Indische Hochzeit

Alles auf einen Blick, nicht nach Regionen sondern nach den Jahren. (nur mal so als Idee, mal schauen wie es ankommt.)
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Monti
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Indische Hochzeit

#1 Ungelesener Beitrag von Monti »

Disclaimer: kein Motorradreisebericht!

Kein Motorradreise, aber eine sehr besondere Reise. Vom 28.April bis 5.Mai 2019 bin ich zusammen mit meinem Sohn Maurice und dessen Freundin Chiara zu Besuch in Indien, um der Hochzeit meines jungen Freundes Hari auf dessen Einladung beizuwohnen. Eine besondere Ehre, die mich stolz macht. Und eine sehr lehrreiche Reise.

Hari ist 28 Jahre alt und stammt aus Coimbatore im südlichen indischen Bundesstaat Tamil Nadu. Ich stellte ihn 2015 als Masterabsolvent im Rahmen des Talentörderprogrammes in Deutschland ein (ich bin Vertriebsmanager bei einem dänischen Konzern). Mittlerweile arbeitet Hari in einem anderen Unternehmensbereich, ich bin aber nach wie vor als sein Mentor im Einsatz.

Zu meinen Aufgaben als „Post Graduate Mentor“ gehörte auch, den jungen Kollegen in die Kultur unseres Landes und unserer Region einzuführen. Während seiner ersten Monate lernten wir uns persönlich näher kennen und sind seither befreundet. Da mein Sohn Maurice im gleichen Zeitraum ein Praktikum im Untenehmen absolvierte, kennen sich die beiden ebenfalls.

Hari sass natürlich schon bei mir auf dem Motorrad, als wir anläßlich eines Besuchs eine Runde in den Vogesen und im Schwarzwald drehten.

Ausflug ins Elsass mit Hari 2016
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Zum Hintergrund der Reise gehört auch, dass Maurice 2014/2015 8 Monate in Indien im Rahmen eines Freiwilligendienstes verbrachte. Dies half uns vor und während der Reise sehr. Maurice stellte auch das Programm zusammen. Mit von der Partie war ebenfalls Maurice Freundin Chiara. Sie ist Italienerin aus Ancona. Die beiden haben sich während eines Auslandssemesters im französischen Dijon kennengelernt.

Mein Gepäck - ein schöner Rucksack-Kokon!
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Fortsetzung folgt!
Zuletzt geändert von Monti am Donnerstag 2. Mai 2019, 16:37, insgesamt 2-mal geändert.
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ryna
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Re: Indische Hochzeit

#2 Ungelesener Beitrag von ryna »

Fängt schon vielversprechend an... :L
Freue mich auf die Fortsetzung.

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Monti
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Re: Indische Hochzeit

#3 Ungelesener Beitrag von Monti »

Am 29.April trafen wir uns in Chennai. Ich war der letzte Ankömmling. Maurice war in München gestartet und hatte sich mit Chiara, die aus Bologna einflog, in London getroffen. Beide waren schon vor mir vor Ort.

Mein Flug aus Frankfurt nach Mumbai war nicht so toll. Obwohl ich eine Dreiersitzbank für mich alleine hatte, konnte ich nicht richtig schlafen. Die Boeing 787 hatte ihre besten Tage auch schon hinter sich, sichtbar am Zustand der Sitze ... Aber der Vogel hielt durch :D .

In Mumbai hatte ich Anschluss mit einem Inlandsflug nach Chennai. Der Flughafen von Mumbai ist ultramodern - ein Aushängeschild für Indien, auf das man sehr stolz ist. Zurecht.

Die Einreise- und Visaformalitäten für Indien sind nach state of the art organisiert. Man organisiert sich vorab online ein Touristenvisum, keine Geschichten mit Passeinträgen, Botschaft etc. Die Kontrolle ging auch rasch vonstatten. Obwohl ich mich zweimal falsch anstellte an einem der rund 30 Schalter. Wie gesagt: riesiger Flughafen!
In einem Anfall von Intelligenz verzichtete auch auf den Gag, auf pakistanisch “Guten Tag” zu sagen :mrgreen:

Nach gefühlt 5 km Fußmarsch ruhte ich mich in einer Lounge ein bisschen aus und ass eine Kleinigkeit. Der Weiterflug war bis auf den letzten Platz ausgebucht. Ich konnte etwas schlafen (eigentlich war ich ohnmächtig ...).

