Tage im Paradies
Die Nacht war unruhig, warm,........der Schmerz.......was ein Mist.
Alle zwei Stunden wach, Cheffin hat das natürlich mitgekriegt und mir Ihre stärksten Schmerzmittel aus der Reiseapotheke
verabreicht. Die Ibu´s und Volta´s hab ich alle aufgebraucht in den knapp zwei Wochen......und eine ganze Tube Mobilat......
(vorab....ohne Erfolg).
Trotz einem Liter Cannonau, diversen Filu e Ferru......ein paar Mirto´s noch als Absacker.......nix genutzt.....ich war die halbe
Nacht am wandern.
Und dieses Mobilheim, also der Bungalow.......wer schon mal auf einem Campingplatz solche Dinger gemietet hat
weiß wovon ich spreche. An die Abmessungen muss ich mich immer erst gewöhnen.
Die Dinger sind klasse bei Giuliano, alles drin, Klimaanlage (die wir ständig brauchten), picobello sauber und gepflegt...
.....gibts nix zu meckern.
Aber konstruiert und bemessen für pygmäenhafte zarte Südländer..........nicht für teutonische Schwertransporte wie
ich nunmal einer bin.
Und so morgens um 04.00 h beim Weg auf die Toilette den großen Zeh am Türrahmen der Schlafzimmertüre andonnern
hat was.......man ist direkt hellwach !
Irgendwann war die Nacht um.....genauer gesagt um 06.00 h morgens.....Giulianos Menagerie ruft zum Tagesbeginn.
Ja......er hat einen kleinen Streichelzoo im hinteren Teil des Platzes. Da gibt es eine Eseldame "Lola".....diverse Ziegen,Schafe,Zicklein......auch Vogelgetier.......Truthahn......und natürlich einen Gockel.....aber sowas von....
und dieses Mistvieh kräht morgens pünktlich um 06.00 h ......weckt nicht nur mich.....sondern auch "Lola" die dann
erst mal fröhlich "I....A.......I.....Ahhh" ruft.......eine Szenerie zum dahinschmelzen.......die Vögel zwitschern, der Hahn
kräht....der Esel ruft......wenns nur nicht um 06.00 h wäre.....
Also erst mal einen Orangensaft auf der Veranda........die Drogen eingeworfen......den Laptop hochgefahren und geguggt , dank ausreichendem W-Lan, was Facebook,Forum und Co so neues geschrieben hat. Ich war immer auf dem Laufenden.
Die Cheffin nutzte morgens diese malerische und "Stille" Zeit um Ihre Schwedenkrimi´s zu verschlingen........wir saßen draußen bei 25 °C auf der Terasse und der Tag plätscherte so richtig chillig dahin........das ist Erholung !
Eigentlich.........dann kam schon um 08.15 h das nächste Problem auf uns zu. Giuliano bietet für seine Urlauber,Camper und Zelter, oder Motorradfahrer ein umfassendes Frühstück für 8,--€ pro Person an.
Der Tisch biegt sich mit herzhaften Pizzateilchen,Blätterteigdingens.....mit Schinken und Käse......Eierkuchen.....gekochten Eiern,
drei Sorten Schinken,Salami,Mortadella......Käse......jetzt kommen die Säfte, Obst,Joghurt,Müsli,Cerealien, weiter über Marmeladen,Nutella........drei Brötchensorten.......hin zu den typischen italienischen "Brioche" mit naturale oder Crema.....
oder Chocolata......oder marmelata......Füllung..........
Kaffee kann man bei den Mädels bestellen was man mag.....ob klassischen Amerikano....oder Cappu.....oder Latte.......alles wird frisch gemacht.....Tee ist auch eine Option.......selbst Wasser mit Kohlensäure steht bereit.
Es fehlt an nix.
Am ersten Tag schlägt man zu als gäbs nix mehr. Am zweiten Tag probiert man die Dinge die man am ersten Tag nicht mehr ge-
schafft hat........und so wird es von Tag zu Tag weniger was man schafft........nach einer Woche sollte man abreisen weil man
total überfuttert ist.
Nach dem zweiten Cappucino, den wir wegen Juttas Nicotinsucht

meist in der Bar und im Lounch-Bereich
einnehmen bot sich die Gelegenheit mit Tiziana und Giuliano bissel zu plaudern, es war grad mal etwas ruhiger für 15 min........
