Hier also der nächste Tag:
25.05.2015
Laz Paules – Olot
„Jetzt aber los“, begrüße ich Bärchen heute Morgen und er scheint „not amused“. Er verzieht sich sofort in die Ortlieb-Tasche. Das
hat Vorteile, denn so stört er mich nicht beim zusammensuchen meiner sieben oder acht Sachen. Letztlich geht das schnell und als
letzte Amtshandlung hier in Laz Paules koche ich mir noch einen Kaffee und veredle diesen mit der gestern erstandenen Frischmilch.
Was ein Luxus!
Guten Morgen...:
Gegen kurz vor acht sitze ich auf dem Motorrad und um kurz nach acht ist auch schon der erste Pass erreicht. Der Coll d’Espina ist
mit seinen 1.407 m zwar nicht der höchste, aber letztlich ein guter Anfang. Folgen sollen heute noch viele andere, darunter auch
die Strecke nach Coll de Nargo.

Direkt vor der Haustüre...
Auf der Westrampe des Coll de Nargo

Unterwegs, ein wenig abseits der Pass-Straße nach Coll de Nargo

In Coll de Nargo
Ein Pass jagt den nächsten. Es ist schon erstaunlich, wie abwechslungsreich (und wie schmal!!!) eine Nationalstraße sein kann. Die
N260 bietet auch heute wieder alles, was Spaß macht. Zwischendurch verlasse ich diese immer mal wieder, um kurze Verbindungen
bspw. auf der L401 zu fahren und verbinde Schotterpassagen mit dem Asphaltband.

Lieber leicht geschottert als glatt gebügelt....
Das macht nicht weniger Spaß, im Gegenteil. Mit meiner Geschwindigkeit liege ich absolut richtig.
Ich tuckere so mit 50 – 60 durch die Gegend und habe mit keiner Kurve Probleme. Dass es auch schneller geht, beweisen mir 6 Leute
auf Ihren Superbikes. Alle aus Andorra, alle so schnell, dass ich das Gefühl habe, zu parken und in den Kurven eigentlich umfallen
zu müssen. Meinen Motor höre ich absolut nicht mehr, als die „Jungs“ vorbeifahren. Ich glaube, die haben gar keinen Endschall-
dämpfer, sondern das Abgas wird sofort am Motor in die freie Natur geblasen. Hammer, sind die schnell! Ob das gut geht...?
Nun denn, ich jedenfalls passiere so auf jeden Fall gemütlich und sicher Orte, wie Alinya, Oden und Canalda. Dort wechsle ich dann
auf noch „kleinere“ Straßen, wie der LV 4241 und der BV 4242 um schließlich nach Berga zu gelangen. Zwischendurch passiere ich
natürlich auch den Coll de Jou, den ich ebenfalls vor drei Jahren schon besucht hatte.

Am Coll de Jou
Auf dem dann folgenden Weg hinunter nach Berga passiere ich eine Stelle, an der ein Auto auf der anderen Straßenseite steht. Ich passe
gerade so an ihm vorbei. Im Vorbeifahren gibt der Fahrer mir mit Handzeichen zu verstehen, langsam zu fahren. Das mache ich auch und
letztlich ist rund 100-150 m weiter der Grund zu erkennen. Im Graben einer 90 Grad-Kurve nach rechts liegt einer der Andorraner. Das Mopped
hat sich einmal um die Längsachse gedreht, liegt also in entgegen gesetzter Fahrtrichtung da im etwa 50 cm tiefen Graben und lehnt an
der Hangkante. Zwei Menschen in Lederkombis sitzen daneben. Ich halte natürlich an und frage zunächst auf Englisch, ob etwas passiert
sei, also ob jemand verletzt wäre. Das Mädel (und nun sag mir noch einer, dass Mädels mit der rechten Hand nur behutsam am Gasgriff
drehen... die war genau so schnell) spricht relativ gut englisch und erklärt mir, dass alles soweit – bis auf einen Schock, der bis in die
Haarspitzen des Fahrers gelangt ist – ok sei.
Der Fahrer zittert am ganzen Körper und er beginnt nach ein paar Minuten, mit Bergungsversuchen der Duc. Das klappt alleine natürlich
nicht und schließlich bekommen wir das Mopped zu dritt aus dem Graben heraus. Ob es an der Qualität von Ducati liegt oder letztlich
Glück im Spiel war: Die Panigale hat einen abgebrochenen Spiegel und an der Verkleidung ein paar Kratzer. Mehr nicht. Dafür aber einen –
hoffentlich – kurierten Fahrer, der immer noch total durcheinander ist. Ich jedenfalls mache fein meinen Diener und für deren Verhältnisse
eiere ich wieder weiter Richtung Berga. Ungefähr 10 Fahrminuten später (die Andorraner hätten für die Strecke bestimmt nur 2 Minuten
gebraucht) stehen die Kumpels von den beiden und warten offensichtlich. Ich halte kurz an und erstatte Bericht und die Jungs bedanken
sich artig bei mir und wünschen mir eine gute Weiterfahrt. Die habe ich, denn ich genieße es wie vor drei Jahren, durch die Wälder zu fahren.