Vor der Reise hatte ich Hari vorgeschlagen, selber einen Mietwagen vor Ort zu nehmen. Wie naiv von mir! :No:

Er riet mir ab mit der Begründung, ich sollte dort eher nicht Auto fahren. Was glaubt der Heini eigentlich, war meine erste Reaktion? Dass ich mit dem bisschen Linksverkehr nicht klarkomme? Jedenfalls war sehr schnell offensichtlich, dass seine Empfehlung richtig war. Dazu später mehr ...

Am Flughafen Chennai erwarteten mich schon Maurice und Chiara mit unserem Fahrer Sathish. Sathish war von Hari beauftragt worden, uns bis zu meiner Abreise am drauffolgenden Wochenende als Fahrer zur Verführung zu stehen. Und das war gut so.

Erkennungsfoto von Sathish:
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Das ist eine völlig entspannte Verkehrssituation in Chennai:
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Bemerkenswert dabei: Motorradhelme zu sehen, Fahrzeuge scheinen in Fahrspuren organisiert zu sein.


Fortsetzung folgt!
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Monti
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Re: Indische Hochzeit

#4 Ungelesener Beitrag von Monti »

Beim Heraustreten aus dem klimatisierten Flughafen erschlug mich erstmal die Hitze. 37 Grad und hohe Luftfeuchtigkeit. Es ist die heißeste Periode des Jahres, das war erstmal Pech. Sathish brachte uns zu seinem Auto - einem relativ neuen Toyota, Modell unbekannt in Europa. Hauptsache Klimaanlage! :L

Und dann kam der Moment der Wahrheit, in dem ich innerhalb von 2 Minuten begriff, wieso ein Mietwagen mit mir am Steuer keine gute Idee gewesen wäre.

Der Verkehr der Millionenmetropole Chennai (und auch im restlichen Indien) FLIESST im Sinne des Wortes. Flüssigkeit füllt jeden leeren Raum. Und das tun hier alle, insbesondere Motorradfahrer. Begleitet wird dieses Fließen von Hupen. Ständig, dauernd und überall. Es gilt das Recht des Stärkeren.

In der Nahrungskette ganz unten stehen die Fußgänger. Sie müssen sich mit den Lücken begnügen, die es gibt. Angehalten wird nicht für sie.

Dann kommen die Fahrradfahrer. Es gibt nicht sehr viele, aber hin und wieder doch und auch dreirädrige Lastenfahrräder, die schon sehr in die Jahre gekommen sind.

Lastenfahrrad:
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Alternative Transportvariante Marke Eigenbau:
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Es folgen die Motorradfahrer und die dreirädrigen, gelben Piaggio-Taxis (Tuktuks bzw. Rikschahs). Je nach gefahrener Geschwindigkeit ist der eine oder der andere der Chef.

Fast oben als Boss der Strasse sind die Autos. Aber nur fast. Der unumschränkte Herrscher der Strasse ist der Bus- und Lkw-Fahrer. Wo er auftaucht, wird ausgewichen.

Es ist einfach so, dass vor allem in der Stadt alle irgendwo fahren mit einem leichten Hang nach links, wie vorgesehen. Aber eben auch entgegen der Richtung rechts, quer, von links, von rechts, nur nicht von oben und unten.
Und es passiert .... nichts. Während der ersten Stunde Fahrt rechnete ich ständig mit einem Einschlag irgendwo von irgendetwas. Es war auch öfters knapp. Ich habe dann einfach nicht weiter hingeschaut (ich saß als Beifahrer im Auto). Aber es ist ein ständiges Fließen, das deshalb funktioniert, weil sich keiner aufregt, dass sich niemand an eine Regel hält, Weil das die Regel ist. Wer hier auf sein Recht besteht, geht unter. Deshalb funktioniert es. Ich war und bin beeindruckt.

Allerdings hupt man sich auch ständig (als Stärkerer) den Weg frei. Auf vielen Fahrzeugen steht auch hinten drauf « signal horn » - bitte hupen. Wenn auf einer Landstraße 2 Motorradfahrer nebeneinander fahren, Gegenverkehr kommt ... dann hupt Sathish, ein Motorrad rutscht zur Seite, der Gegenverkehr auch und alle passen nebeneinander. Richtig krass wird es, wenn mehrere Fahrzeuge an eine Engstelle kommen. Da gewinnt derjenige mit den besten Nerven. Das ist manchmal nichts für schwache Nerven. Aber es war bemerkenswert: es kam nie zu einer Vollbremsung.

