Tag 1 & 2: Anreise
Es ist ein Revival. Schon vor fünf Jahren haben wir den Weg in den Süden im Apennin gesucht, sind durch das Tal der Trebbia in Richtung Provence gefahren. Die Erinnerung an die erste Fahrt durch dieses verwinkelte und dichtbewaldete Tal ließ uns immer wieder denken "da müssen wir wieder hin". Es ist Ende Mai, und wir sind auf der damaligen Route unterwegs, cruisen auf der Landstraße bis nach Verona, wählen dort die - erfreulich leere - Autobahn.
Wir finden in
Bobbio, weit oben am Berghang gelegen, eine wirklich zauberhafte Unterkunft (
https://santambrogiobobbio.it). Gepflegt, ruhig, wunderschön. Warum Bobbio? Nun, bei unserem ersten Besuch kamen wir sehr spät abends an und brachen frühmorgens wieder auf - wir sahen die Ortschaft nur von Weitem. "Da müssen wir auch mal wieder hin ..".
Wir holen den seit Jahren fälligen Spaziergang über die berühmte Brücke, die Besichtigung des Orts und das erstklassige Abendessen im Restaurant am Platz nach. Und es lohnt sich. So sehr, dass uns der Regen am nächsten Morgen nichts ausmacht. Wir folgen dem verwinkelten Verlauf der Straße bis in den Moloch Genua, wo es selbst stressige Situationen im Verkehrschaos nicht schaffen, unsere Vorfreude auf die Provence zu verringern. Im Gegenteil nehmen wir neue, bleibende Eindrücke mit: hohe, schmale Häuserschluchten, verwahrloste Vororte, Lässigkeit und Kreativität in allen Lebensbereichen.
Dann erscheint das Meer: Tief unter uns, jetzt in der Mittagssonne blau leuchtend, durchbrochen von weißen Booten. Landzungen, die steil ins Wasser fallen, bewachsen von Oliven, Weinreben und gelb-leuchtendem Ginster. Bekannte Namen und nie besuchte Orte fliegen vorbei: Savona, San Remo – der Name, den jeder Italiener kennt. Ventimiglia. Und endlich, Menton. Angekommen – spätestens jetzt ist dieses Gefühl da.
Bon retour !
Ab
Nizza beginnt die Achterbahn-Fahrt. Die Anweisung an das Navi, Schnellstraßen und Autobahnen zu vermeiden, schenkt uns kleinste Wege (die hier so klein gar nicht sind) vom Strand in die von Pinien bewachsenen Anhöhen, ein ständiges Auf und Ab, garniert mit Dutzenden Kreisverkehren, zum Gewöhnen an die französische Art des Autofahrens. Und mit der Erkenntnis: Hier ist Geld unterwegs. Chauffeurslimousinen, schwärzer als die Nacht, begleiten uns genauso wie tieffliegende und brüllende Sportwagen.
Nach gut einer Stunde im Jet Set-Karussel erreichen wir
Mandelieu-la-Napoule. Unser B&B liegt auf einer zufahrtsbeschränkten und rund um die Uhr bewachten Anhöhe, inmitten von hinter hohen Toren versteckten Villen. Das war so eigentlich nicht geplant, aber es ist sensationell ruhig hier oben - selbst der Wind scheint hier nur zu flüstern.
Wir treten spät nachmittags in eine Wohnung, die mit dem Süden und der Provence so gar nichts zu tun hat. Uns empfangen asiatische Klänge und Dekor, Bilder, Figuren und Bücher aus Indien, Buddha-Figuren in allen Ausprägungen, der Duft von Räucherstäbchen und im Garten ein grosser Teich voller Kois - präsentiert von zwei strahlenden, freundlichen und interessierten Augenpaaren. Unsere Unterkunft für die nächsten Tage macht genau das, wofür wir hier her gefahren sind: Sie erdet uns, bringt uns zur Ruhe, lässt uns den Alltag vergessen, denn sie ist so derartig anders, dass wir uns in einer neuen Welt wähnen.
Der Tag endet mit sandigen Füßen, und der Strand gehört - beinahe - nur uns alleine. Die Brasserie ums Eck verwöhnt uns mit leckerem Fisch, die erste Orangina fließt, das Hamsterrad der letzten Wochen bleibt endlich stehen ..