Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

Reiseberichte auch Afrika und Madagaskar
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Pips
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Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

#1 Ungelesener Beitrag von Pips »

10 Jahre ist es her, Grund genug wieder ueber eine Reise ins Warme nachzudenken. Den alten Reisebericht zu lesen, ist immer ein netter Start, und dabei kann ich ihn gleich uebersetzen ...

Es war ein einfacher Plan: Gewicht verlieren, die Motorraeder nach Suedspanien schaffen und Spass in Marokko haben. Maddin und ich hatten uns auf einer Islandreise kennengelernt und entschieden jetzt gemeinsam Marokko zu erfahren.

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Hana von Motoaventours.com hatte uns einen sehr guten Preise fuer den Motorradtransport aus Deutschland geboten, so dass wir jetzt nur noch den Flieger nach Malaga nehmen mussten. Waehrend ich in der Lufthansa Lounge am Frankfurter Flughafen wartete, bekam ich 3x die Nachricht, dass sich das Abfluggate aendern wuerde. Sie konnten sich wohl nicht entscheiden - ich hasse diesen Flughafen. Die Taxiways sind so lang, dass der Flieger manchmal mehr Zeit auf dem Weg zur Startbahn verbringt als in der Luft: "Ladies and Gentlemen, we're now lining up for the runway, so for the last bit, we'll actually be flying!"

In Malaga angekommen holten Hana und Patrick uns am Flughafen ab und gaben erste Tips fuer Marokko. Ihre Webseite schrieb: "We don't spoil any fun, and we're nice to look at!" Dem habe ich wenig hinzuzufuegen, ausser ein paar Fotos.

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Martin belaed seine Tenere

Gegenueber der Islandtour habe ich knapp 80kg Gewicht eingebuesst. Das meiste davon an Motorrad und Gepaeck, wenig bis gar nichts am Koerper. Die ersten Asphaltkilometer waren aufregend, da wir neue Stollenreifen aufgezogen hatten. Erst nachdem wir den Druck auf 1.3bar senkten bauten die Reifen Grip auf. Am naechsten Morgen trafen wir am Faehrterminal in Algecirca ueberraschenderweise wieder auf Hana, die eine Reisegruppe nach Marokko fuehrte.

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Von den Grenzformalitaeten ist mir nicht viel im Gedaechtnis haengen geblieben, ausser dass wir sowohl auf der Faehre wie in Tangier eine Weile anstehen mussten. Mit etwas Unterstuetzung von Hana kamen wir problemlos ins Land.
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Pips
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Re: Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

#2 Ungelesener Beitrag von Pips »

Kaum von der Faehre weg, winkte man uns anzuhalten. Da ich mir nicht sicher war, ob dies weitere Grenzformalitaeten waren, gehorchte ich. Hier stand ein Geldautomat und jemand bot uns an, Geld zu wechseln - wir hatten aber absolut keine Lust, hier Geschaefte zu machen. Als wir weiter wollten, sprang jemand anderes vor und erklaerte, dass wir ihm nun Parkgebuehren zu zahlen haetten. Sie hatten uns selber auf einer oeffentlichen Strasse gestoppt, so dass ich ihn auslachte und Gas gab. Er sprang zur Seite. Stattdessen fanden wir einen Supermarkt und statteten uns mit Wasser und Essen aus. Dann ging es auf die N2 in Richtung Tetouan. Da das alles eine Weile gedauert hatte, kamen wir gerade rechtzeitig an, um nach einer Unterkunft zu suchen.

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Ich war voraus gefahren und musste nun auf Maddin warten, der nur zoegerlich gefolgt war. Dann erklaerte er mir, dass ich in falscher Richtung in eine Einbahnstrasse gefahren sei. Ups. Keine 10 Sekunden spaeter kam der naechste auf uns zu, um uns zu ein Nachtquartier in der Medina zu fuehren. Dort haetten wir das Gepaeck hunderte Meter tragen muessen, und da ich diese Touritreiber eh nicht mag, suchten wir uns selber ein nettes Hotel. Hier standen die Motorraeder direkt vor der Tuer, wo sie der Nachtwaechter im Blick behalten wuerde.

