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Re: Pyrenäen im Herbst 2016

Verfasst: Sonntag 29. September 2019, 10:53
von Mimoto
... Ich bin mir sicher, dass wir durch Orte fahren, wo man sich “die Geschichte der zwei Frauen auf Motorrädern” noch in vielen Generationen am Kaminfeuer erzählt.
...das muss so ein Ort gewesen sein wo Gigl meinte er wolle hier nicht tot überm Zaun hängen, oder war es Max? :lol:

Wirklich witzig, mag ich den Schreibstill mit einer Portion "Selbstironie". :L

ADAC Tour, da bin ich aber mal gespannt.

Beste Grüße & schönen Sonntag

Re: Pyrenäen im Herbst 2016

Verfasst: Samstag 5. Oktober 2019, 15:47
von Varatweety
Pyrenäen – Sonntag – 4.9.2016

Regen oder kein Regen?

Wir hatten gestern noch einen netten Abend! Aber mit 25 Personen ist die Lautstärke beim Abendessen schon eine andere, als bei einer kleinen Mahlzeit in einem verschlafenen Hof in einem französischen Dorf oberhalb der Mosel.;-)

Ein neuer Tag begrüßt uns heute mit wolkenverhangenem Himmel. Alle Wetter-apps sagen, es bleibt trocken! Nun ja, glauben wir es mal.

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(Morgens auf dem Parkplatz)

Ungeduldig scharren alle mit den Hufen, wann es endlich losgeht. Ab heute genießen wir auch den Luxus, dass ein Bus unser Gepäck von Hotel zu Hotel fährt ! Schon wirklich ein Luxus, bei den Straßen, die wir in den nächsten Tagen unter die Räder nehmen wollen. Bei einem ersten Blick auf den Parkplatz stellen wir fest, dass wir mit dreimal Honda, einer Yamaha und einmal Suzuki bei der 1200 GS Ausfahrt wirklich in der Minderheit sind! Naja, den werden wir es noch zeigen. ;-)

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Viertel nach neun geht es los. Während wir uns durch kleine Winzerdörfer bewegen, liegt die Ebene zwischen Macon und Villefranche im grau – blauen Morgendunst links unter uns. Wassertürme und Kirchturmspitzen ragen trotzig in die Höhe.

Ich liebe das erwachende Frankreich… Zwei alte Männer mit ebenso vielen Zähnen stehen rauchend in einer Bar, eine Mama klemmt sich das frisch gekaufte Baguette unter den Arm und zwei Hunde wärmen sich in den ersten Sonnenstrahlen.

Die Weinberge des Beaujolais wechseln sich mit schattenspendenden Waldpassagen ab. Wir lassen Lyon weit links liegen und fahren über die ersten Pässe wie Col du Joncin, durch St. Paule, vorbei an Affoux, bevor wir in Panissières nach zwei Stunden den ersten Kaffeestop einlegen.

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Kurz vor elf geht es weiter, erst noch durch hügelige Landschaft, bevor wir leider wieder stetig bergab fahren müssen.. Stetig steigt auch die Temperatur und ich überlege, ob es mir nicht besser ging, als ich noch an die konstant 14 Grad geglaubt habe. ;-) Aber noch haben wir die 30 Grad von gestern nicht erreicht.

Nach dem Motto “never change a winning team”, genieße ich es auch in der ADAC – Gruppe, Monika weiterhin hinter mir zu wissen. Doch als ich nach einem der unzähligen Kreisverkehre suchend in den Rückspiegel schaue, blicke ich mir tief in die Augen. Mir wird sofort klar, ich sehe nicht nur Wüstentiere, sondern habe auch noch eine Schraube locker. ;-)

Also muss in einer der nächsten Pausen wohl der rechte Spiegel wieder befestigt werden…

