Dienstag, 13.06.17
Ich machte den Wecker aus, bevor er schellen konnte, lag ich doch die halbe Nach wach. Heute war es endlich soweit. Ich sollte in meinen ersten großen Motorradurlaub fahren. Allein!
Warum auch nicht, schließlich hatte ich mir die KTM ursprünglich für eine wirklich große Reise gekauft, die ich alleine machen wollte.
Bisher war ich immer nur ein paar Tage bis eine Woche alleine unterwegs, sonst waren wir zu zweit. Diesmal war alles anders.
Im Dezember hieß es: "Und Du kannst dann ab sofort alleine in den Urlaub fahren"
Ich werde es schaffen! Ich werde es allen zeigen, dass ich es kann! Haben schon viele vor mir gemacht, alleine mit dem Motorrad in den Urlaub zu fahren.
Bei einer Tasse Kaffee schaute ich mir die nochmals die Streckenplanung auf dem Ipad an.
Pyrenäen 2017 klick mich
Im Büro drehte sich alles um meine Reise.
Ich hatte sie so gut geplant wie es ging. Monate lang hatte ich mich mit den Planungstools auseinander gesetzt. Immer wieder bin ich am eigenen Perfektionismus und meine eigenen Grenzen gescheitert.
Auf der einen Seite kann ich spontan sein, habe gesagt: Komm wir fahren zum Kaffee trinken nach Amsterdam, jetzt und los.
Die andere Seite will alles planen, einfach alles, das gibt Sicherheit und Rückhalt.
Irgendwann, als die Strecke wie oben gezeigt, stand, war sie zwar nicht perfekt geplant und auch nicht in allen Einzelheiten, aber ich wollte auch ein Stück Freiheit haben, weg aus meinen Zwängen. Die gesamte Rückreise war im Grunde nur eine Streckenplanung aber keine Übernachtungen oder Anzahl der Tage.
Es hat mir sehr viel Spass gemacht und ich war stolz, dass ich anscheinend soweit viel wie nötig geplant hatte und so wenig wie möglich eingeengt bin. Ich hatte neben den reinen Anfahrtstagen zu den Campingplätzen nahezu die gleiche Anzahl an Tagen zum einfach rumfahren oder nichts tun.
Sollte ich einen See finden, einfach dort bleiben und chillen oder mal einen Tag am Meer. So der Plan.
Ich hatte meine beiden Seiten Spontanität - Planung gut befriedigt. Was soll schon schiefgehen? (dachte ich in meinem Leichtsinn)
So verging der Arbeitstag und ich fuhr am Abend nach Köln zum Flughafen, allein, warum sollte mich auch meine bessere Hälfte wegbringen? Aber ich hatte Hoffnung, das sie mich am Flughafen in mein Abenteuer verabschieden würde...
Meine Eltern und selbst mein Bruder wünschten mir, dass ich das alles schaffe.
Am Flughafen genehmigte ich mir ein Bier, hatte ich doch genug Zeit. Lieber warte ich 2 Stunden, als das ich zu spät bin.
Vor der Abfertigung ein Blick zurück, nichts!
Ein wenig trübte das meine Freude auf das bevorstehende Abenteuer, obwohl ich damit gerechnet hatte, aber tief in mir was anderes erhofft hatte.
Klassischerweise wäre das für mich ein Auslöser von Panikattacken oder Depressionen gewesen, aber der Wille diesen Urlaub zu schaffen, zu schauen, ob ich in der Lage bin eine große Motorradreise in der Zukunft zu bewältigen überwog.
Am Gate wurde es voller, das Bodenpersonal wuselte rum. Ich dachte nur, komisch da stimmt was nicht.
Es kam wie es kommen musste, der Flieger hatte sage und schreibe 2 Stunden Verspätung. Super, das bedeutet, das die U-Bahn am Flughafen nicht mehr fahren würde.
Aber warum läuft das Bodenpersonal mit so gelben Bändchen rum und machen die an das Handgepäck?
"Wir sind überbucht. Und dazu gibt es zu viel Handgepäck. Nur wer extra bezahlt hat, der darf das Handgepäck mit reinnehmen!"
Fängt doch wieder toll an dachte ich. Die freundliche Frau schaute auf meine Buchung. Dank der sehr frühen Buchung war ich eine der wenigen, die ohne Nachzahlung das Handgepäck mit reinnehmen durfte.
Der Flieger kam dann, so schnell wie auch meine Flugangst kam. Nur dass ich diesmal alleine damit fertig werden musste.
Eine Freundin aus Amerika hat mir einen "Breath-Stein" geschenkt. Den sollte ich in die Hand nehmen, damit ich das Atmen nicht vergesse (ja das kann man vergessen!)
Ich nahm in die Hand, schaute aus dem Fenster und wartete verkrampft, dass es los ging.
Neben mir setzen sich zwei junge Frauen (Oberstufe so in etwa). Sie unterhielten sich belustigt. Tja so leicht ist fliegen.
Und dann, als die Motoren starteten, und ich mit mir kämpfte, wurde die junge Frau neben mir am Gangplatz kreidebleich, fing an zu weinen, ihre Freundin versuchte sie zu beruhigen gab ihr die Hand, die noch arg gequetscht werden sollte.
Ich war nicht allein mit meiner Flugangst. Sachen gibt es.
Irgendwann sind wir dann gelandet. Die erste Hürde für mich war genommen! Der Flieger.
Ich folgte der Menge nach draussen zu den Taxen. Soweit ich gesehen hatte, war das Hotel, welches sich später als Jugendherberge herausstellte (eine von der richtig guten Art), nur 4 km weit weg. Leider im dunkeln zu Fuss nicht so ohne weiteres zu erreichen.
Also ins Taxi. Da steht drauf. Minimum 29€ zu zahlen für Fahrten in die Stadt. Ich fragte den Fahrer ob er mich zum Hotel bringen könne und was es koset. 9 € sagt er.
Toll das passt. Ob ich wirklich 9€ für die Strecke zahlen wolle. Ja will ich!
Am Hotel angekommen: 29€! Ich fragte WAS? Er habe doch 9€ gesagt. Komisch davon wolle er nichts mehr wissen und zeigte auf das Schild mit Minimum 29€, er habe mich schließlich gefragt! Den 1€ gab er mir auch nicht zurück.
Egal ich freute mich, endlich um 1:30 ins Bett zu kommen. Mein Zimmer hatte 8 davon, war ja ne Jugendherberge. Witzig, ein 8 Bettzimmer für mich alleine.
Morgen sollte die Welt besser ausschauen.