Tag 4:
Heute hab ich mir das Frühstück schon für 7 Uhr geordert. Beim Aufstehen ist es noch fast dunkel, aber als es hell wird schaut der Blick aus dem Fenster gar nicht so schlecht aus. Das Frühstück hier ist noch etwas spartanischer als französisch üblich. Es gibt nur aufgebackenes Brot, dessen Kruste so hart und trocken ist, dass es mehrere Tassen Kaffee braucht um das Ganze in eine schluckbare Form zu bekommen. Aber was solls, es macht satt und der Kaffee ist dafür richtig gut. Also nach dem Frühstück meine Dicke bepackt und los geht’s Richtung Col de l’Iseran. Ab Val d’Isere sind die Straßen zwar nass aber es regnet nicht mehr. An der Stelle, an der ich gestern Kehrt gemacht habe, läuft eine kleine Herde mit Pferden auf die Straße. Drei Fohlen und 3 größere. Eins der Größeren, vermutlich die Stute, läuft ganz hinten und beäugt mich misstrauisch. Da die kleine Herde die ganze Straße einnimmt, kann ich auch nicht überholen, also Kamera raus und ein schnelles Foto geschossen. Nach einer kleinen Weile begibt sich die Herde wieder auf die Wiese neben der Straße und ich kann vorbei.
Sehr schöne Ausblicke auf der Fahrt nach oben, aber es wird merklich kälter und es tauchen immer wieder, auch frische Schneereste am Straßenrand auf.
Gut dass ich gestern nicht hier hoch gefahren bin, wer weiß was mich da erwartet hätte. Auf dem Iseran ist es ungemütlich kalt und als ich die Fahrt Richtung Bonneval Sur Arc ins Tal aufnehme fängt es auch wieder etwas an zu tröpfeln. Inzwischen habe ich auch herausgefunden, dass ein Tiefdruckwirbel über Korsika immer wieder regenreiche Wolken in die Westalpen führt. Naja, vielleicht hab ich ja etwas Glück und ich erwische heute die trockenen Phasen.
Als ich in Bonneval sur Arc ankomme, hat es fast aufgehört zu regnen und ich beschließe mein Mopped am Ortsrand abzustellen und einen kleinen Gang durch den Ort zu unternehmen. Der Ort ist echt sehenswert und da ich noch vor 10 Uhr hier bin, sind auch noch keine anderen Touris da. Also kann ich in Ruhe alles anschauen und ein paar Bilder machen.
Die weitere Strecke nach Lanslebourg ist zwar ganz nett aber eher unspektakulär. Zum Glück sind die Straßen wieder trocken hier und es geht zur Abwechslung mal flott voran. Auf einigen Nebenstraßen fahre ich weiter nach St. Michel de Maurienne, dort nur kurzer Tankstopp und weiter zum Col du Télégraph. Die Wolken haben sich inzwischen aufgelockert und es ist warm und trocken. Die Fahrt zum Télégraph ist super. Auf dem Télégraph mache ich erstmal ausgiebig Pause. Danach geht’s weiter zum Galibier. Auf dem Weg halte ich mehrmals an und genieße den Ausblick. Oben angekommen, wow, was für eine Aussicht! Ich erklimme sogar den kleinen Weg zum Tableau de Info. Einfach toll was man hier alles sehen kann. Allerdings bin ich wegen der Höhenluft total außer Puste und mein Respekt für die Radfahrer die hier hochstrampeln wächst extrem.
Nachdem ich wieder Luft bekomme (nein ich hab kein Sauerstoffzelt gebraucht) fahre ich weiter zum Lauretat. Es ist kühl und leider zieht es sich von Süden her wieder langsam zu. Aber ich fahre weiter. Die Fahrt nach Briancon geht flott und ist weitgehend unspektakulär. Eigentlich wollte ich mir Briancon anschauen, aber es tröpfelt schon wieder und da es noch zu früh für die Hotelsuche ist, fahre ich weiter zum Izoard. Auf dem Weg nach oben muss ich dann anhalten um meine Pelle wieder anzuziehen, denn der Regen wird stärker. Trotzdem ist die Fahrt gut. Am Izoard regnet es und es ist neblig. Komme mit einer Truppe aus Unna kurz ins Gespräch. Netter Smalltalk und ich treffe sie beim nächsten Fotostopp an den Casse Déserte wieder. Leider regnet es hier wieder stärker und ich mache nur schnell die wichtigsten Bilder (die wahrscheinlich eh jeder hier macht) und fahre weiter. Leider habe ich die nette Truppe danach nicht wieder getroffen. Am Col der Vars lässt der Regen wieder nach und ich schöpfe Hoffnung, lasse aber meine Regenpelle noch an. Auf der Südseite wird es wieder schlechter, kurz drauf wird es aber wieder trocken. In Jausiers an der Auffahrt zum Bonette ist es trocken und so beschließe ich den Bonette heute noch zu nehmen, was sich wettertechnisch leider als Fehler herausstellt, denn es wird saukalt und regnet. Oben am Cime de la Bonette angekommen, ist Sturm, Regen und Nebel bei knapp 5°C. Na Supi. Ich bin Mutterseelenallein hier oben. Also nur schnell das Beweisfoto geschossen und nix wie wieder Runter. Es regnet unaufhörlich auf der Südseite des Bonette und es ist immer noch keine Menschenseele zu sehen. In einer Spitzkehre erschrecke ich, weil mir ein Murmeltier direkt vors Mopped läuft. Ich kann aber noch bremsen und wir beide kommen mit dem Schreck davon. Die Strecke ist trocken sicher der Hammer.
Weiter geht’s nach St. Etienne de Tinée. Ich überlege mir hier ein Hotel zu suchen, will aber weiter, vielleicht ist es weiter südlich ja trocken. Vor St. Savoir sur Tinée biege ich rechts ab in Richtung Beuil. Plötzlich lässt der Regen nach und die Straße wird trocken. Die kleine Straße die sich am Berghang entlang schlängelt ist wieder super und entschädigt etwas für den versauten Bonette. Weiter Richtung Beuil, wo ich mir ein Hotel ausgesucht hatte. Das Hotel ist aber Geschlossen. Bei der Suche nach einer weiteren Übernachtungsmöglichkeit entdecke ich wenige Meter vorher ein kleines Hotel. Der Wirt spricht Englisch und sogar etwas Deutsch. Er macht mir ein Angebot für das Zimmer mit Halbpension für 65 €. Ich schlage zu, weil ich todmüde bin. Beim Abendessen, was sehr gut ist, spendiert mir der Wirt noch ne halbe Flasche roten und ich falle um halb 10 in mein weiches französisches Bett, in der Hoffnung auf besseres Wetter morgen.