Tag 10 (66 KM)
Villard-de-Lans - Col de St.-Alexis - Vassieux-en-Vercors
Bereits beim Frühstück ist mehr als deutlich zu erkennen, dass die Wettervorhersage des Vorabends ein Volltreffer war. Es regnet, und das auch ziemlich heftig.
Meine Abreise begehe ich daher bereits im vollen Schlechtwetterornat und mir wird spätestens jetzt völlig bewusst, dass ich mir die Schönheiten des Vercors mit seinen Schluchten und kühnen Straßentrassierungen wohl für später aufheben muss. Denn selbst, wenn ich diese Highlights anfahre, so werde ich doch vermutlich nicht mal einen Bruchteil davon tatsächlich in seiner vollen Pracht sehen können.
Dennoch, der Col de Rousset muss noch sein. Zunächst versuche ich das Regenproblem für ca. eine Stunde regelrecht auszusitzen, in dem ich mich in ein Buswartehäuschen zurückziehe. Aber es hilft nichts, der Regen regnet regnerisch hernieder.
Auch auf dem Col de Rousset empfängt mich ein jämmerlicher Regen gepaart mit schneidend kaltem Wind. Ich zwinge mich dazu, zumindest solange auf ein offenes Wolkenfenster zu warten, bis ich ein halbwegs akzeptables Foto von der Kehrenfolge des Passes eingefangen habe. Aber ansonsten habe ich die Nase gestrichen voll.
Dennoch schlage ich den Weg in Richtung Combe Laval ein, komme jedoch nur bis Vassieux, wo ich vollkommen entnervt, durchnässt und durchgefroren bereits um 11.00 Uhr am Vormittag mein nächstes Zimmer beziehe und eine lange und heiße Dusche nehme.
Den Rest des Tages verbringe ich mit Entscheidungsfindung.
Ich hatte bis gestern eine wunderschöne Tour, an die ich mich lange erinnern werde. Wenn ich jetzt hier im Vercors noch ein paar Tage in der Hoffnung auf eine Wetterbesserung ausharre, die jedoch unter Umständen gar nicht eintritt, dann würde ich in ein paar Tagen schlechtgelaunt den Heimweg antreten und dies würde die positiven Erinnerungen dunkel einfärben.
Wenn ich mich allerdings zu einer zügigen Heimreise entschließe, dann habe ich zwar das Vercors nicht sehen und befahren können, aber die Erinnerungen an die Tour bleiben zumindest hell.
Was tun? Zeit habe ich noch eine knappe Woche und das Taschengeld ist auch noch nicht verbraucht. Ich ringe lange mit mir, sehe die Wetterprognosen, verstehe den dazugehörenden Kommentar allerdings nicht und treffe dann die Entscheidung! Morgen fahre ich auf dem schnellsten Weg nach Hause.
Mein Navi sagt mir, dass ich ab Grenoble nur noch auf der Autobahn unterwegs sein werde und bis nach Hause 1100 KM zurückzulegen habe. Unter Berücksichtigung des in Frankreich und der Schweiz geltenden Tempolimits auf der Autobahn dürfte es schwer werden, einen Schnitt von mehr als 100 KM/h zu erreichen. Dennoch: selbst wenn ich erst am Abend zu Hause aufschlagen sollte: egal!

- Gorges de la Bourne

- Col de Rousset - Blick auf die Südrampe
Tag 11 (1100 KM)
Vassieux-en-Vercors - Col de Proncel - Grenoble – Niedersachsen
Wiederum gegen 8.00 Uhr morgens bin ich abmarschbereit und mache mich sogleich auf den Weg nach Norden durch das Vercors, um in Grenoble auf die Autobahn zu kommen.
In der Schweiz kaufe ich eine Vignette, die mich fast 50 € kostet, nur um auf der schönen schweizer Bahn fahren zu dürfen. Aber auch das ist nun egal! Jetzt will ich nur noch nach Hause.
Das restliche eidgenössische Geld investiere ich auf einer Tankstelle in Benzin für mein Moped und merke mir, dass ich 15 Ltr. getankt habe. Ich muss mir das merken, denn meine Tankanzeige ist seit Monaten defekt und so fahre und tanke ich nicht nur die gesamte Reise bereits ausschließlich nach Tageskilometerzähler. Das ist aber überhaupt kein Problem, denn es hat bis dato ja bestens funktioniert.
Bereits in Deutschland angekommen und westlich des Schwarzwalds auf der Autobahn unterwegs beginnt mein Moped auf einmal zu zicken und geht am Ende schlichtweg aus.
Ein Druck auf den Starterknopf bringt leider nicht das gewünschte Ergebnis. Wie das? Ich hatte doch in der Schweiz noch 15 Ltr. getankt und die sollten an und für sich für 200 KM auf der Bahn hinreichen. Es sind aber noch lange keine 200 KM???
Nachdem nun alle Synapsen die richtigen Verbindungen gezogen haben, fällt mir wieder ein, dass ich nicht 15 Ltr. getankt hatte, sondern für 15 Franken. Kein Wunder also, dass ich jetzt und hier ohne Benzin auf der Autobahn stehe.
Ich rufe den ADAC an und gestehe freimütig meine Unfähigkeit, mich rechtzeitig mit Kraftstoff einzudecken und bitte die Servicedame, mir lediglich einen Wagen mit 5 Ltr. Benzin zu schicken.
Wie bestellt, so wird geliefert. Und ich kann nach einer knappen Stunde unfreiwilliger Auszeit meine Heimreise fortsetzen.
Nach ziemlich genau 12 Stunden und ziemlich genau 1100 KM komme ich zu Hause an, nachdem ich von unterwegs meine bEvA überraschend angerufen und gefragt habe, ob sie am Abend für mich noch ein Zimmer frei hätte.
Von diesem Tag gibt es "selbstverständlich" keine Bilder.