Spaeter spazierten wir fuers Abendessen in die Stadt. Martin kams ins Gespraech mit einem der Touritreiber, waehrend ich genervt vorgab, keinerlei Sprachen zu verstehen. Er fuehrte uns zu demselben Restaurant, welches der andere Typ schon vorgeschlagen haette. Es gab keine anderen Gaeste, und wir warteten ewig aufs essen. Wir scherzten schon, dass sie es wohl erst selber im Restaurant nebenan bestellen mussten, als jemand mit Plastiktueten voller Styroporbehaelter reinkam und in die Kueche durchging ... um Fair zu bleiben, das Essen war gut.

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Am naechsten Tag ging es die Mittelmeerkueste entlang weiter auf einer kurvigen Strasse. Die Sonne scheinte, und es war wenig Verkehr. Es fuehlte sich bereits weit weniger nach Touristenfalle an, und es setzte ein echtes Urlaubsgefuehl ein. Gegen Mittag entschieden wir uns, an der naechsten gut-riechenden Fressbude zu halten, die leckeren, gegrillten Fisch bot.

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In der Naehe des Rif Gebirge wurde es wieder etwas aufregender, aufgrund feuchter Strassen. Noch im 3ten Gang und bei halbem Gas dreht mir das Hinterrad der 650er durch.

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Die ersten beiden Hotels, die wir uns am Abend ansahen, wirkten nicht sehr einladend, aber in Driouch fanden wir ein passendes Hotel. Es war klein und einfach, aber sauber. Frueh am naechsten Morgen wachte ich auf und tappte die Treppe herab, um nach Kaffee zu suchen. Den bekam ich vom Nachtwaechter, der lustigerweise den Teppich aus der Eingangshalle geklaut hatte, um damit unsere Motorraeder vor neugierigen Blicken zu schuetzen. Dafuer gabs ein gutes Trinkgeld.

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Pips
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Re: Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

#3 Ungelesener Beitrag von Pips »

Heute wollten wir endlich Schotter unter die Reifen bekommen. Unter blauem Himmel ging es nach Sueden, waehrend in den Taelern oft noch der Fruehnebel hing. Da war es dann auch empfindlich kalt.

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Am Ende einiger Serpentinen erreichten wir eine weite Ebene und die ersten Schotterpisten.

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(Foto: Maddin)

Leider war es vorerst nur ein kurzes Stueck, bevor der Asphalt weiterging. Die Strasse bog gen Westen, so dass wir nun auf die Schneebedeckten Gipfel des Atlasgebirges zufuhren.

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Als ich einen besonders Interessanten Hintergrund entdeckte, bat ich Maddin zu halten, und ein Foto von mir zu machen. Dann fuhr ich an die Kante. Wie ich zum Boden blicke, entdecke ich einen langen Riss zu meiner linken. Ich stand also zwischen Riss und Kante - nicht gut.

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(Foto: Maddin)

Tagesziel war heute Missour, wo wir ein Gasthaus fanden, dessen Eingangstuer mit den Aufklebern diverser Reisegruppen geflastert war. Abends erkundigten Maddin sich bei einem Schutzmann nach einem guten Restaurant. Der verliess kurzentschlossen seinen Wachposten und fuehrte uns bis zu einem Laden, der von aussen mehr wie eine Schlachterei aussah. Sie hatten aber auch Tische und so gab es leckere Lammschenkel zu Abend.

HIer in Missour begann die erste Route aus Chris Scotts Fuehrer Morocco Overland, die uns zu den interessanteren Routen suedlich des Atlas bringen sollte. (Ich werde immer wieder Routennummer nennen, die sich wieder auf die Bezeichnungen in diesem Fuehrer beziehen.) Jetzt im spaet-November war das Wetter ueberall nordwestlich des Atlas genausowenig einladend wie zuhause in Deutschland, und im Atlas lag teilweise bereits der Schnee. Suedlich des Atlas sollten wir aber Sonnenschein und Waerme erwarten koennen. Also luden wir die Route ME1 ins Navi und fuhren los. Enttaeuschenderweise war auch hier noch fast alles asphaltiert. Es gab ein paar trockene Flussbetten zu durchqueren. Da hierzulande immer wieder reissende Flutwellen die Bruecken wegreissen, koennte die Strecke also durchaus problematisch sein - aber zur Zeit war sie perfekt in Schuss.

