
Etappe 5 Cromwell – Lower Shotover

Der Regen hat sich am frühen Morgen verzogen, das mache ich dann auch. In das gebuchte B&B komme ich erst am Nachmittag, nach Queenstown sind es nur ca. 80 km, da beginne ich den Tag mit einem ausführlichen Frühstück und Studium der lokalen Presse. Kurz vor Mittag schmeisse ich die Tenere an und folge der 6 durch die Kawarau Schlucht.

Vorbei an der antiken Kawarau River Suspension Bridge, eine der ersten Möglichkeiten, sich mittels Seil in den Abgrund zu stürzen, nichts für mich.


Ein kleiner Abstecher nach Arrowtown ist auch noch drin.

oder hätte ich die Yamaha besser hier anleinen sollen?

Sieht für Kiwiverhältnisse schon antik aus.

Da die Kirschensaison schon vorbei ist, kaufe ich eine Schale Pflaumen und schaue dem touristischen Treiben zu.

Zeit zum Aufbruch und die feste Bleibe für die nächsten, stürmischen Tage ansteuern. Dank GPS ist das finden ja kein Problem mehr, ein schickes Haus in einer Neubausiedlung. Den Schlüssel aus dem Safe geholt und plötzlich überkommt mich das dringende Bedürfnis, meine Blase zu entleeren. Schnell geht bei Motorradklamotten bekanntlich nicht, aber gerade noch geschafft. Merkwürdig. Ich schiebe es auf die Überdosis Pflaumen.
Hunger stellt sich ein und so fahre ich zur nächsten Pizzeria, wo ich mir die schlechtesten Nudeln meines Lebens einverleibe. Kulinarisch, abgesehen vom Lachs am Mt Hutt, konnte mich Neuseeland noch nicht überzeugen, schwankt so zwischen Fisch&Chips und Burger. Inzwischen war Stacey nach Hause gekommen und machte sich gerade frische Nudeln. Mist, keinen Hunger mehr. Ein wenigen Smalltalk mit der jungen Engländerin, dann verzog ich mich in mein Zimmer.
Am nächsten Tag fängt es gegen Mittag endlich an zu winden und der versprochene Regen beginnt. Laut Stacey soll ein deutscher Landsman mit einem Pushbike bald eintreffen. Pushbike? Vor meinem geistigen Auge sehe ich einen Erwachsenen Roller. So bekloppt kann doch keiner sein, Kiwiland mit dem Roller? Aufklärung, gemeint ist ein normales Fahrrad, unter Bike laufen in Neuseeland Motorräder. Und tatsächlich taucht der Pushbiker bald auf, ca. mein Alter und seit Anfang Januar ab Auckland mit dem Reiserad unterwegs. Reschpekt.
In der Nacht hat sich der Regen verstärkt und auch am nächsten Morgen plätschert es so vor sich hin, kein Gedanke an eine Weiterfahrt. Also weiter Zeitvertreib: Mit dem Pushbiker unterhalten, surfen, lesen oder sich beim neuseeländischen Fernsehen die letzten Gehirnzellen entwenden lassen. Das alles im Wohnzimmer, jetzt im Zelt wäre deutlich ungemütlicher.

Apropo plätschern, meine Blasenprobleme haben sich deutlich verschlimmert, von Kontrolle ist nur noch bedingt zu sprechen und ein wenig Blut im Urin ist auch nicht gut. Eindeutig Zeit einen Arzt zu besuchen. Nach kurzer Überlegung ist es wohl das Vernünftigste wieder nach Christchurch zu fahren. Noch fühle ich mich fit, die Tenere wäre wieder zu Hause und ein internationaler Flughafen vor Ort. Ausfallen würde die Schiffahrt über den Lake Wakatipu, Mavora Lake, Milford Sound.... blöd, aber die dürften beim nächsten Mal auch noch da sein.
Etappe 6 Lower Shotover – Amberley

Am nächsten Morgen ist feinstes Wetter angesagt, Sonnenschein, gepuderte Berge.... Das hebt die Stimmung ungemein. Ich knüpfe die Regenhose ein und trappiere ein Handtuch um die Familienjuwelen. Gemeinsam mit dem Pushbiker verlasse ich unsere Bleibe und begebe mich auf die ca. 500 km Tour. Bei dem Wetter unter normalen Umständen ein Traum. Dumm nur, das sich bei jedem Tankstopp nicht nur der Tank füllt und ich um ein neutrales Gesicht bemüht bin.
Ich erreiche meinen Vermieter, da isser wieder, erkläre das Problem und ohne viel Federlesen versucht Andrea noch einer Arzt zu erreichen. Das ist auch Freitag Nachmittag in Neuseeland nicht so einfach und so fahren wir nach Christchurch in einer 24 Stunden Klinik. https://www.24hoursurgery.co.nz/
Kurz geschrieben, 1 Stunde später erklärt mir ein Arzt, das es "nur" eine Blasenentzündung ist, das könnte bei älteren Männern vorkommen, Danke dafür, weil sich der "Eingang" nicht mehr richtig verschliessen lässt. Ich bekomme noch ein Antibiotikum, Andrea fährt uns wieder zurück und bringt mich in Amberley in einem Motel unter. Kiwis sind sehr nette Menschen.
Noch behalte ich die kontaminierte Motorradhose an, besorge mir reichlich zu trinken, durchspülen und so, schnitze mir aus einer übergrossen Getränkeflasche eine Urinflasche, begebe mich in meine Unterkunft und harre der Dinge, die da kommen. Am nächsten Morgen scheint das Antibiotikum schon voll eingeschlagen zu haben. Ich wasche die Hose und andere Dinge, gehe lecker frühstücken, einkaufen, etwas in den Schatten legen und abends brutzel ich mir ein Steak. Einer Weiterfahrt am nächsten Tag scheint möglich.