Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

Reisen auf dem Festland von den Alpen bis zum Absatz
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Kermit
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

#9 Ungelesener Beitrag von Kermit »

Am 7. Oktober, meinem vierten Reisetag, verliess ich Corvara, um mich meiner Heimat mal wieder etwas zu nähern. Allerdings konnte ich es nicht lassen, dafür eine kurvenreiche Strecke auszuwählen. Um Genua rum routet Motoplaner etwas uklig. Aber ein Navi sollte das eigentlich schon richtig routen.

Leider verschlechterte sich das Wetter wieder etwas, in höheren Lagen zog sogar Nebel auf und auf dem Passo Cento Croci auf 1055 m.ü.M. war die Strasse nass. Allerdings hat es die Anfahrt auf die Passhöhe in sich: Breite, gut ausgebaute Strasse praktisch ohne Verkehr.
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Auf dem Passo del Fregarolo, der übrigens nicht dort ist, wo ihn Google Maps findet, sondern da, wo das StreetView-Männchen steht, wars ebenfalls garstig. Ich war kurz nach Mittag oben, so dass mir das Gelbe Schild, wo Trattoria drauf steht, natürlich gelegen kam. Nur ein paar Meter weiter fand ich rechts dieses Lokal und beschloss, mich hier zu verköstigen. Ich sollte es nicht bereuen. Ein sämiges Steinpilzrisotto, fatte alla casa, mit Steinpilzen, welche die Einheimischen in den umliegenden Wäldern frisch sammeln und dem Wirt verkaufen, kitzelte meinen Gaumen. Schade, war ich mit dem Motorrad unterwegs, denn dazu hätte ein trockener Weisswein von den Gestaden Liguriens bestimmt fabelhaft gepasst.
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Via Lago die Brugnetto, einem kleineren Stausee, wo man über die Staumauer fährt, fuhr ich wieder gen Süden, um mich entlang des Monte Fasce auf Genua hin zu arbeiten. Die Strecke dort oben scheint für die Jugend der Region so was wie ihr "Schauinsland" zu sein, nur dass dort noch keine Wochenendsperre herrscht. Ich genoss den Blick aufs Meer und die Vororte von Genua, bevor ich mich auf kurvenreicher Strecke in Richtung Stadt aufmachte.

Die restliche Strecke nach Gavi war zwar unspektakulär vom Motorrad fahren her, aber landschaftlich gab sie einiges her. Da ich mich beim Verweilen und Geniessen etwas verspätet hatte, musste ich etwas auf die Tube drücken, um rechtzeitig am Ziel zu sein, dem Hotel al Castello. Das kleine Hotel ist zweckmässig und das Frühstücksbuffet landestypisch.
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Die im Piemont gelegene Kleinstadt ist bekannt für ihren Weisswein, den Gavi di Gavi, ein frischer, fruchtiger Traubensaft, der vorzüglich zu Fisch und Meeresfrüchten passt, aber auch ganz gut zum Apéro gereicht werden kann. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Fussgänerzone ;) , bei der ich noch einer Prozession beiwohnen konnte, ging ich hier zum Aperitiv und genoss die Stimmung, welche vor allem jüngere Italiener um mich herum erzeugten. Dabei und beim anschliessenden Abendessen im Ristorante Peccati die Gola, das in einem ehemaligen Weinkeller angelegt wurde und dessen Küche ich unbedingt empfehlen kann, genoss ich vom genannten Weissen reichlich, ist der Saft, für den es hierzulande im Restaurant kaum weniger als 50 Franken zu löhnen gibt, am Ursprungsort fast geschenkt zu haben.
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Zuletzt geändert von Kermit am Montag 11. März 2013, 17:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Kermit
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

#10 Ungelesener Beitrag von Kermit »

Mein fünfter und letzter Reisetag war vorwiegend der Heimreise gewidmet, was viel Autobahn bedeutete. Zunächst aber machte ich vor Abfahrt in Gavi eine kurze Mopet-Kontrolle: Licht, Bremslicht, Blinker, Bremsbeläge - oh Schreck, die vorderen waren für mich als Laien ja ganz dünn. Also im Smartphone nach Suzukihändlern in der Umgebung gesucht. In Novi Ligure gab es gleich zwei, also nichts wie hin. Beim ersten, am nördlichen Stadtrand gelegen, brannte ich an. Ein Zettel an der Türe informierte: "Chiuso per ristrutturazione". Der Laden war aber voll von Mopet-Ware, so dass ich zum Schluss kam, dass da wohl eher eine "finanzielle Restrukturierung" damit gemeint sein müsste...