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Gegen Mittag bogen wir auf einen Seitenpfad, den den Hang hinauf fuehrte, von wo wir das Tal und ein kleines Dorf ueberblickten. Perfekt fuer einen Happen Brot und Kaese. Ein paar Jungen fuehrten ihre Schafe vorbei. Es gab keine Schaeferhunde, also blieben sie oeberhalb der Herde am Hang, und warfen einfach Steine, wenn ein Schaf ausbuechsen wollte.
Das erinnerte mich an Hunde, die ich vor langer Zeit in der Tuerkei kennenlernte. Wenn man auf den Feldern einem Hund begegnete, so mochte er vielleicht unfreundlich sein, aber man konnte auch darauf bauen, dass er Angst vor Steinen hatte. Jeder Wanderer trug einen Stock, aber die erste Verteidigung gegen die Hunde waren kleine Steine. so konnte man selbst auf einem asphaltierten Parkplatz vorgeben, sich nach einem nicht-existierenden Stein zu buecken, und die Hunde zuckten zurueck.

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Zuletzt geändert von Pips am Samstag 3. Dezember 2022, 19:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Pips
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Re: Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

#4 Ungelesener Beitrag von Pips »

In Beni Tajjite hielten wir fuer einen Marrokanischen Tee, da waren wir mittlerweise quasi abhaengig. Thé à la Menthe ist ein gruener Tee, der mit frischer Nana-Minze und Zucker serviert wird. Das kleine Cafe hatte keine Minze und bot uns an, stattdessen Wermutkraut zu verwenden. Die sah dann aus, als ob man sie direkt am Strassenrand gepflueckt haette. Es schmeckte 'interessant'. Ab hier ging es auf Route ME7 nach Tazouguerte, wo endlich der Schotter begann, fuer den wir gekommen waren.

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(Foto: Maddin)

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(Foto: Maddin)

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Auf halben Weg mussten wir ueber einen Felsenruecken. Hier bestand der Weg vollstaendig aus Felsen, die in der Groesse zwischen Handball und Reisekoffer lagen. Als einer unter meinem Vorderrad nachgab, lernte ich schnell, dass es keine gute Strategie ist, nach dem Boden zu fuesseln, wenn die Sitzbank 940mm hoch ist. Ich fiel zwar nicht um, aber Maddin hatte Spass an meiner artistischen Einlage.

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(Foto: Maddin)

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Als wir das Tal erreichten, welches nach Merzouga fuehrte, wurden die Schatten bereits laenger. Maddin hatte sich ein festes Ziel gesetzt und trieb mich an.

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Erfoud erreichten wir im Stockdunkeln. Maddin hatte das Hotel fuer die Nacht im Navi und fuhr voran. Die Lampe der XChallenge war eher Zierde, und ich sah kaum mehr als sein Ruecklicht. Hier ging es aus dem Dorf heraus auf eine weite Ebene, die von Spuren in allen Richtungen durchkreuzt wurde. Ohne wirklich gutes Licht sollte man hier nicht fahren. Trotzdem erreichten wir das Hotel, bekamen einen guten Preis fuer die Nacht und ein leckeres Abendessen.
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Pips
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Re: Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

#5 Ungelesener Beitrag von Pips »

Wieder wachte ich sehr frueh auf und schlich mich aus dem Zimmer auf der Suche nach Kaffee. Es hab eine idyllische Terrasse mit einer tollen Aussicht auf einen Haufen Sand, den wir im Dunkeln abends gar nicht wargenommen hatten. Wir hatten das Erg Chebbi erreicht.

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(Foto: Maddin)

Das Hotel Yasmina war recht bekannt, so dass mancher den Blick vielleicht wieder erkennt. Hier ist ein besserer Blick auf das Hotel:

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Als ich den zweiten Kaffee bestellte, tauchte auch Maddin auf und wir stuerzten uns auf ein umfangreiches Fruehstueck. Dann war es Zeit, sich ein bisschen um die Moppeds zu kuemmern. Maddin schien immer noch etwas Schlaf zu fehlen, denn die meiste Zeit schien er vorzugaukeln, am Motorschutz zu schrauben ...

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Etwa spaet ging es dann los auf eine kurze Runde gen Norden, so dass wir nur etwa Werkzeug, Wasser und Essen mitnahmen. Maddin fuehrte, und verteilte sofort sein Werkzeug ueber die Wueste. Man sieht sogar noch das Hotel im Hintergrund.

