Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

Reiseberichte der Iberischen Halbinsel.
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Rene13
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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

#17 Ungelesener Beitrag von Rene13 »

14.06.2012
Empuriabrava – die große Ernüchterung
Mittelmeerküste – die große Freude
(ich gehe nicht drauf ein, aber was mir im weiteren Verlauf auffallen sollte ist, dass die Zeit schon wesentlich stärker in Richtung Saison fortgeschritten war,
was vor allem am Reiseverkehr der Wohnmobile festzumachen war.)

„Tach, na hässe jot jeschloope? Wor e biske laut jestern Oovend noch, wah?“
Manni schaut mir beim abbauen zu und wartet auf eine Reaktion von mir. Die bekommt er aber von Bärchen, der ihn missachtend anschaut.
„Ähm, jaja“, antworte ich dann trotzdem und seh zu, dass ich schleunigst dieses braune Fleckchen Erde auf spanischem Boden verlassen kann.
General Franco und Konsorten hätten wohl viel Spaß an dem hier anzutreffenden Völkchen. Manni verschwindet wieder in sein Luxus-Domizil
und wünscht mir jedenfalls noch eine gute Fahrt. Wenigstens etwas.

Ein neuer Zuschauer ist mit einem Mal da. Er ist Österreicher, wie ich unschwer am Dialekt erkennen kann und wir wechseln ein paar Worte
miteinander. Woher, wohin, ob ich gut geschlafen habe... Geschlafen? Nein, das hab ich wenig, denn bei den Gesängen. Er schaut mich an,
lacht und sagt: Jojo, so sans die Piefkes! Ich schmunzle ein wenig und frag ihn, was heut bei ihnen so ansteht. Sie sind mit ihren Harleys unterwegs
und werden heute ein wenig in der näheren Umgebung fahren. Er sei immer der erste – wie ich – und schaut sich auf dem Platz um. Ich wünsch ihm
nen feinen Fahrtag und er mir eine gute Rückreise.

Meine sieben Sachen sind schnell aufs Mopped gepackt und ich fahre vom Platz, denn ich will mir das Städtchen noch anschauen, wo ich als Kind
so viel Spaß hatte. So ein paar Sachen erkenne ich noch wieder, bspw. den Turm im Hafen. Aber den Rest erkenne ich beim besten Willen nicht wieder.
Ich halte kurz an einer Bäckerei, hole mir eine Ensaimada und ein kleines Fläschchen Kakao und setze mich ein paar Meter weiter hin um mein Frühstück
zu absolvieren. Als ich so da sitze und meine Ensaimada genieße, drehe ich mich um und sehe hinter mir eine Kneipe. „Zum Dorfkrug“ ist zu lesen
und ich stelle fest, dass ich heute hier an diesem Ort keinen Urlaub mehr verbringen möchte. Sicherlich sind auf Formentera viele Touristen zu finden,
aber man hat dort wenigstens noch das Gefühl, in Spanien zu sein und dort freuen sich die Spanier, wenn man Spanisch mit ihnen redet... der Versuch
zählt einiges.


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wenigstens der Turm sieht noch aus, wie früher - nur schmutziger...


Ich bin fertig. Mit dem Frühstück und mit Empuriabrava. Ich verlasse den Ort und nehme die nächste Tankstelle um den Tank zu füllen. Hier hole ich mir
noch schnell zwei Flaschen Wasser und setze meinen Weg fort. Ich muss rüber ans andere Ende der Bucht nach Rosas und von dort aus geht’s wieder in die
Berge und dann an der Küste entlang: Cadaques, Cap de Creus, Port de la Selva, Llanca, Colera und dann kurz vor Frankreich ist der letzte Routenpunkt
in Spanien Port Bou. Dann rüber nach Frankreich, weiter der Küste entlang. Ich freu mich riesig auf die Strecke.


