Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
Nach einer absolut aufregenden Fahrt hinauf zum Pass und fast alleine auf der Straße, bin ich am Lac du Mont Cenis gelandet. Kurz zum See hinuntergefahren und einen Radler aufgeschreckt, der vor seinem Zelt in der Sonne döste, die gerade mal wieder aus den schnell ziehenden Wolkenlücken hervorlugte. Er lud mich kurzer Hand zu einer Tasse Tee ein, Wasserkochen geht in dieser Höhe ja recht schnell. Die Unterhaltung war sehr von der Gebärdensprache geprägt, also mit Händen und Füßen, da ich kein Französisch spreche, er perfekt, aber leider kein Allemand. Unser beider Englisch ließ sich auch irgendwie nicht in Deckung bringen. Ich schwör‘s euch, es lag nicht an mir. Trotzdem haben wir uns gut verstanden, glaube ich jedenfalls für mich. Zu Essen hatte er offensichtlich nichts übrig, ich hätte es auch nicht angenommen, hat er doch alles mit Muskelkraft nach oben gebracht. Deshalb habe ich an diesem einsam gelegenen Gehöft angehalten und einen sehr guten Blaubeerkuchen genossen.
In dieser puren Natur Technik zu benutzen, ist irgendwie eigenartig und trotzdem habe ich mein nigelnagelneues Smartphon herausgekramt und ich traute meinen Augen nicht, ein offenes WLAN gefunden. Gleich mal geschaut wie das Wetter wird, die Prognose hätte ich auch ohne diesen überflüssigen Schnickschnack hinbekommen, denn es zogen immer dichter werdende Wolken herein. Mein Ziel wäre Susa oder Oulx gewesen, aber irgendwie hat es mir die absolute Stille angetan und ich fragte, ob ich hier übernachten kann. Keine Antwort, denn auch hier verstand man mein Englisch nicht. Also Gebärdensprache, Hände gefaltet und den Kopf draufgelegt und schon kam ein zustimmendes „oui oui“. Zimmer wurde mir gezeigt, Moto durfte in den Schafstall, „Manscher“ sollte es um 19:30 Uhr geben, 18:30 wäre mir viel lieber gewesen, aber der Wirt zeigte beharrlich auf meiner Uhr auf die Zeit, welche meinen Magen noch mehr knurren ließ. Auf die Frage „Menue“, antwortete ich in perfektem Französisch mit „wui wui“. Zimmer bezogen, Fotos von der Tour gesichtet, eine kleine Wanderung an den See unternommen, als es dann zu regnen begann, verkrümelte ich mich in die Gaststube. Der Wirt hatte eingeheizt, denn da oben war es arschkalt geworden, nur noch 5°, da tat so ein wärmender Ofen gut.
Dann kam das Essen, ein Viergängemenue vom Feinsten. Der Käse hatte, entschuldigt die Ausdrucksweise, einen Materialwert von 50 €, so etwas Edles hatte ich lange nicht mehr gegessen. Gut gesättigt habe ich mich dann schon früh in meine Koje verholt. Dann gab es ein Phänomen, das ich zuletzt in meiner Jugendzeit erlebt habe: absolute Dunkelheit. Öffnete das Fenster, um zu sehen, was sich draußen tut. Es tat sich NICHTS, ich konnte die Hand vor Augen nicht sehen, absolut kein Lichtlein und dann kam noch diese Stille dazu, es war einfach nur still. Habe extra einmal gehustet, um irgendetwas zu hören, das war erschreckend laut. Als ich dann auf meine Uhr schaute, wurde ich vom Ziffernblatt fast geblendet. Hab dann noch eine Viertelstunde in die Dunkelheit „geschaut“ und gelauscht, außer dem Wind und ein paarmal das Gebimmel von den Schafglocken, absolut nichts zu sehen und zu hören und der Geruch der Berge, es war sehr beeindruckend. Eine Erfahrung, die ich schon fast vergessen hatte, aber in der Nachschau noch genieße. Am Morgen beim ersten Blick aus dem Fenster, es hatte fast bis zum Haus heruntergeschneit, hörte ich aus der Küche Geräusche, die auf das baldige Frühstück hindeuteten. Es fiel dann aber viel dürftiger aus, als es sich geräuschmäßig ankündigte. Dachte so an Rührei und Speck, nichts war‘s damit, es war das in Frankreich übliche, fällt halt nicht besonders üppig aus. Bin dann im Schneeregen losgefahren, aber schon 1h später hatte es im Tal 25°, die ich als sehr unangenehm empfand, weil ich noch in meiner Gummihaut steckte, denn es waren reichlich Gewitterschauer unterwegs, da sehnte ich mich in die Kühle und Stille der Berge zurück. Der nächste lag aber schon vor mir, nämlich einer der ganz großen, der Col de Galibier.
