Sonntag am 05.10.2014
Geisterstadt crowded – Liane ist geschockt. Keine Sorge, alles im grünen Bereich.
Gestern Abend beschlossen, dass wir morgen doch nach El Rocio fahren.
Es sind bis kurz davor breite Straßen und Autobahnen und da wird schon nicht so viel los sein, dass das Fahren kein Vergnügen bereitet.
(Zur Erklärung: auf den wirklich engen, kurvigen Straßen hier, muss man wirklich manchmal hinter Autos herkriechen – wenn dann viel los ist, heißt das viele Autos, heißt das öfter „kriechen“ und wahrscheinlich auch öfter Adrenalischübe, weil sonntags sind halt auch Sonntagfahrer unterwegs, die auch mal unvermittelt bremsen oder stehen bleiben oder oder oder. Und Adrenalinschübe bei um die 30° verstärken die Transpiration das wieder lockt Fliegendes Getier an, das wiederum verstärkt den Adrenalinausstoß ….
Ich glaube ihr versteht mich.)
Also breite, übersichtliche Straßen auf denen wir die ca. 500km auf einer Backe abreiten können.
Um halb Acht klingelt der Wecker.
Stockdunkel.

Eine neue Erfahrung für uns, weil wir seit über drei Wochen nicht so früh aufgestanden sind. Aber, wir haben’s geschafft.
Um 10:02 verlassen wir den Campingplatz Richtung Sevilla, danach Richtung Huelva. Irgendwann links weg nach Almonte und dann noch ca. 12km und wir sind da. Um 12:02.
Erstmal Enttäuschung.
Nicht nur an Pfingsten ist da ne Wallfahrt (angeblich mit bis zu einer Million Menschen), auch in der heiligen Woche wird gewallfahrtet – Und die haben wir erwischt.
Wirklich, es war nicht tragisch. Ein paar hundert, vielleicht 1.000 bevölkerten die Südstadt.
Und es ist wirklich so, nach dem Kreisverkehr hört der Teer auf und es sind Sandpisten.
Die Hauptstraßen relativ festgefahren, aber die Seitenstraßen …
Noch ne Nebenbemerkung. Die letzten km (von Almonte bis El Rocio kann man auch links und rechts der gut geteerten Hauptstraße auf sandigen Pisten durch einen ziemlich lichten Wald fahren und einmal, Richtung Westen zeigt ein Schild zu einem Offroadparcour)
Übrigens, den Tipp mit "El Rocio" haben wir von Bernd. Ihr wisst schon, den Sympathiebolzen, den wir mit seiner Lebensgefährtin Sandra, dem Landrover und ihrem Hund Gertie in Isolabona - am ersten Tag unserer Reise - getroffen haben. Bernd, wenn ihr das lest: Ganz herzlichen Dank! - Wenn wir das nächste Mal in dieser Gegend sind, werde ich mal nen Tag allein hinfahren (Werd schon jemanden finden, der mir beim Moppedaufstellen hilft).
Wir sind also ein wenig auf den Sandpisten durch den Ort (Südteil) gefahren – teilweise große Plätze, wo jeder fährt, wie er will – also Rechtsverkehr nur vorwiegend – alle scheinen etwas beseelt zu sein.
Dann haben wir eine wirklich ansprechende Kneipe gefunden vor der man im Schatten sitzen konnte und in bzw. vor der nichts los war. (Pension – Restaurante Cristina).
Wir setzten uns, bestellten was zu Trinken und je eine Schinken- und eine Gambasplatte.
Von der Kirche kam der Gesang der Wallfahrer, begleitet von nahezu permanentem Glockengeläut und unregelmäßigen, aber fast infernalisch lauten Böllerschüssen.
Bin trotz keinem schlechten Gewissen immer wieder zusammengezuckt.
Irgendwann war die Kirche aus und eine stattliche Anzahl der Kirchenbesucher strömten in unsere Richtung um das Restaurante Cristina zu bevölkern.
Wir hatten schon bezahlt und konnten in aller Ruhe aufbrechen.
Wir wollten die kleinen sandigen Straßen der Südstadt abfahren und taten das auch.
Nachdem es keine Verkehrsschilder gibt, die Autofahrer sowieso wie beseelt fuhren, habe ich vorsichtshalber immer rechts vor links angewendet.
