Prolog
Ich hatte es geschafft! Nachdem ich Cuore Sportivo/Gerhard 2 Jahre lang von Alpenüberquerungen mit dem Mountainbike vorgeschwärmt hatte, war er endlich weich geworden. Er hatte sich ein neues Fully zugelegt, seine Ausrüstung erneuert und mit mir ein paar Proberunden gedreht.
Da bei uns der 5er schon in deutlicher Hörweite liegt und das Erlebnis vor den sportlichen Ehrgeiz geht, hatte ich eine Strecke mit Tourencharakter von etwa 360km bei rund 6000Hm Aufstieg geplant, die uns von Salzburg nach Venzone ins Friaul führen würde. Tourencharakter bedeutet in diesem Fall 2 Tage auf Asphalt, 2 Tage „Off Road“ und dann ein „Reha-Tag“.
1. Tag
Mit der Deutschen Bahn ließen wir uns, an einem für den Juli etwas kühlen Tag, von München nach Salzburg bringen. Die Bahnreise verlief problemlos, uns begegneten weitere Radreisende, allerdings Tourenfahrer die ihre Räder mit 5-6 Taschen behängt hatten. Dagegen sahen wir mit unserem Rucksack wie Tagesausflügler aus.
In Sazburg angekommen stockten wir unseren Vorrat an Bananen auf und begannen Mittags unsere Reise unter einem wolkenverhangenen Himmel an der Salzach auf dem Alpe-Adria-Radweg (CAAR).

Meine Wenigkeit am Ausgangspunkt des CAAR an der Salzach
Erstes HIGHlight war der Pass Lueg, ein nicht allzu schwerer Anstieg und zur Belohnung ein Stück Kuchen und ein streng isotonischer Durstlöscher (eine Halbe Bier) im Gasthaus auf der Passhöhe. Gerade als wir wieder weiter wollten ließen die Wolken ihr Last fallen, Schnürlregen vom Allerfeinsten. Auf den Hacken kehrt gemacht und präventiv noch einen streng isotonischen Durstlöscher eingefüllt. Nach etwa einer halben Stunde hatte der Regen soweit nachgelassen, dass wir die Abfahrt vom Pass Lueg in Angriff nehmen konnten.

Cuore Sportive/Gerhard am Struber Denkmal, Pass Lueg
Der CAAR führt weiter an der Salzach entlang, leider nicht immer auf einem eigenen Radweg, an der Burg Hochwerfen vorbei, weiter ins Pongau hinein. Mein Rad hatte den Schnürlregen irgendwie übel genommen und tat dies mit einem nervigen Iiiietsch…Iiiietsch…Iiiietsch… bei jedem Treten kund. Eine gründliche Ölung aller beweglichen Teile brachte leider keine Besserung.
Gegen 17:00 erreichten wir Sankt Johann im Pongau und nahmen uns im Zentrum ein Zimmer. Das Gequietsche an meinem Rad hatte sich inzwischen zu einem nervenzerfetzendem IIIECK…ÄÄÄCK…IIIECK…ÄÄÄCK… entwickelt. Gegenüber von unserem Hotel befand sich ein Rad-Laden, der sich am nächsten Morgem gleich als Erstes mit meinem Rad beschäftigen wollte.
Den Abend beschlossen wir landestypisch mit Schnitzel und reichlich streng isotonischen Durtlöscher.
2. Tag
Nach dem Frühstück holte ich als Erstes mein Rad ab, das zerlegen und nachstellen vom Tretlager und das überprüfen des Hinterbaus hatte das Geräuch zwar minimiert aber leider nicht eleminiert. Im Laden fielen mir die E-MTB von KTM auf. Schöne Teile, vielleicht in 10 Jahren wenn dann die Knie nicht mehr so richtig wollen?
Zunächst ging es aber wieder per Muskelkraft weiter auf dem CAAR Richtung Bad Gastein. Das Wetter hatte sich immer noch nicht wesentlich gebessert, landschaftlich eine sehr schöne Strecke, die meist auf Nebenstrecken bzw. stillgelegten Landstrassen weiter an der Salzach führt.

In der Nähe von Schwarzach im Pongau, Blickrichtung Süden auf die Tauern
Unerwartet lang und steil stellte sich der Aufstieg nach und in Bad Gastein heraus. Aber wer wird denn schon am 2. Tag schlapp machen, noch dazu mit so furchterregenden Stollenreifen?!

Wasserfall in Bad Gastein
Wie Eingangs gesagt, nicht der sportliche Ehrgeiz stand im Vordergrund, deshalb würden wir die Tauern nicht über- sondern durchqueren. Mit der Bahn. Wir erreichten die Bahnverladung bei Nieselregen, heulendem Wind und gerade mal 6° Außentemperatur. Der angenehmste Ort auf dem menschenleeren Bahnhof war die Toilette, geheitzt und trocken. Wir zogen so ziemlich alles an was sich in unseren Rucksäcken befand denn die Wetter-App sagte für die andere Seite, Mallnitz, nichts Besseres an. Erst im Mölltall, bei Obervellach sollte die 20° Marke erreicht werden.
Tatsächlich war das Wetter auf der anderen Seite der Tauern kein bisschen besser, schnell auf die Räder, alles zu- und festmachen und es die folgenden 550Hm ins Mölltal einfach laufen lassen. Hatten uns zunächst noch einige Autos überholt, holten wir sie nach kurzer Zeit nicht nur ein, sondern fuhren an ihnen vorbei. Mein GPS zeigte irgendwas über 70km/h an, die aufsteigende warme Luft und der Sonnenschein der sich am Horizont abzeichnete, verführten uns zu dieser bekloppten Aktion.

