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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Verfasst: Donnerstag 9. August 2012, 09:09
von Rene13
30.05.2012
Auf nach Formentera – 2 km Moppedfahrt

Die Fähre soll so gegen 7.30 auf Ibiza ankommen, letztlich sind wir aber viel früher da. Gegen 06.30 stehe ich an der Bar und
ordere einen Cafe con Leche und ein Croissont, frühstücke und etwa eine halbe Stunde später stehe ich im Laderaum und begutachte
meine GS. Nix passiert, die See war auch spiegelglatt, nix schwankte mehr als der Typ, der sich gestern noch die Kräuterzigarette
reingezogen hat. Wir legen an und somit beginnt der kürzeste Teil meiner Reise.


Bild
Anfahrt auf Eivissa, Ibiza


Eínmal kurz ums Hafenbecken von Eivissa herumzufahren bedeutet, eine Wegstrecke von etwas unter 2 Kilometern zurückzulegen.
Am Hafengebäude angekommen, das selbe Spiel wie gestern Abend in Barcelona. Ticketreservierung gegen Originalticket tauschen
und auf die Abfahrt warten.

Mit Andi war verabredet, dass wir uns am Hafen auf Ibiza treffen. Nun bin ich also wesentlich früher hier, als erwartet und sie sitzt
noch im Flieger, also keine Möglichkeit, sie direkt zu erreichen. Ich schicke ihr ein SMS mit der Info, dass ich eine Fähre früher nehme.
Los geht’s um 10.00 Uhr anstatt ursprünglich geplant um 11.30 Uhr. Bis dahin ist eh noch Zeit, also vertreibe ich mir diese am Hafen
mit rumbummeln und dem Beobachten des für den Hafen üblichen Schauspiels. Auf einmal spricht mich jemand von hinten an:
„Ay Hombre, René!“. Ich drehe mich um und da steht Manuel vor mir. Den Typen kenn ich von Formentera. „Bisse du grad angekomm
mit de Moto?“ Ich bekomm nur ein kurzes „Si“ heraus und schon hat er mich am Schlawittchen, zieht mich über die Strasse und
wandert in die nächste Kneipe mit mir rein. Ich ahne schlimmes, jedoch trinken wir nur Kaffee, denn scheinbar ist es auch ihm
um die Zeit schon zu heiss für einen Carajillo. Er erzählt mir, dass die Finanzkrise mittlerweile auch auf Ibiza und Formentera
zugeschlagen hat und stellt mir die Frage, ob ich sein Boot kaufen will. Die Krise hat ihn offensichtlich auch erwischt, denn wer
verkauft schon ein Boot ohne Grund auf den Inseln.

Mein Telefon klingelt. Andi meldet sich und teilt mir mit, dass sie grad gelandet ist und versucht ebenfalls die Fähre rechtzeitig zu
erwischen. Sie braucht nur noch ihr Gepäck. Das ist für mich die Möglichkeit zum geordneten Rückzug. Ich zahle an der Theke die
beiden Kaffees für mich und Manuel, verabschiede mich von ihm und gehe wieder rüber zu meinem Mopped, denn es ist auch Zeit für
die Verladung. Die Nixe – meine Fähre – steht mit weit geöffneter Laderampe da und spuckt zwei Autos und drei LKW aus.


Bild
Warten auf die Verladung zur Überfahrt nach Formentera


In der Hitze sitze ich auf der Q und warte auf das Zeichen vom Lademeister, auf die Rampe zu fahren. Da, er hebt den Arm, der
Typ vor mir schläft, worauf er sofort einen Anschiss vom Lademeister kassiert und ich kann an ihm vorbei ziehen, da der Typ
noch die letzten Sprüche vom Lademeister verdaut. Ich zeige an der Rampe mein Ticket und genau wie in Barcelona wird mein
Mopped so gesichert, als würde ich ne Fahrt über den Rhein mit der Autofähre machen und nicht über eine der gefährlichsten
Meerengen des Mittelmeers. Ich schau mir genau an, wie die Gurtbänder meine GS sichern sollen, gebe ein paar Tipps und hoffe,
dass das nun hält. Ich schnappe mir meinen Tankrucksack, verziehe mich aus dem Laderaum aufs offene Achterdeck und hole mir
meinen nächsten Kaffee. Mit dem Koffein - handlich abgefüllt in einen Becher - vor mir, schaue ich ab und an über die Reling
und habe noch einen letzten Schimmer Hoffnung, dass Andi es doch noch rechtzeitig schaffen könnte. Wir haben uns immerhin
4 Tage nicht gesehen und ich habe in den vier Tagen gefühlt eine Paris Dakar hinter mich gebracht. Ohne Schlangenbiss, immer
genug Wasser im Camel Bag gehabt, also nicht verdurstet. Da freu ich mich ja glatt doppelt auf das Wiedersehen!

