13.06.2017; Tag 9 – Schönster Zeltplatz ever
Die für heute geplante Tour ist nicht allzu lang und daher brauchen wir uns am Morgen auch nicht zu beeilen. Wir gönnen uns deshalb kurzfristig ein wohltuendes Bad im einem der neu aufgefüllten Schwefelbecken im Camp bei den heissen Quellen. Nur langsam steigen wir ins Becken und versuchen uns an die Temperatur zu gewöhnen, denn das Wasser ist wirklich sehr heiss und man hält es nicht länger als 10 Minuten aus. Wie gekochte Hummer steigen wir nach kurzer Zeit wieder aus dem Becken. Dennoch wärmt das heisse Wasser herrlich den Körper und die Knochen und entspannt die Muskulatur. So steigen wir fit auf unsere Bikes. Heute stehen ungefähr hundert Kilometer Offroad Piste an und die fangen mit einem gutem Aufwärmprogramm an. Enge steile Kehren voller Sand, Steine und Wurzeln verlangen unsere volle Konzentration. Wir lassen dem Fourgon einen guten Vorsprung weil in diesem Stück anhalten zu müssen ist nicht vorteilhaft. Der Fourgon neigt sich sehr bedenklich mal auf die eine und dann gleich wieder auf die andere Seite während er sich langsam durch den engen, ausgefressenen Weg den Wald hinauf kämpft. Sobald sich die Staubwolke welche er verursacht aufgelöst hat, fahren wir hinterher. Meine Offroadkünste haben sich schon deutlich verbessert und so fährt das Bike nun ab und zu mal tatsächlich dort wo ich es vorgesehen habe. Nicht nur Gas, Blick, Mut und Glück führen mich zum Ziel sondern auch das langsam umsetzbare spielen mit Kupplung und Gas welches mir Pascal immer wieder predigt. Die Sache macht richtig Spass. Die heutige Strecke ist aber auch wirklich sehr abwechslungsreich. Wir kraxeln diverse steile Pässe hoch und hinten genauso steil wieder runter, fahren durch diverse Flüsschen, queren auch mal ein Moor und fahren durch Wald. Blumenwiesen in schönster Blütenpracht in den Farben orange, blau und weiss. Oft erblicken wir auch riesige Felder in zartem Rosa der verblühten Küchenschellen, einer Pflanzenart. Vor zwei Wochen muss hier noch ein wunderbares blaues Blütenmeer gewesen sein. Schliesslich erreichen wir nach einer steilen Auffahrt unser heutiges Ziel… eine Wiese am Berghang, schön an einem Waldrand gelegen. Wie aus einem Adlerhorst sehen wir weit ins Land hinein. Eine Gruppe von Rotmilanen zeigt ihre Flugkünste im aufkommenden Wind. Der Kuckuck ruft hier scheinbar aus jedem Wald. Tausend Fliegen in allen Grössen fliegen uns nervig ins Gesicht und Ohren und Bremsen in noch nie gesehener Grösse attackieren unsere verschwitzten Glieder. Aber hey… das Smartphone zeigt 3G! Tigers Herz macht einen Freudensprung, sofort wird gepostet was das Netz hergibt. Und auch ich versende kurz mal eine Runde Grüsse und Bilder in alle Richtungen.
Wir schälen uns aus den Motorradklamotten und stellen unsere Zelte auf. Was nicht ganz einfach ist, denn der Wind reisst schon wieder wie verrückt an den Kunststoffplanen. Der Himmel verdunkelt sich und wieder einmal sieht es nach Regen aus. Verflixt, wieso eigentlich immer wenn wir im Zelt schlafen wollen? Jagaa tischt das Mittagessen auf und wie schon gehabt, mitten beim essen müssen wir schnell alles zusammenraffen und in den Fourgon werfen. Viel Regen gibt es zum Glück nicht. Perfekt, denn wir wollen ja noch zum Kloster Tuvkhun wandern. Ungefähr 4,5 Kilometer soll die durch den Wald führende Wegstrecke lang sein. Das kleine Kloster ist sehr versteckt gelegen und nur zu Fuss erreichbar, so wird es auch fast nur von Einheimischen besucht. Der Weg führt durch den Wald über einen schmalen Wurzelpfad. Der Wald ist voller Kiefern und Lärchen in sattem Grün und zwischendurch erscheint wieder eine Lichtung mit den den verschiedensten Blumen in den schönsten Farben. Das Kloster selber ist auf einem Felsen gebaut. Ein abenteuerlicher Kletterpfad führt durch die kleine Anlage. Es sind immer nur jeweils drei Mönche hier zur Meditation. Das Kloster ist nur sehr klein, aber wirklich wunderschön gelegen und der Ausblick in die Weite ist atemberaubend. Gegen neunzehn Uhr sind wir wieder zurück am Lagerplatz. Wir stellen die restlichen Zelte auf, machen Ordnung, helfen einander beim Kochen und sammeln Holz für ein wärmendes Feuer. Bei schönstem Abendrot und unglaublicher Farbstimmung am Himmel essen wir zu Abend. Ganz in der Nähe grast eine Pferdeherde mit vielen Fohlen, manche kaum älter als ein paar Tage. Duger muss nochmals mit dem Motorrad ausrücken und zwei Nomaden helfen ein Loch im Schlauch ihres Motorrades zu flicken. Ausserdem müssen wir mit Benzin aushelfen, schon vorher haben zwei Jungs um Benzin gebeten. Die Flickerei findet im Dunkeln bei Scheinwerferlicht statt. Wir wärmen uns unterdessen gemütlich am Lagerfeuer und schauen zu wie der Tag sich in allen Farben des Regenbogens verabschiedet und die Nacht hereinbricht. Als Duger endlich im Dunkel den Hügel hinauf fährt und unsere Crew wieder komplett ist verkriechen wir uns in die Zelte. Obwohl diesmal bald kuschelig warm, kann ich bis um drei Uhr nicht schlafen. Mein Schlafrhythmus will einfach nicht auf asiatisch umstellen. Ein kleiner nächtlicher Ausflug belohnt mich erneut mit einer tollen Aussicht auf die Hügelketten im Mondschein und den Blick auf den schönsten Sternenhimmel.