Sie stöhnten selbst über das Wetter. Nicht das es was zu meckern gäbe, azurblauer Himmel....ständig......toll !
Aber die Insel leidet seit zwei Wochen unter einer marokkanischen Hitzewelle mit Saharawind und Temperaturen um die 38 bis 40 °C. Selbst den Einheimischen ist das für Mitte/Ende Juni zu viel und sie schwitzen ebenfalls.
Normalerweise kommt diese Hitzewelle so gegen August und ist nach 3 Wochen beendet. Klimawandel sei Dank....aber
das ist ja laut Trumpeltier alles Humbug.........
Uns fiel schon bei der Anreise auf das die Weideflächen hellgelb verbrannt und vertrocknet sind und das Vieh verzweifelt nach einzelnen grünen Gräsern sucht und lechzt. Ungewöhnlich, normal sieht die Landschaft erst im September so vertrocknet aus. Sehr sehr verbrannt und trocken........wir sind überrascht.
Einzig die Berge von blühendem Oleander in fünf verschiedenen Farben , zum Teil neben der Straße haushoch und
30 bis 40 Meter lang....oder noch länger......das ist ein Anblick. Wir haben noch nie so gewaltigen massig blühenden
Oleander gesehen, egal wo wir fuhren auf der Insel.........das war das schöne.
Ehrlich......kein Wetter für uns mittelklimageprägten Moppedfahrer. Die Tage in denen wir bei einem Cappu im Straßen-
café saßen bestätigten unsere Einschätzung. Die Motorradfahrer die da durchkamen waren alle leicht bekleidet.
Besonders Österreicher,Italiener, paar Deutsche hatten zumindest die Jacke aufs Gepäck geschnallt und fuhren im T-Shirt
oder in der Funktionswäsche. Einige auch typisch in echter italienischer Schutzkleidung.
Es war einfach zu heiß. Ab und zu tauchten auch Schweizer auf......von weitem zu erkennen das sie komplett im Schutzpanzer, meist schwarz, mit vollem Gerödel auf dem Mopped saßen und sichtlich litten........dann kamen zwei
Harley´s.........mit flipflops...Shorts...T-Shirt und kleinem Deckelchen auf dem Kopf.........Schweizer........aus Bern....
Hihi.....Vorurteile wieder abgebaut.
Wir beschlossen heute ebenfalls eine kleine Cappu-Runde ins "Centro" zu machen, um 10.00 h war es schon 30 °C und es wehte kein einziges Lüftchen bei Giuliano unter den Zypressen und neben dem Bambus. Nicht zum aushalten.
Wir zogen unsere italienische Schutzkleidung an, croqs.....shorts.....T-Shirt....und ich hatte in weiser Voraussicht die
beiden Jethelme miteingepackt sodaß wir nicht die Schuberth-Klapphelme fahren mussten.
Wenn ich auf dem Motorrad saß merkte ich innerhalb Sekunden das Arme ausstrecken mit meinem Zipperlein keine
gute Idee war............es ging einfach nicht.
Wir fuhren bei La Pineta raus, den Sandweg auf die Straße......die 3 Kilometer rein ins "Centro", parkten die GS und
ließen uns von Daniela, Mario´s Tochter zwei leckere Cappu´s servieren.Danach den nächsten Cappu servierte Salvatore, Schwiegersohn und Olio-Beauftragte der Familie. Dort saßen wir erst mal für eine Stunde und
beobachteten das Treiben der Einheimischen, gegenüber unsere Stammtankstelle von Agip, da war auch immer was zu
guggen, Moppeds fuhren vorbei, hupende Fiat´s.......die Dorfältesten kamen vorbei......immer werden wir auf Deutsch
angesprochen, sehr sehr viele Sarden waren in Deutschland als Gastarbeiter in den Fabriken, oder wie Mario viele Jahre bei der Deutschen Bahn als Arbeiter.
Es wird einem nicht langweilig in einem Dorf, im Mittelpunkt das Straßencafé und wir mittendrin.
Aber eigentlich war ich (wir) ja zum moppedfahren im Paradies. Sieht so aus als ob es das gewesen wäre.
Nach einer Stunde und so gegen 12.00 h bei brütender Hitze vo 38°C entschieden wir zurück auf den Campingplatz
zu fahren und das Thema abzuhaken. Zu meiner moralischen Unterstützung drehten wir noch ein kurzes Video mit
Quatsch.....10 sec. Motorengeräusche nachahmen auf dem Mopped und blöd in die Cam grinsen.
