Sizilien Mai/Juni 2016

Die großen Mittelmeer Inseln
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Nagge
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Re: Sizilien Mai/Juni 2016

#49 Ungelesener Beitrag von Nagge »

maxmoto hat geschrieben:Bei wolkenlosem blauen Himmel in dieser Kulisse Motorrad fahren zu dürfen, ist eines der großen Geschenke in meinem Leben.
Du schreibst solche Sätze und Bob Dylan bekommt den Literaturnobelpreis.
Die Welt ist ungerecht.
:L :L :L :L
Das kann man nur unterstreichen! Ein herrlicher Reisebericht, toll bebildert und von hoher literarischer Qualität! Freu mich auf die Fortsetzung! :Sl:
Grüße aus dem Schönbuch

Marc / Nagge

´s Leba isch koin Schlotzer!

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Linus
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Re: Sizilien Mai/Juni 2016

#50 Ungelesener Beitrag von Linus »

Gestern Tanz auf dem Vulkan, und heute Kurvenrausch pur. Insgesamt viermal haben wir die Monti Peloritani und die Monti Nebrodi gequert Die S185 in Richtung Norden ist
sowohl landschaftlich als auch fahrerisch ideales Motorradrevier. Das wissen am heutigen Sonntag auch die einheimischen Zweiradfahrer. Während wir ganze Gruppen auf
Sportenduros durch das fast trockene Flussbett des Nora ra turnende Hobbycrosser beobachten, werden wir von mehreren Supersportlern überholt. Die Motorradgattungen
dazwischen scheinen nicht zu existieren. Bei Mazzarra schlagen wir einen Haken in Richtung Süden und kühlen uns in Montalbano Elicona bei einer fantastischen Granita Cafe
erst einmal ab.

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Ein weiterer Schlenker führt uns wieder nach Norden zur Küstenstraße, der wir bis Capo dÒrlando folgen, um anschließend der wunderbaren S116 über den
2.264 Meter hohen Portella dello Zappo zu folgen, auf der gerade ein Knutschkugelrennen durchgeführt wird.

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Die Ankunft am Platz wird aufgrund 282 km anspruchsvoller Streckenführung recht spät.

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Heute werden wir den letzten Campingplatz auf der Insel ansteuern. Wir winken dem Etna zum Abschied und entern schon bald die wunderbare S120, die als
Panoramastraße wunderbare Blicke über Berg und Tal bietet. Zwischen Cesaro und Troina liegt auf der rechten Seite das Borgo Giuliano. Irgendwie fasziniert
mich die Stimmung dieser verfallenden Geisterdörfer, die meistens problemlos über ausgewaschene Feldwege erreicht werden können und gut zugänglich sind.

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Die Landschaft mutet an wie die Toskana und die Panoramen verleiten immer wieder zum Halten und Staunen.

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In Troina kämpfen wir uns über Kopfsteinpflaster und über enge Gassen hoch zur Piazza und erhaschen einen letzten Blick auf den Etna.

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Kurz vor Nicosia biegen wir in Richtung Norden auf die S117 ab, die wohl nicht mehr lange als wunderschöne und kurvenreiche Achterbahn befahren werden kann.
Irgendein spaßbefreiter Effizienzfanatiker hat sein Lineal auf der Landkarte liegen lassen und baut durch diese großartige Landschaft mittels potthässlicher Brücken
und Tunneln eine schnurgerade Verbindung, die bereits heute den Landschaftsgenuss einschränkt. Müßig zu erwähnen, dass wir auf den 40 km kein anderes Fahrzeug
gesehen haben und somit den Sinn dieser Baumaßnahme nicht erfassen können.
Über Mistretto und Santo Stefano erreichen wir an der Küstenstraße S113 das Städtchen Cefalu und quartieren uns auf dem sehr empfehlenswerten Camping Sanfillipo
ein. Route = 202 km

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Fremde sind Freunde, die wir noch nicht kennenlernen durften

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halbcent
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Re: Sizilien Mai/Juni 2016

#51 Ungelesener Beitrag von halbcent »

Linus, danke fürs zeigen. Der Nachteil...... meine To-Do-List wird immer länger. Ich müsste dann doch ca. 150 Jahre alte werden. Ich arbeite dran......
Grüße
Steffen

die Welt ist eine Kurve, manchmal auch zwei....

