Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
- steinmeister
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- Registriert: Dienstag 27. September 2016, 17:33
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Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
Hier mal ein älterer Reisebericht von mir, den ich seinerzeit für das V-Stromforum geschrieben habe.
Schöne Grüße aus Boblas
Matthias
Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um. Ernst Bloch (1885-1977)
Meine Reiseberichte
Matthias
Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um. Ernst Bloch (1885-1977)
Meine Reiseberichte
- steinmeister
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Re: Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
Raus aus dem Alltag!
Rein ins Abenteuerland!
Von Himmelfahrt bis Pfingstmontag hab ich genau 12 Tage.
Mal schauen, was sie bringen.
Die Richtung ist grob abgesteckt:
Karpaten.
Und wenn dann noch Zeit bleibt, Rila- und Pirin-Gebirge.
Der angefahrene TKC 80 auf der Hinterhand soll mich über die Autobahn weit nach Osten tragen.
Dafür wäre ein Neuer zu schade.
Den nehme ich Huckepack mit.
An der Hohen Tatra fliege ich heute nur vorbei.
Aber den leckeren hiesigen Schafskäse lasse ich mir natürlich nicht entgehen!
Am Abend genieße ich die Freuden der Freien Welt in einer slowakischen Pension.
Morgen früh erwartet mich die ukrainische Grenze: Ich bin gewarnt worden!
Na denn, vorerst stärke ich meinen Optimismus mit zwei gut gekühlten frischen slowakischen Bieren, bis die etwas mehr als tausend Tageskilometer mir in die Knochen kriechen und mich zum zeitigen Ins-Bettchen-Gehen überreden.
Die Grenzstation erwartet mich, als sei sie allein für mich gebaut worden.
So früh am Morgen bin ich die einzige Kundschaft.
Die slowakischen Beamten nehmen ihre Sache genau.
Eindringlich werde ich gefragt, ob ich auch keine Pistolen mitführe.
„Hier wäre das nicht so schlimm“ erläutert man mir, „aber da drüben bei den ukrainischen Kollegen…“
Die ukrainischen Kollegen sind zwei junge Damen,
eine in eleganter Uniform, die andere im sexy Kampfanzug.
Beide ausgesprochen gut aussehend, dezent geschminkt und mit tadellos gepflegten Fingernägeln
( die aber kurz genug sind, um den effizienten Einsatz der Dienstwaffen nicht zu beeinträchtigen)
nehmen sie meine Papiere entgegen und fordern mich auf, mein Gepäck auszubreiten.
Ich überlege angestrengt, ob ich mir von den beiden ein Erinnerungsfoto mitnehmen sollte, aber ich traue mich dann doch nicht.
Nachdem ich alles wieder einpacken durfte, kommt ein Offizier und lässt mich nochmal alles auspacken.
Er beschlagnahmt meine Durchfalltabletten aus der Not-Apotheke, sagt etwas von „Drogen“ und „Generalinspektor“ und verschwindet.
Dann werde ich in ein Büro geführt. Eine ältere Dame, die kein Wort Außerukrainisch spricht, lässt mich meinen Namen und meine Anschrift buchstabieren und starrt dabei wissend in meinen Reisepass in ihren Händen.
Zwischendurch immer wieder:
Warten.
Warten.
Warten.
Wie gesagt, ich war gewarnt worden.
Also lasse ich alles geduldig über mich ergehen, ohne das entscheidende Dokument der EZB mit dem 20€- Aufdruck zu überantworten.
Nach einer Stunde erhalte ich neben meinen Papieren sogar meine „Drogen“ zurück und darf weiterfahren.
Dichte maigrüne Laubwälder umfangen mich, filterten die Morgensonne und geleiteten mich durch hügeliges Grenzland.
Die Verkehrsdichte ist, sieht man einmal von den Kühen ab, nicht sehr hoch. In den Dörfern sind auffallend viele Kinder unterwegs.
Gehen die gerade alle zur Schule?
Fußwege gibt es nirgends. Auch nicht in den kleinen Städten, durch die ich komme.
Die Straßen sind hier nicht für Autos reserviert.
Auf dem Asphalt stehen schwatzend rauchende Männer, spielen Kinder Fußball, trotten Kühe, rumpeln Pferdefuhrwerke.
Hunde und Hühner sind allgegenwärtig.
Wenn doch mal ein Auto kommt, fährt es im Slalom zwischen den häufigen Schlaglöchern und den anderen Verkehrsteilnehmern hindurch - es geht irgendwie ganz gut.
Nur eilig sollte man es nicht haben.
Die Straße führt entlang eines kleinen Flüsschens.
In jedem Dorf gibt es Furten.
Brücken? Wozu?
Bei einem Steh-Kaffe unterhalte ich mich mit einer Dame, die ihre Wald-und-Wiesenernte feilbietet: Lindenblüten, Pilze, Honig…
Als sie den Albanienaufkleber an meiner Alu-Kiste bemerkt, schlägt sie entsetzt die Hände vor’s Gesicht.