Beim Zweiten vorbeigeschaut, aber nichts gefunden. Dort wo der hätte sein sollen, befand sich eine Tischlerei. Hmmm, nochmals die Beläge angeschaut und gefunden, es hätte ja noch ein wenig. Wenn ich also die Sache im Auge behalten würde, sollte es eigentlich reichen bis Alessandria, wo es dann doch der Grösse der Stadt entsprechend wahrscheinlich schon einen Suzukihändler geben sollte.

Also machte ich mich mit einer Stunde Verspätung auf die Marschtabelle auf, erstmal nach Süden um den Parco Naturale delle Capanne di Marcarolo zu durchqueren. Ich war ganz begeistert von der Ursprünglichkeit der Landschaft, dass ich ganz vergass, Photos zu machen. Leider ist der Park auch auf StreetView ausgenommen, so dass ich nur sagen kann: Prädikat empfehlenswert.

Irgendwann drehte ich nach Norden und folgte der Hauptstrasse bis Alessandira. Nachdem sich die Bremsbeläge bis dahin nicht sichtbar abgenutzt hatten, fasste ich den Entschluss, dass die wohl schon bis nach Hause halten würden. (Ich habe sie, rund 2500 km später, immer noch drin, nachdem mein Freundlicher mir mit einem Lächeln im Gesicht erklärt hatte, dass er zwar wohl ein schlechter Verkäufer sei, aber diese sicher noch bis zum nächsten Service halten würden.) Also ab auf die DB nach Norden.

Südlich des Lago Maggiore verliess ich die Autobahn und fuhr der südlichen Seeseite entlang. Leider geht es dort praktisch nur durch Dörfer, so dass man den Blick kaum je auf den See richten kann. Würde ich nicht mehr machen.

Die Leventina hinauf gings dann wieder auf die Autobahn und eigentlich wäre es spät genug gewesen, um durch den Gotthardtunnel zu fahren. Doch es hatte in Airolo etwa 500 Meter Stau und ich weiss nicht, was mich gestochen hat, jedenfalls zweigte ich ab und fuhr über den Pass. Es war ca. 17:00 Uhr und in der Zwischenzeit hatte ich natürlich das Winterfutter raus genommen. Ich wechselte noch kurz die Handschuhe; zum montieren des Futters war ich aber zu bequem, was sich dann aber als kapitaler Fehler erweisen sollte, je näher die Passhöhe kam. Auch bei der anschliessenden Abfahrt nach Andermatt, wo ich gänzlich im Schatten war, fror ich wie ein Schlosshund. Wird mir eine Lehre sein ;)

So, das wars. Viel Spass beim Lesen und Träumen und schon mal vielen Dank für die bereits abgegebenen Kommentare.

Edit: Bitte verzeiht die Tippfehler, ich kann sie beim Durchlesen zwar sehen, aber korrigieren kann ich leider nicht mehr.
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Gigl
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

#11 Ungelesener Beitrag von Gigl »

Hallo Kermit,

hast ja viel erlebt und das unterhaltsam auf "Papier" gebracht! :L

Hab mich beim Lesen und Schauen unterhalten und befunden, dass ich dort in die Gegend auch mal muss!

Danke für's Schildern und Zeigen!

Übrigens Spurgasse fahren gibt's bei uns in Ö auch! ;)

Gruß

Gigl
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Kermit
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

#12 Ungelesener Beitrag von Kermit »

Gigl hat geschrieben:befunden, dass ich dort in die Gegend auch mal muss!
Mach das, es lohnt sich alleweil!

Gestern Nacht, ich lag schon im Bett, kreisten meine Gedanken, wohl angeregt durchs Schreiben des Berichts, wieder in Ligurien herum. Und da traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel die Erkenntnis: Mensch, was bist du auch für ein bescheuertes, autoritätsgläubiges Wesen! Es geht um diese Tafel. Wenn doch da das StreetView-Fahrzeug weiter gefahren ist, kann die Strasse doch gar nicht chiuso sein! Bin jetzt vorhin im StreetView noch etwas weiter "gefahren" und sah, dass da überhaupt nichts gesperrt war. Einzig zwei kleine, angefangene Baustellen sind dort.

Lehre aus dem Krieg? Selbst wenn die Tafel mitten auf der Strasse stehen würde, einfach mal weiter fahren und schauen, ob man nicht doch durch kommt.

