Finis Terrae 2019

Reiseberichte der Iberischen Halbinsel.
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golem
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Finis Terrae 2019

#1 Ungelesener Beitrag von golem »

Wer auf dem Motorrad bis zu einem besonderen Kap fahren möchte und etwas Zeit hat, kann zum Nordkapp in Norwegen fahren. Norwegen ist sehr schön, allerdings ist auf dem Weg zum Nordkapp ein großes Stück auf ziemlich graden Strassen zurückzulegen, oft und gerne im Regen oder bei Kälte. Eine gute Kap-Alternative stellt das Kap Finisterre dar. Das Kap Finisterre, spanisch Cabo de Finisterre, galicisch Cabo Fisterra) ist ein Kap an der Westküste von Galicien im Nordwesten Spaniens. Finis terrae heißt lateinisch „Ende des Landes“, d. h. des Kontinents und nicht unbedingt der ganzen Erde, wo weiter westlich sich nur noch Wasser befindet. Wenn man dort hin fährt, kann man unterwegs nicht nur wärmeres Wetter als in Norwegen geniessen, sondern auch viele Kurven, Pässe, Panoramen und andere Sehenswürdigkeiten entdecken.

Wie man zum Kap Finisterre kommt? Die Schweiz Richtung Südwesten verlassen, quer durch Frankreich fahren, über die Pyrenäen und dann an der Nordküste Spaniens entlang immer weiter fahren, bis es nicht mehr weiter nach Westen geht, was durch einen entsprechenden Leuchtturm auch kenntlich gemacht ist. Wer nicht in der Schweiz, sondern in Deutschland wohnt, kann auch Deutschland Richtung Südwesten verlassen. Genau so habe ich es gemacht.

Samstag,17.08.2019
Nach einem kleinen Frühstück und der Verabschiedung von meiner Liebsten schnappe ich mir meine Tasche, steige in die Stiefel, die ich die kommenden 3 Wochen nur mehr Abends ausziehen werde, und besteige mein schwarzes Freiluftwohnzimmer. Schnell raus aus dem Kessel, die ersten kleinen Kurven am Glemseck zum Reifen warm fahren nutzen, aber dann die Autobahn in RIchtung Westen nehmen. Die engen Baustellen kümmmern mich nicht weiter, denn trotz der breiten Koffer bin ich schmal genug für die Überholspur. Erstmal die bekannten Vogesen überqueren, über den Col De La Schlucht und dann auf kleinen Strassen weiter Richtung Südwest. Dort, ein Schild: La Mer rechts, Mely links ab. Klarer Fall, ich will ans Meer, also fahre ich rechts, weiter durch den Wald, überquere den Ognon und übernachte in Lamarche Sur Saone, zum Hotel gehört ein Restaurant mit Blick auf den Fluss. Schön.

Sonntag, 18.08.2019
In St.Jean De Losne geniesse ich die wärmenden Sonnenstrahlen, die den Fluss unter dem blauen Himmel in ein Glitzerband verwandeln, bevor ich etwas weiter froh bin, dass die Ebene mit der graden Strasse bald durchquert ist, so dass ich im Burgund wieder in hügeligeres und kurvigeres Gelände komme. Hier und da ist ein Schloss zu bewundern, oder eine besondere Kirche mit dazugehöriger Klosteranlage. In Anzy Le Duc liegt die ehemalige Prioratskirche Sainte-Trinité, die ganz hübsch anzusehen ist, und dieser gegenüber es ein nettes Restaurant mit gutem Menu De Jour gibt. https://de.wikipedia.org/wiki/Ste-Trinit%C3%A9_(Anzy-le-Duc" onclick="window.open(this.href);return false;). Weiterenwegs durch die Auvergne finde ich immer wieder Aussichtspunkte, die Aussichten über die benachbarten flacheren Landesteile bieten. Thiers an der Durolle bietet beispielsweise eine verwinkelte, an den Hang geschmiegte mittelalterliche Altstadt mit vielen restaurierten Fachwerkhäusern des 15. bis 17. Jahrhunderts, die recht sehenswert ist.

