Projekt Albanien

Polen, Tschechien, Balkanstaaten, Rumänien, Griechenland, usw.
Nachricht
Autor
Benutzeravatar
qtreiber
Beiträge: 5467
Registriert: Samstag 17. November 2012, 12:29

Re: Projekt Albanien

#377 Ungelesener Beitrag von qtreiber »

Andreas Wagner hat geschrieben:... Bernd: Und dass Du die maximale Anzahl an schönen Aussichten pro Tag genießen kannst, ... :L :Ni: :L
stimmt, ich halte gerne und häufig (kurz) für ein oder zwei Fotos und einen Eindruck aufnehmen an. :mrgreen:

Während der aktuellen Albanien-Reise kamen mit Ausschuss fast 600 Fotos zusammen (ohne Lohberg, dort waren andere aktiv). In Fahrt genieße ich zusätzlich die vorbeirollende Landschaft. :)
Gruß
Bernd (AUR)

Benutzeravatar
Swissflyer
Beiträge: 555
Registriert: Samstag 30. Mai 2015, 08:29
Wohnort: Opfikon b. Zürich/Schweiz

Re: Projekt Albanien

#378 Ungelesener Beitrag von Swissflyer »

Danke an alle "Berichterstatter" dieser vielfältigen, spannenden Tour nach Theth und zurück :Sl: dass wir euch so intensiv begleiten durften *chapeau*

Hätte ich mehr Offroad-Erfahrung könnte mir die Tour sicher auch gefallen.

Gruss aus Zürich,
Fredy
Geniesse das Leben - es ist immer zu kurz!

Gruss aus Opfikon bei Zürich
Aktuelles Motorrad: BMW R1200GS LC Modell 2018

Benutzeravatar
steph
Administrator
Beiträge: 4872
Registriert: Dienstag 24. November 2015, 22:46
Wohnort: glonn

Re: Projekt Albanien

#379 Ungelesener Beitrag von steph »

:oops: ich muss gestehen, ich schaff's noch nich wirklich mir all die schönen bilders und geschichten meines verpassten traums in aller ruhe reinzuziehen :No:

..aber irgendwann wird's gehen :Ni: und bis dahin freu ich mich schon mal ganz doll für euch, dass es so schön war <daf> und für mich freu ich mich drauf es dann mit genuß zu lesen und auch zu würdigen :Pr:
Wenn etwas gut gehen kann, geht es gut..

..sollte es einmal nicht gut gehen, tun sich stets viele andere gute Möglichkeiten auf
Bild

Bild*Träume wollen gelebt werden .. Bild .. meine Reisegeschichten*

Benutzeravatar
qtreiber
Beiträge: 5467
Registriert: Samstag 17. November 2012, 12:29

Re: Projekt Albanien

#380 Ungelesener Beitrag von qtreiber »

*hust*

Bild
Gruß
Bernd (AUR)

Benutzeravatar
tornante
Beiträge: 1850
Registriert: Samstag 21. Juni 2014, 09:12
Wohnort: 77749 Hohberg zwischen Lahr und Offenburg

Re: Projekt Albanien

#381 Ungelesener Beitrag von tornante »