So kam ich auch hinter ein rotes Auto zu fahren, das derartig langsam fuhr, dass sich das Fahren in dem relativ tiefen Sand als schwierig erwies, wir nur bedingt kontrolliert vorwärts kamen und Liane das erste Mal Angst hatte und sich an mir festkrallte.
Überholen war der vielen Pilger wegen, nicht möglich, denn es gibt natürlich keine Gehsteige und so liefen sie auf der Straße.
Also bog ich die nächste links ab. Die war natürlich noch tiefsandiger. Ich gab – um das Gefährt zu stabilisieren, etwas Gas und zum ersten Mal muckte Liane auf: „Nicht so schnell, das eiert so“.
In dieser Situation mich auf Diskussionen einzulassen bezüglich der stabilisierenden Wirkung sich drehender Räder, schien mir unpassend. Aber, meinem Typus entsprechend, ganz Kavalier, gehorchte ich und verminderte das Tempo von knapp 35kmh auf unter 20kmh. Das Schlingern nahm zu, die Sandtiefe auch und bautz, fanden wir uns in der Waagerechten wieder. Natürlich hat Liane noch im Fallen geknipst.
Es war unser erster gemeinsamer Umfaller seit vielen Jahren und noch mehr km’n.
Es war weicher Sand. Völlig ungefährlich. Wir fielen weich. Liane hat mich noch geknipst, wie ich am Mopped kauere und dann hab ich’s aufgestellt – natürlich mit ihrer Hilfe.
Aber ab da hatte sie (Liane) einen Knacks. Sie wollte nur noch raus hier, keinen Sand mehr unter den Reifen haben und so haben wir das Schild zur Südstadt ignoriert.
Wir fuhren wieder heim.
Kurz nach Sevilla mussten wir tanken und Liane „beichtete“ mir, dass sie Schmerzen hat, weil sie ganz verkrampft auf dem Mopped sitzt und, das erste Mal Angst hat.
Ich erklärte ihr, dass wir die nächste schöne Kneipe anfahren, was trinken, relaxen und dann geht’s schon wieder.
So haben wir’s dann auch gemacht. Kurz vor Algodonales gab’s Kaffee, Bier, Cola und ein entkrampfendes Gespräch und dann sind wir die letzten ca. 30km entspannt, locker zum Campingplatz gefahren bei dem wir um 16:02, also nach genau 6 Stunden ankamen.
Liane nahm eine heiße Dusche, die sie vor allem auf die etwas verkrampfte linke Hüfte richtete und jetzt ist alles wieder ok.
Morgen fahren wir wieder kleine, bergige, kurvige T e e r s t r a ß e n.
Die Bilder des Tages:
(Liane sortiert gerade die Bilder, die sie mir dann überspielt, die ich dann auswähle und ein paar davon einstelle und sagt zu mir: „Tut mir wirklich leid, aber die Bilder, auf denen das Mopped im Sand liegt sind alle unscharf, aber man kann erkennen was es ist.
Spontan machte ich ihr den Vorschlag, dass wir das nochmal – extra für’s Forum - machen.
„Arschloch, ich glaub Du spinnts“!
Manchmal ist sie an Respektlosigkeit kaum zu überbieten.)
Kurz hinter Sevilla Richtung Huelva sieht man diese fast gigantische Brücke - aber wir haben keine Ahnung wohin sie führt.
Der lichte Wald, rechts der Hauptraße Richtung El Rocio, auf dessen Sandpiste man auch fahren könnte.
Erstmal "Nord" haben wir uns gedacht.
Einfahrt in die "Geisterstadt"
Die Hauptstraße
"Impressionen" von El Rocio und den Wallfahrern - bei diesem Bild unschwer zu erkennen, dass der Autofahrer das Fehlen von Verkehrszeichen als "rechts vor links" interpretiert - der Moppedfahrer aber sich auf der vorfahrstberechtigten Hauptstraße wähnt. Gottseidank war sich der Autofahrer entweder nicht sicher, oder defensiv eingestellt
Vor den Häusern sind Pferdeanleinstangen, also Pferdeparkplätze ...
... nicht zu Unrecht...
Unsere Schinkenplatte
und die Gambasplatte, nachdem wir uns gestärkt hatten
nach dem Essen noch gemütliches Sightseeing
Beim Fallen noch ausgelöst
weich gebettet
Die Geier warten schon...
Am Heimweg - Fast fertiger Turm in Sevilla
Nein, nicht die Toskana