Irgendwo in der Pampa

... auch in der Pampa
Gegen 16.00 Uhr komme ich nach Olot zu „meinem“ Campingplatz. Der natürlich - geschlossen ist! Mist, mit den Dingern hab ich aber auch
kein Glück. Auf dem Weg hierher hab ich irgendetwas von „Camping Ecological Lavaparque“ oder so gelesen. Hinweisschilder groß, wie
Häuser... Das ist meine Rettung.
Also wieder ab auf die Hauptstraße und weiter geht’s. Nach ungefährt 5 Minuten sehe ich ein Hinweisschild auf der linken Straßenseite und
biege in die kleine Straße ab. Ich komme an ein recht großes Rezeptionsgebäude und steige vom Mopped. Schnell rein und einchecken. Mir
fällt der Kitt aus der Brille, es schlägt dem Fass den Boden aus, da gackern die Hühner, da wundert sich einer über die Finanzkrise in Spanien....
Die wollen für eine Nacht – nicht eine ganze Saison – für ein Zelt sageundschreibe EUR 25,- haben! Mir fällt nichts mehr dazu ein und geschockt
bezahle ich brav – ich Depp – die Gebühren. Ich erhalte auch brav ein Armbändchen mit den erklärenden Worten, dass es Vergünstigungen bei
der Fahrt mit der „Eisenbahn“ durch den Lavapark geben würde. Irritiert glotze ich die Mitarbeiterin an und frage nach kalten Getränken,
sprich Bier.
Das Restaurant sei noch nicht geöffnet – noch keine Saison, woher kenne ich das bloß – aber man würde auf Nachfrage gerne den Supermarkt
aufschließen, in dem es auch kalte Getränke gäbe. Bier auch.
Nun denn, ich fahre mit meinem Mopped auf den Platz und suche mir eine feine Ecke aus. Zwischen zwei Wohnmobilen, eines aus Oberhausen,
das andere aus Wien, schlage ich mein Zelt auf und gehe erstmal zu den Duschen. Auf dem Weg dorthin traue ich kaum meinen Augen: Bärchen
kommt an mir vorbeigeritten. Auf dem Rücken eines Zwergkaninchens! „Hey, was machst Du denn? Wo willst Du denn hin?“, rufe ich ihm nach.
Er jedenfalls lässt das Kaninchen um die Ecke galoppieren und ich habe die Befürchtung, dass er in Richtung Supermarkt will, denn schließlich
gibt es dort zwei Dinge: Kekse und Honig. Beides könnte man als seine Grundnahrungsmittel bezeichnen, beides hat er seit heute Morgen nicht
mehr gesehen. Honig übrigens nicht mehr, seitdem wir von zu Hause weg sind. Scheinbar hat er mit seinen puscheligen Bärenohren das Gespräch
an der Rezeption belauscht und sich eben aus der Ortliebtasche befreit. Wie er das geschafft hat, ist mir ein Rätsel. Aber er währe ja nicht
mein Bärchen, wenn er so etwas als unlösbaren Fall betrachten würde. Ich jedenfalls gehe zur Dusche und nutze diese ausgiebigst. Nachdem ich
wieder in nahezu Meereshöhe gelangt bin, hat die Temperatur deutlich zugenommen und ich bin – letztlich auch durch den Zeltaufbau – heftig ins
Schwitzen geraten. Ich genieße das Duschen und nachdem ich fertig bin, gehe ich zurück zum Zelt. Auf dem Weg dorthin höppeln mir noch ein paar
Zwergkaninchen über den Weg und ich habe kurz den Gedanken, eines in die Pfanne zu kloppen.

