Re: mit dem Motorrad in Schleswig-Holstein unterwegs
Verfasst: Montag 20. Juni 2016, 14:17
Schwarzwaldreise, Tag 6, 13.06.2016
Gestern hat Deutschland die Ukraine in der Fußballeuropameisterschaft geschlagen, „Schweini“ wurde erst in der vorletzten Minute eingewechselt und versenkte den Ball tatsächlich noch zum 2:0. Ein spannendes Spiel, das sich alle drei Gäste der Jugendherberge gemeinsam ansahen.
Vor dem Schlafengehen hatte ich noch schnell mein Gaffatape aus der Werkzeugrolle geholt und bin meiner Regenkombi und dem lädierten Latexhandschuh zu Leibe gerückt.

beidseitig getaped, innen und außen
Jetzt freue ich mich auf das Frühstück, denn gestern gab es statt Abendessen nur einen meiner Müsliriegel. Wir drei Gäste sitzen zusammen am Tisch und kommen ins Gespräch. Das ältere Ehepaar macht einen Fahrradurlaub.
Erst um zwanzig nach neun starte ich zur heutigen Etappe, trotzig gen Himmel blickend und die Regenklamotten hinten in der blauen Tasche verpackt. Im Zweifel komme ich da viel schneller ran, als wenn ich zunächst die Gepäckrolle öffnen müsste. Eine Lehre aus meiner Schleswig-Holstein-Rundtour vom letzten Jahr, denn bei einsetzendem Regen sollte man keine Zeit verschwenden…

Schlitz
Weil die Vorhersage aber nach wie vor nicht gut ist, nehme ich für einen Teil der heutigen Strecke die Dosenbahn. Die A7 südlich von Kassel macht entgegen aller Erwartungen richtig Spaß, ich halte mich zwischen 120 und 140 km/h und genieße die weiten Bögen der auf- und absteigenden Strecke. Die A44 ist wird mir hingegen schnell langweilig und bei Breuna verlasse ich die BAB. Gegenüber ist ein großer Autohof und nach 233km tanke ich erst mal wieder das gute Super 95 bis oben hin voll.

Einmal volltanken, bitte!
Mit wenigen Klicks weise ich das Navi an, ab jetzt wieder die kürzeste Strecke ohne Autobahnen zu suchen und folge der rosa Linie auf dem Display.

Wettesingen
Kurz hinter Wettesingen erblicke ich einen Hügel in der ansonsten topfebenen Landschaft. Darauf thront offenbar eine Burg, sieht jedenfalls interessant aus.

Im benachbarten Warburg scheint der Ortsname selbsterklärend zu sein und so frage ich eine Frau, wie ich denn am besten zur Warburg hochkäme. Ich ernte einen entgeisterten Blick. „Das weiß ich auch nicht, da war ich selbst noch nie. Aber hier lang geht`s zum Bahnhof.“ Ah ja, dankeschön.
Das Garmin Oregon 450, bzw. die von mir verwendete OSM-Karte kann POIs, also interessante Wegpunkte zeigen. Kurzerhand lasse ich mir auflisten, was sich in meiner Nähe befindet: „Burgruine Desenberg, 2,78km“ kommt beim Scollen zum Vorschein. Na gut, also doch nicht die Warburg. Egal, ich mach jetzt mal spontan in Kultur!
Am kleinen Parkplatz am Fuße des Desenberges und lasse die Diva stehen. Weiter dürfen wir sowieso nicht fahren. Jetzt kommt ein Fußmarsch.

ab hier ist Bergsteigen angesagt
Ein schmaler Schotterweg windet sich gut eineinhalb Mal um den Berg herum. Bei dem Sonnenschein und in den Motorradklamotten artet das ganz schnell in Sport aus. Aber es ist wirklich schön hier oben!

der Autor lässt sich vom kühlenden Wind die Haare zerzausen.

Blick vom Turm: Von dort hinten bin ich gekommen, s. erstes Bild von Berg und Burg.





die rote Linie kennzeichnet den Aufstieg vom Parkplatz
Die Geschichte der Burg auf dem Desenberg liest sich wie ein Krimi. Erste Erwähnung war 766 n. Chr., danach wurde sie immer wieder hart umkämpft, belehnt, geteilt und und und.
Wikipedia hält zwar einen Eintrag zur Burg bereit https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Desenberg" onclick="window.open(this.href);return false; , dieser ist aber bei weitem nicht so ausführlich wie die Vita auf der Anschlagtafel beim Parkplatz.
Auf besagtem Platz mache ich Rast und lasse mein T-Shirt in der Sonne trocknen. Die Funktionswäsche ist einfach genial! Nach fünf Minuten ist alles weg.
Die Jacke hänge ich zum Lüften über eine Bank, vertilge einen Müsliriegel und trinke einen großen Schluck Wasser. Es ist schön hier und ich könnte gut noch bleiben.
Von Ferne kommt aber immer wieder ein dumpfes Grummeln und ich hoffe inständig, dass ich bitteschön nicht in diese Richtung weiterfahren muss.

