


Honda hat dem fahrenden Volk einen würdigen Nachfolger mehr als 12 Jahre vorenthalten, die Versuche mit dem (zwar extrem komfortablen, aber auch fettleibigen) Stelzentourer namens „Varadero“ fallen für mich nicht unter die Rubrik „Enduro“, wo aus meiner Sicht auch keine V-Strom, Caponord, Multistrada oder die verschiedenen Mutationen der bajuwarischen Schnabeltiere hineinpasst.


Das sind passable Tourer, je nach Mut und/oder Fahrvermögen auch für nicht staubfreie Straßen unterschiedlicher Korngröße geeignet. Aber schon alleine durch den Verzicht auf ein Vorderrad im 21“-Enduroformat und das für anspruchsvolle Abwege unpassend hohe Gewicht kamen solche Marketingexperimente bzw. zweirädrigen SUV's für mich nicht in Frage.
Es blieb also zunächst (für mich als Schnäppchenkauf im Dezember 2004) eine KTM 950 Adventure, die mich 2 Jahre und gute 23Tkm durch Europa trug.

Dieser schicke Silberling wurde im Frühling 2007 durch den „rassigen Rappen“, eine 990 Adventure ABS abgelöst. Trotz aller Fahrdynamik und der mit diesem Bike erreichten Ziele überkam mich der Wunsch nach Veränderung.

Die F800GS hatte schon bei ihrem Erscheinen 2008 mein Interesse geweckt, aber ich halte es seit jeher mit der Strategie, kein Fahrzeug vor einer gewissen Reifezeit auf dem Markt zu erwerben. Ausnahme von dieser Regel hätte die neue Africa Twin werden können, aber die gab es ja zum Zeitpunkt meines Veränderungswunsches noch nicht.

Nachdem ich im Spätsommer 2011 für die Münchner Freiheit ein langes Wochenende mit der F800GS auf Alpentour war, beobachtete ich den Gebrauchtmarkt etwas intensiver. Als dann im Nachbarstädtchen eine eingefahrene 800er in meiner Wunschfarbe zum attraktiven Preis angeboten wurde musste ich nicht lange überlegen.
Wenn ich versuche zu rechtfertigen warum ich deutlich vor meinem 50sten Geburtstag und ohne den markentypischen Bio-Airbag ein Motorrad mit Propeller auf dem Tank gekauft habe: eigentlich ist es keine BMW, sondern eine Rotax-KTM.

Denn der Motor wird bekanntlich von Rotax gebaut, für den Gitterrohrrahmen standen unzweifelhaft die KTM-Zweizylinder Modell (auch wenn das bayerische Plagiat nicht die Materialstärke und damit die Stabilität des Originals aufweist). Als einzigen, aber doch gewichtigen Vorteil kam der geringe Verbrauch von teilweise unter 4 Litern auf 100 km in die Entscheidungsmatrix. Die entscheidenden Nachteile des Propellers waren mir seinerzeit nicht bewusst, sie traten erst im Lauf der Jahre bzw. Kilometer zu Tage. Aber dazu später.
Somit war ich nun Besitzer einer 2010er F800GS in lava-orange. Erstzulassung erfolgte auf BMW, wie ich später anhand des Kennzeichens identifizierte hatte ich genau dieses Fahrzeug auf einer Alpentour 2010 im Schlepptau, die uns über einige Westalpenpässe, aber auch die gerade unter dem geschmolzenen Schnee eröffnete Assietta-Strasse geführt hatte.



Dabei wurden die Mopeds durchaus artgerecht eingesetzt



Natürlich hatten wir die Mopeds vor der Rückgabe an den BMW-Fuhrpark vom gröbsten Schmutz befreit …

Zwischen ein paar Tagesausflügen zum Eingewöhnen montierte ich als erstes einen naturstrassen-tauglichen Motorschutz aus Aluminium von Trailground (http://www.trailground.com/produkte/Motorschutz) , um das exponierte Triebwerk und den Unterflur-Krümmer vor Ungemach in Form von spitzen Steinen zu schützen. Bei der alten Africa Twin war das ab Werk wesentlich besser gelöst, aber die Zeiten sind nun einmal hart, aber modern.
Auch die Topcase-Halterung durfte nicht fehlen, für weitere Reisegepäck-Lösungen griff ich zuerst auf den Tankrucksack der KTM zurück, der sich anstandslos auch auf der Rotax montieren ließ.
Dann ging es mit Chris und André auf erste Himmelfahrtstour durchs Trentino und Friaul.






Auch für die traditionelle Gardasee-Tour an Pfingsten wählte ich die F.

Da ich erstmals von meiner Zukünftigen begleitet wurde musste die F auch ihre Sozius-Qualitäten unter Beweis stellen. Vom Platzangebot für zwei schlanke Menschen ausreichend, lässt doch die Schräglagenfreiheit schwer zu wünschen übrig. Trotz voller Federvorspannung setzt der Hauptständer in engen Kehren regelmäßig auf, ein Effekt den ich weder von der Africa Twin geschweige denn den KTM Adventures kannte.
An der Federelementen, die ansonsten klaglos ihren Dienst versahen, hatte von der Teileeinkauf von BMW wohl ein hohes Optimierungspotential gefunden. Und die Zubehörverkäufer von Teuertech, Wilbers oder Öhlings freuen sich auf gute Geschäfte.

Aber zurück zur Tour. Wir wählten natürlich auch den einen oder anderen Abweg, was unsere Boxerfreunde nicht immer goutierten …


Auch der seinerzeit noch legal befahrbare Tremalzo wurde im Rahmen des Wochenendes mehrfach befahren, auf leichten bis mittleren Naturstrassen hatte sich die F bis dato gut bewährt.


Es folgten noch die üblichen Tages- und Mehrtagestouren, bevor es mit meiner Zukünftigen auf einen zweiwöchigen Urlaub in die Toskana ging.
Zum Ende der ersten Saison standen 30.828 km auf dem Tacho. Außer einem Kundendienst für 350 Euro gab es keine besonderen Vorkommnisse.