Tour 5 Mi den 29.06
Nach einer kleinen Kreativpause werde ich heute mal den Reisebericht "fettich" machen.
Ein besonderes Bonbon hebe ich mir bei der Tourplanung immer bis zum Schluß auf > Der Longrun vom Herzen Südtirols bis zum östlichen Wendepunkt ins Friaul nach der
Forcella Monte Rest. 460km stehen auf dem geplanten Odometer und erfordern ein exaktes Zeitmanagement.
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In Zeitraffer werden also die morgentlichen Cerealien assimiliert, danach hurtig in die lederne Rüstung geschlüpft und schon krallen sich die gummierten Hufe in den trentinischen Asphalt von Tramin Richtung
Cavalese.
Bei
Predazzo verlassen wir das Fleimstal und biegen rechts ab auf die SS50. Am
Lago di Panneveggio vorbei liegt ein paar Kurven weiter die Anfahrt zum
Passo di Valles. Im unteren Teil schmiegt sich Kurve an Kurve einem glitzernden Bachlauf entlang. Dieser wunderbare, feuchte Geruch von Kiefernwäldern zieht durch die Nüstern während wir in leichtem Tornantirausch bis auf 2033m zur Passhöhe swingen.
Die Nordrampe runter mit kurzer Rast in
Falcade um den Cappucinopegel wieder auf Normalmass zu bringen. Weiter gehts nach
Agordo.
"Die Sonne brennt - 3Wetter Taft und die Frisur hält" -
"Ja, wenn wir denn noch Haupthaar hätten", schmunzele ich unter dem Helm während mir der Schweiß schon in die Augen tropft. Also schnell links ab Richtung
Passo Duran. Bei zunehmender Geschwindigkeit und Höhe funktioniert die Luftkonvektion der Helme wieder und kühlt angenehm den Hauptrechner unter der Hirnschale. Oben auf dem Duran gibts wieder Gelegenheit den Flüssigkeitsverlust mit einer Succo di Mela con Aqua Minerale (Apfelschorle) auszugleichen.
Bei
Forno di Zoldo Richtung
Longarone liegt uns wieder so ein geiles Talstück zu Füßen und bettelt förmlich danach unseren Pferdchen mal die Sporen zu geben.
Wir lassen uns nicht lange bitten und nehmen die freundliche Einladung an.

In
Longarone überqueren wir ein breites Flußbett in dem die Piave Richtung venizianische Tiefebene vor sich hindümpelt. Rechts von uns versperrt eine 260m hohe Staumauer die natürliche Kluft zum
Vajaont Tal. Wir fahren also durch einen beampelten Tunnel auf die andere Seite der Staumauer und stellen zu unserem Verwundern fest, daß sich hinter der Staumauer kein Wasser sondern nur leicht bewaldete Erdhügel befinden ?!
In
Erto kann man dieser ungewöhnlichen Gegebenheit dann auf den Grund gehen. Um 1960 wurde dieser Staudamm mit dem Ziel errichtet Strom für Venedig zu erzeugen. Die Provitgier des Energiekonzerns SADE schlug alle Warnungen der Geologen in den Wind, hier aufgrund der topographischen Gegebenheiten, keinen Stausee zu errichten. Es kam wie es kommen musste:
Der Stausee wurde befüllt und weichte die Bergflanke des südlich angrenzenden
Monte Toc auf.
In der Nacht vom 9. Oktober 1963 brach dann eine 2km breite Fläche (270Mio m³) vom Monte Toc ab und toste mit über 100km/h in den Stausee. Die sich daraus ergebende 240m hohe Flutwelle löschte in 5min alle umliegenden Dörfer aus und machte
Longarone unterhalb der Staumauer dem Erdboden gleich.
2000 Menschen mussten diese "Fehleinschätzung" des Enegiekonzerns mit dem Leben bezahlen - Tepco und Fukushima lassen grüssen !
Vor dem Bergrutsch
und 5min später
Selbst über 50 Jahre später kann man die Abbruchkante (das sog. Müller-M) am
Monte Toc noch gut erkennen.
Aber wenden wir uns wieder den angenehmen Dingen des Lebens zu und überschreiten am
Passo di San Oswaldo die Grenze zwischen Venetien und dem Friaul.
Wiederum queren wir auf der Hochebene mehrere fast trockene Flußbetten von annähernd 100m Breite. Diese beeindruckenden Bilder lassen uns nur annähernd erahnen, wieviel Milionen Liter Schmelzwasser sich hier im Frühjahr den Weg talwärts bahnen. Neugierig pirschen wir dem türkisen Rinnsal hinterher, welches sich nach einigen Kilimetern in den
Lago di Barcis ergießt.
Diese Farben ! Einfach Unglaublich !
Man sieht mit der GoPro schon aus wie ein Teletubbi beim Banküberfall. Voll beknackt !
Aber was soll`s,
der Film heiligt die Mittel...(sofern Kubi irgendwann dazu kommt ihn mal fertig zu schnibbeln

Autsch, das war ein Tiefschlag!