Gruss - Kermit
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Andre
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

#13 Ungelesener Beitrag von Andre »

Hi Kermit,

danke für den tollen Bericht. Schöne Tour hast Du da gemacht. Sehr schön find ich die jeweilige Verlinkung so kann man sich ein besseres Bild machen und viel bequemer ist es auch, anstatt anhand der Ortsnamen die Tour "nach zu googlen" ;-)

Viele Grüße
Andre
meine Momentaufnahmen

Glück ist wie pupsen, wenn man es erzwingt wird's Scheisse ;-)

Kermit
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

#14 Ungelesener Beitrag von Kermit »

Andre hat geschrieben:Sehr schön find ich die jeweilige Verlinkung
Danke Andre! Die Verlinkung könnte man sogar noch etwas perfektionieren und ich würde das ganz gerne auch tun. Aber leider kann man die Beiträge schon nach kurzer Zeit nicht mehr verändern. Ich nehme es mir für den nächsten Bericht vor.
Gruss - Kermit
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Mimoto
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

#15 Ungelesener Beitrag von Mimoto »

Hi,hi,hi.... :lol:

mehrfach schwer geschmunzelt dank Deiner schöne beschrieben Reise Kermit. :L

Klasse auch die vielen Infos ob Routenverlauf aber auch die GoogleStreetViews machen das erlebte noch viel deutlicher.

Was die speziellen Routen angeht da wo Dich "Werner" Treppenpfade herunterlotst und DU in bewundernswerter weisse gehorsam Zollst sei Dir gesagt - nimm nächstes mal Gabi, Werner wird nicht umsonst Hardcore Werner genannt :lol:

Das Wenden über den Seitenständer, solch Einsatz prägt Dich für den Rest Deines Lebens sollte man halt einfach auch mal vor der Garage üben durchaus mit Gepäck beladen, für ganz besonders Lernresistente ist ein 2. Seitenständer zu empfehlen, einer pro Seite - keine Angst ist mir so ziemlich genau wie bei Dir schon passiert. :mrgreen:

Das Vernazza überhaupt nicht angefahren werden konnte kann ich nicht glauben, ehrlich gesagt ich registriere diese Sperrschilder garnicht mehr und fahr immer soweit wie es geht und in 60% der Fälle würde ich behaupten ging es immer weiter. :roll:

Vielen Dank, die Reise war echt ein Genuss - herrlich. :L :mrgreen:
Michael /mimoto

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Kermit
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Re: Ligurien/Cinque Terre im Oktober 2012

#16 Ungelesener Beitrag von Kermit »

Mimoto hat geschrieben:Was die speziellen Routen angeht da wo Dich "Werner" Treppenpfade herunterlotst und DU in bewundernswerter weisse gehorsam Zollst
Ja gell, kaum zu glauben :). Es war einfach nicht ersichtlich, dass es dort nicht mehr weiter geht. Es sah so aus, als würde der Weg auf der erwähnten Plattform halbrechts weiter gehen, aber das war nur der Parkplatz eines Hauses.
Mimoto hat geschrieben:Das Wenden über den Seitenständer, solch Einsatz prägt Dich für den Rest Deines Lebens sollte man halt einfach auch mal vor der Garage üben durchaus mit Gepäck beladen, für ganz besonders Lernresistente ist ein 2. Seitenständer zu empfehlen, einer pro Seite - keine Angst ist mir so ziemlich genau wie bei Dir schon passiert. :mrgreen:
Haha, ein Seitenständer pro Seite und am besten noch Stützräder dazu, gelle ;)
Mimoto hat geschrieben:Das Vernazza überhaupt nicht angefahren werden konnte kann ich nicht glauben, ehrlich gesagt ich registriere diese Sperrschilder garnicht mehr und fahr immer soweit wie es geht und in 60% der Fälle würde ich behaupten ging es immer weiter. :roll::
Da war ein Absperrgitter bis halb über die Strasse mit einem Fahrverbot, worunter eine Zusatztafel besagte, dass die Zufahrt nur für Einheimische sei (Irgend was mit "Accesso consentito solo ai residenti"). Da ich bei mir zu Hause von Ausländern auch verlange, dass sie sich an unsere Gesetze und Gebräuche halten, bin ich dann halt dafür zu haben, mich im Ausland auch an deren Regeln zu halten. Aber vielleicht muss ich mich im Süden künftig nicht nur den Regeln, sondern auch dem Umgang der Einheimischen damit anpassen ;).

Kommt mir gleich noch eine Episode in den Sinn vom vierten Tag, nur weiss ich nicht mehr genau, wo das gewesen war. Ich fahre da auf schön kurviger Strecke ein bewaldetes Tal entlang. Die Strasse ist breit, zweispurig, aber mit durchgezogener Sicherheitslinie, der Belag höchstens 3-jährig. Ich beschleunige deutlich aus einer Kurve heraus, da fährt vor mir ein Auto der Carabinieri mit gemütlichen 70 km/h, wo 90 erlaubt wäre. Na gut, die kannst ja wohl nicht überholen bei Sicherheitslinie. Kurz darauf blinkt der Rechts. Ich denke schon: "Jetzt nimmt der mich raus, bin wohl zu nahe aufgefahren." Aber er verlangsamt nicht und fährt auch nicht Rechts ran. Komisch... Da kurbelt der die Scheibe runter und weist mich mit eindeutiger Handbewegung an, zu überholen... :roll:
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