Nach einer für mich also sehr kurzen Nacht ging es am nächsten Morgen dann mit dem Jeep in Richtung Dünen. Eines wurde dann sehr schnell klar: Wir hatten die richtige Entscheidung getroffen. Selbst ohne Gepäck hätten wir die Strecke kaum bewältigen können: Zu weich der Sand, zu steil teilweise die Auf- und Abfahrten. So wich dann die Enttäuschung vom Vortag dem Genuss der wilden Fahrt durch das Sandmeer und der Vorfreude auf die Seen. Abdul fuhr die Strecke mit einer unglaublichen, schlafwandlerischen Sicherheit. Er erkannte Unterschiede in der Sandbeschaffenheit, die für uns absolut unsichtbar waren, und konnte so besonders weichen Stellen ausweichen, in denen wir uns wohl sicher eingegraben hätten. Trotzdem gab es ein, zwei Stellen, wo selbst er und trotz Allradantrieb Schwierigkeiten hatte, durchzukommen. Und er ließ es sich nicht nehmen, sich einen Spaß mit uns zu machen: Mit ordentlich Gas fuhr er eine steile Düne hinauf bis zum Kamm, ließ den Jeep genau dort zum Stehen kommen, die Vorderräder in der Luft, mein Blick (ich saß auf dem Beifahrersitz) in den Abgrund gerichtet – gefühlt ging es auf der anderen Seite senkrecht nach unten. Da wollen wir jetzt aber nicht runter, oder? Abdul grinste, legte den Rückwärtsgang ein und fuhr zurück. Meine Erleichterung währte aber nur einen kurzen Moment, dann stoppte Abdul auf halber Höher der Düne, legte den ersten Gang ein und gab Gas, das er genau im richtigen Moment erst unmittelbar vor dem Dünenkamm wieder wegnahm, so dass der Toyota langsam über den Dünenrand kippte, dann wieder Vollgas und tatsächlich den unfassbar steilen Abhang hinunter. Ein reines Wunder, dass ich ihm seinen schönen Jeep nicht vollgekotzt habe.
Tja und dann öffnete sich hinter einem weiteren Dünenkamm der Blick auf den ersten der Seen, Maflu. Der Anblick dieses Naturwunders – Salzseen inmitten dieser gewaltigen Dünenlandschaft - raubt einem förmlich den Atem. Insgesamt gibt es sechs Seen, die als „Mandara-Seen“ bezeichnet werden sowie, etwas entfernt, fünf weitere, kleinere Seen (alle zusammen werden als Ubari-Seen bezeichnet). Der namensgebende Mandara-See selbst begann bereits zur Zeit unserer Reise auszutrocknen und ist jetzt wohl nur noch ein mit einer Salzkruste überzogenes Schlammloch. Wir fuhren zunächst noch zum „Umm el ma“ („Mutter des Wassers“):


Danach ging es noch zum Gabrun-See, wo, wie wir erfuhren, Abdul geboren und aufgewachsen ist. Die dortige Tuareg-Siedlung Gabrun wurde aber in den 80er Jahren aufgegeben, die Bewohner umgesiedelt nach Gabrun al-Dijedid („Neu-Gabrun“, wo sich Abduls Reisebüro befand). Wir verbrachten einige Zeit am See, und während Arend versuchte, die große Düne hinter dem See zu erklimmen (ein Vorhaben, dass mir viel zu anstrengend erschien), saß ich einfach am Ufer und staunte:

Die Rückfahrt durch die Dünen war dann ähnlich spektakulär wie die Hinfahrt, an Abduls Büro angekommen hieß es dann Abschied nehmen, umziehen, Moppeds packen und weiter Richtung Germa. Kurz vor der Stadt (wieder einmal) eine Polizeikontrolle, die aber wie gewohnt entspannt ablief: Papiere vorzeigen und dann ausführlich Fragen zu den Motorrädern beantworten. Dabei wurden wir dann abgelöst von zwei anderen deutschen Motorradfahrern auf Suzuki DR 350 und Kawasaki KLR 650. Die beiden wollten ein Hotel in Germa beziehen und am nächsten Tag ohne Gepäck zu den Mandara-Seen fahren. Wir warnten sie vor dem sehr weichen Sand, aber mit den Einzylindern (gerade der leichten DR 350) und Erfahrung könnte es funktionieren – ob sie es wohl geschafft haben? In Germa haben wir uns noch kurz die Ruinen angeschaut und eine Kleinigkeit gegessen, dann sind wir weiter, um uns außerhalb der Stadt abseits der Straße einen Übernachtungsplatz zu suchen. In einer blick- und windgeschützten Mulde wurde wir fündig, und wir beschlossen den Tag vor dem Zelt sitzend mit einer Tasse Tee, ließen die atemberaubende Landschaft der Mandara-Seen noch einmal Revue passieren und genossen dann noch eine Weile schweigend den grandiosen Sternenhimmel über der Sahara.
(Fortsetzung folgt...)