Für mich ist die Route des Grandes Alpes mit seitlichen Abstechern aber immer wieder großes Kino bei reinstem Fahrvergnügen.
Dieses Jahr hatte ich endlich mal wieder die Gelegenheit, mein Lieblingsrevier zu befahren.
Von dieser Reise, begleitet von meinem Flügelmann Jens, Pässeneuling und Höhenangstler, möchte ich hier mit ein paar Zeilen und Bildern berichten.
Salut les Alpes françaises!
Seit Wochen, ach was, Monaten freue ich mich, mal wieder raus zu kommen. Sonne, Wind und die Vibrationen meines Boxers zu spüren und in die Welt der französischen Alpenpässe einzutauchen. Die › Planung für die diesjährige Tour stand ja schon geraume Zeit. Jetzt war endlich der Tag der Abfahrt gekommen.
Sechs Tage, um auf der Route des Grandes Alpes und diversen Nebenstrecken ans Meer zu fahren, den großen Zeh an der Cote d’Azur ins Wasser zu halten und wieder ins alltägliche Räderwerk heimzukehren. Kurz. Intensiv. Anstrengend. Aber aufregend!
Die folgende Route hatte ich für uns ausbaldowert:

TAG 1 | KILOMETER MACHEN
Am ersten Tag gehts morgens um 7 Uhr bei Pforzheim auf die Autobahn Richtung Freiburg. Dann durch die Schweiz über Basel und Bern bis an den Genfer See, dann Montreux bis Martigny. Diese 450 km sitzen wir locker ab, danach erwarten uns ja noch ein paar schöne, nicht ganz so hohe Pässe zum Eingrooven. Vor dem Absitzen kommt aber das Aufsitzen – ein fast unmögliches Unterfangen. Sollte die Tour daran scheitern, dass ich meinen Astralkörper nicht mehr über die Gepäckrolle auf die Sitzbank wuchten kann? Was für ein Galama! Vielleicht sollte ich zukünftig meine schwindende Fitness mit einer Kofferlösung kontern? Kollege Jens hat die gleichen Schwierigkeiten. Liegt wohl doch am Wetter? Nassgeschwitzt gehts auf die Bahn.
Über die Autobahnetappe gibt es nicht viel zu berichten. Fahren, tanken, rasten, langweilen. Aber gut, das ist der Preis. Bei Montreux am Genfer See erwartet uns das erste Panorama und es kommt gleich Urlaubsstimmung auf. Es gibt bestimmt schlechtere Plätze um zu Wohnen.

Der Genfer See bei Montreux
Noch ein paar Meter Autobahn bis Martigny, dann runter und der Spaß kann beginnen. Schon der erste Anstieg auf den Col de la Forclaz deutet an, was uns in den nächsten Tagen erwarten wird: Kurven, Berge, Panoramen satt.

Der erste Pass unserer Tour
Nach ergebnisloser Suche nach der Keramik ziehen wir weiter über den unscheinbaren Col des Montets, überqueren die Schweizer Grenze, vorbei am Montblanc durch Chamonix zum Col des Saisies, unserem Einstiegspunkt in die Route des Grandes Alpes (RdGA). Ein eher unscheinbarer Anstieg und nicht wert, das Bein wieder über die Gepäckrolle zu wuchten. Ein paar Meter weiter verlassen wir bei Beaufort die offizielle Strecke der RdGA und fahren auf die Alternativroute über den Col du Pré. Der schmale Anstieg führt erst sanft gerade, dann in Serpentinen bei schöner Aussicht in höheres Geläuf. Idyllisch. Auf der Passhöhe finden wir einen Parkplatz mit schönem Blick auf die Gipfel rund um den Lac de Roselend, unserem nächsten Ziel.


Pause auf dem Col du Pré
Die Straße windet sich vom Col du Pré talwärts und gibt bald eine wunderbare Aussicht auf den azurblauen Lac de Roselend frei. Geflasht von diesem Panorama fahren wir am See entlang über den Col de Méraillet, den wir vor lauter Glotzen aber gar nicht bemerken.


Am Lac de Roselend
Hier zeigt sich uns zum ersten Mal deutlich, unter welchen ›Wasserproblemen‹ Frankreich derzeit leidet. Im Verlauf unserer Reise werden wir leider noch öfter an ausgetrockneten Flussbetten und halbvollen Seen vorbeikommen. Nachdenklich nehmen wir den weiteren, eher harmlosen Anstieg zum Cormet de Roselend in Angriff. Der erste ›richtige‹ Pass der RdGA ist selbst abends noch gut besucht. Es dauert eine Weile, bis alle Reisenden ihr obligatorisches Selfie vor dem Passschild gemacht haben.



Auf der Passhöhe des Cormet de Roselend
Das Panorama auf dem Roselend ist eher durchschnittlich, was uns veranlasst, auf die letzten Meter bis zu unserem Tagesziel Bourg-Saint-Maurice durchzustarten.
Unsere im Voraus gebuchte Unterkunft, das Hôtel Restaurant Angival, liegt versteckt in mittelalterlichen Gässchen mitten in der Altstadt.


Das Hotel Angival in Bourg Saint-Maurice
Die Moppeds finden ihren Platz direkt vor dem Hotel und wir den Weg zur Rezeption. Der Check-In ist mit meinen wenigen (erbärmlichen) Brocken Schulfranzösisch, einigen Fetzen Englisch und einer Hand-Fuß-Choreografie erstaunlich schnell erledigt. Was hat die Dame am Empfang sich über meine paar Wörtchen in der Landessprache und mein gewinnendes Lächeln gefreut. Meine anfänglichen Bedenken über die Verständigung im Nachbarland verfliegen sofort. Zunächst das lokale Hopfengemisch austesten, dann abrödeln, das eher einfache Gemach beziehen und dann ab zum Essen.

Abrödeln vor dem Hotel
Das ›rare‹ bestellte Entrecôte ist so rare, es hätte locker noch um Hilfe rufen können. Und das andere, ›well-done‹ bestellte, hätte locker antworten können. Egal. Hier ticken die (Bratzeit-)Uhren anders und früher haben Männer den Säbelzahntiger auch nicht durchgebraten verspeist. Müde und mit merkwürdigem Gezappel im Gedärm fallen wir in unsere Kissen.