Bist du da gewesen? Da kann man doch nicht hinfahren.
Doch, kann man. Das ist problemlos.
Wie sind denn die Leute da?
Ganz normal. Wie du und ich.
Normalnuj Ludjei? Sie schüttelt erstaunt und ein bisschen ungläubig den Kopf.
Dann erklärt sie mir, dass die Ukraine ein wunderschönes Land ist.
Ich soll mir Zeit nehmen und alles genau angucken.
Das verspreche ich ihr.
Zeit wird hier offensichtlich mit ganz anderen Maßstäben gemessen.
Hier sitzen Männer im besten Alter den ganzen Tag neben einer Kuh am Straßenrand und verrichten so ihr Tagwerk...
Die Straße führt im großen Bogen um ein Bergmassiv herum.
Hier rumpeln LKW über staubigen Asphalt mit badewannengroßen jahrealten Frostaufbrüchen.
Das ist nicht das Wunschrevier für die Diva.
Fräulein Garmin raunt etwas von einer kleinen Nebenstraße quer durch die Berge.
Okay, das sieht interessanter aus.
Und scheint auch gut befahrbar zu sein.
Zwischendrin verliert sich der Weg im kniehohen Gras.
Taucht als Andeutung wieder auf und führt über einen kleinen Pass.
Für die Landschaft fällt mir nur ein Wort ein: Lieblich.
Der Weg ist mittlerweile weniger lieblich.
..und wird immer unlieblicher.
Was guckst du so herablassend- mittleidig?
Noch ein Stück Weg zum Luftholen....
...bevor ich das erste Mal richtig steckenbleibe.
Soviel erst mal für Heute.
Fortsetzung folgt. :-D
Rein ins Abenteuerland!
Von Himmelfahrt bis Pfingstmontag hab ich genau 12 Tage.
Mal schauen, was sie bringen.
Die Richtung ist grob abgesteckt:
Karpaten.
Und wenn dann noch Zeit bleibt, Rila- und Pirin-Gebirge.
Der angefahrene TKC 80 auf der Hinterhand soll mich über die Autobahn weit nach Osten tragen.
Dafür wäre ein Neuer zu schade.
Den nehme ich Huckepack mit.
An der Hohen Tatra fliege ich heute nur vorbei.
Aber den leckeren hiesigen Schafskäse lasse ich mir natürlich nicht entgehen!
Am Abend genieße ich die Freuden der Freien Welt in einer slowakischen Pension.
Morgen früh erwartet mich die ukrainische Grenze: Ich bin gewarnt worden!
Na denn, vorerst stärke ich meinen Optimismus mit zwei gut gekühlten frischen slowakischen Bieren, bis die etwas mehr als tausend Tageskilometer mir in die Knochen kriechen und mich zum zeitigen Ins-Bettchen-Gehen überreden.
Die Grenzstation erwartet mich, als sei sie allein für mich gebaut worden.
So früh am Morgen bin ich die einzige Kundschaft.
Die slowakischen Beamten nehmen ihre Sache genau.
Eindringlich werde ich gefragt, ob ich auch keine Pistolen mitführe.
„Hier wäre das nicht so schlimm“ erläutert man mir, „aber da drüben bei den ukrainischen Kollegen…“
Die ukrainischen Kollegen sind zwei junge Damen,
eine in eleganter Uniform, die andere im sexy Kampfanzug.
Beide ausgesprochen gut aussehend, dezent geschminkt und mit tadellos gepflegten Fingernägeln
( die aber kurz genug sind, um den effizienten Einsatz der Dienstwaffen nicht zu beeinträchtigen)
nehmen sie meine Papiere entgegen und fordern mich auf, mein Gepäck auszubreiten.
Ich überlege angestrengt, ob ich mir von den beiden ein Erinnerungsfoto mitnehmen sollte, aber ich traue mich dann doch nicht.
Nachdem ich alles wieder einpacken durfte, kommt ein Offizier und lässt mich nochmal alles auspacken.
Er beschlagnahmt meine Durchfalltabletten aus der Not-Apotheke, sagt etwas von „Drogen“ und „Generalinspektor“ und verschwindet.
Dann werde ich in ein Büro geführt. Eine ältere Dame, die kein Wort Außerukrainisch spricht, lässt mich meinen Namen und meine Anschrift buchstabieren und starrt dabei wissend in meinen Reisepass in ihren Händen.
Zwischendurch immer wieder:
Warten.
Warten.
Warten.
Wie gesagt, ich war gewarnt worden.
Also lasse ich alles geduldig über mich ergehen, ohne das entscheidende Dokument der EZB mit dem 20€- Aufdruck zu überantworten.
Nach einer Stunde erhalte ich neben meinen Papieren sogar meine „Drogen“ zurück und darf weiterfahren.