Gewitterfront am Horizont
Das Navi meint es gut mir und führt mich in entgegengesetzter Richtung weg vom Gewitter. Ich atme erleichtert aus. Nochmal gut gegangen!
Nach ein paar hundert Metern kommt dann von vorn ein „War ein Scherz, Alter!“ und mein Navigator schickt mich mitten auf die graue Wolkenfront los.
Dann geht alles plötzlich blitzschnell. Während ich noch überlege, ob ich wirklich die Regenkombi überziehen muss, klatschen die ersten dicken Tropfen herab. Weit und breit kein Unterstand zu sehen, stattdessen eine rote Baustellenampel. M*st. Gerade als ich wieder anfahren darf, erscheint auf dem Navidisplay „Batterien schwach. OK drücken.“ Ey, gleich fliegt hier was von Bord!
Dann mit Schwung auf den Radweg auf der anderen Seite, den Beutel mit den Akkus aus der Hecktasche fummeln und dem Navi neuen Strom füttern. Ultrafix in die Regenpelle rein. Die Tapes am Handschuhballen halten, dafür reißt jetzt das Bündchen ein. Okay, Jacke außen drüberziehen.
Mit zum Himmel gereckter Gummifaust brülle ich durch das geschlossene Visier: „Ist das alles, was Du drauf hast,he? Nur die paar lächerlichen Tropfen? Komm schon!“ Dann besteige ich mein treues Ross und reite in den Kampf.
Offenbar hat meine Drohung Eindruck gemacht. Vor mir liegen nur nasse Straßen, aber nichts rührt sich am Himmel. Siegesgewiss reiße ich den Hahn auf, jetzt aber ab zu Schwester und Schwager!
Naja, was soll ich sagen. Das Wetter da oben hat offenbar nur kurz Anlauf genommen, denn die nächsten vierzig Kilometer werden die Diva und ich so richtig durchgewaschen… Aber das macht uns gar nichts, denn wir sind aus japanischem Stahl (naja, zumindest die Diva) und in PVC verpackt (jedenfalls ich)! Soll es doch gewittern, unbeirrt ziehen wir unsere Bahn. Rentnerautos und LKW werden kurzerhand rechts liegen gelassen, denn ohne Fahrtwind keine Sicht. Nur Dosenfahrer und Milchbubis brauchen Scheibenwischer, wir nehmen den Sturm!
…
Naja, jetzt hab ich mich wohl doch ein bisschen mitreißen lassen.
Jedenfalls kommen wir gut und heil bei Schwester und Schwager an, die Diva darf in die Garage und ich bekomme erst einen Cappuchino und dann eine heiße Dusche.
Aber mal im Ernst, wer will solche Geschichten schon lesen?

Tagesetappe / Fahrt bisher
Gestern hat Deutschland die Ukraine in der Fußballeuropameisterschaft geschlagen, „Schweini“ wurde erst in der vorletzten Minute eingewechselt und versenkte den Ball tatsächlich noch zum 2:0. Ein spannendes Spiel, das sich alle drei Gäste der Jugendherberge gemeinsam ansahen.
Vor dem Schlafengehen hatte ich noch schnell mein Gaffatape aus der Werkzeugrolle geholt und bin meiner Regenkombi und dem lädierten Latexhandschuh zu Leibe gerückt.

beidseitig getaped, innen und außen
Jetzt freue ich mich auf das Frühstück, denn gestern gab es statt Abendessen nur einen meiner Müsliriegel. Wir drei Gäste sitzen zusammen am Tisch und kommen ins Gespräch. Das ältere Ehepaar macht einen Fahrradurlaub.
Erst um zwanzig nach neun starte ich zur heutigen Etappe, trotzig gen Himmel blickend und die Regenklamotten hinten in der blauen Tasche verpackt. Im Zweifel komme ich da viel schneller ran, als wenn ich zunächst die Gepäckrolle öffnen müsste. Eine Lehre aus meiner Schleswig-Holstein-Rundtour vom letzten Jahr, denn bei einsetzendem Regen sollte man keine Zeit verschwenden…

Schlitz
Weil die Vorhersage aber nach wie vor nicht gut ist, nehme ich für einen Teil der heutigen Strecke die Dosenbahn. Die A7 südlich von Kassel macht entgegen aller Erwartungen richtig Spaß, ich halte mich zwischen 120 und 140 km/h und genieße die weiten Bögen der auf- und absteigenden Strecke. Die A44 ist wird mir hingegen schnell langweilig und bei Breuna verlasse ich die BAB. Gegenüber ist ein großer Autohof und nach 233km tanke ich erst mal wieder das gute Super 95 bis oben hin voll.

Einmal volltanken, bitte!
Mit wenigen Klicks weise ich das Navi an, ab jetzt wieder die kürzeste Strecke ohne Autobahnen zu suchen und folge der rosa Linie auf dem Display.

Wettesingen
Kurz hinter Wettesingen erblicke ich einen Hügel in der ansonsten topfebenen Landschaft. Darauf thront offenbar eine Burg, sieht jedenfalls interessant aus.

