Erst sammeln sich zwei oder drei und in kürzester Zeit schwillt deren Zahl zu hunderten an. Sobald sich eine Lücke ergibt, stoßen sie alle in diese hinein und brummen dem Horizont entgegen.
Zumindest kommt es uns so vor, wenn sich unzählige Roller in die erste Reihe mogeln und allen anderen Verkehrsteilnehmern das Nachsehen geben. Seit einer halben Stunde beobachten wir
das Treiben an dem ersten großen Kreisverkehr nach der Hafenausfahrt in Palermo und fühlen uns jetzt stark genug, dieses Spiel mitzuspielen. Obwohl wir Marrakesch und Genua überlebt
haben und sogar unseren Spaß daran hatten, so ist Palermo eine ganz andere Qualität! Spaß macht es trotzdem und wir verlassen die Stadt erstaunlich zügig in Richtung Westen, um eine
Stunde später bei einbrechender Dunkelheit den Campingplatz Agricampeggio in Scopello zu entern und unser Zelt aufbauen.
Jetzt sind wir endlich angekommen. Die letzten Tage sind zwar entspannt, aber immer vor dem Hintergrund des Termins zur Fährabfahrt genossen worden. Am Samstag über Autobahn in
den Schwarzwald bei Bad Bellingen auf den Campingplatz "Lug ins Land". Am Sonntag durch die kalte Schweiz, bevor um Mailand herum die Welt im Starkregen unterging. Mit dem letzten
Regentropfen sind wir von der Autobahn runter und über kurvige, kleine Landstraßen in Garbagna auf einem kleinen Camping gelandet, der sich in herrlicher Ruhe im Wald versteckt. Hier
kommen wir mit Guido ins Gespräch, der für die "Motorrad News" die neue Africa Twin auf Langstrecke testet und in Richtung Sardinien unterwegs ist.
Da die Fähre erst abends ablegt haben wir den ganzen Tag Zeit, uns ziellos über die kleinen Straßen Liguriens treiben zu lassen.
Irgendwann erreichen wir dann doch Genua und fahren mittendurch zum Fährhafen. Schlappe 23 Stunden später dann die Konfrontation mit dem oben beschriebenen Verkehrsvergnügen in
Palermo.
Wie schön der gewählte Platz ist, erkennen wir erst am nächsten Morgen. Von unserer Terrasse aus bietet sich ein traumhafter Blick über die Bucht und Scopello ist ein schöner Ort an der
Tonnara-Bucht, die den Eingang zum Nationalpark Zingaro bildet.
Der erste Ausflug auf der Insel geht nach Castello de Baida, das wie aus Spaghettiwestern entliehen scheint. Von dort windet sich eine derbe ca. 20 km lange Fels- und Schotterpiste um den
Monte Sparagio, über die wir den Weg nach San Vito lo Capo abkürzen.
Auf dem Rückweg wählen wir den weiten Bogen, um vom Bergdorf Erice aus den Blick auf den Monte Cofano zu werfen, der hier als Wolkenfänger fungiert.
Erice selber ist ein mittelalterliches Städtchen mit engen Gassen, das über eine steile Serpentinenauffahrt erobert werden will.
Die Route von Tag 1 = 182 km
Morgens vor dem Zelt im Schatten von Olivenbäumen frühstücken! Hier wollen wir gar nicht mehr weg!!
Wir schleichen über kleine Nebenstraßen zu den Tempelanlagen von Segesta. So beeindruckend der Anblick auch ist, so hält uns die Hitze dennoch von einer Besichtigung ab und wir
genießen lieber den Fahrtwind , den wir erst mit dem Ausklappen des Seitenständers im Borgo Fazio wieder abstellen.
Die Borghi sind ab 1937 zur Neuordnung der Landwirtschaft gegründet worden und verfügten über all das, was man in einem sizilianischen Dorf erwartet: um eine große Piazza gruppieren
sich ein Brunnen, eine Bar, ein Lebensmittelladen, eine Schule, ein medizinischer Notdienst, ein Rathaus und natürlich eine Kirche – alles gestaltet im typischen "Mussolini-Design". Nach
dem Krieg liefen über die Jahre die Bewohner davon. Die enteigneten Flächen waren schlicht zum Leben zu klein und zum Sterben zu groß und so verfallen sie zunehmend. Als Geisterdörfer
üben sie auf uns einen besonderen Reiz aus und bieten zugleich schöne Möglichkeiten für eine Picknick- oder Sonnenpause.
Über Marsala erreichen wir die in einer Lagune liegende Saline Ettore e Infersa mit ihren charakteristischen Mühlen.
Auf dem Rückweg über Vita und Gibellina besuchen wir die Ruinen des alten Dorfes Gibellina, das durch ein Erdbeben nahezu komplett zerstört wurde und im Rahmen eines Kunstprojektes
(Cretto) großflächig mit Beton verkleidet wurde. Es ist bedrückend, hier heute durch die nachgebildeten Gassen zu streunen und sich der Gewalten der Natur bewusst zu werden.
Zimmer mit Aussicht
Kurz vor unserem "Zuhause" erhaschen wir noch einen letzten Blick auf Castellammare del Golfo, das sich schön in eine Bucht unterhalb der Küstenstraße schmiegt.
Die Route des Tages = 296 km