)
Am Ende des
Lago di Barcis hängt an einer Brücke eine Kette an dessen Ende ein Gummistöpsel befestigt ist. "Was passiert eigentlich wenn man dran zieht ?" fragen wir uns. Gesagt, getan...
Keine 10min später...
"Oh Shit ! Jetzt aber schnell das Weite gesucht !"
(Die Red. : Die Brücke liegt kurz vor
Sequals)
Ab hier schlagen wir einen Haken und cruisen Richtung Norden - am
Lago dei Tramonti über den (hier im Forum vielbeschrieben)
Passo Monte Rest bis zu "
Boro`s Friaul-2009-Tour-Brücke".
"Hmm, den östlichen Wendepunkt unserer Tour erreicht, aber schon wieder 3/4 der Zeit verbraucht". Das heißt im Umkehrschluß: Reduktion der Pausen bei gleichzeitiger Erhöhung der Gangart.
Nächster Stopp: Sperrmauer vom
Lago di Sauris - es gibt ja schon unzählige Bilder hier im Forum. Wir machen auch eins, welches mich dann zum Namensgeber des Urlaubs veranlasst.
Eine Kuh und zwei "Tiger" on Tour
Die anschließende Strecke ist eher was für die fussrastenstehende Schotterfraktion hier im Forum.
Die rechte Fahrbahnseite ist bis zum
Sella di Razzo komplett abgehobelt, nur unterbrochen von üblen Fräskanten mit anschließenden feinen Rollsplittinseln.
Mega-schlecht zu fahren. Entweder man schnuckelt im Gänsemarsch oder man riskiert hier in dieser gottverlassenen Einöde seine Karre zu schrotten!!
So kam auf den nächsten 30km keine wirkliche Freude auf.
Die Schönheit dieser Gegend blieb ungeachtet, da sich unser Blickfeld auf die 20m voranliegenden Glitschasphalt richtet. Dieser lauert gierig auf seine Chance den aufmüpfigen Ridern die Stabilität und letztendlich die Mobilität zu rauben.
Nun denn, wir hatten so oder so keine Zeit mehr um pics zu schießen und hasteten ab
Vigo di Cadore im dichten Feierabendverkehr Richtung
Cortina d `Ampezzo.
Die Schatten wurden immer länger und die Murmeltiere verkrochen sich schnell wieder in ihre Behausungen als wir in vollem Galopp und dem zugehörigen Getöse den
Passo Falzarego hinaufstürmen.
Es ist mittlerweile 19:45 und in 15min steht in Tramin das Essen auf dem Tisch.
"Molto Merde !" Zeit für einen Anruf, denn 120km sind auch bei noch so verschärfter Gangart nicht in einer 1/4 Stunde zu schaffen.
(Anm. d.Red. Wenn es irgendwas auf der Welt gibt, was unser Koch Hubsi auf den Tod nicht leiden kann, ist es zu spät zum Essen zu kommen

)
Tausend gemurmelte Flüche später, habe ich 21:00 Uhr mit ihm ausmacht.
Während ich hier mit dem
"tasmanischen Teufel" um mein Leben verhandel, machen meine Mitstreiter unbeschwert noch Fotos von der Umgebung - die Welt ist ungerecht !
So, nun aber ab in den Sattel und am Draht gezogen.
Die Strassen sind absolut entvölkert und darauf spekulierend, daß die Carabinieri auch bei Mama die Portion Spaghetti einverleiben, lassen wir es richtig krachen. Einzig in Canazei und den angrenzenden Örtchen wird der Schub gedrosselt.
Und was soll ich sagen? Der Glockenturm in Termeno hat zum neunten Mal geschlagen als uns der grimmige Köchling eine wunderbar zarte Kalbsleber "venizianischer Art" mit einem köstlichen Kartoffelstrudel kredenzt.
Sein Hinweis: "I hoab no a Stoanpilz mit innen Studel reinigemocht" geht in unserem lauten Schmatzen unter.