Aber es ist nichts von ihr zu sehen. Scheinbar ist es doch zu knapp für sie, denn regulär fahren wir vom Flughafen immer mit dem
öffentlichen Bus. Einerseits aus Kostengründen – die Fahrt vom Flughafen bis zum Hafen kostet nur einen absoluten Bruchteil der
Taxikosten – und andererseits ist es auch netter.

Ich schlürfe also alleine meinen Kaffee als wir ablegen und träume so vor mich hin. Irgendwann schaue ich auf. Ich blicke wieder
herunter und denke „Hm, da war irgendwas bekanntes...“. Ich blicke wieder auf in gleiche Richtung und da strahlt mich
jemand an: Andi! Die Freude ist riesig, sie in diesem Moment zu sehen. Unsere Rechnung ist im wahrsten Sinne des Wortes bis
auf die Sekunde genau aufgegangen – obwohl ich die Fähre früher genommen hatte, hat sie es wirklich geschafft. Wir fallen uns
in die Arme und es plätschert nur so aus uns heraus, wie sehr wir uns freuen und wie sehr wir uns gefehlt haben. Es liegen nun
14 Tage Urlaub auf einem der schönsten Plätze der Erde vor uns:

Formentera!

Nach einer guten halben Stunde Überfahrt kommen wir im Hafen von Formentera an. Und ich das erste Mal mit der Q. Ich sitze
schon wieder auf dem Motorrad und habe vor, das die nächsten 14 Tage nicht mehr zu tun, denn – so blöd das auch klingen mag – es
ist mir hier zu gefährlich mit dem Ding. Ich fahre lieber quer durch Europa als unnötiger Weise über die kleine Insel. Es macht auch
keinen Sinn, denn die Insel ist eigentlich nur eine Strasse von der ein paar andere Strassen abgehen. 13 Kilometer lang. Mehr nicht.
Und dazu kommen viele Touristen, die aus den Caminos mit den Rollern rausgeschossen kommen und einmal im Jahr auf zwei
Rädern unterwegs sind. Von den Italienern ganz zu schweigen. Kamikaze, mehr muss man nicht sagen. Aber soweit ist es noch
nicht, wir stehen erstmal am Hafen und warten auf Andreas, der Andi vom Hafen abholen soll.

Wir warten nicht lange und da kommt er auch schon mit dem klapprigen Peugeot 205. Er springt aus dem Wagen und ich hüpfe
galant von der Q, die sich sofort bedankt und in die Knie geht. Rumms, liegt sie wieder auf dem Euter. Zweimal umgekippt in
4 Tagen, davor noch nie! Aber irgendwie macht es nicht mehr sooo viel aus und ich glaube, dass ein Mopped grundsätzlich
erstmal entjungfert werden muss... Der Schmerz, der sich in mir breit macht, sticht nicht mehr so arg, wie auf dem Schotterstück
und die zwei helfen mir, die Kuh wieder auf die Beine zu stellen. Hätte ich die doch auf der Tour dabei gehabt... das hätte viel Schweiss
gespart und diese dämlichen Piepmätze hätten weniger zu Lachen gehabt.

Andis Koffer ist schnell in den 205 geschoben, somit findet das Treffen am Hafen ein Ende und ich fahre mit der Q vor den beiden her.
Natürlich schwitzend!

Einmal quer über die Insel und endlich bin ich nach etwas mehr als 2000 Km am Ziel.


Bild

14 Tage gemeinsamer Urlaub liegen vor uns. Wir genießen die Zeit, treffen neue und alte Bekannte und ich freu mich wie Bolle, dass
alles auf der Hinfahrt so glatt gelaufen ist . Gut, der Verlust meiner Brille war nicht eingeplant, die Kratzer im Sturzbügel und
Seitenkoffer auch nicht, aber letztlich bin ich wirklich zufrieden – mit mir, meiner GS und mit meinem Abenteuer bis hierher.