Die zwei haben sich gerade nochmal so vor Bärchen retten können...
Vorsichtig schleiche ich mich auf allen Vieren in Jägermanier an und bemerke kurz vor dem Hechtsprung hinter mir eine Frau im gesetzten Alter.
Im Rentenalter. Mist, das mit dem Braten wird heute also auch nix, muss ich halt wieder ne Tüte aufreißen. Ins Gespräch komme ich dann aber
doch mit der Dame. Sie erzählt mir, dass sie schon seit 5 Wochen unterwegs seien, man aus Südspanien komme und nun wieder auf dem Weg
zurück nach Hause (Wien) ist. Nebenher erfahre ich, dass die Campingplätze in Südspanien wohl deutlich preiswerter währen, was mir jetzt aber
auch nicht gerade hilft, denn ich bin halt auf dem Weg zum Cap de Creuz. Da wolle man auch noch hin, aber es ist ja soooo schön hier...
Ich wünsche noch einen feinen Abend, marschiere ab zum Zelt und reiße meine Tütensuppe auf. Frischfleisch wär mir lieber, aber...
...hm, da fehlt was...

Nix ökologisch, jedenfalls keine ökologischen Preise. Sauteuer wars...!
Ankommbierchen! Ja klar!!!
Also wieder zurück zur Rezeption, um Öffnung des Supermarktes gebeten und Schwuppdiwupp hab ich meine vier Dosen Bier.
Zwei ballere ich direkt weg, die anderen zwei hebe ich fürs Essen auf. Also wieder zurück zum Zelt. Im Vorbeigehen entdecke ich das Kaninchen-
gehege und mittendrin – wie sollte es anders sein – Bärchen.
Ich traue meinen Augen nicht. In Rodeomanier reitet er gerade auf einem braunen Kaninchen, das versucht ihn abzuschütteln. Pah, aber doch nicht mein Bärchen!
Krampfhaft, aber mit der Lässigkeit von John Wayne, hält er sich an den Ohren fest und steht seinen Bär. Mit einer Hand winkt er mir zu, was ich so interpretiere,
daß ich nicht mit dem Essen auf ihn warten soll. Mache ich auch nicht, schließlich würde sonst das Bier warm. In dem Wissen, dass er die Kaninchen
schon artgerecht Zureiten wird, lasse ich ihn seine Arbeit verrichten und wende mich ab. Insgeheim hoffe ich, dass niemand mitbekommen hat, dass dieser
kuschelweiche Cowboy zu mir gehört... Das darf Bärchen aber niemals erfahren!
Als ich am Zelt ankomme, werde ich von den beiden anderen Nachbarn aus Oberhausen zu einem Bier eingeladen. Das ist dann Nummer drei – zwei Dosen
hab ich noch. Was die beiden allerdings da draußen neben dem Wohnmobil auf ihrem Induktionskochfeld (!) kochen, sieht deutlich leckerer aus, als meine
Tütensuppe. Und riechen tuts auch gut!
Ich ziehe das Gespräch in die Länge und warte förmlich auf die Einladung, die dann..... doch nicht kommt.

Beleidigt ziehe ich irgendwann dann doch von Dannen, setze mich vor mein Zelt, setze den Gaskocher in Betrieb, schnappe mir die schon seit geraumer
Zeit aufgerissene Tütensuppe und bereite mein Dinner for One zu. Zu meinem feudalen Mahl gesellen sich schlussendlich die beiden Dosen Bier und irgendwann
dann auch Bärchen.
Als es Dunkel wird, verkrümeln wir uns ins Zelt und schlafen beide ein – nehme ich jedenfalls an.
Was wirklich geschah...: