Frido hat geschrieben:Wenn ich deinen Reisebericht lese möchte ich gleich wieder nach Albanien aufbrechen!
Geht mir eigentlich ganz genauso. Da ich aber häufig Bilder von Theth auf Facebook sehe, würde ich lieber noch bis zum Frühjahr warten - der Herbst ist dort inzwischen auch angekommen

Das mit deinen Temperaturen kann ich genau so bestätigen. Wir waren von Mitte September bis 2.10. unterwegs, aber gegen Ende wurde es von Tag zu Tag herbstlicher und frischer.
Im Vorjahr waren wir morgens im Regen gestanden und hatten diskutiert, ob wir die Südseite Theth bei diesen Witterungsbedingungen fahren sollten und haben uns letztlich dagegen entschieden.
Heute jedoch wanderten wir bei strahlendem Sonnenschein in das Haupthotel Elita um dort ein opulentes Frühstück zu uns zu nehmen. Wir mussten uns ja stärken für die Anstrengungen des Tages.
In Shkodra befüllten wir noch unsere Tanks und folgten dann einer weißen GS Richtung Prekal. Das hatte schon wieder was von einlullen. Richtig schön gemütlich am Hang entlang durch das Tal, unter uns der Fluß, der seine weißen Schaumkronen gen Tal sendete. Diesmal machte es mir auch gar nichts aus, dass uns die deutsche GS mit Sozia verballerte. Ich dachte mir wohl, den sehen wir eh bald wieder.
Es gibt ja schon reichlich Berichte von der Südrampe. Aber es ist ein Unterschied, ob man sie nur gelesen hat, oder ob man es selber erlebt hat. Schon nach dem ersten Kilometer war mir klar, dass ich im Vorjahr an dieser Stelle bereits umgedreht wäre. Mal ganz abgesehen davon, dass ich dies immer noch nicht bei Regen fahren wollte.
Man fährt teilweise über rauen Fels und ich hoffte inständig, dass sich keine dieser Felsspitzen durch meinen bislang treuen Mitas bohren würde. Dieses Damoklesschwert hatte ich bislang ausgeblendet, bei diesem Untergrund konnte ich es aber nicht mehr verdrängen. Ganz schön rau zu fahren.
Nach etwa 10km stießen wir dann auf Marek und Katarina aus Warschau. Denen war genau das widerfahren und Marek war dabei, den schlaulosen Hinterreifen seiner GS mit einem Stopfen zu flicken. Ich huldigte ihm meinen Respekt, mit Sozia und dem schweren Gerät bis an diese Stelle zu kommen. Er grinste nur und antwortete: "No problem for the German Wunderwaffe!". Ich dachte zuerst, ich hätte mich verhört, aber er hat es dann später noch mal wiederholt. Auch habe ich mir überlegt, das hier überhaupt zu erwähnen, weil einerseits schmälert das die eigene Leistung schon irgendwie, wenn das auch mit vollbeladener GS und Sozia geht und andererseits wird das sicherlich ein gewisser, gewichtiger Saarländer in sein Repertoi aufnehmen und noch mehr von der GS schwärmen.

Aber ich will ja bei den Tatsachen bleiben.
Nachdem wir Marek mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatten, zogen wir weiter. Anspruchsloser wurde die Strecke jedenfalls nicht und so machten wir alle 5km mal eine Pause. Schadete ja auch nichts, mal was anderes von der Umgebung wahrzunehmen, als nur grobes Geröll und heftige Steigungen.
Inzwischen waren wir fest davon überzeugt, dass Marek die Entscheidung getroffen hatte umzukehren. Sollte er sich bei dem Anstieg nach der Minitaverne in der Kurve noch nicht dafür entschieden haben, dann spätestens nach dem Wasserloch, welches mein Vorderrad zur Gänze verschluckte.
Oben am Pass war dann ein Campingplatz mit Cafe und wir erstanden einen Mokka in der Annahme jetzt das schlimmste überstanden zu haben. Wir ließen uns die Sonne eine halbe Stunde ins Gesicht scheinen, unterhielten uns mit einem österreichischen Paar, das nicht sicher war, ob es noch auf dem richtigen Weg war. Sie navigierten noch klassisch mit Landkarte und stellten fest, dass ihr alter Land Rover Discovery auf dieser Strecke an seine Grenzen stoßen würde. Natürlich fragten sie, ob es nun besser würde. Aber was genau soll man da antworten, wenn man noch keine Ahnung hat, was da vor einem liegt?
Inzwischen kamen auch Katarina und Marek. Er "entschuldigte" sich, weil der erste Stopfen nicht gehalten hatte und er den Reifen erneut hatte flicken müssen. NUR eine halbe Stunde... trotz GS, Sozia und erneutem Platten. Ich muss wohl mal meine Performance überdenken...
Womit ich nicht recht hatte war, dass nun das Schlimmste überstanden sei. Es ging zwar meist bergab, aber die tiefen Spurrinnen, die groben Felsbrocken forderten doch einiges von uns ab. Dafür wurden wir mit Natur überwältigt und immer wieder überrascht, wo sich überall Menschen herumtrieben. An dieser Brücke wurde Ronny von einem Albanern mit Nüssen beschenkt, der irgendwo plötzlich aus den Büschen auftauchte und dort auch wieder verschwand.
Marek startete vor uns, aber sein rollender Computer zeigte ihm kurz darauf erneut Druckverlust im Hinterrad an und zwang ihn zu einer erneuten Reparatur des Loches. Da es sich um die letzte Chance handelte - sein Flickzeug gab keinen weiteren Streifen mehr her - tauschten wir Nummern, so dass wir ihm, falls er sich nicht melde, von Theth aus Hilfe hätten schicken können.
Nach Breg Lumi war die Straße neu "gemacht". Das kann man sich ungefähr so vorstellen, dass jemand mit Lastwagen frischen, weißen, staubigen Schotter ausgeschüttet und verteilt hat. Irgendwie war das alles recht lose. Und es staubte. Deshalb ließ ich Ronny erst mal vorfahren, um nicht seinen ganzen Staub zu schlucken.
Es ging leicht bergan und der Weg hatte eine leichte Rechtsbiegung. Rechts ging der Berg hinauf und links lauerte der Abgrund mit einem steilen Schotterhang, an dessen Fuß sich 300m unter uns der oben gezeigte Flußwand. Da lag dann auf der rechten Seite des etwa 2,5m breiten Weges ein dicker Felsbrocken und links ein schwarzer Kanister. Ich überlegte, wie ich da durch kommen sollte und ärgerte mich, dass Leute ihr Zeug einfach achtlos wegwerfen.
Da fiel mir auf, dass auf dem Kanister Touratech stand und dass es eher eine Tasche, denn ein Kanister war. Klar, das war zweifellos Ronnys Packtasche. Aber wo war Ronny? Ich stieg ab, wagte den Blick in den Abgrund und hoffte inständing dort keine orangen Trümmer zu finden. Bestimmt 5min suchte ich alles ab, entwarf auch schon Pläne wie ich dort absteigen sollte und rief immer wieder in die Schlucht. Aber ich fand nichts. Keine Spuren.
Also sammelte ich den "Kanister" ein, legte ihn auf meinen Tankrucksack und stellte fest, dass man auch im Sitzen über diesen Schotter fahren konnte.
Ein wenig erleichtert (was eine maßlose Untertreibung!) war ich dann schon, als mir wenig später ein oranges Etwas auf der Suche nach einem schwarzen "Kanister" entgegen kam. Ronny hatte wohl die leichte Rechts etwas zu eng genommen, dabei den Felsbrocken berührt, welcher sich seinerseits damit bedankte, dass er die Tasche aus der Halterung riss. Genauer gesagt, er brach sie einfach durch.
Ronny ärgerte sich zunächst, dass diese teuren Taschen derart windige Halterungen hätten, änderte seine Meinung aber, als ich bemerkte, dass dies ja immer noch besser sei, als ausgehebelt zu werden. Und mit einem Zurrgurt saß die Tasche auch fast wieder so gut wie zuvor.
Wir fuhren dann zielsicher ins Vellezrit Guri und lernten dort Jimmy kennen. Von Marek erhielten wir noch die Nachricht, dass der letzte Stopfen gehalten hätte und er noch bis Montenegro fahren wollte.
Bei einem Ankommbier sinnierten Ronny und ich noch, ob nun Theth oder der 2. Tag von Polican nach Gramsh das härteste gewesen sei. Ronny tendierte zu ersterem, ich zu zweiterem. Theth fand ich zwar technisch anspruchsvoll, aber ganz ehrlich.... so schlimm kann das nicht gewesen sein, wenn das selbst eine GS mit Sozia schafft
Die Aussicht von Jimmys Terrasse ist übrigens sensationell und stellte einen gelungenen Höhepunkt dieses Tages dar.
Wir unterhielten uns nach einem vorzüglichen Mahl an diesem Abend noch lange mit Jimmy und fielen dann glücklich ins Bett.