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Das erste groessere Hindernis war ein Traktor, den wir zwischen den Straeuchern umfahren mussten. Ich weiss nicht, ob der Helfer Maddin nicht mehr im Wege stand als ihm tatsaechlich zu helfen. Jedenfalls war es dann weit einfacher fuer mich, da der Weg geebnet war und ich bereits halb durch war, bevor die Helfer dazukamen. Auf jeden Fall war es unterhaltend zu sehen, und ich stand mit der Kamera bereit, falls er umfallen sollte.

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Den Gefallen tat er mir nicht. Also keine Verletzungen, dafuer Kamele. Jeder Zoo in Deutschland erzaehlt, dass Kamele 2 Hoecker haben, aber hier in Marokko redet niemand von Dromedaren.

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Zwischen ein paar kleinere Bergen hindurch ging es zurueck nach Erfoud.

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Die Jungs mit der Fahne hier schienen ein tolles Fotomotiv zu geben, und ich wartete geduldsam auf den perfekten Zeitpunkt. Er sollte nicht kommen, dies ist nicht Iwo Jima.

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Es war keine schwere Entscheidung, einen weiteren Tag hier zu bleiben. Am naechsten Tag ging es nach Osten, um zu sehen, wie nah man an Algerien heran fahren koenne. Zu Beginn ging es am Rand des Erg Chebbi entlang, welches im Wesentlichen ein Becken voller Sand ist, welchen der Wind aus der Sahara heruebergeweht hat.

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Teilweise war der Boden mit kleinen schwarzen Steinen bedeckt, die die Raeder davon abhielten, im Sand zu versinken. Selbst die Spur eines Motorrades war deutlich zu sehen, da hier die schwarzen Steine in den Sand gedrueckt waren. Ich weiss nicht, wielange es dauert, bis die Spuren verschwinden, aber selbst auf Satellitenbilder kann man sie sehen.

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Maddin musste erkennen, dass die Tenere immer noch schwer im Sand zu fahren war, und so blieb ich immer in seiner Naehe, um Erinnerungsfotos schiessen zu koennen, solle er wieder fallen. :lol: Eines der Sandfelder war etwas groesser, und so liess ich die Kamera gleich eingeschaltet. Dadurch erhaschte ich dieses Bild, genau in dem Moment, als er auf den Boden knallte. Ich haette auf Video schalten sollen ...

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Nach einigen Huegeln erreichten wir eine geschlossene Schranke, einen Grenzposten. Nach ein paar Minuten erschienen 2 Grenzer, und Maddin durfte Fragen beantworten. Sie eroerterten Routen und baten uns, nicht weiter nach Osten zu fahren. Laut GPS waren wir da 5km von der Grenze. So ging es wieder nach Westen. An der Sif-Sif Oase trafen wir auf eine Reihe Side-by-Sides, die sich auf eine Sonderetappe vorbereiteten.

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Auf dem Weg zum Hotel trafen wir auf weitere Kamele.

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Vor dem Abendessen wollten wir dann nochmal sehen, wie sich die Duenen fahren. Beim Abendessen tauschten wir Tips ueber Routen mit einigen anderen Motorradfahrern aus. Das ist alles an was ich mich erinnere ...

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(Foto Maddin)

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Pips
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Re: Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

#6 Ungelesener Beitrag von Pips »

Auf der naechsten Etappe wollten wir soweit wie moeglich auf den Pisten bleiben, beginnend mit MS6. Laut Chris Scott erwartete uns "nasty hummock scrub, dunelettes and feche-feche", also garstige Huppel, Buesche, Mini-Duenen und Flugsand. Zunaechst ging es an die Tanke, wo wir daran erinnert wurden, dass dies eine Touristenregion war: Binnen Minuten erschien jemand, um seinen Laden zu bewerben. Wir tankten randvoll, denn auf den naechsten 300km wuerde es keine Gelegenheiten geben.

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Dann ging es ins Zentrum von Merzouga, um Nahrungsmittel zu kaufen. Das erste Haus wirkte, wie eine verlassene Polizeistation. Wichtiger war aber, dass ein Postkasten von einem Draht an der Wand herab hing. Dem Aussehen nach, war er nicht erst einmal herunter gefallen. Es schien der perfekte Ort, um meine Postkarten los zu werden. Wir hatten keine Ahnung, ob der Kasten noch geleert wuerde oder wie lange die Karten auch nur bis Marrakesch brauchen wuerden. So hatten die Postkarten gleich ihr eigenes, kleines Abenteuer. Anhand der Stempel stellte sich spaeter heraus, dass sie nur 2 Tage bis Marrakesh, aber 2 Wochen bis Europa gebraucht hatten.
Der einzige Laden im Ort hatte etwa die Groesse einer Garage, so dass die Kunden draussen bleiben mussten. Wir schauten die Regale entlang und entschieden uns fuer Kekse, etwas Brot und Thunfisch aus der Dose.

