Tag 10: Mein kleines Reifenabenteuer
Ich habe super geschlafen, bis um 7 Uhr, als ein netter Moppedkollege mit offener Auspuffanlage am Hotel vorbei gen kleinen St Bernhard donnert. Ich sitze fast senkrecht im Bett so einen Zirkus macht die Mühle.

Der Tag fängt ja gut an. Also aufstehen, duschen, anziehen, zahlen. Auf nach Bourg St. Maurice um einen Reifenhandler ausfindig zu machen. Direkt am Kreisel zum Lac de Roselend finde ich einen der sogar einen Reifen verfügbar hat. Allerdings nur nen Pilot Power. Bislang hab ich den Pilot Road 3 drauf und obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich die Kombination nach StVZO so fahren darf, lasse ich ihn mir aufziehen. Notfalls lasse ich mir zu Hause noch den passenden Reifen für vorne aufziehen. Allerdings muss ich zwei Stunden warten. Naja, ich nutze die Zeit um zu frühstücken und mir etwas die Stadt anzusehen. Leider ist außer der FuZo nicht viel Sehenswertes zu entdecken, daher setze ich mich nach ner Weile am Hotel de Ville auf ne schattige Bank und schlage mit warten, Leute beobachten und schreiben die Zeit tot. Endlich kann ich mein Mopped wieder abholen. Sieht auf den ersten Blick ganz gut aus. Also bezahlen und nix wie weiter. Auf den 2. Blick stelle ich dann fest, dass die Jungs meinen Kettenöler nicht wieder richtig angebracht haben, was mich etwas misstrauisch werden lässt. Ich fahre los und wenige 100 Meter weiter auf den nächsten Supermarktparkplatz. Mal schauen, was die noch alles kaputt gemacht haben.
Die Bestandsaufnahme fällt erst mal ernüchternd aus. Die Kette ist viel zu stramm gespannt, der Kettenöler ölt die Landschaft, und der Luftdruck ist viel zu niedrig für meine Beladung. Gut dass ich entsprechend Werkzeug dabei habe. Da ich mich mit meinem Schmalspurfranzösisch aber außer Stande sehe, das zu reklamieren, muss ich wohl selber friemeln. Da hätte ich das Rad auch gleich selbst ein und ausbauen können. Am meisten geflucht habe ich, als ich die Achsmutter lösen will. Die haben das Ding festgerammelt, dass es nicht mehr feierlich ist. Von Drehmomentschlüssel haben die auch noch nix gehört, Saubande
Es muss schon ein Bild für Götter gewesen sein, wie ich fluchend und schimpfend wie ein Rohrspatz um meine Dicke hüpfe. Ja, ich weiß, ich hab’s nicht anders verdient. Ich hätte nur auf die zahlreichen Warnungen hören müssen. Hinterher ist man immer schlauer…
Nachdem ich fast zwei Stunden gefriemelt hab, inklusive Komplettes an und abbauen meines gesamten Gepäcks, bin ich ziemlich fertig und hole mir im Supermarkt erstmal was Kühles zu trinken. Aber ich hab’s geschafft, es läuft wieder alles so wie es sich gehört. Ich hatte mir schon ausgemalt, dass ich noch mal einen Honda-Dealer in Frankreich aufsuchen muss, aber das war zum Glück doch nicht notwendig.
Zum Glück geht das Reifen einfahren auf dem französischen Asphalt recht schnell und ich fahre über den Lac de Roselend in Richtung Albertville. Albertville selbst ist, von dem was ich sehe, eher unschön und die weitere Strecke zum Col du Frene eher langweilig. Danach tauche ich aber wieder in die Voralpine Landschaft mit sehr netten Dörfern ein. Da es schon gegen 6 Uhr ist, sollte ich mich langsam nach einer Unterkunft umschauen. Aber in den kleinen Dörfern ist nichts auszumachen. Kurz vor Grésy sur Aix ist ein Hotel. Ich halte an, gehe rein und sage mein Sprüchlein auf. Aber es ist voll belegt, wie mir die sehr nette Dame an der Rezeption sagt. Als ich dann im Gehen noch meinen Blick durch die Lobby schweifen lasse und die vielen französischen Rentner sehe, bin ich doch ganz froh dass hier nix mehr frei ist.
Also fahre ich weiter, aber auch in Grésy sur Aix ist irgendwie kein Hotel auf meinem Weg. Inzwischen ist es 7 Uhr. Als ich durch La Biolle fahre sehe ich links ein Schild zu einem Hotel. Es hat natürlich geschlossen. Aber war da nicht eben noch ein Schild mit Chambre d’Hotes? Mal schauen wo das hinführt. Es kommt natürlich ewig kein weiteres Hinweisschild und ich gebe schon fast auf es noch zu finden, da sehe ich dann doch das nächste Schild und ich komme zu einem kleinen Bauernhof. Also Mopped abgestellt und erst mal Helm absetzen. Schaut ganz nett aus hier. Es kommt auch schon eine ältere Frau auf mich zu und begrüßt mich sehr freundlich. Ich sage wieder mein französisches Sprüchlein auf und sie sagt, dass das Zimmer frei ist. Ein nettes Zimmer mit Dusche und WC. Schlicht aber sauber und mit 30 Euro inkl. Frühstück kann man nicht meckern. Da hier anscheinend weit und breit kein Restaurant ist, frage ich sie, wo ich eine Kleinigkeit zum Abendessen bekommen kann und sie bietet mir Brot, Butter, selbstgemachten Käse und etwas Wurst an. Super!
Erst jetzt fällt mir auf, dass ich vor lauter Reifen heute nicht ein einziges Foto geschossen habe.

Naja, die Highlights hielten sich aber auch in Grenzen. Etwas nachdenklich aber gut gesättigt falle ich wenig später ins Bett.