Schippy hat geschrieben:[
"Was macht ein Abschleppwagen auf der Assietta?" "Was schleppt der ab?" "Da ist doch nichts." "Irgendein Italiener ist da wohl mit seiner Vespa zum Schauen hochgefahren" "Hmm - nichts weiter zu sehen"
Hallo Herbert und Tanja,
WIE IRRE IST DAS DENN??? Von wegen, nichts zu sehen - ich bin ja sogar im Bild rechts und meine geliebte Emilia ist schon geborgen. Ich bin hin und weg und total gerührt, das zeigt wieder mal wie klein die Welt ist. Euer Video habe ich mir komplett angesehen und bekomme gleich wieder Lust loszufahren - zugegeben, da sind einige Strecken, die mit der Vespa nicht zu bezwingen wären. Tolle Tour, die ihr da gemacht habt und so konnte ich noch ein wenig die Strecke bewundern, die ich dann leider nicht mehr genommen habe.
Also noch ein paar Erklärungen und Erzählungen:
Als ich meine Tour plante, habe ich von Mimoto Videos angeschaut und da dachte ich nicht, daß die Strassen so schotterig sind. Ich dachte mehr an die klassischen Kieswege wie in deutschen Wäldern oder so - aber was solls, es hat ja geklappt. Direkt empfehlen kann ich es anderen Vespa-Fahrern nicht, aber es ist machbar.
Nachdem meine Vespa "vom Winde verweht" wurde und abstürzte war ich erst mal starr vor Schock, lief an die Stelle und blickte hinab. In diesem Moment war mir klar, daß sie restlos kaputt sein muß und ich sie niemals von dort bergen könnte. Der zweite Gedanke war dann sofort wie ich denn von diesem Berg wieder in die Zivilisation runterkomme. Schließlich ist da oben nicht viel Verkehr und wenn man da eine Zeit lang fährt, hat man ja eh das Gefühl allein auf der Welt zu sein. Ich hatte aber Glück und sah in der Ferne ganz langsam einen Fiat Panda 4x4 auf der STraße kommend. Es war der gleiche Panda, den ich schon bei der Auffahrt hinter Sestriere überholt habe, bzw. der mich bewußt überholen ließ. Es war mir klar, daß ich diesen Panda bitten muß, mich mitzunehmen, wer weiß, wann da wieder mal jemand vorbei fährt, noch dazu mit einem Auto.
Er kam dann endlich bei mir an. Es waren drei junge Italiener im Auto (und einer davon wohl schwer krank, vermutlich Krebs, jedenfalls kam es mir so vor, daß man ihn zum "Vergnügen" oder Abschied spazieren fuhr). Ich erklärte ihnen meine Situation und musste darum bitten zu warten, weil ich erst zu meiner VEspa runtersteigen muß um Geldbeutel und Handy zu holen. Das habe ich dann auch gemacht und das lockere Gestein hatte es schon in sich. Mein Topcase war offen, Teile daraus sind wohl in die Tiefe gefallen, weil ein paar Meter weiter ging es ja dann richtig steil runter. Daher wollte ich die Vespa auch nicht groß bewegen.
Mit diesen drei Jungs bin ich dann mit ins Tal gefahren - ich wollte einfach nur rechtzeitig unten sein in der Zivilisation. Allein das Runterfahren hat -glaube ich- so 2 Stunden gedauert, weil er fuhr ja höchstens 15 km/h. Währenddessen habe ich den ADAC angerufen, die mir nur jemanden schicken, wenn ich am Fahrzeug bleibe. Ich habe dann lang erklärt wo ich eigentlich bin und dass das alles nicht möglich ist. Wir einigten uns darauf, daß ich mich wieder melde, wenn ich weiß, wo ich bin.
Die Jungs haben mich dann in Pratelago (oder Pragelato) rausgelassen, mir war es ja völlig egal wo und ich suchte mir ein Hotel über booking.com. Das einzige Hotel, was zur Verfügung stand, war lt. booking.com 7km entfernt. Ich rief dort an, sagte, dass sie mir ein Taxi organisieren sollen. Sie riefen dann zurück, Taxi dauert ca. 1 Stunde, weil es aus Susa kommt. Okay, mit etwas Aufpreis für Anfahrt habe ich gerechnet, nicht aber damit, daß das Hotel 35 km entfernt war. Die 7 km gelten wohl wenn man direkt über den Berg läuft, also Luftlinie. Ich befand mich auf der anderen Bergseite. Das Taxi hat also 100,- Euro gekostet. Währendessen hatte ich mit dem ADAC telefoniert, der mir sagte, daß heute abend (wurde schon dunkel) keine Bergung mehr möglich sei. Ich solle übernachten und man setzt sich mit mir in Verbindung.
Ich war dann in Sauze d'Oulx in einem recht ordentlichen Hotel (glaub auch so 100,- die Nacht) und hab mir an der Bar erst mal einige Rotwein gegönnt, weil ich innerlich halt doch aufgedreht war.
Am Sonntag hat mich der ADAC dann angerufen, daß die Bergung am Sonntag nicht möglich sei, weil der Abschleppdienst sonntags die Strada dell' Assietta nicht fahren darf. Also sollte ich bis Montag 8.00 Uhr warten. Der ADAC wird mich zur Bergung und zum Zeigen der richtigen Stelle abholen.