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jojo
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Re: Sizilien Mai/Juni 2016

#52 Ungelesener Beitrag von jojo »

....Die Landschaft mutet an wie die Toskana und die Panoramen verleiten immer wieder zum Halten und Staunen....
Im Frühjahr ist dort alles grün und es sieht tatsächlich wie in der Toskana aus.
Sizilien ist unglaublich vielfältig, egal zu welcher Jahreszeit :Sab:

Schade, dass der Bericht langsam zu Ende geht ..... :roll:

Grüssle
Jojo

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vienna_wolfe
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Re: Sizilien Mai/Juni 2016

#53 Ungelesener Beitrag von vienna_wolfe »

Linus hat geschrieben:Gestern Tanz auf dem Vulkan, und heute Kurvenrausch pur.
DD :Sab:

Servus Linus,

eigentlich hatte ich ja nur reinschnuppern wollen, aber dann hab ich den Reisebericht von der ersten Seite bis hierher verschlungen. Du verstehst es, einem mit Fotos und deiner Schreibe Lust zu machen - danke dafür, dass meine To-do-Liste schon wieder länger wurde... :Kn: :Sl:
jojo hat geschrieben: Schade, dass der Bericht langsam zu Ende geht ..... :roll:
Ja - aber er soll sich damit beeilen, übermorgen will ich wieder arbeiten und da fehlt dann die Zeit für solche Perlen... :lol:

So long,

da Wolf
...der mit dem Tiger tanzt

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Linus
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Re: Sizilien Mai/Juni 2016

#54 Ungelesener Beitrag von Linus »

In Richtung Osten fahren wir entlang der Küstenstraße entlang kleiner Sand- oder Kiesbuchten durch ausgedehnte Zitronenplantagen. An den steilen Anstiegen in die
Nebrodi Berge kleben kleine Dörfer wie Adlernester. Wir wählen die steile einspurige und mit etlichen Serpentinen versehene Auffahrt nach Pollina und befinden uns
kurz darauf 800 Meter höher in einem mittelalterlichen Dorf wieder, dessen komplette Piazza in Form eines Amphitheaters angelegt wurde.

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Von dort bietet sich ein traumhaftes Panorama in die Madonie und über das Thyrrhenische Meer.

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Nach dem ebenfalls abenteuerlichen Abstieg zurück an die Küste erreichen wir schon bald Castel di Tusa, ein noch nicht vom Tourismus heimgesuchtes Örtchen mit einem
schönen Strand

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Drei Farben Blau

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und dem außergewöhnlichen "Hotel L'Atelier sul Mare", in dem Frauen eine tragende Rolle spielen.

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Der Erbauer dieses Hotels hat im gleich anschließenden Tal des Tusa einen Skulpturenpark geschaffen (Fiumara d'Arte = Flussbett der Kunst), dessen Besichtigung sich dank
verkehrsarmer kleinster Straßen in außergewöhnlich schöner Berglandschaft für einen Tagesausflug geradezu anbietet. Wir starten in Villa Margi mit dem "Monument an einen
toten Dichter"; ein riesiges blaues Fenster auf die Unendlichkeit des Meeres.

Ist das Kunst, oder kann das weg?

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Über kleinste Holperpisten, oftmals auch unbefestigt, nähern wir uns der "Mediterranen Energie", die sich erstaunlich harmonisch in die Landschaft einfügt

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Die erst zehn Jahre nach dem eigentlichen Abschluss des Parks errichtete "Piramide 38° parallelo" überrascht mit regem Treiben durch Handwerker. Wir erfahren, dass
in genau einer Woche zur Sommersonnenwende am 21.06. das Innere der Pyramide durch einen Sonnenstrahl erhellt wird und die damit verbundene Veranstaltung "Rito
della Luce" vorbereitet wird.

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Von hier hat man auch einen Blick auf das erste installierte Kunstwerk "La Materia poteva non esserci", das sich im Talgrund im Schatten der Autobahnbrücken versteckt.

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Am beeindruckendsten ist für uns aber bei bereits tiefstehender Sonne das begehbare Labyrinth Arianna, das den Mutterleib darstellen soll.