Projekt Albanien

Die Bezeichnung für unser Reisevorhaben hatten wir seinerzeit bewußt „Projekt Albanien“ genannt.
1. Wir wollten feststellen, ob sich bei einer öffentlichen Ausschreibung tatsächlich Interessenten für ein so exotisches Vorhaben finden. Grundsätzlich haben im Forum ausschließlich „nette“ Kolleginnen und Kollegen kennengelernt, sodaß wir der Meinung waren, Reibungspunkte zwischenmenschlicher Art würden relativ gering ausfallen oder gar nicht vorkommen
2. Mein frisch aufgebautes Reisemobil sollte artgerecht eingesetzt werden.
comp_Gespann.jpg
Warum ausgerechnet ein Gespann ? werden sich jetzt einige fragen. Angeschafft habe ich das Ding vor über 10 Jahren. Mit meinem 15jährigen Sohn Marcel eine wunderschöne Tour durch die Alpen gemacht und das Motorrad anschließend zerlegt um es wieder aufzubauen ( ich hatte bereits darüber berichtet ).Inzwischen ist Marcel 26 Jahre alt und wir haben die ganzen Jahre mal mehr, mal weniger an der Wiederauferstehung gebastelt. Bis auf die Optik / Lackierung war es nun soweit : Motor überholt, Getriebe überholt und an den Gespannbetrieb angepaßt, Elektrik erneuert und neue Fußrastentrittbretter montiert. Paßt.
So ein Gespann bietet auf Reisen viele Vorteile : vor allem hat man eine Menge Platz. D.h., Du kannst z.B. ein Zelt mitnehmen in dem man auch stehen kann. Du hast eine Gaslaterne dabei und einen Gasgrill der es ermöglicht verhältnismäßig autark die schönsten Gegenden dieses Planeten in Ruhe und, wer will, alleine, zu genießen. Gaskocher für Kaffee unterwegs ist natürlich selbstverständlich. Dabei ist das Motorrad mit seinen gefühlten ca 70 PS ( von 90 angegebenen ) auf der Autobahn mit 100- 120 km/h ausreichend schnell, ist auf der Landstraße recht wendig und auf leichtem Schotter macht es unbändigen Spaß damit von einem Links- in einen Rechtsdrift zu schwenken und umgekehrt. Speziell im Landstraßenbetrieb spielt die Guzzi ihre Stärken aus. Mit irrem Drehmoment und einem wunderschönen, tiefen Baß entschleunigt Dich das Motorrad ohne Gangwechsel zwischen 2.500 und ( bis zu ) 7.000 U/min.
Natürlich hat es auch Nachteile : der Platzbedarf ist enorm und kommt einem Golf I nahe. D.h., Gegenverkehr auf kleinsten Sträßchen wird zu einer ernst zu nehmenden Angelegenheit und auch das Gewicht von ca 300 kg fordert seinen Tribut. Sowohl in der Beschleunigung als auch im Spritverbrauch. Wobei die 10 Liter Plus bei Autobahnbetrieb sich auf der Landstaße auf 5 – 7 l/100km reduzieren. Und das braucht meine alte G/S auch…
Die Grenzen haben wir in Albanien aufgezeigt bekommen, als die Steine auf den Wegen immer größer wurden, der Kies das schwere Gespann am liebsten nicht mehr frei gegeben hätte – kurzum der Weg tatsächlich „beschwerlich“ wurde. Unter diesen Bedingungen verschleißt das Motorrad dann auch sehr schnell : den Bremsendefekt werde ich noch später aufführen, aber nach der Rückehr und insgesamt ca. 7000 gefahrenen Kilometern müssen sämtliche Radlager erneuert werden, der Hinterradreifen ist verschlissen, die Bremsbeläge müssen ersetzt werden und vermutlich sind der Kegelradantrieb des Kardans und das Kreuzgelenk auch nicht mehr die frischesten…

Und trotzdem : ich hab meine kleine Dicke liebgewonnen und hoffe, daß wir noch viele Touren gemeinsam unternehmen werden.

Albanien – warum ausgerechnet Albanien ? Die Idee nach Albanien zu fahren kam von Alain Delon.
comp_Alen.jpg
Inspiriert durch kurares Reisebericht von vor ( glaube ich ) drei Jahren kam er auf die Idee auch dorhin fahren zu wollen. Damals hab ich ihm das noch ausgeredet. Weil ich der Meinung war, mein offroad Pensum mit der jährlichen Fahrt nach Rumänien, gemeinsam mit meinen Söhnen, abgedeckt zu haben. Naja, letztes Jahr dann nochmal die Reise von kurare, vienna wolf und klauston und schon war der Bazillus wieder geweckt. Im Herbst letzten Jahres mit maxmoto darüber gesprochen, der dort auch schon mal war – und die Reiseidee war perfekt.
comp_Max.jpg
Wann wollen wir nun starten ? Mein Vorschlag war, das Abenteuer im Anschluß an unser Forumstreffen in Lohberg beginnen zu lassen
Max hat Reiselektüre gekauft, einen empfehlenswerten Reiseführer von „HOBO-Team“, einem kleinen Familienunternehmen, das das Land selbst bereist und entsprechende Empfehlungen zusammenstellt. Kartenmaterial und Info vom ADAC haben wir besorgt, und gleichzeitig das „Projekt Albanien“ ins Forum gestellt.

