Sodala. Nun also etwas mehr Prosa zu meinen Erfahrungen auf bisher ca. 40.000 km auf der KTM 1190 Adventure R.
Erworben habe ich sie im Juli 2014 mit erst 7200 km aus erster Hand von einem KFZ-Meister aus Bad Tölz, der das Moped nur für eine ausgiebige Sardinien-Tour gekauft hatte und sich nun doch wieder auf seine KTM Super Duke und EXC konzentrieren wollte.
Bereits ausgestattet mit den Zubehör-Paketen „Rallye“ sowie „Sound und Style“ entsprach das Moped genau meinen Vorstellungen, die Verhandlungsbasis war günstig und so musste ich nicht lange überlegen um eine Probefahrt zu vereinbaren.
Auf den Weg zur Probefahrt machte ich mich noch mit meiner F800GS, und im direkten Vergleich nach dem ersten Umstieg meint man, von einem Mofa auf ein Superbike zu steigen. Vergeblich suchte ich nach nervösem Ansprechverhalten, wie ich es noch von meiner vorhergehenden KTM 990 EFI Adventure kannte. Auch hierzu ein Unterschied wie Dämmerung zu strahlendem Sonnenschein. Die Leistungsabgabe ist wie beim bekannten Gummibandmotor, nur mit dem Unterschied dass der Gummi in der 1190er ordentlich vorgespannt ist. Dabei jederzeit kontrollierbar und ohne Dauereinsatz der diversen elektronischen Helferlein. Das hochwertige Fahrwerk begeistert, speziell im unmittelbaren Vergleich zur F800GS. Bei dieser Möhre setzte im Soziabetrieb der Hauptständer in jeder engeren Kurve auf, bei der 1190er kratzt maximal die Außenkante des Stiefels am Asphalt.
Die beste Sozia von allen bemerkte nach der Probefahrt ein seit langem kaum gezeigtes Grinsen von Ohr zu Ohr, der Kauf des Mopeds war also unvermeidbar, der Vertrag eine viertel Stunde später unterzeichnet und nach 2 Tagen ging es mit frischen Reifen (noch schnell vom Vorbesitzer erneuert) nach Hause.
Als weiteres Zubehör montierte ich in den nächsten Wochen noch die KTM-Heizgriffe, einen Gepäckträger für meine zwischenzeitlich über 20 Jahre alten Zega-Koffer, eine Komfort-Sitzbank sowie einen Tankrucksack aus dem Hause Teuertech.
So aufgerüstet trat ich im August 2014 die erste größere Ausfahrt zum ATiC-Treffen an den Lago di Corlo in Venetien an.
Und während ATiC-Kumpel Andreas während der dreitägigen Tour zweimal Öl in seine R1200 GS Adventure nachschütten musste überschritt ich auf der Rückreise am Passa Manghen ohne jede Auffälligkeit die 10.000 km – Marke.
Eine Bildergalerie zum Treffen gibt es hier:
http://www.atic-meeting.org/gallery/ind ... category/6" onclick="window.open(this.href);return false;
Im September ging es dann zusammen mit Katrin für 2 Wochen auf eine ausgiebige Ostalpen-Runde. Mit Stationen in Krumau, Gösing, Tröpolach und Arabba standen am Ende nach 58h reiner Fahrzeit (dem Bordcomputer sei Dank für diese umfassenden Informationen) 3610 km mehr auf dem Tacho.
Das bis dato absolut zufriedenstellende Betriebsverhalten wurde ausgerechnet am verregnetsten und kühlsten Tag dieser Tour auf dem Weg von Gösing nach Tröpolach unterbrochen, als der Multifunktionsschalter am linken Lenkerende keine Befehle mehr entgegennehmen wollte. Damit konnte ich dummerweise auch die Heizgriffe nicht mehr ansteuern, die neue vernetzte Technik hat leider nicht nur Vorteile.