Vom Puy d'Ysson hat man eine wunderschöne Aussicht über die umliegende Ebene. Oben ist es so windig, dass ich die Drohne schnell wieder einpacke und auf der Route Des Fromages weiterfahre. Der Col du Pas de Peyrol ist der höchste „echte“ Straßenpass des Zentralmassivs, weshalb die Tour de France auch hier schon mal vorbeikam. Der Pass liegt im Departement Cantal, das nach dem zweithöchsten Gebirgsstock der Auvergne, den Monts du Cantal, benannt ist. Oben ist es kalt und windig, und es wird langsam spät, so dass ich meine Unterkunft in Mauriac ansteuere, aber nicht ohne dem wunderschönen Salers vorher noch einen kleinen Besuch abzustatten.

Montag, 19.08.2019
Am Morgen hat der Wettergott das nächtliche Gewitter auf Standardregen runtergestuft. Macht nichts, zum Frühstück sehe ich mir die Cascade De Salins an. Die kleinen Strassen, die mich an kleine Schlösschen und mittelgroße Staudämme führen, sind wegen der unheiligen Glätte-Allianz des Regens mit den reichlich gesäten Flickstellen mit Vorsicht zu geniessen. Die Landschaft ist ganz schön, die Dörfer wirken jedoch überwiegend ziemlich verlassen.
Bretenoux ist eine kleine Gemeinde am Fusse der Burg von Castelnau, mit sehr schönem alten Marktplatz, auf dem man allerdings parken darf. In Deutschland wäre vermutlich so ein Marktplatz schon lange verkehrsberuhigt. An der Dore und der Lot entlang geht es weiter nach Cahors. Die Stadt liegt am südwestlichen Rand des Zentralmassivs auf einer Halbinsel, die durch eine Schleife des Lot gebildet wird. Die Schleife wird durch den westlichen Rand der Cevennen erzwungen, auf dessen steilen Hängen Weinbau betrieben wird. Diese Lage hat die Entwicklung der Stadt maßgeblich geprägt. Sie bildete einen leicht zu verteidigenden Punkt an der antiken Straße nach Rodez und Toulouse. Schon im Mittelalter vereinigten sich in Cahors die Pilgerströme nach Santiago de Compostela, die dem Tal des Lot oder des Célé gefolgt waren. Über die Brücke Pont Valentré verließen sie damals die Stadt. Die Brücke gibt es bis heute, ist allerdings den Fußgängern vorbehalten, und genau wie die Pilger damals, werde ich bald Santiago sehen. Ich folge der Lot und erreiche das Chateau de Bonaguil. Es handelt sich um eine Festung, die niemals angegriffen wurde - ausser vielleicht von den vielen Touristen, die hier heute herumlaufen und die mich irgendwie abschrecken, mir das Ganze genauer anzusehen: Es ist mir einfach zu voll.

Weiter geht es Richtung Südwesten. Bevor ich mich über die Grenze nach Spanien begebe, muss ich noch bei Dafy Moto einkehren, da meine Reifen die nächsten 6000km nicht mehr halten werden. Dafy ist so ungefähr wie Louis, aber mit integrierter Werkstatt, wo man sich direkt die gekauften Teile ans Moped bauen lassen kann. Draußen an der Werkstatttür steht die Preisliste für die jeweiligen Tätigkeiten, Reifenwechsel, Ölwechsel etc. Wie beim Frisör: Reingehen und gleich drankommen. Metzeler Tourance Next sind vorrätig und können sofort montiert werden. Nach 1,5 Stunden fahre ich frisch bereift weiter und kann noch in Bayonne und Biarritz den Strand und den Sonnenuntergang genießen. Life is good!