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irgendwo Richtung Cap de Creus

Nach einer kurzen Zeit ziehen an mir hupend Harleys vorbei und ich erkenne die Österreicher vom Campingplatz, naja, jedenfalls gehe ich davon aus,
dass sie es sind. Mit einem Schlenker Richtung Osten steuere ich Cap de Creus an, den östlichsten Punkt von Spanien. Oben angekommen habe ich ein
Problem, denn sämtliche Stellplätze, die es einigermaßen ermöglichen würden, meine Q gerade hinstellen zu können, sind schon durch PKW belegt und
so kann ich nur gegenüber eines Müllcontainers die Gute abstellen – natürlich mit eingelegtem Gang, sonst galoppiert sie ins Tal.


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Bild


Ein paar Aufnahmen sind schnell gemacht und so mache ich mich wieder auf den Weg. Übernachten werde ich heute wieder bei Holger und Susanne in
Moux und darauf freue ich mich schon. Aber erstmal ist noch fahren angesagt. In irgendeinem Forum (war es Mimoto?) hab ich einiges über die Ecke hier
gesehen und gelesen und so mache ich mich auf den Weg, immer die Küstenlinie entlang. Das, was ich nur aus der Theorie kenne, bestätigt sich hier um
ein vielfaches. Nach Cap de Creus geht’s weiter Richtung Porto de la Selva. Hier finde ich am Strand den guten alten Salvatore Dali, der allerdings mehr
gelangweilt als interessiert auf seinem Stock lehnt.


Bild
der alte Dali interessierte sich nicht für mich


Zwei Typen machen sich am Ufer zu schaffen, einer steht bis zu den Knöcheln im Wasser, der andere sieht ihm telefonierend zu. Als der eine aus dem
Wasser kommt, frage ich ihn, ob er in irgendetwas rein getreten sei? Mit nichten, gibt er zu verstehen und zeigt auf seinen Knöchel, danach auf sein
Mopped. Er hätte sich an der Auspuffanlage verbrannt. Damit schmiert er sich irgendeine Salbe auf eben jene Stelle, setzt sich in Badeschlappen und
kurzer Hose zusammen mit seinem Kumpel – der auch nichts anderes trägt – auf seine alte Duc und weg sind sie. Wen wunderts?


Bild

Salvatore nicke ich noch nett zu, ihn scheints nicht zu interessieren. „Spinner“, rufe ich ihm zu und mache mich ebenfalls auf den Weg. Über Cap de Bol,
Llanca, Colera, Port Bou gelange ich nach Frankreich – dass ich in Frankreich bin, stelle ich auch an den Spritpreisen fest - und fahre dort die D914 weiter
entlang. Irgendwann gelange ich bei Saint Cyprien in einen Bereich, der wohl als größter Campingplatz Europas bezeichnet werden könnte, denn hier ist
ein Platz neben dem anderen. Touristisch erschlossene Ortschaften reihen sich aneinander, wie auf einer Perlenkette. Das, was eben noch so schön war,
wird hier total kontrastiert. Ich gebe nicht auf und fahre die D627 weiter, bis ich bei Saint Pierre westlich Richtung Leucate fahre.

Ich hab keine Lust mehr, das ist mir hier einfach zu langweilig. Ich halte an und stoppe meine geplante Tour im Navi, setze die Voreinstellung auf
„Kürzester Weg“ und gebe die Anschrift von Holger und Susanne (Maison las Clauzes) ein. Mir reicht es hier wirklich. Das Navi sagt jetzt irgendwas von
einer Fahrzeit von rd. einer Stunde und mit diesem Ziel vor Augen fahre ich weiter.

