Mühlviertel einmal anders

Reisen in der Alpenregionen Deutschland, Schweiz, Italien, Österreich, Slowenien usw.
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Gigl
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Mühlviertel einmal anders

#1 Ungelesener Beitrag von Gigl »

Anfang Juni herrschten fürchterliche Wetterkapriolen.

Es waren Teile von Deutschland und Österreich von einer Hochwasserkatastrophe betroffen, auch Niederösterreich und Oberösterreich, wo das bezaubernde Mühlviertel liegt. Nicht zuletzt deswegen, weil die landschaftlichen Reize, sondern auch viele kleine verschlungene Straßen und Wege locken, ist es immer wieder toll, mit dem Motorrad durch diese Gegend zu streifen.

Auch dieses Jahr haben Kirsten (Buntspecht) und Ingo (Biting Cock) ihren Urlaub im Hotel Dorfwirt in Liebenau gebucht. Rocky, der motorradbegeisterte Wirt, hat auch so manche Überraschungstour parat, die er teilweise auch selbst mit seinen Gästen fährt. Als ich erfahren habe, dass die beiden deutschen Forumsfreunde bei Rocky gebucht haben, fragte ich zaghaft per Mail an, ob sie drei Abende Gigl aushalten. Es kam die Antwort, die ich erhofft hatte und somit hab auch ich für drei Nächte bei Rocky gebucht.

Nach zähen Monaten des Wartens und des nicht enden wollenden Winters wurde es auch heuer Anfang Juni. Ein sehr wasserreicher Anfang Juni, so auch am Sonntag 02.06.2013.

Bei meiner Abfahrt war ein Wetter, wo nicht einmal der Hund raus will, soferne man einen hat. Wir haben keinen Hund, ich aber hin und wieder einen Vogel, was sollte mich also daran hindern, auf Transi zu steigen und ins Mühlviertel zu fahren. Meine zwei Mädels stellten mir/sich die „Sinnfrage“! „Ist der Alte jetzt wahnsinnig, haut sich bei dem Wetter auf den Bock und fährt los“?

Ich gab mir die Antwort: „ wenn Michl‘s Piefke, jetzt mein Piefke nur einige, wenige Fahrstunden von hier entfernt ist, dann fahr ich“!
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Durch Teile meiner Hausstrecke, sprich Wienerwald, wo auch der eine oder andere Bach bereits aus seinen Ufern getreten ist, bewegte ich mich gemächlich in Richtung Tullnerfeld.
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Ich genoss die Fahrt durch die, von Feldern durchzogene Landschaft, obwohl natürlich, aufgrund der weiten Ebene die Kurvenanzahl überschaubar und dies normalerweise zum Motorradfahren nicht ganz so prickelnd ist.

Die Anzahl der Motorradfahrer an diesem Sonntag war jedenfalls überschaubar, ich war der einzige, von mir zu Hause bis Liebenau im Mühlviertel. Das ist bei „Normalwetter“, vergleichbar mit einem Lottosechser. Vielleicht haben meine Mädels doch irgendwie recht, vielleicht bin ich wahnsinnig, wenn man eine Motorradfahrt bei Regen und kühlem Wetter genießen kann?

Diese Frage lasse ich unbeantwortet, weil es mir wurscht ist, auch, wenn es für andere nicht nachvollziehbar ist, ich hab so Tage!

Von Strecken im Nahbereich der Donau hielt ich mich fern, weil teilweise Straßen, wegen des Hochwassers gesperrt waren. So fuhr ich nördlich der Donau durch Senftenberg und über die „Hochebenen“ des Waldviertels nach Liebenau im Mühlviertel. Da oben war’s zwar teilweise trocken, aber es blies ein starker, kalter Wind. Bei einer Pinkelpause ist mir fast mein kleiner, treuester Beifahrer eingefroren!
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In manchen Teilen waren auch hier die Bäche und Flüsse, speziell der Kamp, am Übergehen.
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Angekommen bei Rocky, traf ich noch vor dem Zimmerbesuch Kirsten und Ingo. Nach herzlicher Begrüßung und Gepäckablage im Zimmer gab’s das verdiente Begrüßungsbier.