Dienstag 20.8.2019
Rund um Biarritz sind an jeder Ecke Polizeikontrollen wegen des bevorstehenden G7 Gipfels. Ich werde aber überall durchgewunken, und erreiche Spanien. Erster schöner Aussichtspunkt ist ein verfallener Turm auf dem Monte Jaizkibel. Spektakulär!

Weiter geht’s an der Küstenstraße Richtung Westen. Überall im Norden Spaniens finden sich Hinweise auf die Jakobswege, die nach Santiago De Compostela führen. Vorbei an Bermeo und San Juan de Gaztelugatxe (bekannt als Dragonstone für die Fans von Game Of Thrones, was dazu führt, dass es hier VÖLLIG überlaufen ist) führt mich der Weg nach Bilbao ans Guggenheimmuseum.

Ich übernachte in Laredo. Der Ort ist zwar nicht besonders schön, aber liegt immerhin geschützt in einer wunderschönen Bucht mit großem Strand. Und das Hotel, in dem ich in einem Zimmer mit eigenem Vorgarten unterkomme, ist ein zentral gelegenes Kleinod mit gemütlichem Garten, in dem auch das Frühstück serviert wird.

Das Video bis hier:

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golem
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Re: Finis Terrae 2019

#2 Ungelesener Beitrag von golem »

Mittwoch 21.8.2019
Nach dem hygienisch verpackten Frühstück starte ich den fliegenden Teppich und schwebe Richtung Santander. Ein wenig im Landesinneren befindet sich ein Aussichtspunkt, der den Blick über die gesamte Hafenstadt und die weitere Umgebung freigibt: Der Penacabarga ist 569m hoch. Oben befindet sich ein Gebäude, dass früher mal ein Restaurant und eine Aussichtsplattform beherbergt hat. Das von schlechten Graffiti dekorierte Gebäude ist heute verlassen, doch die Aussicht ist geblieben, genau wie die kurvenreiche Strecke mit 18% Gefälle, die nach oben und zurück führt.

Weiter gen Westen an der Küste entlang komme ich durch Comillas und bin beeindruckt von der päpstlichen Universität, die man am Besten vom Hügel gegenüber bestaunt.

Ich komme in den Nationalpark der Picos De Europa und entdecke schöne Aussichten, geschotterte Sackgassen und geschwungene Straßen, auf denen Pferde und Kühefamilien wohnen. Besonders gefällt mir die Aussicht vom Mirador Del Naranjo De Bulnes, sowie das enge Sträßchen da rauf.

Donnerstag 22.8.2019
Nach der Übernachtung in Las Arenas führt mich der Weg zum Altu Del Tornu, einem Aussichtspunkt mit Pico-Panorama, und immer weiter komme ich voran nach Westen.

Die befahrbare Höhle (oder sollte ich natürlicher Tunnel sagen?) La Cuevona de cuevas del Agua ist ein Touristenmagnet, der nicht einfach im Vorbeifahren zu finden ist. Die Durchfahrt ist spektakulär, man muss aber aufpassen, keinen der schlecht beleuchten Touristen plattzufahren, die lieber nach oben gucken, statt auf den Verkehr zu achten.

Freitag 23.8.2019 bis Sonntag, 25.8

Auf dem weiteren Weg nach Westen eröffnen sich immer wieder neue Panoramen, die mit Windkraftanlagen angereichert sind. Eine windige Gegend ist das hier! Neben der Windkraft wird auch Wasserkraft zur Energieerzeugung genutzt. Die dabei dabei entstandenen Stauseen sehen aber ganz hübsch aus.

Am Cabo De Ortegal lasse ich mir den Wind um die Nase wehen, während die schroffe Küste unter mir vom Wasser angegriffen wird.