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Spät erreichen wir nach 188 km den Campingplatz und genießen von unserer Terrasse den Anblick des Sonnenunterganges.

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Für den letzten regulären Urlaubstag auf der Insel haben wir uns die Berglandschaft der Madonie vorgenommen, die immerhin bis auf 2.000 Meter Höhe ansteigt. Trotz
der in den letzten Wochen erlebten Überraschungen bezüglich Fahrbahnbeschaffenheit und Streckenverlauf werden wir heute mit neuen Dimensionen konfrontiert und
ich genieße wieder einmal die Möglichkeiten unserer KTM. Hinter einer Kurve hört die Straße einfach auf Straße sein zu wollen und ermöglicht uns für etwa 10 Kilometer
leichten Offroad-Spaß.

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Die Ausblicke in die weite Landschaft können uns immer noch begeistern.

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Allerdings ist es extrem heiß und es weht ein heißer und stürmischer Wind, der uns zu vielen kleinen Pausen zwingt. So benötigen wir den halben Tag, bis wir über Castelbuono
schließlich Gangi erreichen; laut Reiseführer das schönste Dorf Italiens. Schön ist es wirklich, dafür wirkt es aber wie unbewohnt und extrem ordentlich und sauber. Auf jeden Fall
nicht italienisch.

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Typischer ist dann wieder Sperlinga, unter dessen Kastell sich ein Höhlendorf ausbreitet, dessen Häuser nur durch einen in den Fels geschlagenen Weg erreicht werden können.

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Auf dem Weg zum Campingplatz erkennen wir vereinzelt Rauchwolken, die vermutlich durch vom Sturm entfachte Waldbrände ausgelöst wurden. Im Verlaufe des Abends bestätigt
sich unsere Vermutung, als wir beobachten können, wie Löschflugzeuge in der Bucht vor unserem Platz immer wieder Wasser aufnehmen.
Route = 191 km

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Die ganze Nacht über sind die Löschflugzeuge im Einsatz gewesen und wir werden von den Betreibern des Campingplatzes aufgefordert, zügig den Platz zu verlassen. Die ganze
Mannschaft ist damit beschäftigt, Schläuche auszurollen und das ganze Gelände vorbereitend zu wässern. Noch während des Packens werden wir von Ascheregen überrascht und
verlassen den gastfreundlichen Ort mit einem schlechten Gefühl, weil wir spüren, dass die Menschen um ihre Existenz fürchten. Die Straßen in Richtung Westen inclusive der
Autobahn sind bereits gesperrt, sodass wir versuchen, uns über die kleinen Bergstraßen im Landesinneren in einem großen Bogen Palermo und dem Fährhafen zu nähern. Es tut
gut zu wissen, dass wir den ganzen Tag Zeit haben, dieses Ziel zu erreichen und wir somit nicht unter Zeitdruck stehen. Insgesamt drei Mal werden wir bei dem Versuch, wieder in
Küstennähe zu gelangen, von Straßensperren aufgehalten, bis wir in Cerda, der Hauptstadt der Artischocke und dem Startort der "Targa Florio", bei 41° eine lange Pause einlegen.
Noch kurz vor Palermo befahren wir ein kleines Waldstück unter Feuerwehr-Begleitschutz, wo die Bäume zu beiden Seiten der Straße in Flammen stehen und der Straßenbelag durch
die Hitze bereits extrem weich geworden ist.
Auch im Hafen von Palermo können wir die Löschflugzeuge beobachten, wie sie im ruhigen Wasser des Hafenbeckens Löschwasser aufnehmen und in unmittelbarer Nähe der Stadt
in die brennenden Berghänge ablassen. Dadurch ist die Hafenausfahrt natürlich gesperrt und die Abfahrt der Fähre verzögert sich entsprechend.
Die heutige Route bestand dann auch aus durchaus spannenden 220 km

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Jetzt kann ich es mit Bestimmtheit sagen: Kreuzfahrt ist nix für mich. Ich lese gerne. Ich höre gerne Musik. Aber 21 Stunden Fähre reichen mir vollkommen. Mehr Meer brauche
ich am Stück nicht zu sehen. Allerdings verhilft uns die Schiffspassage zu einem kleinen Fazit der Reise, da wir im Vorbeifahren ja noch die bereits bereisten Inseln Sardinien und
Korsika sehen und erkennen können. Genau dazwischen hat sich Sizilien einen Platz erobert. Aus unserer Sicht deutlich schöner als Sardinien, aber Korsika bleibt für uns die schönste
der Mittelmeerinseln.

