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Re: Bonjour Tristess

Verfasst: Samstag 17. August 2013, 08:24
von Rene13
19.05.2013
Carcassonne


„Mann, war das wieder sch... kalt!“, schimpft Thomas vor sich hin. Ich weiß gar nicht, was er hat, bei mir war’s gemütlich und kuschelig... Nachdem die erste Schimpftirade vorübergezogen ist, marschiere ich zum Sanitärbereich und komme meinen morgendlichen Pflichten nach. Zurück am Zelt, beginne ich das scheinbar für die nächsten Tage anstehende Morgenritual: „Kaffee oder Tee?“ „Tee...“, schallt es verschlafen zurück aus dem blauen Schlafsack. „Welchen?“ „Hmmmm, Pfefferminz.“ Ich bekomme Beklemmungen und schaue in die Weithalsflasche, in der die Teebeutel sind. Ein Blick sagt mir, dass es ganz genau noch 5 Beutel Pfefferminztee sind. „Vielleicht nicht doch Kräutertee?“ Pause. „Öhm, nööö, Pfefferminz ist in Ordnung“, schallt es erneut aus dem Schlafsackinneren. „Der ist lecker!“ „Keks dazu?“, frage ich. „Nö, hab' ja Tucs“, ist die rituale Antwort. Nun denn. Der Gaskocher ist fix angeworfen, das Wasser kocht und so beginnen wir den heutigen Morgen noch vor dem offiziellen Frühstück. Thomas schält sich aus dem Zelt und als er von den Toiletten zurück ist, ist der Tee für ihn schon gezogen und ich halte bereits meinen zweiten Becher Kaffee in der Hand.

Nach dem morgendlichen Genuss von Tee- und Kaffee-Varietäten begeben wir uns ins Haupthaus und strahlen über beide Wangen, denn das angerichtete Frühstücksbuffet hat von der Qualität, die ich ja im letzten Jahr schon kennengelernt hatte, nichts verloren. Nicht typisch französisch „Petit“, sondern absolut „Grand“ groß (-artig).

Wir sitzen mit den anderen am Tisch und sofort fallen mir drei Gesichter auf, von denen ich meine, sie zu kennen. Und so ist es auch. Bernhard, der Typ, mit dem ich letztes Jahr hier auf der Terrasse mein erstes Bier trank, ist mit seiner Tochter ebenfalls wieder da und bei den beiden anderen bin ich mir nicht ganz sicher. Aber nachdem ich von den beiden angesprochen werde, fällt es mir dann auch wieder ein, dass die beiden auch hier waren, als ich auf meiner Rückfahrt von Spanien aus hier übernachtete. Dirk und Michael, beide aus dem Ruhrgebiet, mit denen wir in den nächsten Tagen noch viel Spaß haben würden.

„Und, wo wollen wir hin?“, frage ich Thomas. „Keine Ahnung, schlag was vor...“, so seine Reaktion. Da ich ja letztes Jahr nur kurz an Carcassonne vorbei gefahren war und die Festungsanlage nicht wirklich gesehen hatte, denke ich, dass dies eine schöne Tour nach der Anreise wäre. Also hole ich schnell mein TomTom und schon beginnen wir mit der in der Planung für den heutigen Tag. Und das Größte ist: Fahren ohne Gepäck!!!

In Carcassonne angekommen, trifft uns der Touristenrummel im Zentrum der Cité mit voller Breitseite. Die Fotostops haben wir zum Glück schon vorher absolviert aber im Nachhinein ärgere ich mich schon, dass ich diese "Kirmes" nicht doch aufgenommen habe. Neben Franzosen, Spaniern und ein paar deutschen Touristen fehlen natürlich auch die unvermeidlichen Japaner und Amerikaner nicht. Holzschwerter und Holzschilder wechseln an den Souveniershops den Besitzer. Allerlei Kram, den wirklich niemand braucht. Die Restaurants... ohne Worte.

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Aber nett anzuschauen ist es trotzdem


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Frisch gewaschen


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Man ist aber auch nirgends sicher vor diesen Paparazzi's


Irgendwie schaffen wir es trotzdem abseits des großen Touristenstroms einen Café au Lait in Ruhe trinken zu können. Wir haben keine Lust, uns nochmals in das Getümmel zu stürzen und machen uns wieder auf die Rückfahrt nach Moux.

Thomas scheint zufrieden mit der Tour, was mir einen Stein vom Herzen plumpsen lässt. Ich freue mich darüber riesig, denn nichts wäre schlimmer für mich, als nen muffigen Thomas an meiner Seite zu haben. Und der kann muffig sein! Isser aber nicht...