In A Coruña will ich übernachten. Die Stadt selbst ist riesig und besteht weitestgehend aus hässlichen Hochhäusern, die auf die Felsen gebaut sind. Der Herkulesturm und der umgebende Park sind aber ganz sehenswert, genau wie der Kanonenpark (nein, das ist nicht der offizielle Name, Monte De San Pedro heißt es richtig) , den ich am nächsten Morgen besuche. Abends esse ich noch zu salzigen Fisch (Bacalao, sonst portugiesisches Nationalgericht), das macht reichlich Bierdurst, und schlafe den Schlaf der Gezechten.

Im Kanonenpark San Pedro befinden sich ziemlich beeindruckende Befestigungsanlagen mit ballistischen Kanonen, die gleichwohl niemals in einer Schlacht abgefeuert wurden. Keine Ahnung, ob man mit den Kanonen hätte gut zielen und auch treffen können, aber wenn man etwas getroffen hätte, wäre die Wirkung der Kaliber 38,1cm Geschosse wohl recht verheerend gewesen. Einige von den Geschossen stehen auch heute noch im Park herum wie stählerne Pinguine.

Mein Weg führt mich weiter nach Muxia, einem der Enden der Jakobswege. Hier ist eine Kapelle auf den vom Wasser umtosten Felsen gebaut: Ein Heiligtum mit Meerblick.

Das Cabo Tourinam ist der wirklich westlichste Punkt Spaniens. Nur scheint das hier kaum jemand zu wissen: Ein leerer kleiner Parkplatz und eine unbesetzte Bank aus Stein neben dem Leuchtturm markieren diesen Ort. Vielleicht ist es hier zu windig. Alle anderen Leute sind anscheinend am Cabo Fisterra, um am Schlussstein des hier endenden Jakobsweges ein Foto zu machen. Und auch für mich ist dieses das Ziel meiner Reise. Näher und näher komme ich dem Kap. Das Hotel auf dem Kap neben dem Leuchtturm ist leider ausgebucht, schade. Aber so schlimm ist es auch nicht: ich übernachte in Fisterra, keine 6km entfernt. Abends genieße ich bei friedlicher Stimmung beim Leuchtturm einen spektakulären Sonnenuntergang, der von den vielen anderen Anwesenden mit beseeltem Applaus honoriert wird.

Hier das Video dazu:


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golem
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Re: Finis Terrae 2019

#3 Ungelesener Beitrag von golem »

Montag, 26.8.2019
Der Rückweg hat hiermit begonnen: es geht wieder Richtung Osten. Noch ein Mal gehe ich im Atlantik schwimmen, das Wasser ist eiskalt, wenn es auch nicht so aussieht. Das Kap Finisterre gerät aus dem Blick, auf Teilen des TET komme ich Santiago De Compostela näher. Die Pilgerstadt ist gerammelt voll. Mir fällt das Lied von Funny Van Dannen ein: „Mit Fanta und mit Butterkeks, wir sind junge Christen unterwegs“ (https://www.youtube.com/watch?v=D7TIiEb8ubA" onclick="window.open(this.href);return false;), als ich auf dem Praza Do Obradoiro in die Runde blicke.

Bei Lalín übernachte ich im Pazo De Bendoiro, einem schönen, alten Herrenhaus mit Pool und Garten. Perfekt für Hochzeiten und Bankette. Leider bin ich heute der einzige Gast, und das Restaurant ist geschlossen. Dafür ist der Inhalt der Minibar im Zimmerpreis inbegriffen, tröstet mich der Rezeptionist. In der Minibar finde ich kurz darauf 4 Flaschen Wasser.

Dienstag, 27.8.2019
Der Canon Do Sil ist eine Schlucht, die sich über 50km Länge am Sil entlang erstreckt, die Wände erheben sich fast senkrecht bis zu 500 m über dem Wasserspiegel. Oben gibt es Aussichtspunkte, die spektakuläre Panoramen freigeben; Am Miradoiro de Cabezoás, dem Miradoiro da Columna oder an den Balcons De Madrid sollte man nicht einfach vorbeifahren. Die Landschaft gilt, nicht zu Unrecht, als die spektakulärste in Galicien.