Da es mir ja so gut auf der Hinfahrt bei Holger und Susanne gefallen hat, reserviere ich nach ein paar Tagen schon für die Rückfahrt
die Übernachtung dort und die Erfahrung, dass die Fahrt entlang der Küste so übel war, lassen mich einen neuen Plan schmieden, der
auch in Zusammenhang mit der Fährverbindung ab Ibiza zum Festland steht. Leider schaffe ich es auf der Rückfahrt nicht rechtzeitig
in Barcelona anzukommen, denn wenn ich die Fähre ab Ibiza dorthin nehmen würde, würde ich in der Dunkelheit in Barcelona ankommen,
was mir ein schlechtes Gefühl macht. Statt dessen plane ich die Rückfahrt über Denia mit der Schnellfähre. Das bedeutet eine Fährzeit
von rd. 2 Stunden.

Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Verfasst: Donnerstag 9. August 2012, 10:00
von Mimoto
...bis zur Fähre ein weiterer Kommentar!
...Was für eine Aktion bis hierher und keinen Augenblick bereue ich.
Hat man es mal hinter sich ist alles anders! :mrgreen:

Ein toller Bericht Rene! ...was in so besonders macht - er ist Grund auf ehrlich mit allen "Peinlichkeiten" die wir alle so oder so ähnlich schon erlebt haben und das genau macht es ja aus, Abenteuer wie sie denn so sind. Da im Hang die Kiste liegen zu haben weitab der Zivilisation, alleine, leck mich doch am Ar..... :lol: ..herrlich, die lachenden Vögel, die Mordgedanken... oja immer wenn man mal einen braucht dem man den Hals umdrehen muss ist keiner da... :lol: :lol: :lol:

Wunderbar, wunderbar.... :mrgreen:

Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Verfasst: Donnerstag 9. August 2012, 10:14
von Mimoto
...ich hüpfe galant von der Q, die sich sofort bedankt und in die Knie geht. Rumms, liegt sie wieder auf dem Euter. Zweimal umgekippt in
4 Tagen, davor noch nie! Aber irgendwie macht es nicht mehr sooo viel aus und ich glaube, dass ein Mopped grundsätzlich
erstmal entjungfert werden muss...
...ich mach mir mittlweile Sorgen wenn meine Katie mal stehen bleibt, ...das muss so Rene! ;)

Ein paar Infos zu Formentera wären schön, ich war noch nie da
..auf einem der schönsten Plätze der Erde..
macht mich neugierig, liegt es an den Kräuterzigaretten oder an der Landschaft? :D

Grüße

Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Verfasst: Donnerstag 9. August 2012, 12:32
von Nordschleife
Mimoto hat geschrieben: Ein toller Bericht Rene! ...was in so besonders macht - er ist Grund auf ehrlich mit allen "Peinlichkeiten" die wir alle so oder so ähnlich schon erlebt haben und das genau macht es ja aus, Abenteuer wie sie denn so sind. Da im Hang die Kiste liegen zu haben weitab der Zivilisation, alleine, leck mich doch am Ar..... :lol: ..herrlich, die lachenden Vögel, die Mordgedanken... oja immer wenn man mal einen braucht dem man den Hals umdrehen muss ist keiner da... :lol: :lol: :lol:

Wunderbar, wunderbar.... :mrgreen:

das wollte ich auch schon schreiben

Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Verfasst: Freitag 10. August 2012, 08:51
von Rene13
Ihr macht mich verlegen... ;)

Bevors weitergeht, denn ich muss ja noch zurückfahren:

Mimoto hat geschrieben: Ein paar Infos zu Formentera wären schön, ich war noch nie da
..auf einem der schönsten Plätze der Erde..
macht mich neugierig, liegt es an den Kräuterzigaretten oder an der Landschaft? :D
Um kurz ein paar Infos zu geben:
Formentera:
- Kleinste der Balearen
- Nur von Ibiza aus zu erreichen
- Nur zwei Möglichkeiten: Man mags oder man mags nicht. Dazwischen gibts nichts (wie La Gomera, die Kanareninsel, die mag man auch oder eben nicht)
- Im August absolut zu vermeiden, da Horden von Italienern, wie die Heuschrecken über die Insel herfallen (nix gegen Italiener, aber die, die kommen, benehmen sich wie A....)
- Chris Rea (Down on the Beach), Pink Floyd (diverse Titel), Bob Dylan (diverse Titel) besuchten die Insel, lebten dort und schrieben diverse Stücke dort
- War, nachdem Ibiza von den Hippies in den 60ern abgegrast wurde, Auffangstation für Hippies aus aller Welt
- Empfehlung: Ausprobieren und selbst entscheiden
- Reiseführer gibts: In die Tonne kloppen und die Insel einfach erleben. Einzige Möglichkeit, ein Gefühl dafür zu bekommen... (mein Gefühl für die Insel hab ich vor 18 Jahren bekommen
und versuche mind. 2 x im Jahr dort zu sein)


