Artikel 13: Urheberrechtsreform

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pässefahrer
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Re: Artikel 13: Urheberrechtsreform

#9 Ungelesener Beitrag von pässefahrer »

Im Moment gilt noch gar nichts Neues, da müssen erst nationale Gesetze draus gemacht werden.
Gruß Bernd

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H.Kowalski
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Re: Artikel 13: Urheberrechtsreform

#10 Ungelesener Beitrag von H.Kowalski »

Richtig, so ist es, wie Pässefahrer schreibt. Erst das, was EU-Mitgliedsstaaten in nationale Gesetze umsetzen werden, wird zu geltendem Recht. Diese Gesetze müssen erst noch entworfen und die parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Die EU-Richtlinie gibt hierfür einen einheitlichen Rahmen vor, der für die Parlamente verbindlich ist.

Die nächsten zwei Jahre werden daher spannend, was (aus deutscher Sicht) im Bundestag in Berlin darüber debattiert und letztlich in das Urhebergesetz gefasst werden wird. Für alle anderen EU-Mitgliedsländern gilt natürlich das gleiche. Insbesondere sind Detailfragen wie Anwendungsbereichs (private Internetforen?) nicht Gegenstand der Richtlinie, sondern Aufgabe der nationalen Gesetzgeber, diese zu regeln.

Nach meinem Kenntnisstand enthält die Richtline auch eine Vorgabe für die EU, sog. Leitlinien zu entwickeln, die die Mitgliedsstaaten in der parmentarischen Umsetzung unterstützen und begleiten - also quasi dafür zu sorgen, dass letztlich "vernünftige" Gesetze bei herauskommen, die der Zielsetzung der Richtlinie entsprechen. In parlamentarischen Angelegenheiten halte ich es meist für nützlich, sich zusätzlich zu Berichterstattungen auch aus direkter Quelle über die Zielsetzungen zu informieren.

Pressemitteilung des EU-Parlements vom 26.03.2019:
http://www.europarl.europa.eu/news/de/p ... tsschutzes" onclick="window.open(this.href);return false;

Daraus auszugsweise die Kernpunkte zitiert:
EU-Parlament hat geschrieben:Es liegt nun an den Mitgliedstaaten, den Beschluss des Parlaments in den kommenden Wochen ihrerseits zu billigen. ... Dann haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen in nationale Gesetzgebung umzusetzen.
...
Ziel der Richtlinie ist es, die Stellung der Rechteinhaber zu verbessern, insbesondere von Musikern, Interpreten und Drehbuchautoren (Kreative) sowie von Nachrichtenverlagen, so dass diese eine bessere Vergütung für die Verwendung ihrer Werke auf Internet-Plattformen durchsetzen können.
...
Zahlreiche Bestimmungen wurden mit dem Ziel entwickelt, sicherzustellen, dass die Meinungsfreiheit im Internet gewahrt bleibt. Da das Teilen von Ausschnitten aus Nachrichtenartikeln explizit vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen ist, wird sich auch in Zukunft hier nichts ändern.
...
Nicht unter die neuen Regeln fällt das nicht-kommerzielle Hochladen von Werken in Online-Enzyklopädien wie Wikipedia oder Open-Source-Softwareplattformen wie GitHub. Start-up-Plattformen werden weniger Auflagen unterliegen als etablierte und sehr große Internet-Plattformen.
Nach meinem Kenntnisstand geht es in Artikel 17 (ehemals Artikel 13) der Richtlinie um Ansprüche der Urheberrechtsinhaber gegenüber den Plattformen, die das Hochladen von sog. nutzergenerierten Inhalten zulassen. Plattformen sollen verpflichtet werden, Lizenzvereinbarungen zu treffen, um die Rechteinhaber angemessen zu vergüten. Die Plattformen sollen hierfür haften, wenn solche Lizenzvereinbarungen nicht zustande kommen und können sich von der Haftung nur befreien, in dem sie technische Maßnahmen einsetzen, die das Verbreiten der geschützten Inhalte unterbinden. Unter anderem wegen dieser Klausel steht die Richtlinie in der Kritik, weil befürchtet wird, dass gefürchtete Upload-Filter die logische Konsequenz sein werden, die einer Zensurm im Internet gleich kommt.

Upload-Filter schreibt die Richtlinie selbst jedoch nicht vor. Wenn ein Lizenzierungssystem besteht, besteht kein Grund, etwas zu filtern. Was das in der Praxis letztlich bedeuten wird, bleibt abzuwarten. Ein solches Lizenzierungssystem in Kombination mit einem quasi Upload-Filter gibt es bei YouTube übrigens schon seit Jahren in Bezug auf Musikrechte. Es nennt sich Content-ID-System. Darüber habe ich an anderer Stelle im Forum bereits ausführlich berichtet (im Thread Rechtliches zu Musik in Filmen).

Der vollständige Text der EU-Richtlinie in der Beschlussfassung kann hier nachgelesen werden:
http://www.europarl.europa.eu/sides/get ... anguage=DE" onclick="window.open(this.href);return false;
EU-Parlament hat geschrieben:Angenommene Texte PDF 698k
Dienstag, 26. März 2019 - Straßburg Vorläufige Ausgabe Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt ***I P8_TA-PROV(2019)0231
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. März 2019 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (COM(2016)0593 – C8-0383/2016 – 2016/0280(COD))
Dieser Text wird derzeit noch für die Veröffentlichung in Ihrer Sprache bearbeitet. Die PDF-Version ist bereits verfügbar, bitte klicken Sie auf das Symbol oben rechts. Letzte Aktualisierung: 26. März 2019
Was bedeutet das für das MiMoto-Reiseforum?

