Unsere französischen Freunde schlugen ihre Zelte ab, um die Heimreise anzutreten.
Irgendwie killte das auch bei uns die Stimmung. Es war klar, dass auch wir bald aufbrechen mussten, Urlaub und Geld
gingen zur Neige. Nach der Abreise hüllte eine schläfrige Ruhe den Campingplatz ein. Unsere Kinder fingen an sich zu langweilen.
So tagte der Familienrat und beschloss bald aufzubrechen.
Wieder ging die strahlende Sonne unter und hüllte die abendliche Landschaft in leuchtendes Rot.
Wir zogen uns ins Zelt zurück um zu schlafen.
Lange sollten wir nicht schlummern, da wurden wir von heftigen Windböen, die am Zelt rüttelten, geweckt.
Ich streckte meine Nase aus dem Zelt um die Lage zu peilen, schließlich hatten die langen Tage des Sonnenscheins
bei sommerlichen Temperaturen an der Disziplin genagt. Alles Mögliche lag noch draußen rum, von Motorradklamotten
bis zu den Tellern plus Kocher. Ich verließ das Zelt, um die Brocken einzusammeln, Martina folgte mir.
Kaum waren wir draußen, fielen die ersten schweren Tropfen. Beeilung! das war auch nötig.
Wir waren noch beschäftigt, die Sachen im Zelt unter zu bringen, dass wir auch wieder in die Schlafsäcke kriechen konnten,
da hämmerte es sintflutartig, laut auf das Zelt prasselnd, los.
Der Himmel, vor Stunden noch wolkenlos, öffnete seine Schleusen. Typisch Berge! Wer das nicht ab kann, sollte sie meiden.
Wir schienen sicher. Schienen....
Ich weiß nicht wie lange wir schweigend in den Schlafsäcken lagen, als Nele auf einmal hektisch mit ihren Händen den Boden
abtastete. "Wasser, Papa, überall Wasser!" Von der bergwärts langen Seite des Zeltes ergoss sich das Wasser.
Rasend schnell soffen wir ab. Martina und ich zogen eine Leine zwischen die beiden Hauptstangen des Zeltes und wir begannen
alles aus Stoffen bestehende darüber zu werfen: Schlafsäcke, Kleidung, Motorradklamotten.
Nun hockten wir in einer Tropfsteinhöhle wie in einer Nasssauna. Der Regen brachte einen Temperatursturz mit sich, so dass
die aufgeheizte Erde dampfte.
Der Wasserfluss wurde immer stärker, ich musste was unternehmen.
Mit einem Löffel aus dem BW-Besteck buddelte ich dann auf der Bergseite einen Graben vor dem Zelt, da das gefallene
Regenwasser wie ein Sturzbach gegen das Zelt brandete. Klitschnass kroch ich wieder zu meinen Mädchen.
Gut, die Flut war gestoppt, aber nass bleibt nass.
Es hämmerte noch stundenlang vom Himmel, längst war es hell geworden, die dunklen Wolken wälzten sich ins Tal
der Ubaye. Wir würden morgen fahren.....
Am nächsten Morgen, es nieselte nur noch, schlugen wir das nasse Zelt ab. Alles wurde verstaut, die Rechnung beglichen.
Zum letzten male fuhren wir die Auffahrt zur D900 hinauf, "Riou Clar", es war schön hier!
Das Tom Tom Michael war so programmiert, möglichst flott aus den Bergen zu kommen.
Erst tut man alles, um hinein zu kommen, jetzt ist Flucht angesagt. Die Temperaturen waren empfindlich gefallen und
wir waren immer noch nass und ziemlich fertig.
Am Lac de Serre Poncon entlang, nein, nicht nach Briancon, dass wäre auch eine Möglichkeit gewesen, sondern
nach Gap. das erste Ziel im Regen hieß Grenoble. Danach ein Stück die Isere hinunter, um irgendwie an Chambery und
Aix-les-Bains vorbei.
Unser Plan war, nach Bourg-en-Bresse zu fahren. Ein schlauer Plan, denn durch die Schweiz wollten wir nicht.
Ein kleines Stück vor Bourg hatte sich im ständigen Prasseln des Regens die Erschöpfung breit gemacht.
Es war schon 19:00 Uhr, finde da einmal ein Hotel.
Also runter von der Straße nach Amberieu-en-Bugey. Der Regen nahm zu, wir passierten gerade einen der typischen
Verkehrskreisel, da ging mir die treue Gummikuh aus. Jubeln mit dem Anlasser, sie springt wieder an.
Wir sind endlich im Ort, finden auch einen Informationstand. Dort bekommen wir eine Adresse, wir müssten nur Richtung
Bahnhof. Auf die Maschinen, Mädels! warmes Bett, leckeres Essen! Morgen geht’s dann nach hause.
Ich betätige den Anlasser: Nichts!
Noch einmal: Gar nichts.
„Ruhig Blut, Michael“. Absteigen, Nele zieht am Gepäckträger, schon steht das alte Mädel auf dem Hauptständer.
Ich ziehe einen Kerzenstecker ab, stecke eine Zündkerze aus dem Tankrucksack wieder drauf und halte die Kerze an
die Kühlrippen des Zylinders. Zündung an, starten. Was da überspring ist noch nicht einmal ein Fünkchen.
„Mist! Da hat es wohl die Zündspule zerissen“. Nelchen, meine Supersozia, schaut mich mit ihren großen braunen Augen fragend an.
"Wir werden die Kuh eben zum Hotel schieben müssen, Papa."