Nach ein paar Zwischenstops zum "Beine vertreten" nähern wir uns wieder Moux.

Dort angekommen stellen wir in der Garage fest, dass es offensichtlich außer uns ebenfalls einen Neuzugang am heutigen Tage gegeben hat. Vier Moppeds aus dem Westerwald sorgen dafür, dass es recht eng in der Garage zugeht, aber Platz ist immer noch genug für unsere Kühe.

Auf das Essen heute Abend freuen wir uns beide. Der Kocher muss also dementsprechend nicht angeworfen werden, die Tütensuppen bleiben da, wo sie sind und der "Kühlschrank ohne Saison" sorgt für das Feierabendbier. Pünktlich um 18.30 Uhr gibt's das viergängige Menü, das an seiner Klasse seit dem letzten Jahr nichts verloren hat. Ich bin mal gespannt, ob es im Laufe der Woche wieder diese überaus leckere Lammkeule gibt...

Es wird fein getafelt, geschwafelt und - klar - das ein oder andere Bierchen der Leber zugeführt. Der Wein hat's Thomas angetan und dem einen Typen aus dem Westerwald schmeckt es ebenso gut aus dem Wein-Fässchen, das auf der kleinen Anrichte steht und woraus die Karaffen gefüllt werden können. Kein Wunder, denn nach solch einer Anreise - die Jungs und Mädels haben auch so einen Spaß mit dem Wetter gehabt - tut man sich das gerne an. Dem Typen scheint das zu gefallen und läuft fleissig zwischen Tisch und Anrichte hin und her, was nicht zu seiner Artikulation beiträgt, denn seine Zunge beginnt so langsam aber sicher schwer zu werden "Pröstersche, aufeneues..." Aber wenn's schön macht... Immer rein mit dem Wein!

Diese überaus gesellige Runde tagt zusammen mit uns noch fast bis Mitternacht, bis sie sich so langsam auflöst und sich dem Alkohol geschuldet ausdünnt. Wir sind heute definitiv nicht die Letzten und wackeln rüber in unser Zelt.

Das übliche Ritual folgt auf dem Fuß, ergänzt um das neue In Form des Betthupferls "Marillen". Thomas: "Och nööh, muss das?" Ich: "Keine Widerrede, sonst gibt's morgen schlechtes Wetter!" Das zieht und schwuppdiwupp gesellt sich der Marillen zu Thomas Rotwein und meinem Bier. "Gute Nacht, Jim Bob. Gute Nacht, Elisabeth. Gute Nacht, John Boy." Bärchen wird wach und schmettert uns, bevor wir die Stirnleuchten ausschalten, einen Blick zu, der uns erschauern lässt.

Re: Bonjour Tristess

Verfasst: Samstag 17. August 2013, 11:06
von ryna
Aha, Bärchen scheint Antialkoholiker und ein ungeselliges Getier zu sein. Liegt den ganzen Tag auf dem faulen Fell und echauffiert sich, wenn sich die Herren Kutscher Abends ein bisschen Spass gönnen. Solche Mitfahrer liebt man... ;)

Re: Bonjour Tristess

Verfasst: Samstag 17. August 2013, 13:56
von Mimoto
Hi Rene,

wie schön Du erinnerst Dich unser und auch Deiner Reise... und das bei dem Wetter. :lol:

Wunderbar, einfach köstlich Deine Schreibe aber das weisst Du ja. Ich bin sehr gespannt was da noch alles passiert ist.. :L

Grüße

Re: Bonjour Tristess

Verfasst: Samstag 17. August 2013, 18:53
von Andre
Hi Rene,
tolle Schreibe (ich glaub ich wiederhol mich). Das tolle an diesem Forum ist, das nicht über Kettenöler oder Mappings diskutiert wird, sondern dass solche Reisebereichte rüber kommen. Die persönlich Note egal ob jetzt N..xyzt.. oder Pass sonstwienoch ... es macht Spass mit Dir / Euch mitzufahren..

Freue mich auf die Fortsetzung...

Gruss
André

Re: Bonjour Tristess

Verfasst: Samstag 17. August 2013, 18:55
von Rene13
Mimoto hat geschrieben:Hi Rene,

wie schön Du erinnerst Dich unser und auch Deiner Reise... und das bei dem Wetter. :lol:

Wunderbar, einfach köstlich Deine Schreibe aber das weisst Du ja. Ich bin sehr gespannt was da noch alles passiert ist.. :L

Grüße
Danke für die Blumen und Schande über mich und meine partielle Abstinenz...
Und um direkt eine Entschuldigung, sozusagen à konto , zu liefern:

Es kann sein, dass ich "von jetzt auf gleich" unterbreche, denn wir warten echt minütlich darauf, zum Kreißsaal
zu fahren... Der Zwerg ist seit 13ten ausgezählt!