Dichte maigrüne Laubwälder umfangen mich, filterten die Morgensonne und geleiteten mich durch hügeliges Grenzland.
Die Verkehrsdichte ist, sieht man einmal von den Kühen ab, nicht sehr hoch. In den Dörfern sind auffallend viele Kinder unterwegs.
Gehen die gerade alle zur Schule?
Fußwege gibt es nirgends. Auch nicht in den kleinen Städten, durch die ich komme.
Die Straßen sind hier nicht für Autos reserviert.
Auf dem Asphalt stehen schwatzend rauchende Männer, spielen Kinder Fußball, trotten Kühe, rumpeln Pferdefuhrwerke.
Hunde und Hühner sind allgegenwärtig.
Wenn doch mal ein Auto kommt, fährt es im Slalom zwischen den häufigen Schlaglöchern und den anderen Verkehrsteilnehmern hindurch - es geht irgendwie ganz gut.
Nur eilig sollte man es nicht haben.
Die Straße führt entlang eines kleinen Flüsschens.
In jedem Dorf gibt es Furten.
Brücken? Wozu?
Bei einem Steh-Kaffe unterhalte ich mich mit einer Dame, die ihre Wald-und-Wiesenernte feilbietet: Lindenblüten, Pilze, Honig…
Als sie den Albanienaufkleber an meiner Alu-Kiste bemerkt, schlägt sie entsetzt die Hände vor’s Gesicht.
Bist du da gewesen? Da kann man doch nicht hinfahren.
Doch, kann man. Das ist problemlos.
Wie sind denn die Leute da?
Ganz normal. Wie du und ich.
Normalnuj Ludjei? Sie schüttelt erstaunt und ein bisschen ungläubig den Kopf.
Dann erklärt sie mir, dass die Ukraine ein wunderschönes Land ist.
Ich soll mir Zeit nehmen und alles genau angucken.
Das verspreche ich ihr.
Zeit wird hier offensichtlich mit ganz anderen Maßstäben gemessen.
Hier sitzen Männer im besten Alter den ganzen Tag neben einer Kuh am Straßenrand und verrichten so ihr Tagwerk...
Die Straße führt im großen Bogen um ein Bergmassiv herum.
Hier rumpeln LKW über staubigen Asphalt mit badewannengroßen jahrealten Frostaufbrüchen.
Das ist nicht das Wunschrevier für die Diva.
Fräulein Garmin raunt etwas von einer kleinen Nebenstraße quer durch die Berge.
Okay, das sieht interessanter aus.
Und scheint auch gut befahrbar zu sein.
Zwischendrin verliert sich der Weg im kniehohen Gras.
Taucht als Andeutung wieder auf und führt über einen kleinen Pass.
Für die Landschaft fällt mir nur ein Wort ein: Lieblich.
Der Weg ist mittlerweile weniger lieblich.
..und wird immer unlieblicher.
Was guckst du so herablassend- mittleidig?
Noch ein Stück Weg zum Luftholen....
...bevor ich das erste Mal richtig steckenbleibe.
Soviel erst mal für Heute.
Fortsetzung folgt. :-D
Schöne Grüße aus Boblas
Matthias
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Matthias
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- KTMUmsteiger
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- Wohnort: Fertöszentmiklos
Re: Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
Genau diesen Bericht habe ich gemeint, den kenne ich noch
Ich hoffe Dir geht es wieder besser
LG Klaus
Ich hoffe Dir geht es wieder besser
LG Klaus
Der Weg ist das Ziel
Re: Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
cool
Freu mich auf mehr
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Wer sein Leben so einrichtet, dass er niemals auf die Schnauze fällt, der kann nur auf dem Bauch kriechen.
http://www.klausmotorreise.com
Meine Reiseberichte
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Re: Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
Moin,
Fängt spannend an - freue mich auf die Fortsetzung
Fängt spannend an - freue mich auf die Fortsetzung
Re: Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
Faszinierend!!!
Sitzhöhe wird bei Motorrädern häufig überschätzt. Es kommt vielmehr auf den Untergrund an.
Sitzhöhe wird bei Motorrädern häufig überschätzt. Es kommt vielmehr auf den Untergrund an.
- Savethefreaks
- Beiträge: 3638
- Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 12:27
- Wohnort: Balingen
Re: Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
Der Start ist ja schon mal sehr spannend und interessant! Bin sehr gespannt, wie es weitergeht und was Du noch alles erlebst. Aus dem Schlamm musst Du ja irgendwie auch wieder rausgekommen sein...
- 2wheeler
- Beiträge: 4609
- Registriert: Samstag 1. September 2012, 18:10
- Wohnort: Belgium - nahe der Küste
Re: Ein Tag im Leben der Ukraine (2012)
Auf diese Art und Weise kann man auch die Fussrasten am Untergrund kratzen lassen
3,3 L /100 km