Claire sehe ich diesmal nicht, wie ich hier in Moux über die Strassen fahre. Dafür finde ich aber auf Anhieb die Abbiegemöglichkeit zu Holger und Susanne.
Holger treffe ich im Restaurantbereich an und wir quatschen einen Augenblick. Er ist mit Kochen beschäftigt – die zwei kochen wirklich wunderbar – und somit
mach ich mich dann vom Acker. Schnell ist mien Zelt aufgebaut, die Q stelle ich in die Garage, die nun schon etwas voller als bei meinem ersten Besuch ist.
Das Haus scheint voll zu sein. Auch die Wiese ist diesmal stärker belegt. Ein VW Bus, und zwei weitere Zelte sind zu finden.

Ablauf, wie gehabt: Ab unter die Dusche, zurück zum Zelt – stadtfein machen - und dann zum Vorhof des Restaurantbereiches, denn da wartet bestimmt schon
mein Weizen...


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Um 19.30 klingelts, wir sitzen alle noch draussen – die ersten Leute hab ich schon kennengelernt – und kommen nicht richtig von den bequemen Stühlen hoch.
Holger kündigt nochmal den ersten Gang an, womit wir uns dann doch – wohlwissend, dass es was leckeres gibt – ins Restaurant bewegen.

Zum Essen sitze ich neben Hans. Hans, etwa gefühlte 2,50 groß (ich bin 1,70), scheint ein netter Kerl und so kommen wir fix ins Gespräch. Der Typ hat Sachen
zu erzählen... Mitte 50 ist er und hat wirklich schon die „Motorrad- Welt" gesehen. Er erzählt von seinem Berufsausstieg, den er mit Mitte 20 hatte, und wie er
damals mit seiner Enduro in Richtung Afrika gefahren ist. Es ist einfach spannend, ihm zuzuhören. Wenn ich das so höre, bekomm ich immer mehr Appetit auf
das, was schon hinter mir liegt und das was noch vor mir liegt. Ob ich nach Afrika will (Rüver no Tanger...?) weiss ich nicht, aber ich hab jetzt schon den Narren
am Tourenfahren gefressen. Genau weiss ich allerdings, dass das Essen heute wieder supergenial ist.

Nach einer kleinen aber feinen Vorspeise gibt es als Zwischengang wieder einen Salat mit einem spitzenmäßigen Dressing, danach Lammkeule mit Rosmarinkartoffeln
und zum Schluss ein Apfelsorbet – alles aus eigener Herstellung. Den Kaffee danach nehme ich wieder gerne an.

Es ist eine lustige Gesellschaft am Tisch und so wird neben dem Essen viel Blödsinn gemacht, bis Hans mich auf einmal anschaut und mich fragt, was für ein Mopped
ich denn fahre. Auf meine Antwort „GS“ hin, schaut er mich fragend an und meint „Hm, nimms mir nicht übel, aber wie geht denn das bei Deiner Größe?“ Kurz erklär
ich ihm, dass ich den Fahrersitz in der unteren Position und das Federbein runtergedreht habe, so dass es auch mit der Beladung zusammen noch alles passt (zuhause
fahr ich ne flachere Sitzbank). Er schaut mich trotzdem ungläubig an, was solls. Da die Gesellschaft heute noch netter als auf der Hinfahrt ist, wird es etwas später
für mich als geplant aber irgendwann ist Schluss. Bärchen wartet schließlich schon seit geraumer Zeit und ich muss eben auch ins Bett, respektive Schlafsack.

„Nacht zusammen“, mit den Worten verabschiede ich mich von der verrückten Truppe, gehe zu meinem Kinderzelt und freue mich auf eine ruhige Nacht.
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Rene13
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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

#18 Ungelesener Beitrag von Rene13 »

Mimoto hat geschrieben:
Bärchen, hab gerade so Mister Bean im Kopf, der Bär ist mir schon bei den ersten Bilder
aufgefallen hattest Du den schon als Du mit Deinen Eltern da unten warst.. :D
Nee, der ist uns auf dem Flohmarkt hinterhergelaufen und hatte herzergreifend geheult. Wollte einfach mit
und da kann man ja gar nicht anders...