Mittwoch 28.8.2019
Über Monforte De Lemos nähere ich mich wieder den Picos De Europa und komme durch Schluchten, an Bärenwarnungen vorbei zum Parque Natural de las Ubinas La Mesa, und entdecke immer wieder Aussichtspunkte entlang der Strasse wie den Mirador De Valdeón, oder den Mirador del Tombo. Gut ausgeschildert ist auch der Weg hoch zur berühmten Bären Statue Collado de Llesba. Hier geniesst man einen Panoramablick auf die zentralen und östlichen Massive der Picos de Europa. Eine der schönsten Aussichten in der Region, wenn nicht die heraufziehenden Wolken die Sicht versperren. Innerhalb von Minuten ändert sich hier die Belichtung, wenn aus strahlendem Sonnenschein plötzlich Nebelsuppe wird. Ich verspüre Demut angesichts der Naturgewalten, die hier oben so unmittelbar spürbar sind, und der Steinbär drückt diese Naturgewalt sehr anschaulich aus.

Donnerstag, 29.8.2019
Nach einer guten Übernachtung in Potes bin ich am Morgen einer der ersten, die mit der Seilbahn auf den Fuente De fahren. Damit komme ich den Busladungen zuvor, die später am Tage hier anstehen, um oben den atemberaubenden Ausblick genießen zu können. Oben an der Bergstation ist ein Aussichtsgitter, dass es in und unter sich hat!

Später am Vormittag fahre ich weiter, doch irgendwann habe ich den Eindruck, dass mit dem Motorrad etwas nicht stimmt. Ein Blick auf die Reifendruckkontrolle bestätigt: Schleichender Plattfuß, wir sind zwischenzeitlich bei 1,8 bar angekommen! Wenn doch nur eine Tankstelle in der Nähe wäre! Ohne Zeit zu verlieren, dabei immer den Reifendruck im Auge, düse ich 40km zur nächsten Repsol Tanke. Ich weiss ja, dass ich ein Flickset dabei habe, aber die Druckpatronen will ich nach Möglichkeit lieber aufheben. In praller Sonne gelingt es mir, den Reifen zu flicken, der durch eine Spaxschraube seine strukturelle Integrität verloren hat. Der Tankwart ist beeindruckt. Puuh, alles gut gegangen, der Flicken hält und es kann weiter gehen. Allerdings stelle ich während der Reparatur fest, dass das Flickset nicht wasserdicht in der Box verpackt war: Der Dorn ist angerostet, die Patronen auch nicht mehr taufrisch. Nächstes Mal prüfe ich das, BEVOR ich mich auf eine 6500km Tour begebe!

Das Video zu dieser Etappe ist hier:


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golem
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Re: Finis Terrae 2019

#4 Ungelesener Beitrag von golem »

Freitag 30.8.2019
Nach einer Übernachtung im tiffigsten Bett, in dem ich jemals geschlafen habe, führt mich mein Weg durch das wunderschöne, grüne Val Del Ason. Bei Orduna am Mirador de la Virgen lasse ich die Drohne steigen, die den gigantischen Ausblick über das Tal und die Kurven den Berg hinauf einfängt. Oben weiter fahre ich durch endlose Sonnenblumenfelder, und es wird langsam aber sicher heiss und heisser unterm Helm.

Heute soll es aber noch in die Bardenas Reales gehen. Also kurzerhand auf die Autobahn, denn kleinteilige grade Strassen bei 40 Grad im Schatten (aber ohne Schatten) sind nicht so meins. RuckZuck bin ich auch schon da.