Im Hotel herrschte eine ziemlich familiäre Atmosphäre, da der Großteil der Biker, anlässlich der Wetterlage, ihre Buchungen storniert hat. Ich war, neben einem „Wanderehepaar“ und dem Personal, glaub ich, der einzige Ösi.

Auch am nächsten Tag war die Wettersituation nicht stabil und immer wieder regnete es leicht, darum beschlossen wir, Ingo hatte ja das Auto dabei, mit der Dose nach Cesky Krumlov zu fahren.
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Dort erwartete uns eine bereits teilweise über die Ufer gelaufene Moldau und den Ingo nasse Füße. Die Geox sorgen ja normalerweise für ein entspanntes Klima im Schuh. Wenn sie aber älter werden, ich kenn das, und die „Käselöcher“ in der Sohle verschmutzt sind, lassen sie Wasser in‘s Schuhinnere. Das veranlasste uns, also Ingo, ein Schuhgeschäft zu suchen, nicht aber zu finden. Offenbar gibt es dort, wo wir waren nur Souvenierläden. Nachdem wir Krumlov, mit Schirm bewaffnet, durchstreift sind, jeweils eine Torte und Kaffee genossen haben, fuhren wir nach Freistadt unweit Liebenau, um dort tatsächlich fündig zu werden, was trockenes Schuhwerk betrifft. Am Schnäppchenregal fanden Kirsten und Ingo ihr Glück, nämlich je ein paar Ecco um echt gutes Geld.
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Den Rest des Urlaubes sollte Ingo somit trockenen Fußes verbracht haben! Wenn es schon nichts über eine Motorradtour zu berichten gibt, dann wenigstens von einer Shoppingtour. Zurück im Hotel huldigten wir der Augenpflege, sprich wir pennten!

Vor und nach dem Abendessen plauderten wir über dies und jenes, haben mit Michl telefoniert und genossen auf diese Weise die Freizeit. Am Dienstag Morgen, fragte uns Rocky, ob wir uns einer, von ihm geführten Tour anschließen wollen. Es war zwar nass, aber es regnete nicht. „OK, wir fahren mit“!

Acht Wahnsinnige mit dem Motorrad auf den geschwungenen, nassen Pfaden des Mühlviertels. Von den Acht, kam der große Prozentsatz aus D, nämlich sechs. Nur Rocky und ich aus Ö.

Drei 12-er GS’n, zwei K 1300S, ein so ein gebücktes Vieh von Motto Guzzi, schaute geil aus, mit geilem Sound, ein 650-ger Burgi und meine kleine 700-derter Transi. Transi wird auch beim Anblick der übermächtigen „MitfahreInnen“ nicht nervous, sie weiß, was sie drauf hat und auch der Bursche auf dem Burgi rollerte tüchtig mit, bis es heftig, besser gesagt heftigst zu schütten begann.
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In Königswiesen flüchteten wir in ein Gasthaus, um abzuwarten. Wir warteten, nur es tat sich nicht’s. Die Schleusen, die das Wasser von oben durchließen, blieben offen. Ingo machte seinem Frust etwas Luft, indem er in der Gaststube ein heftiges, fast jugendfreies „Lob“ über die Wetterlage hervorstieß.

Kirsten, Ingo und Burgi zogen es dann vor zurück ins Hotel zu fahren. Wir, Rocky, die K’s, die Guzzi und ich warteten noch, leider vergebens. Auch wir warfen das Handtuch und zogen die warme Gaststube im Hotel, dem Motorradfahren bei diesen widrigen Verhältnissen vor.

Der angebrochene Nachmittag wurde mit netten Gesprächen und bei dem ein oder anderen Bierchen verbracht. So lernt man sich noch besser kennen und schätzen. Die Zeit verging trotz allem viel zu schnell und am nächsten Morgen, nach dem Frühstück verabschiedete ich mich von meinen „lieben Piefkes“ Richtung Heimat. Es war trocken, also beschloss ich, Teile meiner geplanten Runde durch Mühl- und Waldviertel, ohne Stress durchzuziehen.