und was die Kräuterzigaretten angeht... Die verschweige ich nicht, sondern lehne diese seit einiger Zeit dankbar ab.
Seither trinke ich nur noch :D

Grüße
Rene
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Rene13
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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

#19 Ungelesener Beitrag von Rene13 »

castle-of-teck hat geschrieben:Ich hoffe, die Geschichte hat ein Happy End ( sprich : Helm für SIE kaufen gehen ) :P

Helm hat sie seit zwei Jahren schon. Die erste und letzte Ausfahrt endete nach 15 Kilometern mit den
Worten: Oh Gott oh Gott, schon wieder ne Kurve... Können wir jetzt wieder nach Hause?

Ich hab mich mittlerweile damit abgefunden, finds trotzdem schade, denn ich hätt halt gern jemanden,
der mir hilft, mitten in der Pampa das Mopped wieder auf die Beine zu stellen. Ich habs nämlich im Kreuz :)

LG
rene
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Doris
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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

#20 Ungelesener Beitrag von Doris »

Hallo Renee!

Macht Spaß, Deinen Bericht zu lesen :D
Ist fast, als wär ich mitgefahren :D

Und was die Kräuterzigaretten angeht:
Die Summe aller Laster ist konstant :mrgreen:

Schad, dass Deine Freundin nicht mitfährt,
aber so habt ihr doch auch ne gute Lösung gefunden
Liebe Grüße
von einer, die auszog, die Welt zu entdecken...


Doris


Die Kuh einfach mal (f)liegen lassen

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Rene13
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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

#21 Ungelesener Beitrag von Rene13 »

15.06.2012
Klein, aber oho....
Verfahrene Situation...


Bärchen hat sich die ganze Nacht herumgewälzt und so hatte ich ewig darauf gewartet, einzuschlafen. Jetzt sitzt er neben mir
und trommelt schon seit einiger Zeit mit seinen Tatzen auf seinem Bauch herum. „Hunger“, frage ich ihn? Er nickt und besteht
auf seine morgendliche Portion Honig. Nun denn, erst einmal muss das Zelt wieder abgebaut werden und alles wieder aufs Mopped
verfrachtet werden, bevor es zum Frühstück gehen kann. So mache ich mich auf zur Dusche und dann schnell an die Arbeit, hole
das Mopped aus der Garage und verlade alles wieder fein auf die Q. Dann ab zum Frühstück in den Restaurantbereich. Das Frühstück
ist mal wieder absolut unfranzösisch gut, d.h. nix mit „Petit“ sondern „Grand“.

Hans ist noch nicht da, ich hätte gerne noch ein paar Worte mit ihm gewechselt – wann hat man schon einmal die Gelegenheit mit
einem Afrikafahrer zu plaudern, ich jedenfalls noch nie. Gut, dann eben nicht. Ich verabschiede mich nach meinem Frühstück von
den anderen und marschiere zurück um Mopped, was beladen schon auf mich wartet. Hans kommt aus seinem Bus rausgeklettert
(gestern Abend hatten wir noch festgestellt, dass wir scheinbar zur einer aussterbenden Rasse gehören, da fast alle Gäste hier ein
Zimmer gebucht haben...) und kommt auf mich zu, als ich schon aufgerödelt auf der Kuh sitze und losfahren will. „Das hätte ich nicht
gedacht, Du kommst ja wirklich mit den Füßen auf den Boden“, sagt er. „Jau, und das sogar mit beiden“, antworte ich lachend.
Nach der Verabschiedung und dem gegenseitigen „Gute Fahrt“ wünschen, fahre ich los voller Vorfreude auf den Fahrtag und beim
Verlassen des Platzes sehe ich Hans noch mal kurz im Rückspiegel.

Getankt hatte ich gestern schon und so kann ich direkt auf meine Route.
Die Route für heute also schnell im Speicher meines Navis gesucht, markiert und schon ist sie geladen. Los geht’s.