Nu aber zurück zu meiner Tour:

10.06.2012
Man hat’s ja...

Drei Tage vor meiner Abfahrt am 13.06. finde ich mich zusammen mit Andi im Hafengebäude von Formentera. Ich will meine Tickets kaufen
für die Rückfahrt. Ich stehe mit Andi zusammen vor dem Ticketschalter und frage nach den Kosten. Die junge Dame hört brav zu und fragt mich
„Esta usted un residente?“ ob ich Residente wäre... Feierlich erkläre ich, dass ich dies nicht sei und die Reaktion von ihr ist ein Schmunzeln
oder ist es eher ein süffisantes Lächeln? Sie kehrt in sich, hackt irgendetwas in ihre Tastatur, nimmt ein Zettelchen und notiert die Einzelpreise
für die beiden Überfahrten. Die Kosten für die Fahrt von Formentera nach Ibiza sind identisch mit denen der Hinfahrt. Dann erklärt sie mir die
Kosten für die Weiterfahrt nach Denia: EUR 199,- Ich zucke nicht nur innerlich zusammen, nein, mir wird der Mund trocken. Das kann nicht
sein, die Kosten für die Fahrt Barcelona/Ibiza seien mehr als die Hälfte geringer (EUR 80,-)! „Ja“, sagt sie, „Aber das ist aber auch keine
Schnellfähre.“ Ich überlege kurz, denn zusätzlich zu den Kosten kommen ja auch noch die vermehrten Spritkosten und die Autobahngebühr,
denn die Route führt mich zwar an der Küste entlang, aber über die Autobahn. Ich kann es ohne weiteres am 13.06. schaffen, bis nach
Empuriabrava zu kommen, wo mein erstes Etappenziel liegt. Fahre ich ab Barcelona, würde ich ab dort maximal 1 Stunde fahren können und
dann müsste ich übernachten. Hin und her kalkuliert, letztlich soll es dann doch bei Denia bleiben und ich beiße in den sauren Apfel und blättere
insgesamt 240,- Euro auf die Theke. Mindestens ein Abendessen weniger in einem Restaurant, was wir uns niemals erlauben würden!

Die letzten drei gemeinsamen Tage vergehen wie im Flug. Ich kann Andi das ein oder andere Gepäckstück von mir mit in den Koffer packen und
so schaffe ich es, das Gepäckgewicht doch deutlich zu verringern. Schade, dass ich ihr nicht noch die Boulekugeln und das Motoröl auf die Augen
drücken kann, denn so würde ich noch mehr an Gewicht einsparen können. Letztlich ist es aber alles in allem etwas einfacher, das Gepäck auf
der Q zu verteilen.




13.06.2012
Tag der Abreise
Formentera – Empuriabrava

Am frühen Morgen stehen Andi und ich auf, trinken noch einen gemeinsamen Kaffee und ich bringe Andi mit dem Auto zum Hafen, da auch ihr
Flieger recht früh von Ibiza in Richtung Heimat startet. Wir verabschieden uns und natürlich muss ich ihr versprechen, mich, wie auf der Hinfahrt,
jeden Tag zu melden und Rapport zu geben.

Nachdem wir uns verabschiedet haben fahre ich zurück – wieder komplett über die Insel – zu unserer Unterkunft, mache einen letzten Rundgang
durchs Appartement, fülle meine Wasserflaschen auf und setze mich dann selbst mit dem Mopped in Bewegung zum Hafen.


Bild
Warten auf die Fähre Richtung Ibiza


Ich habe noch ein wenig Zeit und so schlendere ich am Hafenbecken auf und ab, beschaue mir den morgendlichen Betrieb. Die abreisenden
Pauschaltouristen werden mit Bussen zum Hafen gekarrt und das Getümmel an den Katamaran-Fähren nimmt seinen Lauf. Ich wiederum warte
auf die Nixe, die große Fähre, um nach Ibiza überzusetzen und dort dann mit der Schnellfähre nach Denia zu schippern. Die Nixe kommt, die
Laderampe wird heruntergelassen und nachdem die LKWs und ein paar PKWs von ihr ausgespuckt werden, darf ich dann an Bord.
Die Professionalität, mit der meine Q gesichert wird, stellt wieder alles in den Schatten. Ich hoffe weiterhin – wie auf der Hinfahrt – auf eine
gute Versicherung der Reederei.