Ansonsten kann ich mich technisch nicht beschweren… Nach den ersten mehr als 1000 Kilometern habe ich auch richtig Vertrauen in die neuen Reifen mit dem stacheligen Insekt drauf…;-)
Nach wunderschönen menschenleeren Strecken auf frisch geteerten Straßen folgen wir viele Kilometer dem Gorge de la Loire. Nachdem unser Tourguide mehrere nette Lokale unbeachtet am Straßenrand hat liegen lassen, gestaltet sich kurz darauf die Suche nach einem Mittagessen schwierig. Endlich finden wir ein nettes Lokal, in dem man aber leider nicht bereit ist, auch nur ein kleines bisschen langsamer zu sprechen. Wir müssen uns also überraschen lassen, was wir so bestellt haben…

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Ich glaube, danach war ich im Suppenkoma oder der Schnitzelstarre. Ich erinnere mich an kaum was nach dem Mittagessen. Außer der Tatsache, dass es deutlich entspannender ist, mit nur 5 Motorrädern an einem Sonntag eine Stadtdurchfahrt zu machen, als an einem Wochentag mit 11 Bikes .

Am Lac de Bouchet machen wir einen letzten Stopp zum Kaffee trinken. Nun ja… Nicht alle…

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Als bekennende Wasserratte muss ich selbstverständlich Qualität und Temperatur des erfrischenden Nass testen und ärgere mich kurz darauf, die Schwimmsachen im Bus zu haben. Kann passieren, wird ab morgen geändert.:-)

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Monika und ich sinnieren darüber, wie schön es ist, nicht jeden Tag so viele Kilometer fahren zu müssen… Äh, zu dürfen…. Äh, zu wollen….. Ach, ihr wisst schon!;-)

Die letzten Kilometer sind noch einmal traumhaft.

Wir schwingen uns schwindelig durch die Ausläufer des Gorge d’Allier und folgen weiter dem Chapeauroux , bevor wir in Châteauneuf-de-Randon in so etwas wie einer Garage die Motorräder am Hotel parken dürfen. Wir sind nicht die einzigen, die sich fragen, wie man da morgen wieder raus kommt.

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Das Feierabend – Bier haben wir uns redlich verdient.

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Aber auch der weitere Ausklang des ereignisreichen Tages im tollen Speisesaal des Hotels lässt keine Wünsche offen.

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Wir laufen einen Esslöffel des Nachtischs noch auf einem kleinen Spaziergang ab und freuen uns auf den morgigen Tag, wenn es zu der Stadt geht, die nach einem berühmten Spiel benannt wurde. Es geht nach Carcassonne!

Anmerkungen des Tages:

Anmerkung 1:
die Wetter Apps haben Recht behalten. Kein Regen!

Anmerkung 2:
ich habe Arachnophobie. Ich möchte die Schlaumeier vor sich selbst bewahren. Daher bleiben bei mir Skorpione Insekten und keine Spinnentiere. Eine Spinne käme mir nicht mal auf dem Reifen ans Motorrad.

Anmerkung 3:
wir wollten es den BMWs zeigen. Wir haben es ihnen gezeigt! Zuerst, wie man das Rücklicht an einer Honda wechselt. Danach, wie man an einer Suzi den Spiegel befestigt. Ich liebe es, wenn ein Plan aufgeht….

Anmerkung 4:
ich habe Schlauchophobie, oder wie auch immer man die Angst vor dem Überfahren von Schläuchen in Schräglage auf dem Motorrad nennt. Heute bin ich über einen Schlauch gefahren.

Re: Pyrenäen im Herbst 2016

Verfasst: Sonntag 6. Oktober 2019, 15:02
von Karim
... da darf man wahrlich gespannt sein, wie man sein Moped wieder aus der Garage bekommt :D Aber ich denke, ihr werdet den Mopedknäuel gelöst haben.

Ich bin gespannt, wo ihr in die Pyrenäen einsteigen werdet und was es dann zu Bilder im Reisebericht zu sehen gibt. Ich habe die Pyrenäen fälschlicher Weise für ein Mittelgebirge gehalten, bis mir Wikipedia die Augen öffnete und ich las, dass es dort über 200 Bergspitzen mit über 3000m Höhe gibt :shock: Im Prinzip so etwas wie die Alpen zwischen Spanien und Frankreich. Das weckt mein Interesse umso mehr.

Freue mich auf die Fortsetzung.