In diesem Sinne
nervöse Grüße
Rene

Re: Bonjour Tristess

Verfasst: Sonntag 18. August 2013, 00:03
von Mimoto
Rene13 hat geschrieben:
Mimoto hat geschrieben:Hi Rene,

wie schön Du erinnerst Dich unser und auch Deiner Reise... und das bei dem Wetter. :lol:

Wunderbar, einfach köstlich Deine Schreibe aber das weisst Du ja. Ich bin sehr gespannt was da noch alles passiert ist.. :L

Grüße
Danke für die Blumen und Schande über mich und meine partielle Abstinenz...
Und um direkt eine Entschuldigung, sozusagen à konto , zu liefern:

Es kann sein, dass ich "von jetzt auf gleich" unterbreche, denn wir warten echt minütlich darauf, zum Kreißsaal
zu fahren... Der Zwerg ist seit 13ten ausgezählt!

In diesem Sinne

nervöse Grüße
Rene

...sozusagen der Beginn einer neuen Reise René. Deine Liebste soll noch petzen bis 24. dann gibt's ne Jungfrau,
das sind die Besten. :D (...Marlon, Malte, Corinna, Ich und sogar der Hund Orlando... alles Junge Frauen :lol: ..)
Ich drücke beide Daumen. :L

Viele Grüße...

Re: Bonjour Tristess

Verfasst: Sonntag 18. August 2013, 08:44
von Rene13
Mimoto hat geschrieben:
...sozusagen der Beginn einer neuen Reise René. Deine Liebste soll noch petzen bis 24. dann gibt's ne Jungfrau,
das sind die Besten. :D (...Marlon, Malte, Corinna, Ich und sogar der Hund Orlando... alles Junge Frauen :lol: ..)
Ich drücke beide Daumen. :L

Viele Grüße...
Warten wirs ab, aber wir hätten nichts dagegen, wenn es jetzt so langsam mal los geht.

In diesem Sinne, weiter gehts dann erstmal mit meinem Bericht:



20.05.2013
Ich habe keine Mittel mehr, drum fahre ich ans Mittelmeer...


Bärchen sitzt auf meinem Bauch und trommelt mit seinen Tatzen auf mir herum. „Na, auch schon wach?“, frage ich ihn. „Hunger?“ Bärchen nickt und beleidigt, dass es noch keinen Honig gibt, verzieht er sich wieder in seine Ecke.
Ich spare mir die nunmehr übliche Frage am heutigen Morgen an Thomas, sondern bastle direkt einen Pfefferminztee für ihn und für mich den üblichen Kaffee zusammen. Zum Glück habe ich mir gestern Abend noch ein paar Beutelchen Pfefferminztee aus dem Restaurantbereich „ausleihen“ können und so ist der Vorrat an Tee für Thomas wieder aufgestockt.

„Keks dazu?“, „Nöh, hab ja Tucs...“ Täglich grüßt das Murmeltier und genau wie in der vorangegangenen Nacht hat Thomas wieder gefroren, entsprechend steif krabbelt er aus dem Zelt heraus.

Wir stellen fest, dass unser Platz scheinbar doch nicht so optimal für unser Zelt ist, denn es hat schon ganz schön gerappelt in der Nacht. Also machen wir uns auf die Suche nach einem besseren Plätzchen. Schließlich finden wir eines in direkter Nähe des alten Wohnwagens, der ebenfalls auf der Wiese steht. Schnell sind die paar Heringe aus dem Boden gezogen und das Zelt begibt sich zusammen mit uns auf Wanderschaft, quer über die Wiese.


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Nach unserem Umzug...


Das wäre also geschafft und wir sind der Meinung, uns das Frühstück nun aber auch verdient zu haben. Also ab, rüber ins Haupthaus und dem leckeren Frühstücksbuffet den ihm gebührenden Besuch gewähren. Nach dem Frühstück wollen wir wieder los und die Gegend mit den Mopped erkunden.
Wir finden wirklich gutes Kartenmaterial der näheren und weiteren Umgebung vor und so beginnt nun die Planung für den heutigen Tag. Thomas gibt mir die einzelnen Wegpunkte an und ich hacke sie fix ins Tomtom. Schon steht die Tour.