Wir verlassen Formentera pünktlich und nach einer halben Stunde erreichen wir den Hafen von Ibiza. Das selbe Spiel wie auf der Hinfahrt: Einmal
übers Hafengelände und schon befinde ich mich in der Wartezone für die Fähre nach Denia. Vor mir stehen lediglich zwei Fahrzeuge und es ist noch
Zeit bis zur Abfahrt.


Bild
Auf Ibiza angekommen und gleich gehts Richtung Denia


Schnell wird es heiß und ich schlage meine Hose bis zu den Knien um. Muss ein lustiges Bild sein, wie ich hier in Stiefeln und umgeschlagener Hose
herumstehe, denke ich, als ich von der Hafenzufahrtstrasse eine 12er GS anfahren sehe. Auf der GS sitzen zwei Leute und das Mopped ist noch
stärker bepackt, als meine. Die zwei fahren ebenfalls in die Wartezone und nachdem Sie das Mopped abgestellt haben, kommen sie zu mir herüber.
Wir kommen ins Gespräch und schnell erfahre ich, dass die beiden (Holger und Jana) gerade auf Hochzeitsreise sind und aus Jena kommen.

Auch die beiden haben vor, heute noch bis in die Höhe von Barcelona zu kommen und wir beschließen bis dorthin gemeinsam zu fahren. Als es soweit ist,
dass wir mit unseren Motorrädern auf die gerade angelegte Fähre fahren können, verabreden wir, uns nach der Ankunft in Denia am Hafen zu treffen.
Ich freu mich darüber, denn es ist schon doch etwas anderes, mit jemandem zusammen zu fahren und ich beschließe die beiden ab Denia vorfahren zu
lassen. „Endlich mal hinterherfahren“, denke ich und endlich mal nicht nur das Navi im Auge zu haben, sondern einfach nur hinterher tuckern.

Ich fahre die Laderampe auf die Fähre hinauf und komme in einen nahezu neu lackierten Laderaum. Der Lademeister weist mich auf meinen
Platz – ohne Geschrei – und dort angekommen kommt ein weiterer Typ an, der sofort an eine Kiste an der Bordwand geht, dort zwei Spanngurte
(mit kunststoffummantelten Haken!) entnimmt und mein Mopped, was auf dem Seitenständer steht, hochoffiziell und vorschriftsmäßig sichert.
Er schaut mich an, fragt mich, ob alles so in Ordnung sei und als ich begeistert dreinschaue, scheint er ebenfalls zufrieden zu sein. Er zeigt mir noch
freundlich den Weg aufs Deck und wendet sich einem Rollerfahrer zu.

Die nun anstehenden zwei Stunden Überfahrt vergehen, wie im Flug. In Denia angekommen, trifft mich fast ein Hitzeschlag, denn hier sind es
knapp 10 Grad heißer als auf Ibiza und die Stadt hat sich noch nicht einmal voll aufgeheizt, denn es ist gerade einmal 12.00 Uhr. Wie verabredet
treffe ich Holger und Jana am Hafen. Wir besprechen noch kurz, dass wir beide Moppeds volltanken wollen und dann soll es losgehen. Nach einer
kleinen Rundreise durch Denia finden wir eine Tankstelle mitten in der City. Aufgetankt ist schnell und ebenso schnell sind wir drei auch durch-
geschwitzt. An der Tankstelle stellen wir uns in den Schatten und besprechen kurz den Ablauf der gemeinsamen Fahrt.

Mein Ziel hinter den beiden herzufahren erfüllt sich, wir stoppen erstmal zum nächsten Tanken und dann wollen wir mal sehen, wie es weiterläuft.

Kurz und knapp, es läuft super. Ich finde mich in einem Abstand von rund 50 bis 100 m hinter den beiden auf der Autobahn wieder und wir tuckern
mit 120 – 130 über die Autobahn entlang der Küste. Fein mache ich bei den Überholmanövern hinten zu, Holger kann einfach rausziehen und so
knabbern wir an den Kilometern in Richtung Barcelona. Nach rund 1 Stunde Fahrzeit frischt der Wind, der rechts aus Merresrichtung bläst, deutlich
auf und wir fahren bis Barcelona in eindeutiger Schräglage. In einer lang gestreckten Linkskurve müssen wir zwischen zwei riesigen Felsen hindurch,
durch die irgendwann einmal die Autobahn gesprengt wurde. Ich sehe die beiden vor mir, wie sie mit einem Mal aus der Abdeckung des rechten
Felsens herausfahren und der Winddruck ist so stark, dass es die beiden an den Rand der linken Fahrspur drückt. Ich bin dadurch vorbereit und als
es mich erwischt, halte ich dagegen. Trotzdem versetzt es mich bis in Mitte der linken Fahrspur.

Bei einem Stop erzählen mir die beiden, dass sie auf der Hin fahrt bei Denia Temperaturen von 45 Grad hatten, da sei dies heute schon fast angenehm.
Ich lächle gequält und mache das, was ich immer in diesen Gelegenheiten tue: Ich schwitze und das mörderisch. Ich kann es kaum abwarten, wieder
auf den Bock zu kommen und den Fahrtwind durch die geöffneten Lüftungsreißverschlüsse meiner Sommerjacke strömen zu lassen. Erstmals ist es auch
so heiß, dass ich die Brustklappen komplett geöffnet habe und trotzdem .. ich schwitze!

Gegen 17.00 Uhr kommen wir in die Nähe von Barcelona. Für mich sind es noch rund 2 Stunden Fahrzeit, bis ich in Empuriabrava ankomme. Wir verab-
schieden uns an einem Parkplatz schon jetzt voneinander, denn die zwei wollen in Kürze von der Autobahn abfahren und so haben wir jetzt die Gelegenheit
des Abschieds. Wir wünschen uns gegenseitig noch eine gute Fahrt und setzen unsere Fahrt für die letzten gemeinsamen Kilometer fort. Als sie den
Blinker setzen, setze ich zum Überholen an, ziehe gleichauf mit den beiden und wir schreien uns durch den Fahrtwind nochmals die letzten Wünsche zu.

Kurz danach muss ich nochmal tanken und setze dann meine Fahrt für die letzten 50 Kilometer nach Empuriabrava fort. Dann wird es auf einmal dunkel.
Nein, nicht weil es spät ist, sondern, weil sich der Himmel zuzieht. Es sieht verdammt nach Regen aus. Andi würde sich jetzt bestimmt wieder amüsieren,
denn ich bin bekannt für meinen in diesen Situationen allseits bekanntem Spruch „Gleich gibt’s was!“ Ich beschließe, die Sommerklamotten gegen die
andere Jacke und Hose zu tauschen. Ein paar Kilometer nach meinem Entschluss finde ich einen Rastplatz, auf den ich abfahre. Schnell ist das
Stahlkabel aus meinen Sachen gezogen, ebenso schnell bin ich umgezogen und noch schneller sind die Sommersachen auf dem Mopped wieder verstaut und
abgeschlossen.

Ich nehme mir noch kurz die Zeit um etwas zu trinken und beschaue mir den Rastplatz, der, trotz stark befahrener Autobahn, außer mir niemanden, eine
Pause bietet. Direkt neben mir, in meiner Beschäftigtheit hab ich das total übersehen, befindet sich ein etwa 3 x 4 m großes blaues Schild auf dem mehrsprachig
zu lesen ist

„Vermeiden Sie, zu Ihrer eigenen Sicherheit, Übernachtungen auf diesem Rastplatz!“

Ein gutes Gefühl verursacht das in mir nicht, dass muss ich zugeben und ich sehe zu, dass ich recht fix fertig werde. Das hätte mir gerade noch gefehlt, hier
Bekanntschaft mit irgendwelchen Leuten zu machen, die Bärchen an den nicht vorhandenen Kragen wollen, also weg hier. Sachen gibt’s... Also wieder auf die
Bahn und weiter Richtung Rosas, was kurz hinter Empuriabrava liegt und schon ausgeschildert ist.

Empuriabrava zieht mich magisch an, denn als Kind hatte ich dort in den 70ern des letzten Jahrhunderts einen meiner schönsten Urlaube zusammen mit
meinen Eltern. Ich will es mir einfach anschauen, ob das, was ich noch in Erinnerung habe, noch so aussieht wie damals. Als ich in den Ort hineinfahre ist es
schon 19.30 und ich habe mir auch vorgenommen, das heutige WM-Spiel Deutschland vs. Niederlande anzuschauen, der Klassiker schlecht. Ich brauche ganz
fix einen Platz für die Übernachtung und orientiere mich am nächstbesten Hinweisschild zu einem Campingplatz. „La Rubina“. Endlich stehe ich an der
Rezeption und krame meine üblichen Brocken in Spanisch hervor und frage nach einer Übernachtungsmöglichkeit. In feinstem Deutsch antwortet mir die
junge Dame – kein Wunder, sie ist Deutsche. Dass die nich auf Düsseldorfer Platt anwortet „Jung, dat is ja kie Problem, dat krieje mer schon hin“ – dass noch
jede Menge Platz sei und ich mir den Stellplatz aussuchen könne. Prima, das ist doch mal ein Wort und ich finde direkt in Nähe der Gastronomie und der
Sanitäranlagen ein feines Plätzchen – denke ich, was sich später noch als Falsch herausstellen wird.