In Taouz ging es dann vom Asphalt auf eine breite Schotterpiste, die sich zwischen den Huegeln hindurch wand, und einiges an Geschwindigkeit erlaubte.

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Nach einer Weile sahen wir vor uns die Staubwolken zweier BMWs. Die wiederum fuhren im Staub eines Pickups, vermutlich eines Guides, der Ihr Gepaeck transportierte. Mehrfach hatten sich uns Leute fuer diese Route angeboten, ich gehe davon aus, dies war einer davon. Ich kann mir nicht vorstellen, den ganzen Tag im Staub einem Pickup hinterherfahren zu muessen.
Wir blieben eine Weile hinter den Motorraedern, auf eine Ueberholgelegenheit wartend. Der 2te wirkte etwas unsicher, und wahrscheinlich nicht auf Verkehr von hinten eingestellt. Gluecklicherweise teilte sich dann die Strecke, und wir konnten mit gut 30m Abstand vorbei ziehen. Der zweite fuhr weit selbstsicherer und schaute auch immer wieder nach seinem Kumpel. Er winkte uns direkt vorbei. Den Pickup zu ueberholen war schwieriger da er nach hinten wegen dem Staub nichts sah, und ja auch erwartete, dass die BMWs hinter ihm blieben. Er fuhr mal rechts, mal links. So blieb mir nichts anderes als auf 'Robby Gordon' zu schalten, und zu fluchen, dass die Autos keinen Sentinel verbaut haben, der vor Verkehr von hinten warnt, wie bei der Dakar Rallye. Anfahren konnte ich ihn natuerlich schlecht. Dafuer zog ich mit Fernlicht und hupend so gut es ging in den Sichtbereich seines Rueckspiegels, bis er irgendwann irritiert zur Seite zog. Wir schossen vorbei. Beep, beep!

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(Foto: Maddin)

Die Landschaft weitete sich zu einer absolut flachen Ebene auf. Der Boden war gehaerteter Sand, abgesehen von der Piste selber, auf der feiner weicher Sand lag. In einem Auto waere ich in der komfortablen weichen Spur geblieben, auf dem Motorrad aber war es weit einfacher, ueber die holprige Ebene zu fahren. Nur manchmal gab es Sandfelder, denen man nicht ausweichen konnte.

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Wir erreichten ein kleines Dorf und ueberprueften unsere Position auf dem Navi. Es gab hier irgendwo einen Wegpunkt, trotzdem waren wir nicht sicher, welcher Weg zu nehmen war. Eventuell war Chris in der entgegengesetzten Richtung unterwegs gewesen, als er die Wegpunkte beschrieben hatte. Ein paar Kinder zeigen nach rechts in Richtung Norden, ganz klar nicht unsere Richtung. Wahrscheinlich war das die Route, die der Pickup und die BMWs nehmen wuerden, also die einfachere Route zwischen Taouz und Zagora. Wir hingengen fuhren weiter geradeaus, gefolgt von den Kindern, sich sie eine Gaudi erhofften.

Es ging zwischen eingezaeunten Feldern hindurch, wobei der Weg vollstaendig aus feinstem Sand mit tiefen Spurrillen bestand. Teilweise sogar Fech-Fech, das ist der hiesige Begriff fuer extrem feinkoernige Sandfelder, in denen Raeder direkt bis zu 40cm tief einsinken koennen, und der - einmal aufgewirbelt - Minutenlang in der Luft schwebt und jede Sicht raubt. Hier ein Beispiel aus der Dakar Rallye: https://youtu.be/uS4Nh5u-8Sc

Gerade als ich dachte, den Trick heraus zu haben, blieb ich in einer Furche haengen und klemmte mir den Fuss ein. Gluecklicherweise blieb es bei ein bisschen Schmerz im Gelenk. Maddin hatte weniger Glueck und musste weit mehr kaempfen, um durch zu kommen. So fuhr ich ein bisschen, wartete auf ihn, fuhr ein bisschen usw. Einmal sah ich ihn in einer Wolke Fesh-Fesh verschwinden und schaltete die Kamera auf Video, um ihn zu filmen. Als sich der Staub gelegt hatte, sah ich ihn unter dem Motorrad liegen. Es dauerte ein bisschen, mein Motorad abzulegen und zu ihm zu stapfen, um ihm zu helfen.

