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Re: Kroatien-/Bosnien und Herzegovina-Rundreise 24.5. - 8.6.

Verfasst: Montag 29. September 2014, 07:18
von Gigl
Kermit hat geschrieben:Danke für den Bericht, Gigl. Ich bin einfach zu spät geboren und der Horizont meines Elternhaus endete an der Schweizergrenze. Für uns gab es keine Auslandsreise damals. Fast wie DDR, nur selbstauferlegt.
Naja sei froh, dass du spät geboren bist, weil soeben beginnt der Rest unseres Lebens und der ist bei früher Geborenen eben entsprechend kürzer! :D

Ich hab damals die Kohle, die ich mir mit Ferialpraktika (ich war in den Ferien meist als Briefträger, vielleicht heisst's bei euch Postbote unterwegs) verdient hatte, für diesen Urlaub verwendet...! ;)

LG

Re: Kroatien-/Bosnien und Herzegovina-Rundreise 24.5. - 8.6.

Verfasst: Dienstag 14. Oktober 2014, 13:53
von Kermit
Am heutigen Tag, dem neunten unserer Hammerreise, geht es nach Bosnien, genauer gesagt wollen wir der im Bürgerkrieg geteilten Stadt Mostar einen Besuch abstatten. Zwar weiss ich von einer früheren Reise, dass die Teilung in einen westlich des Flusses Nevreta gelegenen kroatisch/christlichen und einen östlich gelegenen serbisch/muslimischen Teil nicht mehr gar so sakrosankt ist und grosse Anstrengungen unternommen werden um die Narben zu beseitigen. Andererseits fehlt es in Bosnien nach wie vor am Nötigsten, so dass Überleben oftmals wichtiger ist, als humanistische Idealvorstellungen. Das ist denn auch der Grund, weshalb ich die Reiseetappen so geplant hatte, dass wir jeweils gegen Abend das Land wieder verlassen konnten. Nicht, dass man um sein Leben zu fürchten hätte, das dann schon nicht. Die Bosnier sind grundsätzlich ein herzliches und hilfsbereites Volk, aber die Armut ist so gross, dass es mutwillig wäre, die Motorräder irgendwo unbewacht abzustellen. Ein Hotel mit geschlossener Garage wäre das absolute Minimum an Vorkehrung und dieses zu suchen fiel mir schwerer, als eine Tagesplanung mit Ausreise am Abend. Aber zunächst von Anfang an...

Am Vorabend, nach dem Nachtessen, hatte sich der alte Moretic zu uns gesetzt und uns seine Erlebnisse im Krieg geschildert. Wie er gefangen genommen und nach Montenegro deportiert, misshandelt und ausgehungert worden war. Einen Fotoband, den er herumreichte, blätterte ich kurz durch, jedoch reicht mein Kroatisch gerade mal so weit, um zu fragen, ob jemand deutsch oder englisch kann, so dass ich nicht mehr davon hatte, als ein des Lesens unmächtiges Kind von einem bebilderten Lesebuch. Ausserdem war ich mir bewusst, dass im Krieg das erste, was fällt, die Wahrheit ist und natürlich auch im Nachhinein jede Seite auf ihre Mühle spricht. Auch die Kroaten, das muss man sich bei aller Liebe zu diesem Land bewusst sein, waren im Krieg nicht nur die Engel, auch wenn sie ursprünglich nicht die Aggressoren waren.

Nachdem wir vom hauseigenen Wein reichlich gekostet hatten, waren wir früh ins Bett gegangen und konnten somit zeitig zum reichhaltigen Frühstück, das uns auf der Terrasse serviert wurde. Frisch gestärkt packten wir unsere Maschinen. Wir hatten den südlichsten Punkt unserer Reise hinter uns; von nun an war es eigentlich eine Heimreise - wenn auch eine lange mit vielen Umwegen. Geplant wäre eine Strecke durchs Hinterland gewesen. Da jedoch Tanken überfällig war, mein Navi mir aber verriet, dass die nächste Tankstelle auf der Route erst in 57 km sei, entschied ich mich kurzfristig, in der Hoffnung auf eine Tankstelle der dichter bevölkerten Küste entlang zu fahren. Die Hoffnung sollte enttäuscht werden und so fuhr ich wohl mit dem letzten Tropfen zur Tankstelle, die sich bei der Abzweigung zur Halbinsel Pelješac befindet. Mein Tank fasst gemäss technischer Spezifikation 19 Liter, getankt habe ich dann 19.2 Liter. Ohne zu stopfen.

