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Re: Indische Hochzeit

Verfasst: Donnerstag 16. Mai 2019, 19:42
von Monti
Ich selber fuhr mit Sathish los zum Flughafen von Madurai. Ich hatte einen Inlandsflug nach Chennai gebucht für lächerliche 70 €. Madurai hat einen kleinen Flughafen, an dem ich mich jetzt noch 4 Stunden rumzutreiben hatte. Laaaangweilig ...

Sathish verabschiedete sich, nachdem ich ihm ein großzügiges Trinkgeld gegeben hatte. Der Mann hat einen guten Job gemacht.

Der Rest des Tages verlief unspektakulär. Der Flug ging pünktlich und ich erreichte Chennai gegen 19:00. Dort hatte ich mir erlaubt, ein besseres Haus zu buchen. Ich sammle viele Punkte bei den grossen Hotelketten, wenn ich auf Geschäftreisen bin. Die konnte ich hier gut einsetzen und ich bin in einem Hyatt abgestiegen.

Der Taxifahrer, mit dem ich fuhr, war allerdings ein Verrückter. Ich war echt froh, als ich ausstieg. :?

An der Rezeption noch eine angenehme Überraschung: „Upgrade!“ So genoss ich das Luxusleben bis in den frühen Morgen.
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Der Heimflug sollte sich chaotisch gestalten. Der Flugplan sah einen Flug nach Dehli vor, von dort weiter nach Frankfurt. Der Anschlussflug wurde vorverlegt und jetzt stehen nur noch 20 min zum Umsteigen zur Verfügung.

Das Flugzeug in Chennai hat technische Probleme, angeblich Vogelschlag. Als diese Zeilen entstehen, sitze ich schon im Ersatzflugzeug mit mittlerweile zweieinhalb Stunden Verspätung und bin immer noch am Boden. Wir werden sehen ... ich versuche, total entspannt zu sein.

Anflug auf Dehli
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Tatsächlich war es dann so, dass ich den Anschluss verpasste und 20 Stunden Flughafenhotel in Dehli verbringen konnte. Immerhin konnte ich den Bericht hier fertigschreiben.

„Tschöörmen Wetter!“ - Wieder auf heimischem Boden. Der Vogel hat mich nach Frankfurt gebracht.
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Re: Indische Hochzeit

Verfasst: Donnerstag 16. Mai 2019, 19:50
von Monti
Was gibt es zu resümieren?

Zuerst einmal: ich zolle allen Leuten, denen ich begegnet bin, meinen Respekt. Auch wenn meine Schreibe manchmal ironisch oder sarkastisch ist. Aber ich mag es nicht, wenn alles zu ernst zugeht und neige zu Spott. Ich bin aber nicht überheblich. Natürlich kann ich nur aus der Sicht des Westeuropäers beobachten und schreiben. Alles andere wäre künstlich.

Indien ist ein sehr widersprüchliches Land. Nuklearmacht und gleichzeitig Entwicklungsland. Sie wollen demnächst zum Mars fliegen, aber kriegen nicht alle Leute ordentlich ernährt. Umweltschutz ist eine Katastrophe. Es gibt ihn vielerorts gar nicht.

Landschaftlich war die Gegend nicht sonderlich attraktiv, in der wir unterwegs waren. Der Norden ist besser - sowohl landschaftlich als auch von der Infrastruktur her. Maurice und Chiara haben ja noch eine weitere Woche dort verbracht und haben das eindeutig bestätigt. Insofern habe ich persönlich vielleicht ein zu negatives Bild erhalten.

Wie so oft in ärmeren Gegenden: man reißt sich das Hemd vom Leib, um den fremden Gast zu bewirten. Manchmal beschämt mich das geradezu.

Diese Reise hat mich einmal mehr vor allem Demut gelehrt. Wir Westeuropäer sind vom Schicksal geleckt und haben einfach nur Glück gehabt. Genausogut hätte ich in einem Slum in Indien geboren werden können.

Ich bin gespannt, wie es mit Hari und Gayathri weitergeht. Ich werde mich, so gut es geht, ein bisschen kümmern. Wir sind weit auseinander: Hari wohnt in Neumünster nördlich Hamburg, ich im Südwesten am Schwarzwaldrand.