Die Reaktion war gewaltig und hat uns fast umgehauen.

So viele Zuschriften, so viel Information, so viele Anregungen und so viel Begeisterung hatten wir nicht erwartet.

In diesem Zusammenhang sei allen gedankt, die diese Reise auch gedanklich mitgestaltet haben, virtuell mitgefahren sind, sich mit uns gefreut und mit uns gelitten haben. Denn, in der Tat, das war mehr als nur eine Reise zu einem abgelegenen Ziel in Europa. Es war ein interessanter, gruppendynamischer Prozeß, der durchaus an die Grenzen üblicher Reisekameradschaft geführt hat.

Wir haben über das öffentliche Forum und in Form vieler PNs Hinweise erhalten, Planungsmaterial bekommen und Erfahrungen mitgeteilt bekommen, die für uns sehr wertvoll waren und die Planung effizient und anspruchsvoll gleichermaßen werden ließ.

Die Aufgabenverteilung war klar : Maxmoto sagt, wo´s lang geht und ich durfte das dann in Routen umsetzen. Wobei er mir für die Anreise komplett freie Hand gelassen hat… :D
comp_tornante.jpg
In der Zwischenzeit hatten sich einige Interessenten gemeldet die mitfahren wollten. Forumsmitglieder, die wir zum Teil persönlich kannten, zum Teil aber auch nicht.

Der Planungsprozeß begann also bereits im Herbst und schon bald kamen die ersten Anfragen, wo denn die ausgearbeiteten Routen blieben. Man wolle sich schließlich schon vorher anschauen, wo es denn hingeht…

Tatsächlich hat sich die Planung dann doch über ein paar Monate erstreckt. Die Routen wurden über meine dropbox ausgetauscht und somit konnte jeder sehen wo es langgehen sollte.

Treffpunkt Lohberg
Da Alain Delon erst ab Samstag abkömmlich war, ist er morgens von Basel zu mir nach Offenburg gefahren und wir haben einen gemeinsamen Sprint nach Lohberg , im Wesentlichen über die Autobahn, hingelegt.
Kurze Rast im „schönsten Biergarten Frankens“
comp_Bierg.jpg
comp_Bierga.jpg
comp_Biergar.jpg
Für Alen immerhin ein 700km Tag. Und nicht unbedingt die Domäne der 690R.
Wiedersehen in Lohberg mit vielen Forumisti – das war Freude pur und am nächsten Tag Aufbruch mit
comp_Bernd.jpg
und
comp_lamekuh.jpg


Sammi war tags zuvor zu Max nach München gefahren und beide sind dann am Sonntag von dort aus gestartet.
comp_sammi.jpg
Abfahrt in Lohberg
comp_Gruppenbild.jpg
Lahmekuh hatte bereits während des Forumstreffens festgestellt, daß der Sitzbank der Beta und seinem Hinterteil entweder ein längerer Anpassungsprozeß bevorsteht ( den vermutlich die Sitzbank gewonnen hätte ) oder wir z.B. in Form einer gepolsterten Radlerhose Abhilfe für den grauenhaften Schmerz schaffen müßten. Sonntags haben nun mal die wenigsten Läden auf, sodaß wir den Kauf der Radlerhose auf Montag vertagten und Michael das Martyrium einfach ertragen hat. ( wie ein Mann – wie man so schön sagt…)

Abends haben wir uns mit Max und Sammi getroffen, die bereits vor uns das Hotel erreicht hatten.
comp_max und sammi.jpg

Tg 02
Nach ausgiebigem Frühstück starteten wir zur ersten, gemeinsamen Etappe. Primärziel : Lamekuh eine gepolsterte Hose besorgen… Unsere Route führte uns kurz nach der Abfahrt in Richtung Sölkpaß. Große Ortschaften waren nicht zu erwarten, also bog ich in das nächste Dorf ab, in der Hoffnung, dort evtl. ein Radlergeschäft zu finden. Da war natürlich keines – und bis auf Max war der Rest der Truppe ebenfalls verschwunden…

Hier zeigte sich das Dilemma der ganzen Reise : wir waren nicht als 6er Gruppe unterwegs sondern in einer zwei Klassen Gesellschaft : 5+1. Meine Mutmaßung : „wo ich bin ist vorne“ und die Gruppe folgt bedingungslos war offenbar nicht richtig. In der Annahme, meine Interpretation der Routenführung wäre falsch, fuhr der „Rest“ einfach dahin wo er die „richtige“ Route vermutete.

