Fortsetzung:
Es ist nun Mittwoch. Meinen Mitreisenden gelüstet es nach einer Motorradtour. Auf Motorradfahren habe ich heute keine Lust. Mal abgesehen vom Verkehr habe ich spätestens am Sellajoch bemerkt, dass es für mich überhaupt nicht geht, an den schönsten Stellen einfach nur vorbeizufahren. Ich muss dort anhalten, absteigen und zu Fuß weiter, um die Schönheit der Bergwelt richtig genießen zu können. Ich will wandern gehen!
Gestern sind wir über den Passo Vallés gefahren. Wie schön es dort war! Nur leider sind wir auch dort gleich wieder weiter gefahren. Der Parkplatz am Pass wäre ein wunderbarer Ausgangspunkt für Wandertouren. Um die Anfahrt ein wenig zu verkürzen, entscheide ich mich aber heute für den nördlich gelegenen Passo Pellegrino als Ausgangspunkt. Von dort aus gibt es einen Wanderweg zum Passo Vallés:

- Outdooractive.com
Um dort hinzukommen, muss ich erneut über den Karerpass. Am Parkplatz von Pellegrinopass angekommen, bin ich schon wieder ordentlich genervt und bin froh, dass ich nicht mehr weiter fahren muss. Umziehen, Motorradklamotten und Helm in den Koffern verstauen, Sonnenspray auftragen (noch brennt die Sonne, aber es ist Gewitter für den Nachmittag vorhergesagt) und nix wie los! Auf Grund der Wetteraussichten rechne ich nicht wirklich damit, bis zum Passo Vallés zu kommen. Spätestens, wenn ich die ersten Regentropfen wahrnehme, kehre ich um. Gewitterüberraschungen auf dem Berg hatte ich in der Vergangenheit, man muss sein Glück nicht herausfordern.
Mein Ziel ist sogar ausgeschildert. Mein Garmin GPS, das ich mir zum wandern gekauft habe, weist mir den weiteren Weg. Es wird sich noch als sehr hilfreich erweisen. Kaum an Höhe gewonnen, verläuft sich mein anfänglich gut markierter Wanderweg im Nichts. Genau genommen in einem Trümmerfeld aus planiertem Felsgestein und gerodetem Waldmaterial. Das Ganze soll wohl eine Skipiste darstellen. Bestimmt toll für die Skifahrer im Winter. Riesig große Bereiche wurden da platt gemacht. Dass mit der Schneise der Wanderweg zerschnitten wurde, scheint hier niemand groß zu interessieren. Markierungen finde ich auf der Piste keine. Mit GPS Unterstützung quäle ich mich die Piste hinauf und folge näherungsweise meiner virtuellen Route, ehe ich auf der anderen Seite der Piste wieder Wegmarkierungen entdecke. Diese verlieren sich ein zweites Mal, wieder muss ich mich am Rand einer Piste entlang quälen.
Hier habe ich mal die Bereiche eingezeichnet, die vormals Natur waren:

- Die rot schraffierten Bereiche wurden plattgewalzt (Quelle: Outdooractive)
Nun ja, irgendwie schaffe ich es, mich zum höchsten Punkt meiner Wanderung durchzuschlagen, ehe es zu regnen anfängt. Ich kehre um, das gleiche Spiel mit der Wegsuche, nur diesmal von oben. Die markanten Punkte, die ich mir gemerkt habe, um den Weg wiederzufinden, entpuppen sich als nutzlos. Diese technischen Fundamente (vermutlich werden darauf Beschneiungsanlagen montiert?) gibt es haufenweise und sehen überall gleich aus. Wieder bin ich froh über mein GPS. Ich höre Donnergrollen. Jetzt schnell wieder runter an den Pass! Ich schaffe es noch rechtzeitig, in einer Bar einzukehren und bestelle einen Espresso. Draußen tobt der Gewitterregen. Wenistens ist der Kaffee preiswert in Italien - 1,10 € - klasse! Über das Cola aus der Dose kann ich hinwegsehen und die offensichtlich keine Silbe deutsch sprechende Bedienung ist freundlich und redlich bemüht, mich zu verstehen - das gibt Pluspunkte. Meine innere Verweigerungshaltung, wenigstens Hallo und Danke auf italienisch zu sagen, hat noch die Überhand.
Nach dem Regen fahre ich zurück ins Hotel. Wieder ohne Bilder, außer im Kopf. Sportliche Ertüchtigung hatte ich, so richtig zufrieden stellt mich meine Wanderung noch nicht. Ich und Italien... für das Gewitterpech können die ja nix, aber was ham die nur mit meinem schönen Wanderweg gemacht?! Morgen versuche ich es erneut mit einer Wanderung, dann aber wo ganz anders!