Gruß
Nik
In dieser puren Natur Technik zu benutzen, ist irgendwie eigenartig und trotzdem habe ich mein nigelnagelneues Smartphon herausgekramt und ich traute meinen Augen nicht, ein offenes WLAN gefunden. Gleich mal geschaut wie das Wetter wird, die Prognose hätte ich auch ohne diesen überflüssigen Schnickschnack hinbekommen, denn es zogen immer dichter werdende Wolken herein. Mein Ziel wäre Susa oder Oulx gewesen, aber irgendwie hat es mir die absolute Stille angetan und ich fragte, ob ich hier übernachten kann. Keine Antwort, denn auch hier verstand man mein Englisch nicht. Also Gebärdensprache, Hände gefaltet und den Kopf draufgelegt und schon kam ein zustimmendes „oui oui“. Zimmer wurde mir gezeigt, Moto durfte in den Schafstall, „Manscher“ sollte es um 19:30 Uhr geben, 18:30 wäre mir viel lieber gewesen, aber der Wirt zeigte beharrlich auf meiner Uhr auf die Zeit, welche meinen Magen noch mehr knurren ließ. Auf die Frage „Menue“, antwortete ich in perfektem Französisch mit „wui wui“. Zimmer bezogen, Fotos von der Tour gesichtet, eine kleine Wanderung an den See unternommen, als es dann zu regnen begann, verkrümelte ich mich in die Gaststube. Der Wirt hatte eingeheizt, denn da oben war es arschkalt geworden, nur noch 5°, da tat so ein wärmender Ofen gut.
Dann kam das Essen, ein Viergängemenue vom Feinsten. Der Käse hatte, entschuldigt die Ausdrucksweise, einen Materialwert von 50 €, so etwas Edles hatte ich lange nicht mehr gegessen. Gut gesättigt habe ich mich dann schon früh in meine Koje verholt. Dann gab es ein Phänomen, das ich zuletzt in meiner Jugendzeit erlebt habe: absolute Dunkelheit. Öffnete das Fenster, um zu sehen, was sich draußen tut. Es tat sich NICHTS, ich konnte die Hand vor Augen nicht sehen, absolut kein Lichtlein und dann kam noch diese Stille dazu, es war einfach nur still. Habe extra einmal gehustet, um irgendetwas zu hören, das war erschreckend laut. Als ich dann auf meine Uhr schaute, wurde ich vom Ziffernblatt fast geblendet. Hab dann noch eine Viertelstunde in die Dunkelheit „geschaut“ und gelauscht, außer dem Wind und ein paarmal das Gebimmel von den Schafglocken, absolut nichts zu sehen und zu hören und der Geruch der Berge, es war sehr beeindruckend. Eine Erfahrung, die ich schon fast vergessen hatte, aber in der Nachschau noch genieße. Am Morgen beim ersten Blick aus dem Fenster, es hatte fast bis zum Haus heruntergeschneit, hörte ich aus der Küche Geräusche, die auf das baldige Frühstück hindeuteten. Es fiel dann aber viel dürftiger aus, als es sich geräuschmäßig ankündigte. Dachte so an Rührei und Speck, nichts war‘s damit, es war das in Frankreich übliche, fällt halt nicht besonders üppig aus. Bin dann im Schneeregen losgefahren, aber schon 1h später hatte es im Tal 25°, die ich als sehr unangenehm empfand, weil ich noch in meiner Gummihaut steckte, denn es waren reichlich Gewitterschauer unterwegs, da sehnte ich mich in die Kühle und Stille der Berge zurück. Der nächste lag aber schon vor mir, nämlich einer der ganz großen, der Col de Galibier.
Gruß
Nik
- vienna_wolfe
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Re: Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
Servus Nik,
das hört sich ja nach einem ganz tollem Erlebnis an - ja, die Ruhe in den Bergen kann wirklich was
ich bin übrigens vor zwei Wochen (wie einige andere von uns) am Weg nach Oulx auch genau an der Ecke vorbeigefahren, allerdings bei strahlendem Sonnenschein und +20 Grad auf +2000 Metern...
DANKE fürs Teilhaben lassen, hab jetzt plötzlich Gusto auf Käse - Früüüüühstüüüüück
So long,
da Wolf
das hört sich ja nach einem ganz tollem Erlebnis an - ja, die Ruhe in den Bergen kann wirklich was