Es ist nun doch schon später geworden, das Spiel läuft schon seit einer halben Stunde, als das erste Tor für Deutschland fällt. Unglaublich, was auf einmal
hier los ist! Die Leute hab ich ja schon gesehen, die im Gastronomiebereich dem Spiel folgen, aber mit einem Mal brandet eine Geräuschkulisse auf, die
alles in den Schatten stellt. Die Krönung ist, dass der Typ hinter mir aus seinem riesigen Wohnmobil rausgeschossen kommt und mit einer Strassenbahnglocke
Sturm läutet. Ein paar Meter weiter hupt einer mit einer Pressluftfanfare, der Gastronomiebreich ist auf der einen Seite mucksmäuschenstill, weil da die
Holländer sitzen, die andere Seite schreit und tobt, wie der Mob. Manni, der Typ mit der Straßenbahnglocke, kommt, nachdem die Freude über das Tor
abgeebbt ist, auf mich zu: „Na Jung, wo kütts Du denn her? Ich bin dä Manni und kumm schon Fezzäch Johr hä hin! Ich hann dä Platz praktisch bezahlt.“,
und lacht sich kaputt. (also frei übersetzt: Na Junge, wo kommst Du denn her? Ich bin der Manni und komme schon seit 40 Jahren hierher. So oft wie ich
schon hier war und die Stellplatzgebühren bezahlt habe, habe ich eigentlich Anteile an diesem feinen Plätzchen auf Gottes Erde – naja, so ähnlich).
„Näver Disch im Zällt sinn eh par Määdels us England, dat hässe jot jemaht. Die sinn nett ahnzu luhre.“ (Im Zelt neben Dir übernachten ein paar hübsche
Mädchen aus England. Äußerst attraktiv...). Ach, auch aus Düsseldorf, und hole mir die Bestätigung mit Blick aufs Kennzeichen seines – ich denke mal –
100.000 Eur teuren Mobilheimes fest. Im weiteren Verlauf erfahre ich von ihm, dass er mit seiner Frau seine Rente im Wohnmobil verbringt, alles verkauft
hat und bis Ende Juni immer (!) in Empuriabrava auf „seinem“ Platz ist.

Manni verschwindet wieder in seine Luxusherberge – der hat bestimmt auch nen Whirlpool auf dem Dach – und ich hab mein Zelt nur noch abzuspannen.
Kurz unter die Dusche und dann aber ab zum Fernsehen.

Da ich auch keine großartige Lust auf meinen Gaskocher habe, frage ich – auf spanisch – nach der Karte und kurze Zeit später überreicht mir Kamerad
Camarero diese mit den Worten: „Haben der Herr schon einen Getränke-wunsch?“ Ich muss ziemlich blöd gucken, denn er zieht mit den Worten ab:
„Ach dann wählen Sie erst mal in Ruhe aus, bin gleich wieder da...“. Ich bin fassungslos, hier tickt alles nach der deutschen Uhr. Ich bin es halt gewohnt,
wenigstens etwas spanisch zu sprechen im Restaurant oder bei Gelegenheiten, in denen ich es einfach für nett halte, meinem Gastgeber zu zeigen, dass
ich mir Mühe gebe. Das scheint hier wohl mal notwendig gewesen zu sein, heute wohl nicht mehr. Dann mein Blick auf die Karte. Es ist natürlich eine
deutsche Karte – klar – und die Speisen darauf klingen gar nicht verkehrt. Aber irgendwas stimmt mit den Preisen nicht, die haben die bestimmt vergessen,
vor 15 Jahren zu aktualisieren: Fleischspieß mit Pommes und Salat 7,50, Bier 1,50... da stimmt was nicht! Egal, ich hab erstmal Hunger, die Halbzeitpause
des Spiels ist noch nicht vorüber und so nutze ich die Gelegenheit bei Camareros nächstem Besuch: „Sie haben gewählt?“ Ich geb meine Bestellung auf,
bekomme kurz darauf ein Bier gebracht und nach 15 Minuten dann den Fleischspieß. Schmeckt super, denk ich und schau mir das Spiel an.