Damit endet das Abenteuer „Indische Hochzeit“. Ich hoffe, kurzweilige Unterhaltung geboten zu haben. Freue mich jetzt auf‘s Motorradfahren ...

Servus, Monti

Re: Indische Hochzeit

Verfasst: Donnerstag 16. Mai 2019, 20:42
von Cantaloup
Das mir der Bericht sehr gefallen hat, hatte ich schon geschrieben :Sl: . Jetzt noch ein dickes Lob für das Resümee DD und eine Ergänzung zum letzten Foto: " Before You Drive ... Learn".

MfG Fritz

Re: Indische Hochzeit

Verfasst: Donnerstag 16. Mai 2019, 21:00
von jojo
Ein ganz vorzüglicher Bericht, den ich mit grossem Interesse verfolgt sowie gelesen habe.
Locker getextet und mit dem Blick auch mal nach rechts und links vom Weg.

Ganz grosses Kino ...Chapeau :Sl:

Grüssle
Jojo

Re: Indische Hochzeit

Verfasst: Donnerstag 16. Mai 2019, 21:11
von heiko aus hb
Hallo Monti,

jetzt habe ich deinen Bericht in einem Rutsch gelesen. Du hast ihn wirklich unterhaltsam und interessant geschrieben. Was für ein Erlebnis, war bestimmt auch extrem anstregend das Ganze.
Es hat Spaß gemacht ihn zu lesen.

Gruß Heiko

Re: Indische Hochzeit

Verfasst: Donnerstag 16. Mai 2019, 22:05
von Monti
Nachwort

Ich muss noch ein paar Dinge geradeziehen, auf die mich mein Sohn in seiner Funktion als Lektor hingewiesen hat:

- Fußgänger sind kein Freiwild, es wird auch mal angehalten, wenn man als Fußgänger entschlossen vorangeht (ha! Schon wieder Ironie ... ich kann nicht ohne?). Es ist aber nicht vergleichbar mit der Situation im heimischen Straßenverkehr.
- meine Behauptung, dass das Bewusstsein für Sicherheitsbekleidung schlicht nicht existiert, muss ich etwas relativieren: es gibt durchaus (v.a. mehr ihm Norden und in den Großstädten) Motorradfahrer, die Helme und andere Schutzkleidung tragen.
- Alkoholausschank: es gibt sogenannte „Liqueur Shops“, wo Alkohol gekauft werden kann.
- es könnte der Eindruck entstehen, grundsätzlich jeder Inder schere sich nicht um Müll. Das ist eine unangebrachte Verallgemeinerung.
- „natürlich eine arrangierte Hochzeit“: es gibt sehr wohl auch nicht arrangierte Hochzeiten. Es könnte der Eindruck entstehen, dass das nicht der Fall ist.
- der Begriff der „Jungfrauen“ und andere Bemerkungen zur Hochzeitsfeier: ich will auf keinen Fall das Zeremoniell und die damit verbundenen Traditionen und Glaubensregeln ins Lächerliche ziehen. Allerdings waren einige Situationen einfach komisch. Und letztendlich bleibe ich bei meinem Eindruck, dass der Wunsch, alles zu dokumentieren (und damit zur Schau zu stellen) viel an der Veranstaltung bestimmt hat.

Worüber wir uns nicht einig wurden: mein Vergleich von indischen Tagelöhnern mit Obdachlosen in Deutschland.
Ich bleibe dabei: kein Obdachloser in Deutschland muss ohne Sozialhilfe und Dach über dem Kopf auskommen. Im Zweifelsfall erhält er beides, viele schämen sich jedoch oder haben andere Gründe, dies nicht in Anspruch zu nehmen.
Der indische Tagelöhner, dessen Hütte vom Wetter zerstört wird und/oder der schwer krank wird oder sich verletzt, ist auf sich alleine gestellt.

Habe die Ehre!

Re: Indische Hochzeit

Verfasst: Freitag 17. Mai 2019, 01:20
von networker
Moin Monti,

Nochmals vielen Dank für diesen facettenreichen Bericht.
Es hat sehr viel Spaß beim lesen gemacht.

Re: Indische Hochzeit

Verfasst: Freitag 17. Mai 2019, 07:16
von H.Kowalski
:App: DD