Grobe Richtung für heute: Um Narbonne herum, Richtung Bezier über Bedarieux bis Bousquet d’Orb und dort dann östlich an Millau
vorbei durch den Nationalpark Cevennes weiter über die N102. Zum „Feierabend“ sollte ich dann in Orcet ankommen. Strategisch
passt mir die Übernachtung wieder auf dem Campingplatz vom Hinweg ganz gut. So der Plan.

Mein Navi zeigt mir den Weg, die Karte hab ich im Kartenfach des Tankrucksacks und schon bin ich wieder auf der Piste. Die ersten paar
Kilometer brauche ich noch etwas, um in den Rhythmus der Kurven zu kommen, aber nach einer gewissen Zeit passt alles wieder. Ich
passiere ein paar kleinere Dörfer und es geht so langsam wieder in höhere Lagen.

Den ersten Wegpunkt erreiche ich ohne großartige Probleme und dann wird es auf einmal absolut chaotisch: Mein Navi führt mnich wieder
zurück – genau den Weg, den ich gekommen war. Ich natürlich immer brav dem elektronischen Freund gefolgt, hat er doch bisher immer s
auber gearbeitet – macht er jetzt auch, aber...

Mit einem Mal stehe ich vor einer Autobahnauffahrt. Da will ich gar nicht hin, das ist erst für morgen geplant, nämlich ab Orcet. Ich drehe
wieder um und versuche mein TomTom zu überreden, auf der Landstrasse zu bleiben. Das Teil macht mich noch wahnsinnig, er führt mich
zur nächsten Autobahnauffahrt. Wieder umdrehen. Auf einmal komme ich parallel zur A75 – der Autobahn, die ich auf dem Hinweg nahm,
um über die Brücke von Millau zu fahren. „Na, immerhin besser als da drauf Kilometer abzureissen“, denke ich und fahre weiterhin parallel
des Highways. Ein paar Kilometer weiter wird’s wieder lustig: Da meint das Ding, ich soll die Autobahn nach links queren.

Links geguckt, rechts geguckt, nix mit queren. Entweder weiter geradeaus oder wieder zurück. Zurück... wer fährt schon zurück? Also weiter
gerade aus und irgendwo wird sich schon eine Möglichkeit zur Querung finden. Da, da kann ich links rüber. Vor mir zeigt sich eine Art Feldweg
und im weiteren Verlauf erkenn ich, dass dieser Feldweg auf eine kleine Brücke führt, die die Autobahn quert. Den Blinker gesetzt, ab auf
den Feldweg, über die Brücke gefahren und weiter.

Der Weg wird schmaler und ich stehe oberhalb eines Bauernhofes – die Schotterstrasse in Spanien vom Hinweg kommt mir wieder in Erinnerung.
Ich bleibe stehen und denke einen Augeblick nach, schalte kurz darauf aber auch schon wieder mein Hirn ab und fahre weiter. Großes Gekläffe
gehört regulär auch zu einem großen Hund. So auch in diesem Fall. Keine Ahnung, was das für eine Rasse ist, gemütlich sieht der Kerl nicht aus,
der mich vom Gehöft aus anschaut und so nen Aufstand macht. „Nix wie weg hier“, denke ich und geb der Q verhalten die Sporen, folge weiter
dem Weg, der mich links an dem Hof vorbeiführt.