Max und ich haben dann noch gewartet, sind die Route dann weitergefahren , in der Hoffnung, daß a) hinter uns nix passiert war und b) die Gruppe irgendwo auf der Route schon anhalten würde.
In unserem Pflichtenheft hatten wir zu Beginn festgelegt, das Ziel Albanien über kleine und kleinste Straßen anzufahren. Am Sölkpaß wird momentan viel gebaut. Die von meinem Navi ausgesuchte Naturstraße ( also nicht der geteerte Paß ) war somit leicht zu befahren und es war das erste, wunderschöne Eintauchen in einen herrlichen Wald, der Freude aufkommen ließ ob der vielen Natursträßen die noch kommen sollten.
Der Baustellenlaster der uns entgegenkam hat leider einen Teil der Freude gedämpft. Max und ich mußten umkehren, weil der LKW im Wald noch unbeweglicher war als mein Gespann.
Spaß hat´s trotzdem gemacht.

Kurz danach haben wir zu den anderen aufgeschlossen und gegen Mittag hat Michael auch sein Leid ein bißchen lindern können. Und durchgehalten !!! Chapeau.

Die folgenden Tage sind schon ausreichend beschrieben worden. Konzentrieren wir uns noch einmal auf die Ankunft in Teth :
Teth : wichtigstes Ziel der ganzen Reise. Ausgangspunkt weiterer Abenteuerstraßen Nordalbaniens. Von hier wollten wir einen Bogen schlagen und uns so langsam über die Küste wieder Richtung Heimat orientieren.
Die Anfahrt verhältnismäßig unspektakulär bis – ja bis uns der Regen erwischte. Regen ist eigentlich der falsche Ausdruck. Ich glaube, in meinem ganzen Motorradleben bin ich noch nie soo schnell bis auf die Haut durchweicht worden. Und dann noch diese komischen Geräusche am Helm. Was war denn das ?. Bis ich das Hagelkorn dank des Jethelms direkt auf der Haut gespürt habe. Wow. In weniger als einer Minute total naß. Die Straßen schon fast überflutet und 5 Mann hinter mir. Was hast Du für Alternativen ? Bernd hatte schon sein Statement abgegeben : „ wenn es regnet halte ich an und ziehe die Regenkombi über“. Hat er gemacht. Die anderen sind weitergefahren. Bis zur Tankstelle. Da sind wir untergezogen, haben eine Gruppe Engländer getroffen, die für drei Monate eine Tour um und durch Europa unternehmen und gewartet, bis der Regen nachließ. Inzwischen war auch die Außentemperatur stark abgesunken. Ich hab Hemd und Jacke gewechselt um mich nicht zu erkälten…

Weiter geht´s. Immer noch leichter Regen und die Aussicht, daß, es nach dem Paß etwas „schottrig“ wird. Also sind wir aufgebrochen, weitergefahren. Haben die ( geteerte) Paßauffahrt genossen um abrupt die letzten Kilometer auf Schotter „zu genießen“.

Hier im Forum kam die Frage auf, wieviel Kilometer es denn so sind, vom Paß bis nach Teth. Nach Teth sind es von dort aus 20 km, bis zu Jimmy –dem angestrebten Ziel – sind es 14 Schotterkilometer. Bei gutem Wetter relativ easy zu fahren, wenngleich ich die Piste nicht als „Autobahn“ bezeichnen würde.

Der Vorteil, wenn Du so eine Piste im Regen fährst : der Gegenverkehr hält sich in Grenzen. Bei einer Gespannbreite von ca. 1,5m ein nicht ganz unerheblicher Faktor. Denn zwei Fahrzeuge passen da definitv nicht nebeneinander auf die Straße.
Üblicherweise dauert die Fahrt von Jimmy bis zur Passhöhe ca 1 – 1,5h. Wir sind gefühlte 5 Stunden unterwegs gewesen. So langsam wurden die Sichtverhältnisse schlechter, die Rinnsale, die über die Straße liefen wurden immer tiefer, breiter und die Steine immer größer. Kein Zuckerschlecken.