Das ging eine ganze Weile gut, bis ich vor einer Baustelle stand.

Tja mein technisches Verständnis und meine Fähigkeiten mit dem Navi umzugehen, sind, in Schuldeutsch ausgedrückt „nicht genügend“ (ungenügend)! Jetzt stand ich also vor der Baustelle, es war ein Wochentag, dort wurde gearbeitet, was meinen kurzen Gedanken, einfach durchzufahren, „du hast eh eine Reiseenduro“, doch nicht Realität werden ließ.

So fuhr ich halt links ab, hoffend, dass die Tante oder der Onkel im Navi drinnen (weiss nicht ob auf Steffi oder sonst wen programmiert, ich fahr nach der Linie) Mitleid mit mir hat und mich irgendwann wieder auf den rechten Weg bringen wird. Die Hoffnung wurde nicht Wirklichkeit.

Transi und ich irrten von der violetten Linie vor dem Cockpit getrieben, über die kleinen, kurvigen Landwege durch die Botanik, bis wir letztendlich wieder vor der Baustelle standen. „Sch…. Ding da am Lenker“!
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Dann, wie ich so da stehe, quasi, „hier steh ich nun ich armer Tor und bin so klug, als wie zuvor“, hatte ich den Gedanken schlechthin! „Gott hat uns eine Sprache gegeben, eine schwer erlernbare sogar und ein Mundwerk, das ich mir im Leben schon zu oft verbrannt habe! Bei der Verteilung der „großen Klappe“ hab ich ja zweimal, bei der des Gehrin’s nur einmal laut „hier“ gerufen!

Warum nicht fragen? So ganz altmodisch, sch…. auf die Technik,, frag ganz einfach“! Persönlich Kommunizieren nennt man das, was wir durch Mails und Internet schon teilweise fast verlernt haben! Ich fragte und siehe da: „oben durch den Ort bei der Kirche vorbei, parallel zur Baustelle und ich komme wieder auf die Route“!
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Ich hatte dann die Nase voll und fuhr eben dieser nach, Richtung Osten. Grundsätzlich kenne ich mich dort ja zumindest so aus, dass ich richtungsmäßig weiß, wie und was ich fahren muss, um heim zu kommen, aber natürlich will man immer Neues entdecken und erfahren.

Tja, jahrelang bin ich hinter Michl nachgefahren, der sein Navi im Griff und immer die tollsten Routen parat hatte!

Nun muss ich selber schauen, wie ich am Besten durch die Landschaft komme! In Südtirol ist mir das ganz gut gelungen, „verstellte auch keine Baustelle die violette Linie“…

Jedenfalls bin ich wieder bei Tulln vorbei, wo die Donauauen ein einziger See waren, der knapp mit der Fahrbahn abschloss, und dann wie sonst, durch den Wienerwald nach Hause.

Trotzdem die Tage motorradmäßig nicht das gebracht haben, was wir erhofft hatten, habe ich die Zeit mit Kirsten und Ingo genossen!

Für die Qualität der Bilder entschuldige ich mich gleich jetzt schon. Ich fotografiere für mich als Dokumentation und zur Erinnerung, das war‘s dann!

Gruß

Gigl
Gigl

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maxmoto
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Re: Mühlviertel einmal anders

#2 Ungelesener Beitrag von maxmoto »

Wunderbar geschrieben!
Aus Subobtimaler Wettersituation das Beste gemacht.
Und das alles auf Dich genommen "nur" um Freunde zu treffen.
Kirsten und Ingo müssen wirklich Klasse Typen sein, daß Du das auf Dich genommen hast, und können sich glücklich schätzen so einen Freund zu haben.
Respekt und Hochachtung, dass ihr Eure Laune nicht dem Wetter angepasst habt und das Treffen offensichtlich genossen habt.
maxmoto
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vienna_wolfe
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Re: Mühlviertel einmal anders

#3 Ungelesener Beitrag von vienna_wolfe »

Fein geschrieben, mein Freund - auch wenn einem fast beim Lesen kalt wurde. Ich denke, da hab ich's zeitgleich in Albanien fast noch etwas trockener gehabt...