Also im WWW den nächsten Freundlichen gesucht und mit Zweirad Rödlbach in Spittal an der Drau gefunden. Dort wurde ohne langes Gerede nach kurzer Analyse eine neue Schaltereinheit bestellt (erst anschließend bei KTM der Garantieantrag gestellt) und am übernächsten Tag eingebaut. Ein absolut klasse Service.
Den Abschluss der ersten Saison markierte Ende Oktober eine Wochenendtour zum Gardasee, wo wir – ohne es zu diesem Zeitpunkt ahnen zu können – wohl die letzte Fahrgenehmigung für den Tremalzo erhielten (denn im Frühjahr 2015 war es dann wegen eines neuen Bürgermeisters in Tremosine mit der legalen Befahrbarkeit dieser herrlichen Alpenstrasse vorbei.
Fazit zum Ende 2014: 17.300 km auf dem Tacho, außer regelmäßig Benzin nachfüllen (ca. 6 Liter/100km) keine weiteren Auffälligkeiten.
Damit sind wir auch schon bei den wenigen, weniger toll gelösten Details der 1190er. Eine Zapfpistole kann nicht oder maximal einen Zentimeter in den Tank eingeführt werden, da durch den direkt darunter liegenden Luftfilter kein Raum zur Verfügung steht. In der Folge tankt man entweder tröpfchenweise oder riskiert den teuren Treibstoff in die Luft zu spritzen wenn man größeren Durchfluss wählt.
In Sachen Benzinverbrauch gibt es wenig zu meckern. Angesichts der fast doppelten Leistung gegenüber der F800GS würde ich zwei zusätzliche Liter auf 100 km als angemessenen Mehrverbrauch bezeichnen. Was weniger gefällt, ist die optimistische Anzeige des Tachometers (immer 10% mehr als z.B. auf dem GPS), und damit auch die Fehlmessung des Verbrauchs über den BC. Dort darf man entsprechend auch 10% aufaddieren.
Das Handling ist gut, Länge läuft und trotzdem geht es behände durchs Kurvengewühl. Der Lenkeinschlag der 1190er ist zwar größer als bei der 950/990 Adventure, aber immer noch geringer als z.B bei der alten und neuen Africa Twin oder der F800GS. Daher muss man im extrem engen Geläuf mehr Arbeit ins Lenken stecken, und auch mal reversieren.
Die Eigenschaften abseits der asphaltierten Rennstrecken und auch im etwas anspruchsvolleren Geläuf suchen in dieser Fahrzeugklasse ihresgleichen.
Was könnte man noch ändern?
Eigentlich nicht viel. Wenn es in trial-artige Sektionen geht kann eine kürzere Übersetzung nicht schaden (ab Werk 17:42, besser vermutlich 16:45 - aber das habe ich nur beim Chabo-Versuch vermisst). Im normalen Leben, zum Beispiel am Stilfser Joch, ist die Getriebeabstufung absolut ausreichend, die Kupplung muss nicht bemüht werden. Das Getriebe schaltet sich KTM-typisch knackig und präzise. Mit kurzen Wegen und ohne irgendwelche Nebengeräusche wie man sie von allen bayerischen Modellen kennt.
Was hat sich auf den zwischenzeitlich gefahrenen weiteren 30Mm gezeigt?
Kurz zusammengefasst: K.B.V.
Den Kettensatz habe ich zwischenzeitlich 1x erneuert und einen CLS-Öler montiert. Die Reifen halten knapp 10Mm. Der Trail Attack ist der beste je von mir gefahrene Sommerreifen. Für höhere Tauglichkeit auf Naturstrassen wechselte ich in 2015 zum Conti TKC70, der für jeden Untergrund taugt. Aktuell sind Heidenau K60 Scout Winterreifen aufgezogen, die laufen etwas lauter aber bezüglich der Haftung auf trockenen und nassen Straßen auch mehr als ausreichend.
Fazit: wir bleiben erstmal zusammen und kommendes Frühjahr geht es mal wieder in den Wüstensand