Die Bardenas Reales sind von den Spaniern extra inmitten einer eigentlich grünen Landschaft angelegt worden, um einen Schauplatz für Mondlandungsfilme oder Wildweststreifen zur Verfügung zu haben. Man biegt um die Ecke und Zack: Man befindet sich in der Wüste. Mitten in dieser Wüste ist noch ein Militärgelände, und eine Schotterstrasse führt einmal hindurch. Macht Spass, und ein paar gute Fotos sind auch im Kasten.

Weiter Richtung Pyrenäen überquere ich den Aragon, und bewundere die Foz de Arbayú. Hier gibt es eine Aussichtsplattform, die über die Klippe herausragt, und ziemlich große Flugsaurier namens Geier kreisen über mir. Als die Gegend bergiger wird, sehe ich schon dunkle Gewitterwolken am Horizont aufziehen. Also zügig eine Unterkunft suchen. Kaum eingecheckt, kommt auch schon der Wolkenbruch!


Samstag, 31.8.2019
Ich habe Zeit. Ich habe Urlaub. Kein Grund, sich an den Plan zu halten, denn die Pyrenäen haben immer eine Überraschung in Petto, wenn man rechts oder links vom Plan abweicht. Also fahre ich wieder Richtung Westen, durch Roncesvalles, und dann Richtung Frankreich. Oben am Alto de Ibañeta biege ich rechts ab und folge dem Weg die Anhöhe hinauf. Die Neugier lohnt sich, der Weg führt mich auf den Ortzanzurieta, von dem aus ich eine gigantische Aussicht geniesse ( https://goo.gl/maps/scxKiMWrXc5bSG96A" onclick="window.open(this.href);return false; ) Frankreich liegt unter den Wolken, in Spanien ist klarer Himmel. Egal, zum Mittagessen in Saint-Jean-Pied-de-Port brauche ich keine Sonne, und danach geht es entlang der Grenze auf dem Bergkamm durch die Wolken und Kuhherden wieder Richtung Osten; Col d'Arnostéguy; Puerto de Larrau... In Bedous übernachte ich in einem wunderschön umgebauten Bahnhof im "Transhumance & cie".


Sonntag 2.9.2019
Das Wetter auf der französischen Seite will nicht recht mitmachen. Laut Regenradar sieht es auf der spanischen Seite besser aus. Also geht es wieder Richtung Süden über den Col De Somport nach Canfranc Estacion, dem alten überdimensionalen Bahnhof im Nirgendwo, den das Automobil überflüssig machte, genauso wie den Somport Eisenbahntunnel. Seit ich das letzte Mal hier war hat es sich hier verändert. Anscheinend will man diesen Touristenmagneten restaurieren, weshalb die Baustelle abgesperrt ist. Vor gar nicht allzu langer Zeit war das noch nicht so streng gehandhabt worden.

Ich erkunde weiter die Gegend und bewege mich dabei Richtung Osten, bis ich den Canon De Añisclo erreiche. Diese beeindruckende Schlucht, deren Wände sogar fast einen Kilometer hoch aufragen, ist ein echtes Schauspiel. HU-631 ist der Name der Einbahnstraße durch die Schlucht, die sich der Rio Vellos im Laufe der Jahrtausende durch Hunderte von Metern Gestein gefräst hat.

Über den Puerto De Portalet verlasse ich Spanien wieder und übernachte in einem bunten Hotel für Motards etwas weiter unten, wo es nicht mehr so kalt ist wie am Pass selbst.

Hier das Video dazu:


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golem
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Re: Finis Terrae 2019

#5 Ungelesener Beitrag von golem »

Montag 3.9.2019
Heute sollen die Klassiker der Pyrenäenetappen der Tour de France (Aubisque, Soulor, Tourmalet, Aspin) befahren werden. Aber das Wetter ist so mies, dass selbst der einsame Esel Anschluss sucht. Nach zwei Wochen allein Reisens freue ich mich auch über die zwischenmenschliche Wärme, die der zottelige Benjamin spendet. Es kostet schon etwas Überwindung, ihn an Ort und Stelle im einsamen und geschlossenen Skiort zurückzulassen.