Aber wir haben es geschafft.

Irgendwann waren wir dann alle wohlbehalten bei Jimmy, haben dessen Gastfreundschaft genossen, fürstlich gegessen und getrunken und sind alle zufrieden ob der geleisteten Taten eingeschlummert.

„Enjoy your Problem“
Nächster Tag : Südroute Teth
Highlight der ganzen Route. Auf google earth sah das alles vielleicht etwas schwierig aber durchaus machbar aus. Habe mich immer daran orientiert, daß die Fahrspur von Autos gelegt worden war. Da sollte mein Gespann schon mithalten können… - hab ich gedacht. Wir sind also bei inzwischen wieder bestem Wetter losgezogen. Der Schotter war ok aber man hat durchaus die Spuren des gestrigen Unwetters sehen ( und spüren ) können. Das Gespann schlug permanent durch, setzte öfter auf und verlangte vieeel Kraft um dahin zu fahren wo ich es hin haben wollte. Zum Glück ist das Boot aus Edelstahl. Mit einem der leichten Plastikboote hätte ich wahrscheinlich nur noch den Rahmen mit nach Hause gebracht.
es gibt immer etwas zu entdecken

Benutzeravatar
tornante
Beiträge: 1850
Registriert: Samstag 21. Juni 2014, 09:12
Wohnort: 77749 Hohberg zwischen Lahr und Offenburg

Re: Projekt Albanien

#382 Ungelesener Beitrag von tornante »

Dann erreichten wir eine Brücke : Fototermin !!
comp_Brücke1.jpg
comp_Brücke2.jpg
comp_Brücke3.jpg
Herrliche Landschaft. Wenn Winnetou mit seinen Apachen aus dem Gebüsch gesprungen wären hätte es mich nicht gewundert. Aber es kam nicht Winnteou sondern eine Gruppe Tschechen. Auch nicht auf Pferden sondern mit KTM 990, BMW und Honda Varadero. Haben ausgesehen als wären sie nicht das erste Mal auf einem Motorrad gesessen. Natürlich haben wir uns beratschlagt. Die Kollegen haben mein Gespann angeschaut und fachmännisch gefragt, ob es denn wenigstens einen angetrieben Seitenwagen hätte… No ? No chance war die Erwiderung. Sie hätten sich so jeder zwischen drei und fünfmal abgelegt – und wer schon mal einen Tschechen im Gelände erlebt hat, weiß was das bedeutet.
Lamekuh hat dann den Satz des Tages gesprochen : “wir müssen Niemandem etwas beweisen“ Recht hat er gehabt ( aber das wußten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht ).

Also gings wieder zurück.
Kurze Zeit später : Vorderradbremse fällt durch. Keine Bremswirkung mehr. Soll ich anhalten oder weiterfahren ? Ich hab mich fürs anhalten entschieden. Inspektion der Bremse. Ja, wo sind denn die Bremsbeläge ? Zumindest waren sie nicht mehr da wo sie hingehören. Ein Bremsbelag hatte sich verabschiedet, beide Haltebolzen der Beläge waren verschwunden. Denen hat das Gelände offenbar so gut gefallen, daß sie dageblieben sind…

Alen als zuständiger Chefmechaniker meinte : „damit kannst Du noch weiterfahren. Darfst halt nicht vorne bremsen.“ Situationskomik ? Keinesfalls.
Nur nach Shkoder wollte ich dann doch nicht fahren. Das wären noch ein paar Stunden Fahrt gewesen – und wer weiß wie die Hinterradbremse aussieht.

Also zurück zu Jimmy.
Dort angekommen – alles kein Problem. Er erwarte zwar für den Abend noch eine größere Gruppe ( die dann aber wohl doch nicht gekommen ist ) aber wir könnten unsere Zimmer wieder beziehen. Ob wir evtl. frische Handtücher bräuchten und ob die Zimmer nochmals extra gereinigt werden sollten ? Natürlich nicht.

Enjoy your Problem – nachdem das Vorderrad ausgebaut und der Schaden diagnostiziert war stellte sich natürlich die Frage, woher neue Bremsbeläge und vor allem neue Haltestifte nehmen ?

Auch hier wußte Jimmy Rat : sein Bruder führe am nächsten Tag nach Shkoder und könne dort die Bremsbeläge besorgen. Wir müßten ihm nur sagen welche er mitbringen soll.