Re: Pyrenäen im Herbst 2016

Verfasst: Sonntag 6. Oktober 2019, 15:42
von Quhpilot
Cooler Bericht bis jetzt.....bin gespannt ....... DD

Re: Pyrenäen im Herbst 2016

Verfasst: Sonntag 6. Oktober 2019, 16:15
von Chris aus Leonding
Gestern Nachmittag deinen Rumänienbericht in einem Rutsch reingezogen und jetzt eure 16er Tour begonnen zu lesen.
Was soll ich sagen, gefällt mir sehr dein Schreibstil DD

So, muss jetzt weiter zum Tobias seinem Bericht, bin nämlich in Verzug - so ein Stress .... :mrgreen: ;)

Re: Pyrenäen im Herbst 2016

Verfasst: Sonntag 6. Oktober 2019, 18:44
von Varatweety
Mimoto hat geschrieben:
... Ich bin mir sicher, dass wir durch Orte fahren, wo man sich “die Geschichte der zwei Frauen auf Motorrädern” noch in vielen Generationen am Kaminfeuer erzählt.
...das muss so ein Ort gewesen sein wo Gigl meinte er wolle hier nicht tot überm Zaun hängen, oder war es Max? :lol:
Das muss definitiv der Ort gewesen sein... ;)

Re: Pyrenäen im Herbst 2016

Verfasst: Montag 7. Oktober 2019, 08:59
von Varatweety
Pyrenäen – Montag – 5.9.2016

Route Nationale

Ich liege im Bett. Ich träume. Ich träume von einer sanften Meereswelle, die leise auf mich zu rollt. Das Rauschen wird lauter, es wird ohrenbetäubend. Doch dann ebbt es wieder ab. Eine Stunde später fragt mich Roadine , ob wir vielleicht das Fenster zu machen sollen. Was will sie von mir?! ?! ?!

Morgens um 5 Uhr weiß ich dann, dass ich den Bericht von gestern korrigieren muss. Ich liebe das erwachende Frankreich an einem SONNTAGmorgen in einem verschlafenen Ort, nicht an einem MONTAGmorgen in unserem Hotel mit Fenster Richtung Route national.

Ja, wir hätten das Fenster schließen sollen. Dann wären die LKW ab 5 Uhr auch da geblieben, wo sie hingehören – draußen!

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Das hervorragende Frühstück im Hotel reißt es aber wieder heraus. Regionale Salami, Käse, Orangensaft, Baguette, Croissants und eine super schnelle nette Bedienung – so kann der Tag starten!

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Wir bringen das Gepäck zum Bus und helfen uns anschließend alle gegenseitig, die Motorräder rückwärts aus der Naturboden-Garage zu schieben.

In der ersten Stunde sind die Lichtverhältnisse echt schwierig. Entweder blendet einen die noch sehr tief stehende Morgensonne, oder man fährt in die noch sehr dunklen Wälder hinein und hofft, dass die Straße wie in etwa vorhergesehen weiter verläuft.

Das alleine erklärt aber nicht, dass ich auch die erste Stunde mit mir selbst kämpfe. Während ich konsequent auf den grauen Quadratmeter Asphalt vor meinem Vorderreifen starre, halte ich mich krampfhaft am Lenker fest und weiß dabei jede Sekunde “SO nicht!”

Ich hoffe inständig, dass es nicht die ganzen 300 km heute so geht.

Hinter dem Col de Finiels eröffnet sich ein toller Blick auf die Cevennen und wir nutzen die Gelegenheit für die obligatorischen Fotos.

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Danach klappt es auch mit dem Zweirad wieder besser. Immerhin schaue ich schon auf das Nummernschild meines Vorgängers, die Blickführung wird also besser. ;-)

Bei Florac biegen wir steil Richtung Süden ab und folgen dem Tarnon bis nach Rousse. In einem sehr netten Café am Straßenrand erhalten wir die dringend benötigte flüssige Stärkung.