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Wieder weitete sich die Landschaft. Wir liessen die Haeuser zurueck, nur der tiefe Sand blieb. Manchmal fuhr es sich neben der Piste besser, aber am Ende war es alles Sand.

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Als Maddin das naechste Mal steckenblieb, reichte ein Blick, um zu entscheiden, dass ich ihm das Motorrad ausgraben wuerde. Er war voellig fertig. Wir legen das Mopped auf die Seite und schoben wieder Sand in die vom Hinterrad gegrabene Grube.

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Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass einer von uns steckenblieb.

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Schliesslich erreichten wir ein Duenenfeld, welches sich einige hundert Meter hinzog. Ich fuhr voraus, erkundigte die Route, und winkte Maddin mir zu folgen.

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(Foto: Maddin)

Bevor wir das andere Ende erreichten, versank die Sonne am Horizont. Das GPS ("Olaf-Map") zeigte hier einen Wegpunkt "Bad dunes", und Maddin frohlickte, dass wir wohl das Ende erreicht hatten. Ich hielt es fuer mich, dass "Bad dunes" weit Schlimmeres bedeuten koennte. Vielleicht ging es jetzt erst richtig los?

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Wie auch immer, wir suchten uns einen Platz abseits der Piste und schlugen die Zelte auf. Wenigstens einmal wollten wir in der Wueste uebernachten. Beide hatten wir kleine 1-Mann Tunnelzelte, auch als Dackelgarage bezeichnet. Thunfisch aus der Dose, und trotzdem konnte es kaum besser sein.

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2wheeler
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Re: Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

#7 Ungelesener Beitrag von 2wheeler »

Schöner Bericht von Marokko.

Da die Arbeitslosigkeit dort hoch ist, wollen viele auch etwas dazu verdienen. Man sollte nicht zu hart über diese Menschen urteilen.

In dem Hotel an der Nordseite vom Erg Chebbi waren wir auch schon zwei mal. Schönes Hotel und gute Küche. Die Aussicht wunderbar.

Danke für's mitnehmen. :L :Pr:
Bild 3,3 L /100 km

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Pips
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Re: Kamele und Verletztungen - Marokko 2012

#8 Ungelesener Beitrag von Pips »

Vielen Dank!

Es ist klar, das ich als Tourist deutlich besser gestellt bin, als viele der Menschen, denen ich in einem Land wie Marokko begegne. Ich habe auch nichts dagegen, etwas Geld im Land zu lassen. Mir misfaellt aber die Art mancher Leute, die Dir auch nach der 2ten oder 3ten Absage weiter hinterher laufen, um Dich zu einem Kauf zu draengen.
Obwohl ich lieber auf eigene Faust erkunde, rate ich bspw. auf jeden Fall, sich einmal eine Medina von einem einheimischen Fuehrer zeigen zu lassen. wir haben das in Fez gemacht, und viele interessante Dinge gesehen, die mir sonst entgangen waeren. Dazu haben wir einfach im Hotel gefragt und einen bekommen, der eben nicht darauf bedacht war, Dich zu seinem Onkel zu schleusen und an allen anderen Geschaeften vorbei zu draengen.

Entlang des Erg Chebbi ist eine ganze Kette Kasbah-Hotels entstanden. 2018 waren wir in einem aehnlichen und trafen eine Truppe, deren Guide seit ueber 10 Jahren dort seine Gaeste hin fuehrte. Er wechselte am naechsten Tag die Unterkunft: "Wenn das Hotel in Marokko morgens den Orangensaft aus dem Tetrapak serviert, laeuft etwas schief." Dieses Hotel schielte inzwischen auf das Geschaeft mit Reiseveranstaltern, die Busladungen Asiaten bringen. Trotzdem denke ich, dass man in kleiner Reisegruppe immer noch wirklich gute Unterkuenfte findet, die auch etwas authentischer wirken.
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