Bremsbeläge einer KTM RC 8

Wo findest Du in Albanien Bremsbeläge dieser KTM Rakete ? In ganz Albanien gibt es keinen KTM Händler. Also fand ich es sinnvoller, den Bremssattel auszubauen und gemeinsam mit Nick, dem Bruder von Jimmy, morgen nach Shkoder zu fahren. Nick hatte zuvor noch versucht, telefonisch mehrere Werkstätten zu erreichen – aber es war Sonntag, wie uns dann schmerzlich bewußt wurde. Glücklicherweise gibt’s in Albanien keinen Pfingstmontag. Sonst hätte uns das einen weiteren Tag gekostet.
Alen wollte sich die offroadstrecke nach Shkoder nicht entgehen lassen und ist hinter uns mit dem Motorrad hergefahren. Zum Glück. Zu dritt hätten wir das in der Kabine des Pritschenlasters sicher nicht überlebt… Einerseits wegen der fehlenden Sicherheitsgurte. Andererseits wegen des auf voller Lautstärke aufgedrehten Autoradios mit albanischer Folkloremusik. Und einem singenden und sich dabei in die Hände klatschenden Fahrers.
comp_Nick.jpg

Shkoder Pforte zum Orient
Endlich ( nach 1,5h ) in Shkoder angekommen. Erste Werkstatt angefahren : nix
Zweiter Laden : Bremsbeläge habe er. Zwar nicht von der KTM aber von einer Aprilia. Die sehen genauso aus. Aber keine Stifte.
Meine Hoffnung war inzwischen auf dem Nullpunkt angekommen.

Nick gab uns zu verstehen, daß wir ihm weiter folgen sollten. Wir bogen in eine nahegelegene Seitenstraße ein, parkten das Auto auf irgendeinem Hinterhofparkplatz. Lange Verhandlung mit dem „Parkwächter“ ob das Motorrad dort auch stehen bleiben dürfe. Darf es nicht. Motorrad rausgeschoben. Danebenliegende Werkstatt betreten. Werkstatt ? Hier werden Elektromotoren gewickelt. Per Hand. Aber der Chef hat eine Drehbank. Und kann Bolzen für den Bremssattel drehen. In einer Stunde sollen wir wiederkommen.
comp_Werkstatt.jpg
comp_Werkstatt.jpg (99.31 KiB) 3268 mal betrachtet
Was macht man in einer Stunde in einer Stadt die Dir komplett fremd ist in einem Land das Dir manchmal so ein bißchen unheimlich vorkommt ?
Natürlich Kaffee trinken.
Neben unserem Ersatzteilladen befindet sich ein Cafe. Und Nick kennt natürlich den Besitzer. Es war eine der interessantesten Kaffeestunden die ich je erlebt habe.
Nick kannte natürlich auch alle Gäste des Cafes. Da war z.B. seine Mutter
comp_Cafe1.jpg
comp_Cafe2.jpg
comp_Cafe3.jpg
Und sein Cousin, der etwas besser englisch sprach, gesellte sich zu uns.

„Ja, Albanien hätte sich seit der Abschaffung der Diktatur sehr verändert. Everything is sales – alles wird nach kapitalistischen Maßstäben bewertet“ Kommt mir irgendwie bekannt vor. Hatten wir nicht auch mal so eine ähnliche Situation ?

Nach einer Stunde kam Nick zurück. Mit dem Bremssattel, mit Bremsbelägen und mit zwei neuen Haltestiften. Der Nachbar hat´s zusammengebastelt. Noch ¼ Liter Bremsflüssigkeit mitgenommen und ab gings nach Hause.
Nachdem wir noch alle Bauzulieferer in Shkoder abgeklappert hatten, da Nick für den Ausbau des Hotels noch Baumaterial benötigte, fuhren wir zu Jimmy zurück.

Bis auf Bernd hatte die Truppe dort ausgeharrt. Wollten dort aber nicht untätig weiter rumsitzen und sind nach Shkoder aufgebrochen um dort auf uns zu warten.