Hier hatten wir noch eine unliebsame Begegnung mit der Rennleitung, die uns, von mir unbemerkt, wohl bereits seit 10 Minuten mit Blaulicht verfolgt hatte. Man merke sich: Überholen bei ausgezogener Linie ist in Kroatien kein Problem. Man sollte es nur nicht dann tun, wenn einem ein Streifenwagen entgegenkommt und dieser dadurch an die Leitplanke gedrängt wird. Nach einem heftigen Donnerwetter und der Drohung, unsere Motorräder einzuziehen, zeigte der Polizist dann doch Herz und liess es mit Bussen für die geständigen Sünder bewenden, wobei er sich die Gelegenheit nicht entgehen liess und nur für die Hälfte des Betrags eine Quittung ausstellte. Von da an war es nicht mehr weit bis Ston, wo wir uns bei Kaffee vom ersten Schrecken erholten.

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Die 5.5 km lange Festungsmauer von Ston.

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Etwas ausserhalb des Dorfes.

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2010 stand ich schon mal da. Man beachte, wie viel die Palmen in vier Jahren gewachsen sind.

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Ston hätte noch das eine oder andere zu bieten, z.B. das nach eigenen Angaben älteste Salzwerk der Welt. Wir wollte aber um 11:30 Uhr die Fähre in Trpanj erreichen und deshalb gings weiter über Pelješac, vorbei an Weintrauben, Gemüsefelder und Schafweiden.

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Die atemberaubende Inselwelt der dalmatinischen Adria von Pelješac in Richtung Festland.

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Diese Fähre sollte uns nach Ploce bringen.

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Im Hafen von Trpanj.

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Das kleine, etwas verschlafen wirkende Dörfchen.

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Ein Blick zurück: Adjeu!

Während der einstündigen Überfahrt bedeckte der Himmel mit dunklen Wolken und als wir in Ploce eintrafen, war es ganz düster.

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Der Hafen von Ploce ist nach Rjieka der zweitgrösste Kroatiens.

Die Fahrt von Ploce entlang der Neretva nach Mostar war erwartungsgemäss nicht sehr attraktiv. Uns ging es aber darum, Kilometer zu machen, damit wir für die Altstadt von Mostar genügend Zeit hatten.

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Während einer Kurzpause in der Nähe von Mostar.

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In Mostar wollte ich zum vorgängig recherchierten, bewachten Parkplatz bei der Franziskanerkirche abzweigen, der sich in Gehdistanz zur Altstadt befindet. Findige Bosnier lotsten uns aber direkt zum Eingang der Stadt, wo wir in einer Lounge unsere Jacken, Helme und Gepäck deponieren durften. Für die Bewachung der Motorräder und den Lotsendienst liessen sie sich mit 20 Kuna löhnen (gut 3 Franken).

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Die bereits millionenfach geknipste und trotzdem obligat abzulichtende Brücke "Stari Most".

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Ausblick von der Brücke aus.

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Symbol des friedlichen Mostars: Die restaurierte Brücke, im Hintergrund Minarett und Kirchturm.

In Anbetracht der schieren Menge an Bildern von Mostar, die überall im Netz verfügbar sind, belasse ich es mal damit. Nach einem vorzüglichen Eis und was zu Trinken in der erwähnten Lounge machten wir uns wieder auf den Weg Richtung Imotski. Mein Navi hatte mich kläglich im Stich gelassen. Die Route, die ich so minutiös auf dem Navi kontrolliert hatte, weil ich wusste, dass die bosnische TomTom-Karte etwas dürftig ist, wies plötzlich zwei unbekannte Punkte auf. Alles gut Zureden half nichts, ich hatte mir nach der Kontrolle noch die neusten Karten runtergeladen und da war diese eine Strasse nicht mehr drauf. Zum Glück hatte McMech die Routen auch dabei und dank Gliders Netbook sogar mit den Balkankarten und so gab ich für einmal die Führung ab und machte den Besenwagen. Natürlich hätte ich Papierkarten mit eingezeichneter Route dabei gehabt, aber mit dem Navi ist es halt schon einfacher.

Die Fahrt nach Imotski war kürzer, als gedacht (nein, McMech ist nicht gerast... ;) ) und so konnten wir den für nächsten Morgen geplanten Besuch der zwei Einsturzdolinen vorziehen.

