Sonntag 21.06.2015
Vorsicht ich schweife ab.
Frühstück gibt es hier ab 7:00 Uhr. Für mich als Frühaufsteher echt prima. Als ich punkt 7 zum Frühstück erscheine ist die Servicedame total aufgelöst

. Obwohl bestellt wurden keinerlei Backwaren geliefert.
Was soll‘s. Kein Grund zur Aufregung. Ich setze mich in den glasüberdachten Frühstücksraum und genieße den Rhythmuswechsel der ständig variierenden Regentropfen.
Das schreibe ich nur wegen der Dramatik. In Wirklichkeit habe ich ein super Frühstück und wundere mich was eigentlich fehlen soll. Brötchen, Crossaints, Wurst, Käse, Joghurt, Obstsalat. Alles da was ich brauche.
Nach ausführlichem Frühstück packe ich ein und steige in die frisch getrockneten Klamotten. Dabei genieße ich den Luxus mich auf einem Stuhl im Trockenen sitzend (Optimist) in die Regenklamotten zu zwängen. Den Temperaturvorhersagen folgend ziehe ich mal lieber eine Fleecejacke drunter. Gestern hat‘s mich ein wenig gefröstelt und heute geht es immerhin auf >1.500m. Ich muss euch nicht erklären, dass ich durchgeschwitzt bin bis ich auf dem Mopped sitze.
Beim Trocknen habe ich übrigens festgestellt, dass ich neben den Sommerhandschuhen (HaHa) meine Winterhandschuhe eingepackt habe. Eigentlich sollten das die Übergangshandschuhe sein, denn die Winterhandschuhe nutze ich nicht mehr seit ich Griffheizung habe. Als ich jetzt in strömendem Regen losfahre danke ich als Atheist mir selbst dafür

. Die Winterhandschuhe sind zwar ziemlich warm, aber eben auch 100% Wasserdicht.
Heute geht es in insgesamt 4 Länder. Österreeich, Schweiz, Lichtenstein und Italien. Mal sehen ob sich der Regen an den Ländergrenzen ändert.
Ich genieße tatsächlich wieder die Fahrt. Dank Sonntagmorgen und Dauerregen habe ich alle Straßen für mich alleine. Ich sollte also in Zukunft immer versuchen sonntags morgens bei Dauerregen zu fahren. Nein, noch ein Scherz. So weit geht der Optimismus doch nicht.
Da ich aber so alleine vor mich hin surfe kann ich tatsächlich faszinierende Beobachtungen machen. Die Ampeln in der Schweiz zum Beispiel. Dies scheinen bei Verkehrsstille grundsätzlich alle auf Rot zu schalten. Dann haben die wohl aber einen Nährungssensor und schalten ganz gemächlich auf Grün wenn man in die Nähe kommt. Ist das jetzt echt eine prima Schweizer Sache oder fange ich an durchzudrehen?
Ganz sicher sind aber zwei Dinge. Die Schweiz ist das einzige Land das noch pedantischer als Deutschland ist (also eigentlich mein Land). Alles ist genauestens und säuberlichst. Das merkt man echt wenn man über die Grenzen an einem Tag fährt. In der Schweiz liegt kein Müll rum, der Rasen ist exakt abgelängt, die Straßen sind ausgebaut. Das einzige was die Schweizer schlechter machen als wir ist der Bitumen. Damit sind sie großzügig und lassen auch gerne mal das abstreuen sein. Sorgt bei einsamen Regenfahrern für Unterhaltung und ist gut gegen Langeweile. Bei Regen rutscht man da gerne mal ein wenig zur Seite. Ist aber beruhigt, da man ja weiß, es sind nur schmale Streifen. Da gibt’s dann clevere Straßenbauer, die habe genau vermessen wie lange so ein Mopped in der Kurve braucht um sich wieder zu fangen. Genau dort kommt dann der nächste Bitumenstreifen. So ist für Unterhaltung und Spannung gesorgt.
Und dann fängt das Übel an. Das Wetter wird besser. Also keine Sonne, kein Gedanke. Aber kein Regen mehr. Invasionsartig fallen Autos, Moppeds und vor allem Busse über die Passstraßen her.
Hier zeigen sich verschiedene Stammesrituale ganz deutlich. Der Stamm des kleinen Bergfolkes (Schweizer) ist gelassen und hat es nicht eilig. D.h. 10 km/h unter der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sind absolut ausreichend. Dank der Gelassenheit stört sich aber keiner daran, wenn er vom hektischen Deutschen überholt wird. Danke dafür!
Der andere Stamm, der ignoranten Riesendosentreiber (Busfahrer) ist da schon ein anderes Kaliber. Gerade in Spitzkehren oder auf Passstraßen ist dieser grundsätzlich der Meinung ihm gehöre die Straße alleine. Das führt dazu, dass er grundsätzlich die Gegenspur mitnutzt, unabhängig davon, ob sich dort andere Verkehrsteilnehmer aufhalten oder nicht.
Unnötigen Überholversuchen begegnet er mit ungeplantem ausscheren auf die zweite Spur. Ist ja nur logisch, diese gehört ihm ja sowieso.
Zu Glück hatte ich bei einer Begegnung mit einem Vertreter dieser rauen Gesellen, einen Vertreter des gelassenen Bervolkes in seiner Dose vor mir. Der Beschränkte sich auf ein Vollbremsung und endete fast an der rechten Felswand, weil eben ein Bus auf der falschen Spur entgegenkam. Kein Hupen kein schimpfen, sonder einfach witer gefahren. Es war übrigens keine Spitzkehre in Sicht. Der Busfahrer hätte aber lenken müssen um den Schlangenlinien der Straßenführung zu folgen. Das ist eines Busfahrers nicht würdig. Aber ich schweife ab…
Wo war ich eigentlich?
Ach ja auf dem Weg an den Idro See irgendwo in den Alpen in der Schweiz oder Lichtenstein. Wo genau kann ich auch nicht sagen. Dank Navi und Planungswut höre ich auf die magische Stimme in meinem Ohr und hab die meiste Zeit keine Ahnung wo ich bin. Das ist eigentlich schade. Aber nur für euch, nicht für mich. Mir ist es egal, Hauptsache schöne Landschaft, schöne Strecken und schönes Wetter (HaHa). Dank GPS in der Kamera kann ich später auch nachschauen wo ich war wenn es jemand wissen möchte.
Aber ich schweife schon wieder ab…
Kommen wir kurz auf die Strecke zurück:

Es hat nicht nur aufgehört zu regnen, es gibt auch noch Aussicht auf einen Gletscher. Welchen? Wird uns sicher Max später sagen.
Auf diese kleine Parkbucht stach dann auch zielsicher ein Bus. Dabei beinahe mein Mopped streifend und eine KTM einzwängend.
Ich ergriff die Flucht und genoss eine herrliche Auffahrt. Stellenweise konnte ich nicht entscheiden ob es regnete, oder ich einfach innerhalb einer Wolke fuhr und es daher nässte.
Auf einer Passhöhe angekommen ging mein Optimismus mit mir durch. Ich freute mich, dass es regnete und nicht schneite:

Ich wollte mit der guten Kamera und nicht mit dem Handy ein Gipfelfoto mit Schild. Also Handschuhe aus, Helm ab, Regenhaube vom Tankrucksack und da. Ratet mal. Es fing an zu regnen. Das wollte ich meiner Kamera dann doch nicht antun. Also mit steif gefrorenen Fingern und leicht bibbernd alles wieder fahrbereit machen. Vorher ein Gipfelfoto mit dem Handy ohne Schild.

Und als ich wieder losfahren wollte. Ratet wer sich mir in den Weg stellte. Richtig! Ein Bus. Erwähnte ich schon, dass ich Busfahrer nicht mag?.
In diesem speziellen Fall muss ich‘s doch genau schildern.
Ich starte gerade und will auf die Straße einschwenken. Beim Blick nach links sehe ich, das der Bus auch gerade vom Parkplatz losgefahren ist. Er hat ja schon ein Rad auf der Straße und daher natürlich Vorfahrt. Ich suche Augenkontakt und denke als Optimist: „Der lässt mich bestimmt vor“. Er sucht auch Augenkontakt und denkt sich offensichtlich: NICHTS!. Na gut. Er fährt vor und ich überhole den netten Mensch der nichts für seine geistige Armut kann nach ca. 30 Metern.
Der Tag entwickelt sich ab hier richtig gut! Das fahren macht Spaß und es wird immer Trockener. Ich hatte schon überlegt die Schotterpassagen auszulassen, da es ja mir sonst zu rutschig wäre.
Dank meiner genialen Planung komme ich an einem Lidl vorbei der am Sonntag auf hat (Scherz. Das hab nicht mal ich geplant). Hier also der kombinierte Halt. Regenklamotten aus und einkaufen für ein zünftiges Fesper.
Nach dem Einkaufen quetsche ich alles in das hässliche aber praktische Topcase. Dann geht es weiter auf der Suche nach einem netten Haltepunkt.
Jede Menge Moppedfahrende Italiener kommen mir entgegen oder überholen mich auch gerne mal wenn ich in der Schlange stehe. Ich passe mich immer den Eingeborenen an und fahre mit Ihnen an jeder Schlange vorbei. An jeder Ampel wird vorne Platz gelassen, damit die Moppeds einscheren können. Warum nicht überall so.
Auf kleinsten Pässen finde ich die ein oder andere kaputte Straße oder eben extrem schmale Straßen, dafür aber außer mir so gut wie niemanden mehr. Da ich keinen besseren Platz finde wird eben in einer Spitzkehre gestoppt und im Stehen gefespert. Ist eh mal ganz gut nicht zu sitzen.