Die weitere Rückfahrt nach Hause ist unspektakulär und wird nur durch zwei Zeltaufbauten in Ligurien und im Schwarzwald unterbrochen, sodass wir nach 5.715 km wieder wohlbehalten
und voller schöner Eindrücke die Isomatte gegen ein Bett tauschen.


Sizilien: auf jeden Fall mehr als eine Reise wert! Wir würden uns beim nächsten Besuch auf Madonie und Nebrodi konzentrieren. Gerne würden wir auch die Eolischen Inseln besuchen,
dafür fehlte einfach die Zeit.
Die Weite und die Vielfalt der Landschaft im Inselinneren beeindrucken nachhaltig. Die Küste bietet gerade im Süden der Insel unglaublich schöne und leere Strände. Die Städte und Dörfer
lohnen eigentlich alle. Natur und Kultur verteilen sich für uns zu einer idealen Mischung und die Straßen bieten alles, was des Motorradfahrers Herz begehrt. Allerdings sollte man stets
aufmerksam bleiben, da sich die Fahrbahnbeschaffenheit mitunter schlagartig ändern kann und vor allem in den Bergen viele Verwerfungen und Abbrüche für Überraschungen sorgen.
Den Offroadanteil kann man fast nach Belieben ausweiten. Die von uns besuchten Campingplätze waren bzgl. Lage und Ausstattung sehr gut, die Preise mit durchschnittlich 21,- € je
Nacht für zwei Personen mit Zelt und Motorrad ok.
Einkaufen: über Frische und Qualität italienischer Lebensmittel braucht man keine Worte zu verlieren. Wenn ein Klischee stimmt, dann ist es das von perfektem "Vino, Pane, Olio". Wir
haben selten gekocht, da uns auch angesichts der hohen Temperaturen meistens die überall frisch zubereiteten Antipasti als Hauptmahlzeit gereicht haben und die Preise sind erstaunlich
günstig. Die sizilianischen Bäckereien sind mit unseren nicht zu vergleichen, so reichhaltig ist die Auswahl. Einmal von links oben nach rechts unten durchfuttern wäre ein Traum, ist aber
nicht zu schaffen. Arancini (frittierte Reisbällchen) und Panelle (Kichererbsenmehl) wurden im Verlauf der Reise unsere Favoriten. Suchtfaktor hat die Granita, ein halbflüssiges Wassereis.
Mein Favorit: Granita Caffe.

Allgemeines: Wir haben die Fähren der GNV von Genua nach Palermo (248,-€) und zurück genutzt (288,-€), jeweils mit Kabine.
Als Reiseführer hat sich bewährt: Sizilien" aus dem Michael Müller Verlag
Karte: Michelin Sicilia (Blatt 365, Maßstab 1:220.000)

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren!
Fremde sind Freunde, die wir noch nicht kennenlernen durften

Quhpilot
Beiträge: 6273
Registriert: Sonntag 3. August 2014, 11:07

Re: Sizilien Mai/Juni 2016

#55 Ungelesener Beitrag von Quhpilot »

Dankeschön für Diesen zauberhaften Bericht ! DD Meine Liste wird wieder länger. :Pr:

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maxmoto
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Registriert: Samstag 2. Juni 2012, 19:29
Wohnort: 80993 München

Re: Sizilien Mai/Juni 2016

#56 Ungelesener Beitrag von maxmoto »

Als Reiseführer hat sich bewährt: Sizilien" aus dem Michael Müller Verlag
Nach Lesen Deines Berichtes kann man, glaube ich, auf diesen Reiseführer getrost verzichten.
Reiseführer: Linus sein Bericht!
Nachdem Du die Temperaturen angesprochen hast ...
Weniger Hitzebeständige sollten als Termin vielleicht April / Mai oder September / Oktober (da ist das Meer noch warm) ins Auge fassen.
maxmoto
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