Es wird dunkel. Kein Regen, keine Nacht, sondern ein Hohlweg tut sich vor mir auf, der in nicht zu vernachlässigendem Gefälle bergab führt.
Gerade so breit, dass ein Auto durchfahren kann und ich sehe mit meinem geistigen Auge, wie sich ein 2CV hier hochquält. Gut das dem nicht so
ist, denn wenn das jetzt noch passieren würde, wüsste ich nicht, wohin. Brav in den ersten Gang zurückgeschaltet und die Kuh einfach rollen lassen.
Eine Spitzkehre liegt vor mir, die den Namen verdient. Ich merke, wie ich sitzend auf der Kuh meine Probleme bekomme und stelle mich auf die
Rasten. Langsam taste ich mich durch dieses Nadelöhr von Kurve und kaum hab ich die gefühlte 360 Grad-Wende hinter mich gebracht, sehe ich
auch schon die nächste Kehre. „Reiß Dich zusammen, hier abzugehen bedeutet, zu diesem dämlichen Köter zurückzulaufen! Der sieht aus, als hätte
er heut noch keinen Knochen gehabt...“, schimpf ich vor mich hin und bekomme das Mopped sicher nach drei weiteren Kehren durch den Hohlweg
ins Tal manövriert, worauf ich auf eine Landstrasse stoße. Rechts oder links? Das Navi einmal nicht beachtend, entschliesse ich mich für rechts und
nach etwa 200 Metern sehe ich einen Rastplatz (in den gottverlassendsten Gegenden Frankreichs gibt es Rastplätze noch und nöcher) und beschliesse,
meinen Wasserhaushalt aufzubessern.

Rappzapp auf den Rastplatz, Q abgestellt, Topcase aufgerissen – es war abgeschlossen und alles noch an seinem Platz – und eine Flasche Wasser raus-
gezippt. Trinken. Blick aufs Navi... Ich denke nach: „Das kann nicht sein, dass dieses Teil mich immer versucht, auf die Autobahn zu führen.“ Ich hangel
mich durch das Menü und checke die Planungseinstellungen. „Du Idiot!“, beschimpfe ich mich selbst. Da hab ich doch gestern, als ich diese dämliche
Strecke entlang der Etangs fuhr natürlich den Modus auf „kürzeste Strecke“ gestellt, als ich die Nase voll hatte und den kürzesten Weg nach Moux
einschlug. „Und Du Depp hast das heute vergessen zu ändern und nun hast Du höchstwahrscheinlich die schönsten Strecken Frankreichs verpasst!“

Nein, ich bin nicht den Tränen nahe, das nicht. Aber ich stehe kurz vorm Kasteien und hab die Geißel schon in der Hand, als zwei KTMs mich meinem
Wahn entreißen. Klar, mitten in der Pampa zwei KTM-Fahrer aus Neuss (10 Km von mir zu Hause entfernt...), muss ja so sein. Wo sollte man sich auch
sonst treffen. Die zwei wollen in die Gegenrichtung und beim Blick auf die Karte stellen wir gemeinsam fest, dass ich recht weit von meiner eigentlichen
Route abgekommen bin. Mich würd mal interessieren, was die beiden erzählen, wenn die wieder zu Hause sind. Bestimmt kommt da so’n Spruch, wie „Da
treffen wir so nen GS-Deppen aus Düsseldorf, der sich durch so ein paar Hohlwege versucht, sich nach Hause durchzukämpfen – der ist bestimmt immer
noch unterwegs. Muhuaaaa, wie der geschwitzt hat!“ Mit den Gedanken im Kopf ändere ich die Settings von meinem TomTom und lasse die Route neu berechnen.
Das sieht zwar jetzt ganz anders aus – soweit ich das auf dem Display beurteilen kann – aber durchaus interessant. Mit diesen oder ähnlichen Gedanken packe
ich meine Flasche Wasser nach der knappen halben Stunde Zwangspause wieder ein und setze meinen – neuen – Weg fort.

In Richtung Millau, schlängele ich mich die mehrspurige Landstrasse ins Tal hinab und sehe aus der Ferne wieder die Brücke, die ich auf dem Hinweg befuhr
und bin wieder total fasziniert, wie sich so etwas überhaupt auf so ein paar Stützen halten kann. Auf dem Parkplatz, den ich für ein paar Fotos nutze, stehen
x Autos und deren Passagiere herum, die höchstwahrscheinlich genau so ihre Gedanken schweifen lassen wie ich.