Nach dem leckeren Essen geht’s weiter. Mittlerweile bin ich wieder wie im Rausch. Das ist der Grund fürs Moppedreisen. Auf dem Mopped in schöner Gegend auf anspruchsvollen Strecken vor sich hin fahren. Wenn ich nicht alleine unterwegs bin, sind die Jungs hinter mir da manchmal überlastet.
Bis zur Schotterpassage am Maniva geht es ohne Pause weiter. Dort angekommen ist mir dann doch ein wenig mulmig. Auch noch zu viel Adrenalin wg. der zügigen Auffahrt die an einigen GS oder Aprilia fahrenden Italienern vorbei führte.
Also ein bissl Trinken und entwässern. Dann geht’s weiter.

Hier darf jetzt auch die richtige Kamera das erste mal raus.
Einfach genial hier. Allerdings deutlich zu viel Verkehr. Vom 3er Bmw über die einheimischen Pandas bis zu jeder Menge Moppeds (auch gebückte). Aber egal. Macht trotzdem Spaß.

Danach geht’s über einen kleinen Abstieg direkt an mein Hotel. Dort angekommen fällt mir ein, dass die Wirtsleute darum gebeten hatten ihnen eine Stunde vor Ankunft Bescheid zu geben. Hmmmm egal. Schönes Wetter tolle Aussicht. Also ruf ich an und vertreibe mir die Zeit bis zu Ankunft mit der Beobachtung:

Der Wirt ist schneller da als gedacht.
Megafreundlich schließt er auf und weist mich ein. Ich bin der einzige Gast.

Ich befrage ihn noch wegen des Essens. Am Standort leider nicht. Er empfiehlt mir noch ein Restaurant im Ort, gibt mir ein Willkommensbier aus, dann ist er auch schon weg. Jetzt hab ich dieses komplett neue Haus für mich allein. Sehr stielvoll und modern eingerichtet, alles sehr nett.
Bevor er gegangen ist hat er fast noch entschuldigend gesagt, dass er von der Anzahlung nichts zurückzahlen könne, ich also daher gerne auch zwei Nächte bleiben könne. Ich erkläre, dass ich Richtung besseres Wetter am nächsten Morgen weiter möchte aber natürlich verstehe, dass es nichts zurück gibt.
Nach Auspacken, zum Trocknen aufhängen und duschen geht es also gegen 19:00 Uhr in den Ort. Das Restaurant finde ich auch dank seiner Beschreibung. Ohne hätte ich das nie gefunden.
Alles rein Italienisch. Niemand hier spricht deutsch oder englisch. Dank Speisekarte und internationaler Gerichte (Spaghetti Bolognese, Insalata Mista, Tiramisu, Cappucino) wird es ein leckerer Abend, aber ein einsamer. Um mich herum tobt der Bär. Die zahlreich anwesenden Italiener unterhalten sich lautstark über alles Mögliche. Auf dem Mopped ist es leiser.
Nach dem Essen geht’s zurück zu meiner einsam gelegenen Herberge. Jetzt ist es mir doch ziemlich öde. Einziger Gast, keine Wirtsleut rund herum nix (außer letzte Moppeds und Autos).
Naja, ich „muß“ ja noch die Familie anrufen. Danach geht’s mit dickem Schädel (Das Wilkommensbier auf nüchternen Magen) ins Bett.
TomTom meldet 304 km und 5:44 in Bewegung.