Danke für den Beweis, dass ich daheim auch nicht viel versäumt hab. ;)

So long,

da Wolf

PS: Kleine Nachmittagsrunde morgen?
...der mit dem Tiger tanzt

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Stromer
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Re: Mühlviertel einmal anders

#4 Ungelesener Beitrag von Stromer »

Servus Gigl,

schön geschrieben, danke.



Gruß
Karl
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jojo
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Re: Mühlviertel einmal anders

#5 Ungelesener Beitrag von jojo »

Hi Gigl,

ein sehr schöner und kurzweiliger Bericht,den ich mit Genuss gelesen habe.
Das Wetter ist ja dieses Jahr nicht für Mopped Fahrer gemacht, zumindest teilweise.
Aber ich denke ihr hattet euren Spass - was will man/frau mehr :L

Grüssle
Jojo

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Mimoto
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Re: Mühlviertel einmal anders

#6 Ungelesener Beitrag von Mimoto »

Hi Gigl,

nach den Fotos geht das glatt als Offroad Route durch, jetzt noch die Heidenei drauf und die LGKS erwartet Dich. :L

Was für ein erstes Halbjahr, hab es schon fasst wieder vergessen. Was für ein Jahr.... Licht und Schatten. :|

Liebe Grüße..
Michael /mimoto

Sterbe mit Erinnerungen, nicht mit Träumen.


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BITZER
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Re: Mühlviertel einmal anders

#7 Ungelesener Beitrag von BITZER »

maxmoto hat geschrieben:
und können sich glücklich schätzen so einen Freund zu haben.
@ maxmoto

Das kannst Du laut und nicht oft genug sagen :D :L

@Gigl,

Danke für die Erinnerung und den schönen Bericht. leider klappt es bei dir ja nicht an die Mosel, schaun' mer Mal wie wir ein Treffen in nicht allzu ferner Zukunft zustande bringen.

Ingo
Ich bedenk‘, was ein jeder zu sagen hat und schweig fein still,
Ich setz mich auf mein achtel Lorbeerblatt, und mache was ICH will.
( Reinhard Mey )

Buntspecht64
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Re: Mühlviertel einmal anders

#8 Ungelesener Beitrag von Buntspecht64 »

Lieber Gigl,

hätte ich ja auch nicht gedacht, daß unser "Regen-Urlaub" in Liebenau für einen Bericht gereicht :roll: .

Ich kann nur unterstreichen, welche Freundschaft uns verbindet, noch als wir bereits in Liebenau angekommen waren, habe ich noch zu Ingo gesagt," ich hätte ja größtes Verständnis, wenn wir von Gigl eine SMS bekämen und er uns mitteilte, daß er aufgrund der Wetterlage nicht käme" - umso erfreuter :D :L waren wir, als wir Transi mit Gigl in die Einfahrt biegen hörten und dann auch sahen - :L . Vielen Dank, lieber Gigl, für Deine Freundschaft!!!

Das Motorradfahren stand bei diesem Treffen, aufgrund der Wetterlage, nun wahrlich nicht im Vordergrund, doch hatten wir von dort den letzten direkten (telefonischen) Kontakt mit unserem Michl :cry: - trotz allem haben wir unsere gemeinsame Zeit genossen!

Und wenn wir wieder zu Hause sind , gibt es noch das ein oder andere Bild, was ich beisteuern kann.

Ganz liebe Grüße (freue mich besonders auch Dein Piefke zu sein :D )

Kirsten
Die Gedanken von heute sind das Leben von Morgen
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Ein bißchen von wenig ist immer noch mehr als nichts von viel (Andreas Gabalier)

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