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Ich nutze wie immer die Zeit, die Strecke ganz “old school” in die Karte zu übertragen, ist für mich plastischer und begreifbarer. ;-)

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Doch schon brechen wir wieder auf, dass nächste Ziel ruft! Jetzt läuft es auf dem Motorrad endlich so, wie ich mir das heute schon die ganze Zeit gewünscht habe. Die kleine Schwarze tanzt willig um die Kehren und stürmt in die weiten Kurven unter mir und ich lasse sie. Sie kann das so schön! :-)

Wir schwingen durch den Gorge du Tapoul, erklimmen den Mont Aigoual, stürzen uns herab
Richtung l’Espérou, bevor wir uns im Gorge de Durbie schwindelig kurven. Bei knapp über 20 Grad könnte ich ewig so fahren….

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Und es wird Herbst! Die ersten einsamen Kastanien liegen auf der Straße, die Gräser sind vertrocknet und auch das Laub schillert in allen Farben von grün über gelb bis rostrot. Je südlicher wir kommen, desto südlicher riecht es auch. Die Kiefern verströmen ihren harzigen Duft und in den felsigen Abschnitten riecht man die verstreuten Schafe, die sich um die wenigen trockenen Grashalme streiten.

Auf kleinsten Straßen geht es weiter, wir überqueren die A75 bei Le Caylar und finden endlich in Lunas etwas zu essen… Es ist halb zwei und wir haben nach 200 km echt Hunger!

Wir finden unter Platanen ein süßes Lokal mit tollen Tagesgerichten und genießen bei einer angenehmen Brise die Schatten spendenden Bäume.

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Dem Orb folgen wir Richtung Bellarieux, eine silberne CBF zwingt uns zu einem zeitigen Tankstop. ;-) (Ich darf das eigentlich nicht schreiben, Monika wird mich treten.) ;-)

Wolken aus aufwirbelndem Staub begleiten uns bei Hitze und kräftigem Wind immer weiter dem Orb entlang bis Olargues. Bei Prémian thront hoch über uns die goldene Notre-Dame de Trédos. Beeindruckend!

Bei St. Pons de Thomières wechseln wir wieder einmal die Richtung, wir müssen ja noch ein Stück Strecke machen. Richtung Süden geht es auf einer toll ausgebauten D907, bevor wir wieder einmal bei der Hitze eine kurze Pause brauchen. Statt Platanen sind es nun Kastanien, aber auch dieses Lokal ist super gewählt. Wieder unter Schatten, wieder leichter Wind: Vive la France!!!

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Selbst der Ausblick aus der Toilette des Cafés lädt zum Verweilen ein.

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Die letzten Kilometer sind nicht mehr so spannend. Immer geradeaus geht es im Berufsverkehr Richtung Carcassonne. Der Wind kämpft mit uns, aber wie ein Dreimaster auf hoher See halten wir tapfer dagegen!

Die Ankunft am Hotel ist ernüchternd. Kein Blick auf die Stadt, in einem Ibis vor den Toren der Stadt bekommen wir keinen Eindruck dieser faszinierenden Stadt. Nun ja, kann man nichts machen.

Ein Feierabendbier haben wir uns verdient, oder zwei. Wir schaffen es sogar, jemanden unter den Tisch zu trinken. Gut, es waren die Stühle im Wind – aber immerhin!

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Betrunken gehen wir unter die erfrischende Dusche und hoffen auf eine späte Grundlage – das Abendessen!

Morgen ist unsere Ziel Spanien – mit neuem Tourguide, den anderen haben wir aufgebraucht! ;-)

Anmerkungen des Tages:

Anmerkung 1:

Es gibt große Bier und große Bier.

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Anmerkung 2:

Man kann es schaffen, vier Tweetys auf ein Bild zu bekommen.

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Anmerkung 3:


Gestern sind wir Richtung “toutes directions” gefahren, heute Richtung “autres directions” . Beides war sehr schön! Muss ich mir merken – da möchte ich noch mal hin.;-)

Re: Pyrenäen im Herbst 2016

Verfasst: Montag 7. Oktober 2019, 11:58
von JvS-105
:L :L :L

.. und dann soll man hier in der kalten Schweiz, mit Schnee auf den Bergen, auf der Arbeit was schaffen, wenn man von France und Gorges und Cevennen und Kurven liest ..

Danke für den kurzen Frankreich-Traum, anstelle einer Kaffeepause!!
DD DD DD

Griass - JvS