Das sieht jetzt für die Daheimgebliebenen und Interessierten Mitleser und Zuschauer so aus als wäre das ein perfekter
Motorradurlaub gewesen......man gönnt seinen Neidern nicht den Erfolg.
Zurück am Bungalow wurde die GS eingeparkt und für den Rest des Urlaubs nicht mehr angeworfen. Insgesamt 6 Kilometer gefahren im Paradies, normalerweise 2000 km in einer Woche.....und 20000 Kurven......und einen Satz
Reifen zerstört auf diesem allerfeinsten Qualitätsasphalt.
Gott sei Dank war es so heiß und ich konnte das Mopped guten Gewissens stehen lassen.
Schon jetzt begann ich innerlich mich selbst zu hynotisieren:
"Wer weiß wofür es gut ist...........es sind viele Unfälle passiert in den letzten zwei Wochen"........" Zu heiß in der Schutzkleidung.....die Kondition lässt nach........man überschätzt sich bei dem Wetter"........"ich werde nix zwingen...
.....wenn dem so ist dann ist es halt so".........."wir machen das Beste draus und genießen die Zeit auf unserer Insel"
........"Werden wir mehr Zeit am und im Meer verbringen"........"Hauptsache Erholung und das ich wieder schnell fit werde"......
Es scheint zu funktionieren, ich weiß selbst nicht warum, vor paar Jahren wäre das für mich undenkbar gewesen, ich
fahre ins Paradies und kann kein Motorrad fahren....undenkbar.......
Entweder werde ich älter (werde ich) oder vernünftiger(werde ich auch).....ich erkenne das der Körper nicht mehr so
leistungsfähig ist, gesundheitliche Einschränkungen müssen akzeptiert werden, mein Job ist ja auch nicht grad ein
Zuckerschlecken und fordert dem Körper nach 25 Jahren alles ab.
Man muss das Leben so nehmen wie es kommt........und nix erzwingen.......zu dieser Erkenntnis kam ich erstaunlich
schnell und schraubte meine Persönliche Drehzahl nach unten und begann mich zu entspannen.......wenn da nicht
die Schmerzen wären und ich würde so gerne mal ausschlafen.....am Stück....9 Std. am Stück.......
....aber das Durchschlafproblem zog sich durch den ganzen Urlaub, und jetzt während ich hier schreibe ist es immer
noch da....wenn auch etwas abgeschwächt........
OK........Road to paradise......da sind wir immer noch......aber die "Road" hat sich verschoben......so wie ein Navi
Dir wegen Stau eine Alternativstrecke vorschlägt..........so geht es uns grad.......wir machen alternativ einen schönen
Urlaub........dann halt ans Meer........und sich mehr mit unseren Freunden befassen auf der Insel......
Die Road hat sich verändert, vom geplanten Kurven-Surf-und Fahr-Eldorado hin zu den Begegnungen mit lieben Menschen,
diese grandiose Natur genießen, dieses tolle Meer erleben, einfach mal nix tun, mit Freunden im Garten sitzen und hemmungslos Crema di Lemon trinken, mit anderen Freunden morgens Cappu trinken in der Lounch und über Gott und die Welt quasseln........mit Freunden einen tollen Abend romantisch im Restaurant am Strand zu verbringen, bei einem göttlichen Essen......viel lachen, Spaß haben, mit drei Sprachen komunizieren, übersetzen, noch mehr lachen weil öfter mal was schiefläuft.....
.....das war jetzt unsere neue Road to paradise..........all diese Dinge zu verbinden und zu vernetzen....ähnlich einem Straßennetz.
So war das.......und ich konnte gut damit leben.
Klar, die Sehnsucht nach Motorradfahren ist da, war auch im Urlaub ständig präsent........aber die Harmonie zwischen meiner Liebsten und mir und die Freude mit unseren Freunden überwiegte bis zum Schluss.
Jetzt ist die Sehnsucht nach einer Kurvenstrecke wieder stärker, aber ich bin ja auch daheim in Behandlung und schreibe die Erlebnisse auf................hoffe ich bin bald wieder fit.....
Aber der Urlaub war ja noch nicht zu Ende.......da geht noch was......am Meer......und so.......