Ich hab mir Sonntag dann vor lauter Sehnsucht nach Emilia (und meinem Elektro-Zubehörbeutel) ein E-Bike gemietet und bin den Berg wieder hochgefahren. Hat auch Spaß gemacht, tolles Erlebnis, war noch nie vorher mit E-Bike unterwegs. Habe meine Vespa dann auch gefunden (und ich war mir nicht mehr sicher wo es war, aber gefunden!), aber nicht meinen Zubehörbeutel. Naja, immerhin konnte ich sie streicheln - ICH LIEBE HALT MEINE VESPA UND SIE IST DER ZUVERLÄSSIGSTE BEGLEITER DER WELT!
Also wieder nach Sauze d'Oulx runter, Birra Grande gegönnt, Elektroladen aufgesucht (der sonntags auf hatte, gott sei Dank) und mir Ladekabel und Stecker fürs Handy gekauft (wenn wir von Kosten reden, dann von diesem Zubehör, wenn Du es kaufen mußt, waaaah!!!) Wucherpreise!!.
Den restlichen Tag den Ort angeschaut und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Montag morgen, 8 Uhr habe ich gewartet und gewartet, ein paar male den ADAC angerufen und siehe da, ich glaube so um 15 Uhr war er da (habe Erfahrungen mit italienischen Zeitangaben - nicht ärgern, es ist halt so).
Ich fragte ob sie wissen wo wir hin müssen und jaaa, jaaa, natürlich und fuhren erst mal ewig durch die falsche Gegend, bis ich sie wieder zurück lotste und dann auf "meiner E-Bike-Strecke" den Berg hochfahren ließ. Dauerte natürlich auch ewig. Oben angekommen hat sich dann der Fahrer abgeseilt, das Seil um die Vespa gemacht und dann hochgezogen. Er hat die Vespa aufgerichtet und sich selbst damit hochziehen lassen. Das ging alles recht flott und gut. Der Abhang war jedenfalls steiler, als er auf allen Bildern erscheint. Ich empfand es nicht ungefährlich runterzusteigen und war vor allem nicht leicht wieder hochzukommen. Ächz!
Womit ich gar nicht gerechnet habe (oder nicht gewagt habe, davon zu träumen) ist die Tatsache, daß meine Vespa -abgesehen vom optischen Schaden- völlig okay war. Angelassen, räng-däng-däng, Blinker, Licht - alles funktioniert. Somit war mir klar, daß ich damit heimfahre. Die zwei vom ADAC verabschiedet, keine Unterschrift, keine ADAC-karte, nichts, gar nichts erforderlich.
Also was Kosten betrifft: Keine. Hab ADAC und ich glaube auch einen Schutzbrief, weiß ich garnicht genau. Hab vom ADAC nie wieder was gehört, so gesehen alles sehr easy. Hotelkosten kann ich evtl. noch abrechnen, mal sehen, ich habe mich noch nicht darum gekümmert.
Ich bin jedenfalls dann nicht die STrada dell' Assietta weitergefahren wie geplant, weil eigentlich wollte ich zum Colle delle Finestre. Nachdem ich aber nicht 100%ig sicher war, ob die Vespa einwandfrei läuft (hätten ja innere Schäden sein können), wollte ich auf kurzem Weg zurück nach Sestriere (weil auch der ADAC-laster da anschließend hinfahren wollte und ich dachte, wenn etwas wäre, würden die ja dann auch vorbeikommen.).
Von Sestriere dann normal nach Turin, Lago Maggiore, Varese usw.
Ich war so happy, daß meine Vespa noch so läuft, daß ich nicht mehr anhalten wollte. IRgendwann nachts um 1 oder 2 habe ich für mich beschlossen, einfach die Nacht durchzufahren - hat nämlich auch was. So bin ich die 850 km heimwärts in einem Stück gefahren (1-2 kleine Pausen).
Also: Mit ADAC kostet sowas gar nichts und ich glaube 1xHotel und Taxi 50,- bekomme ich noch ersetzt (hieß es am Telefon). Da muß ich jetzt mal die Abrechnungen einreichen.
Ich will keine Werbung machen, aber ich fahre mit einem Kollegen auch Oldtimer-Rallyes in Italien und den ADAC haben wir schon oft gebraucht. Nicht bei Kleinigkeiten, sondern Auto heimbringen lassen, Mietauto usw. Hat bisher immer 1a geklappt, keine Kosten. Das Auto dauert zwar dann so 14 Tage, aber das war uns immer egal. Ich glaube Schutzbrief ist dafür nötig. Ist schon eine tolle Sache. Die hätten mir auch nachts geholfen ein Hotel zu finden oder auch die Sache mit dem Taxi.
Deswegen reise ich ja auch so leger ohne Gepäck: Ich habe Geld, Kreditkarte, Handys, ADAC-Karte, Ladekabel. Was braucht man mehr?
Ach man, wenn ich drüber nachdenke und schreibe verfalle ich schon wieder der totalen Sehnsucht nach dem Fahren und den Bergen, den Pässen, diesen vielen netten Menschen WIE EUCH, DIR MIR DANN MIT DIESEM VIDEO EINE UNGLAUBLICHE FREUDE MACHEN!!!
Lieber Herbert, liebe Tanja,
vielen Dank nochmal für das Video, die Geschichte dazu und die schönen Erinnerungen, die ihr mir soeben wieder in den Kopf gezaubert habt.
Beim nächsten Mal gehen wir einen trinken. Wer weiß, wo man sich trifft - Maira Stura? Parpaillon? Mont Ventoux? Haha, ihr seht, mit mir muß man überall rechnen.
Liebe Grüße,
Ralf
(Nooodles)