Im Mölltal bei Obervellach
Kaum unten angekommen konnten wir den Großteil der Klamotten endlich im Rucksack verstauen, noch immer auf dem CAAR fuhren wir durch das malerische Mölltal bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen.

Irgendwo im Mölltal auf dem CAAR
Das Tagesziel war Möllbrücke, wir nahmen Quartier in einem Gast- und Bauernhof, genossen den Abend bei hervorragender Hausmannskost, dabei die streng isotonischen Durstlöscher nicht vergessen und beendeten den Abend bei einigen hochwertigen Obstbränden an der Bar im ehemaligen Pferdestall. Kärnten hat schon was…
3. Tag
An diesem Morgen verließen wir den CAAR südlich, in Richtung Drautal. Zunächst führte der Weg noch einige Kilometer auf Asphalt auf dem ausgesprochen ruhigen Drauradweg.

Irgendwo im Drautal
Bald verabschiedeten wir uns von den Strassen, denn unsere Strecke führte uns westlich vom Weißensee und Kreuzbergsattel über die Waisacher Alm vom Drautal ins Gailtal.

Im Hintergrund die Waisacher Alm
Unklar ist mir in Österreich das Wegerecht, wenn ich es richtig verstanden habe ist es möglich, dass auf ein und dem selben Forstweg ein privates Motorrad oder Auto (z.B. zu einer Alm) fahren darf, hingegen ein MTB geschoben werden muß um die Schotterstrasse zu schonen???
Querfeldein oder quer durch den Wald muß nun echt nicht sein, aber sowas finde ich doch höchst seltsam.

Auf da Alm da gibts koa Sünd
Schlußendlich erreichten wir das Gailtal, wo wir in einem Hotel in Rattendorf über Nacht blieben.

Die Gail, die Berge hinten links gehören schon zum Karnischen Höhenzug
In Rattendorf war gerade Kirchweih und dazu gehört logischerweis auch etwas rustikaleres Brauchtum. Um genau zu sein Böller schießen zu jeder halben Stunde. Uns wurde zwar glaubhaft versichert, dass vor 6:00 Morgens nicht geschossen wird. Die Böllerschützen konnten wohl aufgrund der Menge an streng isotonischen Durstlöscher die Uhr nicht mehr richtig lesen und ballerten uns um 4:00 aus dem Schlaf. (Frühstücks-) Ei drüber!
4. Tag
Heute stand die Königsetappe auf dem Plan. Wir würden von Rattendorf aus über die Rattendorfer Alm an der Rattendorfer Schneid den Karnischen Höhenzu überqueren und letztendlich in Italien beim Cason di Lanza wieder heraus kommen und dann weiter nach Pontebba fahren.
Die Rattendorfer Schneid ist ein Übergang zwischen Plöckenpass im Westen und dem Nassfeldpass im Osten.

Dober Bach
Im Wald stießen wir immer wieder auf Reste von Materialseilbahnen aus dem 1. Weltkrieg.

Schon ganz schön weit oben
Bis zur Rattendorfer Alm war alles gut fahrbar.

Die Rattendorfer Alm, im Hintergrund der Höhenzug der auch die Grenze ist
Nach der Alm wurde der Weg rauher schmäler, bis schließlich am eigentlichen Übergang nur noch ein Trampelpfad übrig war der stellenweise tief ausgewaschen war. Anders ausgedrückt, wir mußten stellenweise schieben.

Blick zurück ins Tal aus dem wir Morgens gestartet waren, vorne links erkennt man den „Weg“
Auf der italienischen Seite machten wir einen kurzen Abstecher zur Grotta di Attila.

Eingang zur Höhle
Am Cason di Lanza gab es natürlich ertmal einen Rosso bevor wir auf bekannter Strecke nach Pontebba hinunter rollten. Ich schätze mal das halbe Forum war hier schon mal und auch wir waren schon oft mit den Klassikern hier oben aber mit dem MTB, das war neu.

Wer genau hinschaut sieht unsere Räder links am Zaun
Während der Abfahrt nach Pontebba erwischte uns ein kurzes Gewitter, nicht schlimm, kurz im Wald unterstellen und die letzten Müslirigel der Eisernen Reserve vernichten.
Pontebba war verschlafen wie immer und alles was irgendwie nach Gasthaus aussah war dicht verrammelt. Auf der Strasse standen 2 Frauen und ein Mann, auf die Frage wo man denn hier übernachten könnte, meinte die eine der Frauen „Na bei mir!“
Ähhh!?
„Nein, nein, ich habe ein Bed&Breakfest.“
Alles klar, kleines Appartment unterm Dach, eine geöffnete Pizzeria fanden wir auch noch, damit war dieser Tag auch wieder „rund“.
Fortsetzung mit Reha Tag folgt…