Zunächst mal abwarten, was im Gesetzesentwurf zur Änderung des Urhebergesetzes stehen wird, den die Bundesregierung entwerfen und dem Bundestag zur Beschlussfassung vorlegen wird. Und natürlich kann sich jeder Nutzer dafür einsetzen, z.B. durch Petitionen oder Kontaktieren der Abgeordenten und des Justizministeriums, dass beim Entwurf des Gesetzes daran gedacht wird, rein privat betriebene Plattformen aus dem Anwendungsbereich der Lizenzverpflichtungen und Plattform-Haftung auszunehmen.
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ssuchi
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Re: Artikel 13: Urheberrechtsreform

#11 Ungelesener Beitrag von ssuchi »

Es dürfte in der Tat darauf ankommen, wie der Begriff der "online content sharing service provider" aus dem EU-Entwurf exakt in nationales Recht umgesetzt wird.

Im Entwurf kommen privat betriebene Foren einfach nicht vor, sie fallen durch das Raster.

Einerseits wären sie nach der Definition "‘online content sharing service provider’ means a provider of an information society service whose main or one of the main purposes is to store and give the public access to a large amount of copyright protected works or other protected subject-matter uploaded by its users which it organises and promotes for profit-making purposes" gar nicht eingeschlossen. Jedenfalls dann nicht, wenn sie keinerlei Einnahmen z.B. durch Werbe-Banner oder Affiliate-Links erzielen.

Andererseits sind sie in den expliziten Ausnahmen nicht aufgeführt, da stehen nur Online-Enzyklopädien wie Wikipedia oder Open-Source-Softwareplattformen wie GitHub (die beide auch nicht unbedingt unter die obige Definition fallen würden, warum also hier explizite Ausnahmen?).

Und bei den Ausnahmen für "kleine Start-UPs" nach Paragraph 4aa wären sie auch nicht mit dabei, wenn sie älter als drei Jahre sind.

Tja, wat denn nu?
Gruß, Stefan

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H.Kowalski
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Re: Artikel 13: Urheberrechtsreform

#12 Ungelesener Beitrag von H.Kowalski »

@ssuchi: richtig, genau diese Auslegungsfragen zu klären, wird Aufgabe der Gesetzgeber. Ich befürchte aber, dass private content provider weiterhin durch das Raster fallen, weil das Gesetz ja Geldansprüche regeln soll. Verbleiben dürfte eine Rechtsunsicherheit in diesem Graubereich, um es mal so zu nennen.

Das durch's Raster fallen zieht sich aber schon heute wie ein roter Faden durch's deutsche Urheberrecht, das darauf ausgelegt ist, per Gesetz bestimmte Nutzungen zu erlauben, dafür aber Geldansprüche der Urheber zu erwirken. Auswege aus der Entgeltlichkeit gibt es beispielsweise über Creative Commons Lizenzen. Das ist aber ein anderes Thema.
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ssuchi
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Re: Artikel 13: Urheberrechtsreform

#13 Ungelesener Beitrag von ssuchi »

H.Kowalski hat geschrieben:Verbleiben dürfte eine Rechtsunsicherheit in diesem Graubereich, um es mal so zu nennen.
Die dann vermutlich die Abmahnanwälte anziehen dürfte wie das Licht die Motten...
H.Kowalski hat geschrieben:Das durch's Raster fallen zieht sich aber schon heute wie ein roter Faden durch's deutsche Urheberrecht, das darauf ausgelegt ist, per Gesetz bestimmte Nutzungen zu erlauben, dafür aber Geldansprüche der Urheber zu erwirken. Auswege aus der Entgeltlichkeit gibt es beispielsweise über Creative Commons Lizenzen. Das ist aber ein anderes Thema.
Deswegen entwickle ich Open Source Software. Und verdiene meine Brötchen damit. Aber das ist ein ganz anderes Thema. ;)
Gruß, Stefan

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H.Kowalski
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Re: Artikel 13: Urheberrechtsreform

#14 Ungelesener Beitrag von H.Kowalski »

An die Schreckensszenarien der Abmahnindustrie glaube ich nur in Bereichen, in denen auch wirklich Geld zu holen ist. Gerade im Bereich des Urheberrechts, wo es um zivilrechtliche Ansprüche geht, braucht es Rechteinhaber als Auftraggeber, die mit Abmahnungen Ansprüche geltend machen. Dort, wo im großen Stil Urheberrechte verletzt werden, lohnt sich das. :)

@Open Source Software: DD Aus dem gleichen Gründen veröffentliche ich meine Filme unter Creative Commons. Der Witz ist, obwohl ich kostenlos die Nutzung gestatte, dürfte ich trotzdem damit Geld verdienen, wenn ich das wollte.

Aber ja, anderes Thema. Trotzdem interessant. :D
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2wheeler
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Re: Artikel 13: Urheberrechtsreform

#15 Ungelesener Beitrag von 2wheeler »

Mit anderen Worten ..........

..........ich werde mal im Kaffeesatz nachschauen was die Zukunft bringt :lol:

:Pr:
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H.Kowalski
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Re: Artikel 13: Urheberrechtsreform

#16 Ungelesener Beitrag von H.Kowalski »

@Ralph: genau, Kaffeesatz - oder noch besser, im Bierschaum liegt die Wahrheit! :Pr: :mrgreen:
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