ich bin übrigens vor zwei Wochen (wie einige andere von uns) am Weg nach Oulx auch genau an der Ecke vorbeigefahren, allerdings bei strahlendem Sonnenschein und +20 Grad auf +2000 Metern...
DANKE fürs Teilhaben lassen, hab jetzt plötzlich Gusto auf Käse - Früüüüühstüüüüück

So long,
da Wolf
Re: Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
Servus Nik,
kann mir vorstellen, wie du dich gefühlt hast, das geht aus deinen Zeilen gut hervor!
Danke für's Schildern und Zeigen der tollen Fotos.
Gigl
kann mir vorstellen, wie du dich gefühlt hast, das geht aus deinen Zeilen gut hervor!

Danke für's Schildern und Zeigen der tollen Fotos.
Gigl
Gigl
Re: Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
Schöne Bilder, Nik!
Bin gespannt, wie es weitergeht... es geht doch noch weiter, oder?

Re: Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
Den Lac im Sonnenlicht türkis grün schillern sehen, ist schon eine schöner Moment. Schade, mit etwas besseren Wetterbedingungen hättest du auf der anderen Seeseite noch einen Abstecher zum Fort Variselle machen können. Das nächste Mal? 
Als Anreiz der Blick von der Festung:

Als Anreiz der Blick von der Festung:
Re: Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
Gedanklich gespeichert und vielleicht nächstes Jahr, wenn ich endlich ans "Ende der Welt" durch die Pyrenäen fahre.ryna hat geschrieben:... Abstecher zum Fort Variselle machen können. Das nächste Mal?
Eigentlich nicht.Kurare79 hat geschrieben:... es geht doch noch weiter, oder?
Eigentlich gebrauche ich das Wort „Eigentlich“ nicht mehr, weil es eigentlich nichts aussagt und ein wertloses Wort ist. Also eigentlich mache ich keine Reiseberichte mehr.
Bin immer alleine unterwegs, aber nicht weil ich ein Eigenbrötler bin, sondern das ganze Gegenteil, aber alle meine Freunde sich nicht den Luxus erlauben können, einfach mal ohne jede Planung loszufahren, weil sie im Schweiße ihrer Füße ihre Taler verdienen müssen.

Von meinen vielen Reisen habe ich dann für die daheimgebliebenen Reiseberichte (Beispiel 2010) geschrieben, damit sie wenigstens etwas an meinen schönen Eindrücken und meiner Freude teilhaben können. Als die kleinen Videocam’s für das Motorrad aufkamen, habe ich letztes Jahr einen Video-Bericht gemacht und wegen der Größe (3 GB) per Stick verschickt, um ihn auf dem großen TV-Gerät so richtig zur Geltung zu bringen. Wurde allgemein als gut bewertet, aber ein illustrierter Bericht mit Fotos findet mehr Zustimmung. Nur ist es bei meinen Reiseberichten so wie bei den Videos, kennst du einen/s, kennst du alle. Deshalb habe ich jetzt nur noch besondere Eindrücke aufgeschrieben und dazu gehörten die auf dem Mont Cenis. Habe natürlich davor und danach noch viele sehr schöne Erlebnisse gehabt, aber es rentiert sich nicht, die zu veröffentlichen.
Einen Bericht würde ich gerne noch niederschreiben, aber dafür würde ich nur Kritik ernten, deshalb lasse ich es. Es ist meine Erfahrung beim Blick in die Gesichter der Sozias, die ich auf meinen Touren häufig gesehen habe. Ich kann mich nicht an ein einziges Gesicht erinnern, das Fröhlichkeit ausgedrückt hat, obwohl die Straßen und Orte faszinierend waren. Ganz anders der Blick in Gesichter der Frauen, die selbst fuhren und ich habe ein paar davon getroffen.

Ich meine zB. solche Gesichter.
Hier noch ein paar aktuelle Bilder, die ich mit meiner 6 Jahre alten Billigklickklack gemacht habe.

Gruß
Nik
Re: Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
Mit der Billigknippse hast Du aber gute Fotos gemacht!
Das Auge des Knippsers ist eben nicht zu verachten.
Ich kann in Ansätzen nachvollziehen, was Du meinst bzgl. dem Schreiben von Reiseberichten. Allzu gerne hätte mich aber Deine Erfahrung zu den Gesichtern der Sozias interessiert...
Manche Frauen müssen eben immer dabei sein. Ist bei einem Nachbarn zumindest so. Mit dem fahre ich mittlerweile allerdings nicht mehr, da wir beide nie so fahren können, wie wir es gerne täten, da er von ihr dann immer gleich eine auf's Dach bekommen hat
Und ohne sie darf er nicht... und der Kerl ist ein Schrank von 1,90m und 110kg. Jemand dem man eigentlich Nachts nicht alleine begegnen möchte, aber er lässt sich von ihr gehörig den Marsch blasen. Beeindruckend. 


Ich kann in Ansätzen nachvollziehen, was Du meinst bzgl. dem Schreiben von Reiseberichten. Allzu gerne hätte mich aber Deine Erfahrung zu den Gesichtern der Sozias interessiert...



- Mimoto
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- Registriert: Mittwoch 16. Juni 2010, 09:11
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Re: Stille und Dunkelheit am Mont Cenis
...schön geschrieben Nik! Die Einsamkeit der Berge, Ruhe und weit weit weg die Zivilisation mit ihren Krankheiten, schön das es noch solche Orte gibt.
Grüße

Grüße
Michael /mimoto
Sterbe mit Erinnerungen, nicht mit Träumen.
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