Ich entscheide mich, Lourdes einen Besuch abzustatten. Mein Gott, ist das ein Rummelplatz! Helm ab zum Gebet: So sieht ein amtlicher Wallfahrtsort aus. Schön gelegen mit majestätischer Architektur und vielen beseelten Menschen aus aller Welt. Ich befülle meinen Trinkbeutel mit heiligem Wasser aus der Grotte und hoffe auf Erlösung von Darmproblemen.

Wieder durch höhere Lagen in den Pyrenäen gelange ich ins malerische Arreau. Im Hotel D‘Angleterre nächtige ich hervorragend. Zuvor nehme ich fürstliches Menü im Bordrestaurant ein. Dabei fällt mir auf, dass hier an jedem Tisch mindestens eine Person mit grauen Haaren sitzt. In unserem Alter wird gutes Essen eben immer wichtiger.

Dienstag 4.9.2019
Der Morgen begrüßt mich mit strahlendem Himmel. Keine Spur mehr von Wolken und Regen. So lohnt es sich auch, im Gebirge zu bleiben und über den Col De Peyresourde und einige andere Cols weiter Richtung Westen zu ziehen. Im Hintergrund sind die großen 3000er Gipfel zu sehen, hinter denen sich Andorra befindet. Hinter der Gorges de Rebenty wende ich mich Richtung Norden. Carcassonne ist mein Ziel.

Carcassonne mit der mittelalterlichen Festung La Cité hat schon so Manchen inspiriert. Ein bekanntes Brettspiel ist nach der Stadt benannt, ebenso das wohl erfolgreichste Album des Schweizer Künstlers Stephan Eicher, das mir in den 90ern gut gefallen hat. Die Silhouette der Festung ist wahrlich imposant. Schon bald wird man vielleicht schon In China einen Nachbau beginnen.

Ich nehme ein Zimmer nahe dem Eingang zur Festung und genieße die wärmenden Sonnenstrahlen, die die Festung in goldenes Licht tauchen.

Mittwoch 5.9.2019
Die Fahrt geht weiter Richtung Zentralmassiv durch L‘Agout zum Pic Du Montalet und weiter vorbei am Croix De Mounis zum Cirque de Navacelles in den Cévennen. Der trockene Talkessel bietet eine beeindruckende Formation. Die Strasse führt auf der einen Talseite herunter und drüben wieder hinauf. Am oberen Rand des Tals befinden sich schön angelegte Aussichtsplattformen, die sich auch auf 2 Rädern erreichen lassen.

Ich übernachte nahe in einem Schloss namens Chateau D‘Ayres. Hier ist das Essen nur teuer, dafür aber nicht so ganz lecker. Das mag an meiner getroffenen Wahl liegen, nehme ich doch gezielt jene Speisen von der Karte, die als besondere Delikatesse gelten und die ich bisher erfolgreich gemieden habe. Gänseleberpastete, in Kastanienrauch genebeltes Kalbfleisch mit Käsekartoffelpüree und eine schwer zu zerteilende Süßspeise zum Dessert. Das Gebäude selbst ist allerdings ein Traum.

Donnerstag 6.9.2019
Weiter geht’s durch die Cevennen an der Ardeche entlang Richtung Vercors. Der Cirque De Gens ist nur über eine Zuwegung erreichbar, die so große Auswaschungen aufweist, dass man einen Basketball bequem in den Löchern verstecken könnte.

