LIBYEN 1994, Teil 7, Tag 12 bis 13 (Pausentag und Mandara-Seen, gescheiterter Versuch)
Ein Pausentag war angesagt: Körper- und Motorradpflege, Wäsche waschen, Postkarten schreiben usw. Der Motorradcheck führte bei mir aber zu einer ernüchternden Entdeckung: Das Federbein war undicht und verlor deutlich sichtbar Öl. Nicht wirklich überraschend, aber trotzdem großer Mist. Wie großer Mist, sollte sich später noch zeigen. Ansonsten ein fauler und entspannter Tag, trafen beim Bummel durch die Stadt ein schweizer Pärchen, das die Piste Idri – Darj (von Darj kommend) gefahren ist und bestätigen konnte, dass es in Darj Benzin gab (wir hatten diesbezüglich widersprüchliche Informationen), für unsere weitere Planung war das entscheidend. Doch vor der Etappe Idri – Darj stand für den nächsten Tag erst einmal ein landschaftliches Highlight, aber wohl auch die größte fahrerische Herausforderung bevor: Die Mandara-Seen inmitten der gewaltigen Dünen der Erg Ubari. An diesem Abend, an dem wir uns in Sebha noch ein leckeres Kebap schmecken ließen, drehten sich unsere Gespräche nur um dieses Thema, vor allem um die Frage, ob wir mit den voll bepackten Kühen diese Dünen würden bezwingen können!
Am nächsten Morgen ging es zunächst noch zur örtlichen Agentur der Libyan Travel Agency, wo man eine Genehmigung für die Befahrung des Wadi Mathendous einholen musste – unser nächstes Ziel nach den Mandara-Seen. Danach fuhren wir voller Aufregung in Richtung Takartibah, wo der Einstieg in die Dünen liegt:
Der erste Dünenkamm, den es zu überqueren galt, erschien uns aus der Nähe beängstigend hoch. Wir ließen Luft aus den Reifen, atmeten noch mal tief durch und gaben Gas. Arend vorne, ich versetzt dahinter. Arend bekam wohl plötzlich Zweifel, nahm Gas weg und blieb stehen, ich wollte den Schwung nutzen und fuhr weiter, den immer steiler werdenden Dünenkamm aufwärts. Dritter Gang, zweiter Gang, erster Gang – und Ende, Hinterrad eingegraben, der Gipfel des Kamms noch weit voraus. Hinter mir hörte ich, wie Arend wieder anfuhr, mächtig Gas gab, an mir vorbei zog, und keine zehn Meter später auch feststeckte:
Ausgraben der Motorräder und wenden war mit Gepäck unmöglich, also Koffer ab, wenden, Koffer wieder dran und wieder runter. Was beinah noch schwieriger war, weil man auch bergab ordentlich Gas geben musste, damit das Vorderrad nicht einsackt und man über den Lenker absteigt. Dann zweiter Versuch, mit gleichem Ergebnis. Während wir noch etwas ratlos (und erschöpft) neben den inzwischen wieder mühsam gewendeten und zum Fuß der Düne zurückgefahrenen Motorrädern standen, kam ein Toyota-Jeep angefahren und hielt direkt neben uns. Der Fahrer stellte sich als Abdul Atif vor, er betreibe in der Nähe ein Reisebüro und biete unter anderem Jeep-Touren zu den Mandara-Seen an. Er könne gegen eine entsprechende Gebühr unser Gepäck transportieren. Nachdem er im Verlauf des Gesprächs allerdings berichtet hatte, dass der Sand aufgrund des seit einigen Tagen herrschenden Windes gerade extrem trocken und damit weich sei, hatten wir doch arge Zweifel, ob wir – selbst ohne Gepäck – die mehr als 50 km durch die Dünen (eine Strecke!) mit unseren Kühen schaffen würden. Uns bekannte Berichte von anderen Motorradfahrern, die die Seen erreicht hatten, bezogen sich alle auf eher leichte Einzylinderenduros. Wir beschlossen daher schweren Herzens, ein anderes Angebot von Abdul anzunehmen: In seinem Reisebüro zu übernachten (inzwischen war es schon später Nachmittag) und uns von ihm mit dem Jeep am nächsten Tag zu den Seen fahren zu lassen.
Ein Mitarbeiter, der als Beifahrer im Jeep gesessen und bisher still an der Seite gestanden hatte, setzte sich als Sozius auf Arends Motorrad (auf die Gepäckrolle, um genau zu sein) und eskortierte uns in das gut 20 km entfernte Reisebüro von Abdul, der noch einen Termin wahrzunehmen hatte. Neben dem Büro befand sich eine kleine Halle, in der weitere Mitarbeiter (alle aus Ägypten, wie sich herausstellte), einfache Möbel aus Palmholz herstellten – ein zweiter Geschäftszweig von Abduls Unternehmen. Wir konnten die Motorräder in dieser Halle unterstellen und wurden sofort mit Reis, Kartoffeln und Tee bewirtet. Später wurden zwei der Palmholz-Betten für uns in Abduls Büro gestellt, dazu zwei grobe Wolldecken. Ich konnte in dieser Nacht aber einfach keinen Schlaf finden: Die Enttäuschung, dass wir an den Dünen gescheitert waren, der Ärger über bzw. die Sorge um mein undichtes Federbein und schließlich die Flohbisse, die mir die Bewohner der Wolldecke bescherten, hinderten mich am Einschlafen. Das Bett war auch nicht gerade bequem, so dass ich schließlich die Isomatte und den Schlafsack vom Motorrad holte und erst dann in einen unruhigen Schlaf fiel, als es draußen schon wieder hell wurde.
(Fortsetzung folgt...)