Im benachbarten Warburg scheint der Ortsname selbsterklärend zu sein und so frage ich eine Frau, wie ich denn am besten zur Warburg hochkäme. Ich ernte einen entgeisterten Blick. „Das weiß ich auch nicht, da war ich selbst noch nie. Aber hier lang geht`s zum Bahnhof.“ Ah ja, dankeschön.
Das Garmin Oregon 450, bzw. die von mir verwendete OSM-Karte kann POIs, also interessante Wegpunkte zeigen. Kurzerhand lasse ich mir auflisten, was sich in meiner Nähe befindet: „Burgruine Desenberg, 2,78km“ kommt beim Scollen zum Vorschein. Na gut, also doch nicht die Warburg. Egal, ich mach jetzt mal spontan in Kultur!
Am kleinen Parkplatz am Fuße des Desenberges und lasse die Diva stehen. Weiter dürfen wir sowieso nicht fahren. Jetzt kommt ein Fußmarsch.

ab hier ist Bergsteigen angesagt
Ein schmaler Schotterweg windet sich gut eineinhalb Mal um den Berg herum. Bei dem Sonnenschein und in den Motorradklamotten artet das ganz schnell in Sport aus. Aber es ist wirklich schön hier oben!

der Autor lässt sich vom kühlenden Wind die Haare zerzausen.

Blick vom Turm: Von dort hinten bin ich gekommen, s. erstes Bild von Berg und Burg.





die rote Linie kennzeichnet den Aufstieg vom Parkplatz
Die Geschichte der Burg auf dem Desenberg liest sich wie ein Krimi. Erste Erwähnung war 766 n. Chr., danach wurde sie immer wieder hart umkämpft, belehnt, geteilt und und und.
Wikipedia hält zwar einen Eintrag zur Burg bereit https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Desenberg" onclick="window.open(this.href);return false; , dieser ist aber bei weitem nicht so ausführlich wie die Vita auf der Anschlagtafel beim Parkplatz.
Auf besagtem Platz mache ich Rast und lasse mein T-Shirt in der Sonne trocknen. Die Funktionswäsche ist einfach genial! Nach fünf Minuten ist alles weg.
Die Jacke hänge ich zum Lüften über eine Bank, vertilge einen Müsliriegel und trinke einen großen Schluck Wasser. Es ist schön hier und ich könnte gut noch bleiben.
Von Ferne kommt aber immer wieder ein dumpfes Grummeln und ich hoffe inständig, dass ich bitteschön nicht in diese Richtung weiterfahren muss.

Gewitterfront am Horizont
Das Navi meint es gut mir und führt mich in entgegengesetzter Richtung weg vom Gewitter. Ich atme erleichtert aus. Nochmal gut gegangen!
Nach ein paar hundert Metern kommt dann von vorn ein „War ein Scherz, Alter!“ und mein Navigator schickt mich mitten auf die graue Wolkenfront los.
Dann geht alles plötzlich blitzschnell. Während ich noch überlege, ob ich wirklich die Regenkombi überziehen muss, klatschen die ersten dicken Tropfen herab. Weit und breit kein Unterstand zu sehen, stattdessen eine rote Baustellenampel. M*st. Gerade als ich wieder anfahren darf, erscheint auf dem Navidisplay „Batterien schwach. OK drücken.“ Ey, gleich fliegt hier was von Bord!
Dann mit Schwung auf den Radweg auf der anderen Seite, den Beutel mit den Akkus aus der Hecktasche fummeln und dem Navi neuen Strom füttern. Ultrafix in die Regenpelle rein. Die Tapes am Handschuhballen halten, dafür reißt jetzt das Bündchen ein. Okay, Jacke außen drüberziehen.
Mit zum Himmel gereckter Gummifaust brülle ich durch das geschlossene Visier: „Ist das alles, was Du drauf hast,he? Nur die paar lächerlichen Tropfen? Komm schon!“ Dann besteige ich mein treues Ross und reite in den Kampf.
Offenbar hat meine Drohung Eindruck gemacht. Vor mir liegen nur nasse Straßen, aber nichts rührt sich am Himmel. Siegesgewiss reiße ich den Hahn auf, jetzt aber ab zu Schwester und Schwager!
Naja, was soll ich sagen. Das Wetter da oben hat offenbar nur kurz Anlauf genommen, denn die nächsten vierzig Kilometer werden die Diva und ich so richtig durchgewaschen… Aber das macht uns gar nichts, denn wir sind aus japanischem Stahl (naja, zumindest die Diva) und in PVC verpackt (jedenfalls ich)! Soll es doch gewittern, unbeirrt ziehen wir unsere Bahn. Rentnerautos und LKW werden kurzerhand rechts liegen gelassen, denn ohne Fahrtwind keine Sicht. Nur Dosenfahrer und Milchbubis brauchen Scheibenwischer, wir nehmen den Sturm!
…
Naja, jetzt hab ich mich wohl doch ein bisschen mitreißen lassen.
Jedenfalls kommen wir gut und heil bei Schwester und Schwager an, die Diva darf in die Garage und ich bekomme erst einen Cappuchino und dann eine heiße Dusche.
Aber mal im Ernst, wer will solche Geschichten schon lesen?


Tagesetappe / Fahrt bisher