Über Col Des Limouches erreiche ich den Vercors und statte zunächst der Combe Laval einen Besuch ab. Hier bin ich in diesem Jahr zum dritten Mal, doch die spektakulär in den Felsen gehauene Straße beeindruckt mich jedes Mal.
Dann geht es weiter zur Gorges Du Nan mit einer Strasse, die nicht weniger abenteuerlich ist.
Die D 218 am nördlichsten Eck des Vercors führt durch den Tunnel Mortier zu einer seit Jahren aufgegebenen Straße oberhalb von Grenoble bzw Voreppe. Es ist nun schon nach 18 Uhr geworden und alle Zimmer im Vercors selbst sind mit holländischen Kradreisenden belegt. Nur unten in Grenoble sind noch Zimmer frei. Also gehe ich das Risiko ein und fahre durch den Tunnel auf die Nordseite. Von hier öffnet sich eine atemberaubende Aussicht über Grenoble und in das vom Sonnenuntergang in malerisches Licht getauchte Tal.

Hier das Video zu dieser Etappe:



Freitag 7.9 und Samstag 8.9.
Auf bekannten Wegen durchs Jura fahre ich nach Hause. Hier war ich am Anfang des Jahres schon zweimal, daher filme und fotografiere ich wenig, so dass es hiervon kein Video gibt.

Nun war ich 3 Wochen unterwegs um einmal zum Kap Finisterre und wieder zurück zu kommen.
Auf dem Weg dorthin und auch auf dem Rückweg gab es viel zu entdecken. Ich habe einerseits die Freiheit und Unabhängig des Alleinreisen genossen und auch unterwegs die eine oder andere nette zwischenmenschliche Begegnung gehabt. Dennoch bin ich froh und glücklich, wieder gesund zuhause angekommen zu sein und meine Süße in die Arme schließen zu können.

Insgesamt war ich etwa 6500km unterwegs. Die ursprüngliche Planung sah folgendermaßen aus:

http://drive.google.com/open?id=1PnVKdh ... p=sharing:

Von diesem Plan bin ich speziell in den Pyrenäen abgewichen, und auch der Abstecher in den Vercors war ursprünglich nicht vorgesehen gewesen.

Alle 5 Videos sind hier zusammengefasst
https://vimeo.com/showcase/6035535

Gigl
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Re: Finis Terrae 2019

#6 Ungelesener Beitrag von Gigl »

Da bei mir die Reise von Max, Micha und mir ans Kap Finisterre "geistig" noch mehr als präsent ist, habe ich deinen
Bericht mit großem Interesse gelesen und die Videos angeschaut.

Ich muss sagen, du hast deine Reise sehr schön beschrieben und die Videos sind einfach super toll, ich habe von der
ersten bis zur letzten Sekunde jedes Video angesehen, einfach klasse! :L :L :L

Danke für's Schildern und Zeigen! DD

LG
Gigl

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maxmoto
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Re: Finis Terrae 2019

#7 Ungelesener Beitrag von maxmoto »

Mensch Golem, Dein Reisebericht lässt mich schwanken.
Ich schwanke zwischen "Gefällt mir ausnehmend gut" und "Bin begeistert".
Das mit dem Filme schauen klappt nicht so richtig, weil hier in Isabena auf dem Campingplatz das WiFi nicht der Knaller ist.
Wird aber nachgeholt - sobald wir auf nem Campingplatz mit entsprechendem WiFi sind.

Da ich (mit Gigl und Mimoto) ja Anfang September von fast der gleichen Reise zurückgekommen bin, kann ich mich ganz gut in Deine Stimmungen und die vielen Ah's und Oh's hineinversetzen.
Aktuell bin ich mit Liane gerade in den spanischen Pyrenäen und hab mir einige Punkte aufgeschrieben, die Du beschreibst und die für mich/uns neu sind.
Die werden wir in den nächsten Tagen / Wochen besuchen.
Dafür schon mal ein dickes "DANKE"! :Gn: :Gn: :Gn:
:App: :App: :App:
maxmoto
was ist was wert


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Mimoto
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Re: Finis Terrae 2019

#8 Ungelesener Beitrag von Mimoto »

...die Neugier ist geweckt. :D
Morgen nach dem Frühstück bei der großen Tasse Kaffee werde ich es verschlingen. :L

Grüße
Michael /mimoto

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