fahren und die fünf Dörfer mit der Bahn anfahren. Man hätte eindeutig mehr davon.
Für den dritten Tag hatte ich mir einen Erholungstag verschrieben und die Route so gewählt, dass ich allen 5 Dörfern der Cinque Terre meine Referenz erweisen konnte. Ich fuhr von Corvara aus im Gegenuhrzeigersinn los und passierte himmlische Strecken durch Wald und Feld und teilweise mit Blick aufs Meer.
Bei der Anfahrt nach Monterosso al Mare wurde mir gewahr, dass man dort sich meiner Referenz gar nicht erfreuen würde, wies mich doch auf halber Strecke ein Strassenschild an, als Motorradfahrer bitte schön zu wenden. Nun gut, wer sich um mich foutiert, dem brauche ich auch mein Geld nicht nachzutragen und deshalb hielt ich es auch nicht für nötig, mich zu Fuss oder Autostopp ins Dörfchen durch zu schlagen. Das nächste Ziel, Vernazza, lockte.
Nachdem ich am Morgen, als Elisabetta mich nach meinen Weg erkundigt hatte und daraufhin erklärte, sie habe gehört, zwischen Monterosso und Vernazza sei die Strasse im Moment sehr gefährlich, dachte ich mir: Na ja, für Italiener vielleicht, die machen sich ja wegen jedem kleinen Mückenschiss in die Hose. Nur stand ich dann halt hier vor einem Fahrverbot und einer Hinweistafel, die Strasse sei verschüttet und der Abzweiger nach Rechts, der auch noch nach Vernazza gehen würde, war ebeso gesperrt. Deshalb entschied ich mich, die Route umzudrehen und fuhr über ein enges Strässchen wieder zurück bis fast nach Corvara.
Die Strecke von dort nach La Spezia gab nicht viel her, doch wurde ich durch die Stimmung in Portovenere, wo ich mich beim Mittagessen am Lido an einer Portion Gambas labte, mehr als entschädigt.
Für die Weiterfahrt nach Riomaggiore hatte ich mir eine kurvenreiche Strecke durch den Wald angelacht. Einfach nur schön!
In Riomaggiore kann man bis zum Dorfrand fahren, es hat dort auch ein paar Parkplätze für Motorräder. Diese dürften aber zur Hauptreisezeit übervoll sein, so dass man gezwungen sein könnte, im kostenpflichtigen Parkhaus unter zu kommen. In etwa einer Viertelstunde läuft man durchs Dorf hinunter bis an den Fischerhafen.
Hier genoss ich eine sonnige Stunde und zog mir das mediterrane Ambiente rein. Erholung pur!
Der Rest ist schnell erzählt: Die zwei verbleibenden Dörfer, Corniglia und Manarola, sind nur für einheimische per Motorfahrzeug erreichbar und ich musste in Ermangelung einer für eine Bandit befahrbaren Alternativen wieder zurück via La Spezia. Aber der sonnige Tag hat dafür mehr als entschädigt. Würde ich nochmals dort hin, so würde ich nach Levanto fahren und die fünf Dörfer mit der Bahn anfahren. Man hätte eindeutig mehr davon.
Kermit ist mit seinem eigenen Forum hier zu finden: >Motorradreiseforum.ch<
- qpeter
- Beiträge: 1191
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012
Servus Kermit
Super geschrieben, und Deine Links dazwischen als Zusatz. Danke dafür.
Viele Grüße aus Südostoberbayern
Peter
Super geschrieben, und Deine Links dazwischen als Zusatz. Danke dafür.
Viele Grüße aus Südostoberbayern
Peter
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"cogito ergo sum"
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