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Der blaue See.

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Ein Fussweg führt hinunter (Eintritt 20 Kn), die Leute baden dort. Im Sommer trocknet er manchmal ganz aus, dann findet auf dem Grund ein Fussballspiel statt.

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"Herbie" war auch da ;)

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Der Grund des roten Sees liegt 6 Meter unter dem Meeresspiegel.

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Der rote See hat seinen Namen vom roten Karstfelsen, der aus ihm emporsteigt.

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Mehr Infos zu den beiden Seen gibs hier (ganz nach unten blättern) oder wie üblich in Wikipedia.

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Überwältigt von den vielen Eindrücken des Tages genehmigen wir uns in der Bar des Hotels Venezia erst mal einen.

Und hier noch der Film:


Re: Kroatien-/Bosnien und Herzegovina-Rundreise 24.5. - 8.6.

Verfasst: Dienstag 14. Oktober 2014, 14:54
von maxmoto
Es ist wirklich eine Hammerreise und es bereitet Vergnügen mit Euch virtuell mitzufahren.
Nachdem ich dieses Jahr das erste Mal in etwa in dieser Richtung war, natürlich umso mehr.
Mit Inseln, Küste, Bergen ein unglaublich abwechslungsreiches Stückchen Erde.

Re: Kroatien-/Bosnien und Herzegovina-Rundreise 24.5. - 8.6.

Verfasst: Dienstag 14. Oktober 2014, 17:41
von pässefahrer
Der Balkan ist ein Reiseziel der Extraklasse, und das zeigen auch deine Bilder und dein Bericht. :L
Kermit hat geschrieben:Andererseits fehlt es in Bosnien nach wie vor am Nötigsten, so dass Überleben oftmals wichtiger ist, als humanistische Idealvorstellungen. Das ist denn auch der Grund, weshalb ich die Reiseetappen so geplant hatte, dass wir jeweils gegen Abend das Land wieder verlassen konnten. Nicht, dass man um sein Leben zu fürchten hätte, das dann schon nicht. Die Bosnier sind grundsätzlich ein herzliches und hilfsbereites Volk, aber die Armut ist so gross, dass es mutwillig wäre, die Motorräder irgendwo unbewacht abzustellen. Ein Hotel mit geschlossener Garage wäre das absolute Minimum an Vorkehrung und dieses zu suchen fiel mir schwerer, als eine Tagesplanung mit Ausreise am Abend.
Da muß ich doch widersprechen.
Wenn man aus Bulgarien kommt, empfindet man Bosnien als wohlhabendes, entwickeltes Land. Ich war überrascht, ich hatte es mir echt anders vorgestellt.
Wir sind im September der Länge nach durch ganz Bosnien gefahren, haben in der Altstadt von Tuzla (den Älteren dürfte der Name aus dem Krieg noch bekannt sein) übernachtet (ohne Garage für die Mopeds) und haben uns absolut nie unwohl gefühlt. In Frankfurt oder Zürich ist es vermutlich gefährlicher.

Re: Kroatien-/Bosnien und Herzegovina-Rundreise 24.5. - 8.6.

Verfasst: Dienstag 14. Oktober 2014, 18:10
von Kermit
pässefahrer hat geschrieben:Da muß ich doch widersprechen.
Kein Problem. Es war auch mehr eine Ich-Botschaft. Ich empfinde das Land als ärmlich, insbesondere im Vergleich mit Kroatien, auch wenn ich gerne gestehe, dass es wohl weltweit Schlimmeres gibt. Sodann bin ich eher der vorsichtige Typ und daher für Warnungen wohl empfänglicher, als manche anderen.

Re: Kroatien-/Bosnien und Herzegovina-Rundreise 24.5. - 8.6.

