In der Nacht hatte es wohl geregnet. Ich hab davon nichts mitbekommen. Wieder geschlafen wie ein Toter. Musste ja Kräfte sammeln. Mein Drehstuhl konditionierter Körper spannte auch schon langsam an verschiedenen Stellen die Haut. Ist jetzt nicht so, als hätte ich in irgendeiner Form Muskelkater gehabt, aber die ungewohnte, andauernde "sportliche" (sportlich sind wir nicht wirklich gefahren) Betätigung zeigte Effekte.
Nach einem Frühstück aus Hirtenkäse, Brot und Marmelade ging es los. Zunächst folgten wir der Straße Richtung Norden. Nach wenigen Kilometern bogen wir nach Osten ab und der schmale, aber asphaltierte Weg schlängelte sich in ein Tal hinein. Nach einiger Zeit ging es leicht bergauf und unmittelbar vor einer Kehre endete der Asphalt. Der Regen der Nacht hatte kaum Spuren auf dem Track hinterlassen. Es ließ sich gut fahren und es hatte nicht so viele Steine wie am Vortag.
Mitten in der Pampa machten wir mal eine Pause und die Gegend schien tatsächlich bewohnt zu sein. Es gab Felder, Wiesen und in der Ferne konnte man an den Berghängen Ortschaften erkennen. Ein schöner Ort. Nur mit konventionellen PKWs nur schwer erreichbar.
Der Schwierigkeitsgrad hatte heute stark nachgelassen. Nicht, dass wir nicht an der ein oder anderen Steigung gehadert hätten, hätten wir nicht das Programm der letzten Tage gehabt. Erstaunlich, wie schnell man sich an so was gewöhnt.
Trotzdem kam ich mir lächerlich vor, als ich stehend an einem Bauarbeiter vorbei fuhr, der mit seinem Warnwestchen wohl sitzend auf seinem Mofa an die Stelle gekommen war.
Pünktlich zur großen Pause kreuzten wir in Zavaline den Pausenhof. Oder war es die Straße? Jedenfalls war alles voller Kinder und aus der Schule luggten auch die Lehrer aus dem Fenster. Natürlich nahmen wir hier den falschen Abzweig, da uns der abgestellte Schulbus - ein alter Transit - die Sicht auf den eigentlichen Weg versperrte und das ganze wie einen Parkplatz aussehen ließ. Als wir dann kurz später wieder zurück kamen weisten uns Kinder und Lehrer den richtigen Weg. Ein freundliches Volk!
In Gjinar kamen wir wieder auf Asphalt und gönnten uns erst mal einen Kaffee. Nach der Pause ging es noch eine Weile auf Asphalt, bevor der Linesman noch eine Sonderprüfung eingebaut hat. Erst leichter Schotter und plötzlich standen wir vor einem Schotterwerk. Schilder schienen ausdrücken zu wollen, dass man da nicht weiterfahren darf, aber HALLO: Kann ich vielleicht Albanisch?
Aber: Der Untergrund in einem Schotterwerk besteht aus was? Schotter! Grober Schotter, feiner Schotter, loser Schotter. Gar nicht so einfach zu fahren. Jedenfalls hat uns keiner erwischt und wir sind auch nicht geschimpft worden. Selbst OSM kennt die Strecke nicht.
Von Elbasan bis Librazhd ging es wieder über Asphalt und dann bogen wir ab zu der Schotterautobahn Richtung Peshkopi. Die kannten wir noch aus dem Vorjahr. Allerdings erstaunlich, was die Witterung damit angerichtet hat im letzten Jahr. War sie einfach zu fahren gewesen, war sie nun übersäht mit tiefen Schlaglöchern. Wir überholten einige Kleinbusse, die hier mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs waren. Bei der Geschwindigkeit werden Strecken lang.
Nach einigen Kilometern gabelte sich die Piste und wir wählten dem Track folgend nicht die Variante des vorigen Jahres. Es folgte ein wunderschöner Weg, weitgehend einfach zu fahren. So verstehe ich Endurowandern.
Als wir dann mitten im Nichts mal anhielten und dabei natürlich den gesamten Weg blockierten, kam aus dem Wald ein altes Ehepaar. Ich schätze mal so um die 70. Sie trug einen Sack mit gesammelten - sie nannte es Chai - ich meine es waren Hagebutten, er ein großes Bündel Holz, angebunden an seine Harke, die er geschultert hatte. Die Konversation verlief äußerst holprig. Die gemeinsame Sprache fehlte uns. Aber sie haben sich bemüht, erfahren, dass wir aus Deutschland kommen, sich gefreut, dass es uns hier so gut gefällt und zogen dann weiter. Bis wir die Helme wieder auf hatten, waren sie schon aus der Sichtweite. Vielleicht doch keine 70? Zumal manch dreißigjähriger bei uns neidisch auf so weiße Zähne gewesen wäre.
Heute hatte ich echt mal Zeit auch auf die Landschaft zu gucken. Echt schön da.
Bei Lladomerice hätten wir es glatt verpasst, dass wir uns fast in Mazedonien befanden. Wir hielten kurz in der Nähe eines Hauses an, als gleich ein etwa zwölfjähriger Junge sich zu uns gesellte. Er deutete über den Bach auf die gegenüberliegende Wiese, auf der Kühe grasten, und meinte "Makedonia". Es stellte sich heraus, dass er ein wenig Englisch konnte und so erfuhren wir, dass tatsächlich der Bach, über den wir mit Anlauf hätten springen können, die Grenze darstellte. Ich meinte dann, dass das dann wohl mazedonische Kühe seien und er grinste frech und meinte "No. Albanian!"
Geschäftstüchtig war er auch, der junge Mann. Er erzählte uns, dass sie auch ein Cafe haben und so gingen wir mit ihm mit durch das Gatter in den Garten. Auf einen der Plastikstühle wollte ich mich nicht setzen. Die waren 2er Weise schon übereinander gestapelt, weil bei dem einen die Sitzfläche durchgebrochen war, bei dem anderen dafür ein Bein fehlte. Mit hingegen fehlte das Vertrauen.
Um den Kaffee zuzubereiten wurde dann der Generator vom Vater angeworfen. Weil braucht ja Strom die Kaffeemaschine. Dazu wurde erst mal ein Verlängerungskabel in die Hütte mit der Kaffeemaschine gelegt. Und natürlich gleich wieder aufgeräumt, nachdem unser Kaffee zubereitet war. 100 LEK kostete dann dieser Kaffee. Ob das die Benzinkosten für den Strom deckte?
Aber schon erstaunlich, dass manche Sachen gar nicht so selbstverständlich sind, wie wir sie dafür halten.
Nachdem wir die anvisierte Unterkunft in Shupenze von außen gesehen hatten, beschlossen wir, bis Peshkopi weiter zu fahren und dort im Hotel Plaza abzusteigen, welches uns vom Vorjahr noch bekannt war. Hier hatten wir noch die Herausforderung der Tiefgarageneinfahrt zu meistern. Obgleich schon im Vorjahr geschafft, musste ich bei dieser steilen Rampe erneut schlucken. Eine echte Mutprobe, zumal der "Auslauf" am Ende der Rampe gerade mal zwei Meter beträgt.
Bei Pizza und Bier klang dann der Tag aus. Ein schöner, geradezu erholsamer Tag nach den Strapazen der beiden Vortage. Dennoch lobte uns Ronnys Smartwatch für die tolle Fahrradtour.
Gruß, Florian