Ich scheine hier in einer neutralen Zone zu sein, es sind ein paar Spanier da (?), ein paar Franzosen und Österreiche entdecke ich auch. Spiel vorbei,
alles gut gelaufen für unsere Mannschaft und für mich auch, denn ich bin satt. Nett anzuschauen ist während des Spiels gewesen, wie sich die deutsche
Fangemeinde nebenan gebärdet hat. Nein, nett war das wirklich nicht, aber es soll noch schlimmer kommen. Ich ordere noch einen Carajillo und die
Rechnung. Kamerad Camarero kommt zurück und ich lese vom Bon 11,50 ab. Das ist ja mal ein Wort. Das sind Preise, wie man sie noch aus Pesetenzeiten
kennt und gebe statt üblicher 10 % dann 2,00 EUR Trinkgeld. Camarero freut sich und ich bin satt. Zeit für mich und Bärchen, der schon seit geraumer Zeit
auf mich wartet, in den Schlafsack zu krabbeln und dem nächsten Fahrtag entegen zu träumen.

Denkste. Bis 01.30 höre ich sogenannte Fangesänge, unterbrochen von Saufgesängen, von einem „Oh Du schöhöhöner Weeehehesterwald“ und – ich dreh
ab – „Und die Fahne flattert uns voran“. Ich kanns nicht glauben. Nicht das ich mich ärgere, dass ich nicht schlafen kann, aber so was dann auch noch zu
hören bringt mich an den Rand der Explosion! Dann, eine halbe Stunde später, ist endlich Stille. Ich wälz mich noch etwas herum, Bärchen ist außer sich
und irgendwann schlafen wir dann doch ein - ich jedenfalls, bei Bärchen weiß man das nie so genau.

Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Verfasst: Freitag 10. August 2012, 21:47
von Doris
"Als deutscher Tourist im Ausland steht man vor der Frage, ob man sich anständig benehmen muss oder ob schon deutsche Touristen dagewesen sind.“
Kurt Tucholski

Das kam mir grad so spontan in den Sinn.
Schade, wenn sich Vorurteile dann als wahr herausstellen :oops:

Empuraibrava.
Da haben wir früher Familienurlaub gemacht.
Gefallen hat mir dieser künstliche Ort nie.
Aber auf der Straße von Roses nach Cadaques,
da hab ich jedes Mal bedauert,
dass wir mit dem Auto unterwegs waren

Ich hoffe, Bärchen ist dann doch noch zur Ruhe gekommen?

Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Verfasst: Samstag 11. August 2012, 16:02
von Mimoto
Rene,

...ja der Alkohol, da kommt so manches aus den unseren heraus. ;)

Bärchen, hab gerade so Mister Bean im Kopf, der Bär ist mir schon bei den ersten Bilder
aufgefallen hattest Du den schon als Du mit Deinen Eltern da unten warst.. :D
„Na Jung, wo kütts Du denn her? Ich bin dä Manni und kumm schon Fezzäch Johr hä hin! Ich hann dä Platz praktisch bezahlt.“,
und lacht sich kaputt. (also frei übersetzt: Na Junge, wo kommst Du denn her? Ich bin der Manni und komme schon seit 40 Jahren hierher. So oft wie ich
schon hier war und die Stellplatzgebühren bezahlt habe, habe ich eigentlich Anteile an diesem feinen Plätzchen auf Gottes Erde – naja, so ähnlich)
...da ich ja fasst 20 Jahre mit meiner ersten Frau zusammen lebte und die praktisch Kölnerin
war (Lechnischer Mädche) brauchte ich hier nun keine Übersetzung, die Ausführlichkeit zum
Ende hin ist so wie ich es auch verstanden habe.... trotzdem Danke. :mrgreen:

Was irgendwie unter den Tisch gefallen ist ist die Sache mit den Kräuterzigaretten... (..wir sind ja hier unter uns 8-) ..)

....tolle Story wobei man merkt es geht nach Hause, die Euphorie ebbt langsam aus.

Grüße

Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Verfasst: Sonntag 12. August 2012, 12:02
von castle-of-teck
Ich hoffe, die Geschichte hat ein Happy End ( sprich : Helm für SIE kaufen gehen ) :P