Verfasst: Dienstag 14. Oktober 2014, 18:50
von klauston
pässefahrer hat geschrieben:Der Balkan ist ein Reiseziel der Extraklasse, und das zeigen auch deine Bilder und dein Bericht. :L
Kermit hat geschrieben:Andererseits fehlt es in Bosnien nach wie vor am Nötigsten, so dass Überleben oftmals wichtiger ist, als humanistische Idealvorstellungen. Das ist denn auch der Grund, weshalb ich die Reiseetappen so geplant hatte, dass wir jeweils gegen Abend das Land wieder verlassen konnten. Nicht, dass man um sein Leben zu fürchten hätte, das dann schon nicht. Die Bosnier sind grundsätzlich ein herzliches und hilfsbereites Volk, aber die Armut ist so gross, dass es mutwillig wäre, die Motorräder irgendwo unbewacht abzustellen. Ein Hotel mit geschlossener Garage wäre das absolute Minimum an Vorkehrung und dieses zu suchen fiel mir schwerer, als eine Tagesplanung mit Ausreise am Abend.
Da muß ich doch widersprechen.
Wenn man aus Bulgarien kommt, empfindet man Bosnien als wohlhabendes, entwickeltes Land. Ich war überrascht, ich hatte es mir echt anders vorgestellt.
Wir sind im September der Länge nach durch ganz Bosnien gefahren, haben in der Altstadt von Tuzla (den Älteren dürfte der Name aus dem Krieg noch bekannt sein) übernachtet (ohne Garage für die Mopeds) und haben uns absolut nie unwohl gefühlt. In Frankfurt oder Zürich ist es vermutlich gefährlicher.
Ich sehe das auch so.

War heuer 2 x in Bosnien und habe gerade dort wunderbare Erfahrungen gemacht.
Einerseits mit den Hotels, die günstig und auch richtig gut waren, dann war überall klar, das hier keine Gefahr ausgeht.
Wir hatten unsere Mopeds nie eingesperrt, im Gegenteil, ich war sogar zu faul alles ins Zimmer zu schleppen und es hat nichts gefehlt.
Empfand es als Einfacher, weniger als ärmlich.

Für mich selbst ist es sogar so, das ich gerade Kroatien schon als übertrieben teuer und unfreundlich empfinde.
Und ich bin dort öfters, nicht nur einmal......

Re: Kroatien-/Bosnien und Herzegovina-Rundreise 24.5. - 8.6.

Verfasst: Dienstag 14. Oktober 2014, 18:55
von Gigl
Echt schöne Reise, toll dokumentiert, super Video! :L

Ich bin spätestens seit der Woche Anfang September von Vorurteilen gegenüber den Balkanländern geheilt.
Auch wir hatten uns in Bosnien nicht unsicher gefühlt, in Banja Luka die Bikes mit Gepäck abgestellt und waren essen, ohne Sicht auf die Motorräder, es war noch alles da , ok es war dort im Zentrum auch mächtig was los!
In Foca, nahe der montenegrinischen Grenze hatten wir auch keine Garage für die Moppeds, aber ich geb dir schon recht, Vorsicht ist besser als Nachsicht! ;)

Eines ist mir im Video aufgefallen, da waren so durchgehende weisse Linien auf der Straße, mir ist jetzt ad hoc entfallen, was die bedeuten!!! Es hat nämlich mal jemand mit ner roten Bandit, du kennst ihn sehr gut, in einem Post geschrieben, dass man da nicht drüber fahren darf! :D :mrgreen:
Nichts für ungut ich bin nicht heilig, schon gar nicht scheinheilig, ich tu's, wenn's geht auch, aber...! :mrgreen:

Danke jedenfalls für's Schildern und Zeigen!

Grüße

Re: Kroatien-/Bosnien und Herzegovina-Rundreise 24.5. - 8.6.

Verfasst: Dienstag 14. Oktober 2014, 19:10
von klauston
ja, ich wollte das nie erwähnen weil ich Angst hatte es wird falsch ausgelegt, aber es war das Video damals:
Kermit hat geschrieben:
Und dann noch das ultimative NoGo. Wer so fahren will (siehe insbesondere ab 1'20, braucht sich gar nicht erst über eine Teilnahme Gedanken zu machen. Weshalb sieht man bei 3'09.



Ich habe in südlichen Ländern auch schon mal bei Scherheitslinie überholt. Geht oft gar nicht anders, weil die Linien kilometerlang ununterbrochen sind, obwohl total unnötig. Aber was der da hinlegt, ist für mich jenseits.

Man merkt halt oft erst hinterher, das es im Video schlimmer aussieht als es in Natura ist.
Meist relativiert sich das dann aber schnell


Und um ehrlich zu sein, da hat man mir in Österreich und Deutschland schon mehr geklaut als in all den Anderen Ländern zusammen wo ich so war ( Ausnahme Amerika )
Ich hab noch nie in südlichen Ländern schlechte Erfahrungen gemacht.
Zumindest mit Klauen