Lang erstreckte sich die Straße vor uns, leicht, aber gemein, bergauf. Martina und Jelena waren nach einer kurzen Besprechung
zum Hotel gefahren, sie machten alles klar. Fehlten nur noch wir und die BMW.
Wir öffneten die Jacken, wuchteten die Kuh vom Hauptständer und begannen zu schieben.
Es wurden gut drei Kilometer. Drei Kilometer können sehr lang werden. Längst lagen beide Motorradjacken über dem Sattel.
Meine Große und ich schoben bis wir pitschnass geschwitzt waren. Aber wir schafften es. Natürlich.
Wir zwei hätten das Teil auch bis nach hause geschoben. Ehrlich. Ich war mächtig stolz!
Im Hotel hatte Martina schon die Pupa unter die Dusche befohlen, lud mit uns die Kuh ab und sprach gleich mit dem
Hotelier wegen der kaputten ST. Sie telefonierten herum und heraus kam, dass die nächste BMW-Vertretung in Lyon war.
In Lyon, über fünfzig Kilometer entfernt!
Da schenkt uns der Hotelier erst einmal ein leckeres Likörchen ein, irgend eine Spezialität des Bresse, dem Land der feinsten
Speisen. Jetzt nur nicht verkrampfen. Alles wird gut, das Leben ist schön!
Stimmt ja auch. Ich kann schon wieder lachen. Geht doch.
So ganz neben bei fällt dann die Bemerkung, dass keine 400 m entfernt eine Motorradwerkstatt sei. "Ach nee?!"
Aber Japaner, Kawasaki und Aprilia. Ich kläre sie nicht auf, dass Aprilia italienisch ist, ich muss ja nicht den besserwisserischen
Deutschen mimen. Martina blinzelt mir verschmitzt zu. Wie war das? Alles wird gut.
Die Kinderchen hatten ein eigenes Zimmer. Der Rotwein war gut, das Essen lecker. Die Stimmung stieg.
Spät am Abend kehrten meine Süße und ich in unser Zimmer zurück. Ein riesiges Bett. Keine Kinder dabei, wie Wochen erlebt.
Die süßeste Frau. Erwähnte ich schon, dass der Rotwein gut war? Die Blicke wurden tiefer. Ein Kuß.
Huu, da wir einem schwindelig. Die Kleider fallen. Ich nehme sie in den Arm, meine Hände XXXX XXXXXX, XXXXX XX!!
XXX XXXX XXXXXXXX, XXXXXX. XXXXX, XX XXX XXXXX. XXX XXXXX XXXX XXXXXX. XXX XXX XXXXX XXXXXX.
XXXX XXX XXXXX XXX, XXX XXXX XXX XXXXXX, XXXX! XXX XXX, XXXXXX - XXX, XXXXXX.*
Am nächsten Morgen, gleich nach dem Frühstück, gingen wir beide Hand in Hand zur Werkstatt. Mit den Öffnungszeiten nahmen
die Helden der Zunft es nicht so genau. Zu den beiden Marken Kawa und Aprilia gesellte sich noch Suzuki.
Da wird doch was zu machen sein? Kurze Besprechung und schon schiebe ich die Gummikuh in die Werkstatt, Routine hab ich ja.
Der Mechaniker guckt wichtig, ich entferne die Sitzbank und den Tank. Er nähert sich, ausprobiert war noch nichts,
jetzt hänge ich doch den Besserwisser heraus, in dem ich auf die Zündspule deute.
Als könnte er mich verstehen, sage ich "Zündspule."
Das dies die Zündspule ist, hatte er garantiert schon gesehen. Ich Trottel hatte ihn beleidigt, dabei wollt ich ja nur eine
Fehlerbeschreibung liefern.
Wichtig zog er die Augenbrauen hoch. Er starre auf die Zündspule. Dann vollzog er das gleiche Procedere, das ich am vorigen Tag
durchgezogen hatte, nur schraubte er die Zündkerzen heraus. Er schaute sie sich an, machte eine abfällige Bemerkung
über Bosch und faselte was von Rassismus. Er hatte Humor, keine Frage! Die Stimmung wurde locker, wir schmunzelten uns
zu, wie war das? ALLES WIRD GUT!
Kein Funke. Er prüfte noch die Spannung. Primär 13 Volt von der Batterie.
Laut sagte er:"Bobine allumage!" Erst schaute er in die Runde, dann deutete er auf die Zündspule.
Jetzt wissen sie, verehrte Leser, was "Zündspule" auf französisch heißt.
Bitte sehr, gern geschehen!
Nach der Demontage (zwei gut zugängliche Schrauben) kam beim Durchmessen heraus,
dass die Spule hochohmig war.
So schnell bekam ich meine Kuh aber nicht wieder.
Erst am nächsten Tag konnte ich sie wieder in Empfang nehmen. Verziert von einer Suzuki Zündspule, pardon,
Bobine allumage, die er ganz fachmännisch mit Stehbolzen versehen an den Originalbefestigungen angebracht hatte,
stand sie im Hof. Lange Kerzenstecker ragten aus den Ohren. Probe gefahren hatte er sie auch. Der Preis war fair.
So nahmen wir Abschied von unserem netten Hotelier und seiner Gattin und setzten uns in die Spur.
Bei Chalon-s-Saone gings auf die Autobahn, die uns am Jura vorbei führte.
Über die Rückfahrt lohnt nicht zu berichten, wir waren von dem erlebten so gestählt, dass wir sie auf einer
Arschbacke abritten.....
*Die Zensurkomitee des trefflichen Forums "Miomoto“ behält es sich vor, sittenwidrige oder die öffentliche Ruhe
gefährdende Texte, unkenntlich zu machen.
Gruß aus Mainz, Michael