Bevor es nun schlussendlich losgehen kann, fahren wir noch schnell nach Lezignan, um dort am Einkaufszentrum zu tanken. Das ist definitiv preiswerter, haben wir uns eben beim Frühstück sagen lassen.
Und schon geht’s weiter. Wieder über kleine und kleinste Straßen bewegen wir uns in Richtung Mittelmeerküste. Die Krönung ist in einer Serpentine zu finden, die auf einer Kuppe endet, von der aus wir die Küste sehen können. Kurze Zeit später merken wir an der Vegetation definitiv, dass wir nun schon mediterrane Klimabedingungen haben. Pinienwälder!


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Kleine und kleinste Straßen sind mein Faible


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Zwischendurch auch mal runter vom Asphalt


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Tag (naja...) am Meer



Am frühen Nachmittag schlagen wir wieder in Moux auf und bereiten uns auf den Abend vor. Thomas will wieder am Abendmenü teilnehmen, ich werde mir eines meiner hochkulinarischen Trockenmenüs zuführen. Wozu hab ich den ganzen Kram sonst mitgeschleppt?

„Isch abe fertig „ – es gab Pasta Bolognese, alles ist fein abgewaschen und nach einem Kaffee schlendere ich über die Wiese und den Kiesweg ins Haupthaus. Zum Glück sind die anderen schon beim allabendlichen Bierchen und der eine Typ aus dem Westerwald sieht jetzt schon wieder so aus, als würde er den Abend nicht mehr überstehen. Ratzfatz steht er auch schon wieder auf und holt sich die nächste Karaffe Rotwein. In Windeseile hat er die dann auch wieder geleert und ich stelle mir die Frage, warum er sich nicht direkt an das kleine Weinfässchen setzt, denn der Aufwand, den er betreibt, scheint der Mühe nicht wert zu sein. Kilometergeld gibt’s hier nicht und es hat eh’ schon jeder mitbekommen, dass es einen nüchternen Abend für ihn nicht zu geben schein. So dauert es auch nicht lange, bis er in den Zustand einer halbseitigen Gesichtslähmung verfällt und es verdammt schwierig wird, ihn zu verstehen. Die Truppe, die mit ihm hier ist, scheint das wohl schon zu kennen...

„Ischhappdaschschonpaarmalerleeeebt...“ setzt er zu einem unerkennbaren alkoholgeschwängerten Satz an, bis ihn ein Mädel aus der Truppe unter den Arm klemmt und ihn mit den Worten „Komm’ is gut jetzt, Du hast genug!“ abführen will. „Aaabereintrinkischnochausmfässje“ lautet der kurze Widerstand, bis er mit zerknautschtem Gesicht und voller Karaffe wieder am Tisch sitzt.
Kurz und gut, er wird sich nun jeden Abend so abschießen...

Irgendwann haben Thomas und ich genug von der sich ergebenden Szenerie und wir verschwinden in unser Zelt, wo Bärchen schon im Schlaf sabbert. Scheinbar träumt er von Honigwaben, die unerreichbar für ihn zu sein scheinen, denn er strampelt und zappelt wie wild herum.

„Was raschelst Du denn da rum“, frage ich Thomas. Bärchen wird auch wach von diesem metallischen Geräusch. Total genervt verkrümelt er sich unter mein Kapuzensweatshirt, was ich vorher in die Zeltecke gepfeffert hatte.
„Folie...“ murmelt Thomas. „Häh, was für ne Folie...?“, frage ich genervt. „Folie, Alufolie, Rettungsdecke!“ schallt es ebenso genervt zurück von Thomas. „Mir ist kalt!“ Ich knipse meine Stirnleuchte an und sehe, wie Thomas sich diese goldfarbene Folie in den Schlafsack zieht.


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Wat machste denn da???


Bärchen kommt unter dem Sweatshirt hervor und schaut interessiert diesem Schauspiel zu, verdreht die Augen und verschwindet wieder. „Aber da wirst Du drunter schwitzen, wie Sau und morgen in einer riesigen Suppe schwimmen“, sage ich zu Thomas. „Egal, mir is’ kalt und so wird’s warm“, so seine Reaktion. Er raschelt noch ein wenig vor sich hin und irgendwann ist dann auch Ruhe eingekehrt. Aus der Ecke höre ich es nun wieder entspannt schnarchen, ab und zu zappelt es ein wenig herum und ich bin froh, dass Bärchen keinen nächtlichen Aufstand macht.


Komisch, irgendwas fehlt heut Abend...

Re: Bonjour Tristess

Verfasst: Sonntag 18. August 2013, 09:04
von Karim
:lol: :lol: :lol: Hahaha... „Folie, Alufolie, Rettungsdecke!“ Ich krieg' mich nicht mehr! :lol: Sehr amüsanter Reisebericht! :L Danke!

War es denn wirklich soooo kalt oder war der Schlafsack eher für heiße Sommernächte konzipiert?