Die Motorradfahrer im Speziellen: offiziell herrscht Helmpflicht, und in der Großstadt tragen auch rund 10-15% der Fahrer einen Helm. Man sieht auch öfters Plakate mit « Helmet & Safety ». Je mehr in der Provinz, desto weniger sieht man Helme. Das war es ohnehin schon an Sicherheitsbekleidung. Es gibt kein Bewusstsein dafür, auch die Polizei sah ich oben ohne. Es gibt Werbung und Sendungen im TV, da fahren alle oben ohne. Also völlig normal.

Die vorherrschende Motorradklasse hat 100-150 ccm Hubraum. Mit einer 200er ist man schon King. Die einzigen grösseren Maschinen, die ich zu Gesicht bekam, waren Royal Enfields mit 350 und 500 ccm. Marktführer ist Hero Honda (https://www.heromotocorp.com/en-in/the- ... ycles.html). Es sieht so aus, als hätten sie mindestens 50% Marktanteil. Eine neue Maschine kostet rund 90000 Rupies, das sind 1300 €.

Die Masse der Fahrzeuge ist alt, viele sind in lausigem Zustand. Überwiegend mit Trommelbremsen vorne und hinten. Aber die Fahrer können fahren! Müssen sie auch, siehe oben, und das noch barfuß oder mit Flipflops!

Weiterhin: Auf einem Motorrad haben bis zu vier Personen Platz. Wenn Kinder, auch fünf. Der Beifahrer sitzt öfters im Damensitz auf dem Sattel (die Frauen in traditioneller Bekleidung können nicht anders draufsitzen - aber auch Männer sind manchmal so unterwegs).

Handy am Ohr ist normal. Anhalten habe ich dafür keinen gesehen ...

Achja: Transportierbar ist auf einem Motorrad fast alles.

Klassisch: der Vierer
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Materialtransport 1:
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Materialtransport 2:
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Sodom und Gomorrha !

Aber: Nach einer Weile war ich an die Zustände gewöhnt. Nur wenn wir einen anderen Fahrer hatten, war ich erstmal nervös, bis ich Vertrauen gefasst hatte.

Wenn alle Fahrer auf deutschen/westlichen Straßen die Gelassenheit der Inder hätten, gäbe es deutlich weniger Probleme - und Unfälle. Keiner regt sich auf, wenn er angehupt wird. Alle wissen, dass es eng wird. Alle sind entspannt. Schön wäre es ....
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Monti
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Re: Indische Hochzeit

#5 Ungelesener Beitrag von Monti »

Eine Rikschah - es fahren unfassbar viele davon herum.
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Eine (gute) Werkstatt mitten in der Stadt
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Fortsetzung folgt!
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networker
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Re: Indische Hochzeit

#6 Ungelesener Beitrag von networker »

Moin Monti,

mann - da kommen Erinnerungen auf.

Ich hatte den indischen Verkehr für mich auf eine Regel - Fahre nirgendwo gegen - zusammengefasst.

Und da es sonst scheinbar keine Regeln gibt, muss man mit allem Rechnen.

Funktioniert nicht bei uns - denn wenn wir Vorfahrt haben, dann haben wir haben ja Vorfahrt und schauen nicht mehr....

Da MUSS dann der anderen :Sto: - sonst Beule :Bx:

Und Entspannung am Steuer - das können wir auch nicht so wirklich
Zuletzt geändert von networker am Freitag 3. Mai 2019, 07:03, insgesamt 1-mal geändert.

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Marock
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Re: Indische Hochzeit

#7 Ungelesener Beitrag von Marock »

Hey Monti ... Cooler Live-Bericht! :L :L :L
Setz dich blos nicht auf eine Enfield drauf ... Gibt eh schon so viele :mrgreen:

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steph
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Re: Indische Hochzeit

#8 Ungelesener Beitrag von steph »

:Sl: ein echt toller Bericht .. ich freu mich schon sehr auf die Fortsetzung <daf>
Wenn etwas gut gehen kann, geht es gut..

..sollte es einmal nicht gut gehen, tun sich stets viele andere gute Möglichkeiten auf


*Träume wollen gelebt werden .. Bild .. meine Reisegeschichten* Bild

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