Die Reparatur hat sich dann doch noch hingezogen. Kurz vor 16.00 Uhr waren wir fertig und die ersten Regentropfen kamen auch schon runter. Da wir heute doch schon seit 05.30 Uhr auf den Beinen waren, haben Alen und ich beschlossen eine weitere Nacht bei Jimmy zu verbringen und am nächsten Tag den anderen nachzufolgen.

Nick hat für seine Dienste Eur 100.- plus Eur 20.- für Teile und Material verlangt. Schneller und günstiger hättest Du es im Rest Europas auch nicht bekommen.

Und für alle, die Jimmy und Nick besuchen möchten, hier seine Visitenkarte
comp_Jimmy in Teth.jpg
comp_Jimmy in Teth.jpg (57.66 KiB) 3268 mal betrachtet
Der Rest ist schnell erzählt. Wir haben die Kollegen in Shkoder aufgegriffen und sind noch einen weiteren Tag gemeinsam unterwegs gewesen. Da Sammi bald wieder arbeiten mußte und Lamekuh sein Moped bei qtreiber in den Bus stellen konnte sind die drei dann etwas schneller heimwärts gefahren.

Alen, Max und ich haben es etwas gemütlicher angehen lassen. Ein wunderschönes Hotel an der kroatischen Küste gefunden und am nächsten Tag ein frühmorgendliches Bad in der Adria genossen. Herrlich…


Fazit :
Wie beurteilt Ihr nun unser „Projekt Albanien“ ? Ist es gelungen oder gescheitert ?
Meiner Meinung nach wäre beides ein bißchen gelogen. Es wäre gelogen zu sagen, das Projekt wäre gescheitert. Es wäre aber gleichermaßen gelogen zu sagen es wäre geglückt.

Tatsache ist, wir hatten nicht vor, gruppendynamische Experimente durchzuführen. Hätten wir die Ideen, die Planung und die Durchführungsvorbereitung einfach ins Forum gestellt und jeder hätte sich dessen bedient was ihm nützlich erscheint wäre vielleicht der eine oder andere glücklicher geworden.
Ich für meinen Teil hab ne Menge daraus gelernt, möchte keine einzige der gemachten Erfahrungen missen und werde es beim nächsten Mal ( hoffentlich ) besser machen.
Also – bis bald
Euer Michael tornante

Und zum Schluß noch ein paar Bildchen :
comp_Anhang 1.jpg
comp_Anhang 2.jpg
comp_Anhang 3.jpg
es gibt immer etwas zu entdecken

Benutzeravatar
tornante
Beiträge: 1850
Registriert: Samstag 21. Juni 2014, 09:12
Wohnort: 77749 Hohberg zwischen Lahr und Offenburg

Re: Projekt Albanien

#383 Ungelesener Beitrag von tornante »

comp_Anhang 5.jpg
comp_Anhang 4.jpg
es gibt immer etwas zu entdecken

Benutzeravatar
Mimoto
Administrator
Beiträge: 16495
Registriert: Mittwoch 16. Juni 2010, 09:11
Wohnort: Idar-Oberstein
Kontaktdaten:

Re: Projekt Albanien

#384 Ungelesener Beitrag von Mimoto »

Für Alen immerhin ein 700km Tag. Und nicht unbedingt die Domäne der 690R.
..darum heisst sie ja auch 690 und nicht 700. :lol:

Hi Michael,

das Du dich nur vom Verlust der Vorderradbremse zu einer Vernunftentscheidung durchgerungen
hast und entgegen der Empfehlung von Alen handeltest überrascht mich jetzt aber schon. :shock: :mrgreen:

Was heisst hier gelungen oder gescheitert, das Wetter kann einen überall überraschen und das
eine Tour vom Papier her sich zur tatsächlichen Fahrt unterscheidet ist das normalste der
Welt. Was dieses mal nicht geschafft wurde macht man halt ein anderes mal...

Also für den Leser und Betrachter Eurer Tourbeschreibungen kann es eigentlich nur DD geben,
es wurde niemand aufgehalten und die Gruppe organisierte sich so das jeder sein Ding machte. :App:

Viele Grüße
Michael /mimoto

Sterbe mit Erinnerungen, nicht mit Träumen.


|| >>Meine Reiseberichte<< || >>YouTube Kanal<< || >>Vimeo Kanal<< || >>Flickr<< ||

Antworten

Zurück zu „Osten, Süd-Osten“