Bild
Abfahrt auf Millau zu


Ich muss durch Millau hindurch und habe festgestellt, dass mein Tabak nicht mehr allzu lange reichen wird. So beschliesse ich bei der Durchfahrt zu halten und
in einem Tabakgeschäft für Nachschub zu sorgen. Mein Französisch... abgewählt in der siebten Klasse.

Optimale Voraussetzungen für eine Einkaufsaktion, bei der es nicht in einen Supermarche geht, sondern in einen Laden, wo jemand hinter einer Theke steht,
mich fragt, was ich haben möchte und ich – bestenfalls – sage, was ich haben möchte. Genau so läuft es hier, nur das mit dem „Wunsch äußern“ läuft nicht ganz
so perfekt. Aber, was hab ich nicht alles von meinem Dad gelernt (den seh ich immer noch in einer Brasserie stehen, als wir beide mal alleine im Urlaub in Frankreich
waren und gackern, wie ein Hahn, als er versuchte der Verkäuferin klar zu machen, dass er zwei halbe Hähnchen vom Grill haben wollte). Ich trete also in Papas
Fußstapfen und mit Händen und Füßen werden wir uns dann doch handelseinig. Ich glaube, dass für die Tante das diverse herauskramen von Zigarettenpapier aus
der Auslage (Nein, das nicht, das andere... zeigen Sie mir mal das. Ja – äh Si – nee Oui, perfekt. Gracias, öhm, Merci) schon doch etwas nervig war – jedenfalls hat
sie auf mich so gewirkt. Jedenfalls verlasse freudig mit frischem Rauchwerk inklusive akzeptablem Zigarettenpapier den Laden. Keine Lokomotive läuft halt ohne
Qualm. Das wird halt erstmal in die Tat umgesetzt und ich dampfe zufrieden vor mich hin.


Bild
Irgendwo im französischen Nirvana



Nun aber zurück auf die Piste, schließlich hab ich noch diverses vor mir – aber bitte nichts ungeplantes. So geht’s weiter und ich passiere Landstriche, die sich nicht
nur perfekt zum Verweilen eignen sondern – dazu bin ich ja auch mit dem Mopped unterwegs – vornehmlich zum Motorradfahren. Traumhaft, welche Gegenden sich
so für mich auftun und ich hoffe nur, dass ich nicht allzu viel durch meine Schusseligkeit verpasst habe.


Bild
ich bei Irgendwo


Entlang der D909 komme ich in der Nähe von Saint Flour natürlich auch an der Eisenbahnbrücke von Garabit vorbei, also ist ein weiterer Fotostopp zu absolvieren.
Die Brücke überspannt das Flusstal des aufgestauten Truere und wurde vom alten Herrn Eiffel gebaut. Ursprünglich stark befahren verkehrt hier heute nur noch ein
Zugpaar die Strecke. Und natürlich – bevor es weiter geht – muss natürlich ein Schlückchen Wasser genommen werden.


Bild
Eiffel-Brücke bei Gabarit


Irgendwann komme ich auf eine Landstrasse, die sich mit leichten auf- und Abschwüngen kilometerweit durch die Landschaft zieht. Mitten durch die Felder, die sich
rechts und links neben der Strasse zeigen. Ich kann nicht anders, ich stelle mich auf die Fussrasten und breite die Arme aus, so lange, bis die Geschwindigkeit dann
doch zu gering wird und ich die Hände wieder an den Lenker legen muss. Unbeschreiblich dieses Gefühl und schwer nachvollziehbar, wenn man es noch nie gemacht hat.


Bild
entlang der D10



Ich bin auf der D10 unterwegs und fass es nicht. Da stehen Häuser mitten auf nem Berg und sind bis an die Kante heran gebaut worden. "Wenn da mal was aus dem Fenster fällt",
so denke ich. Also kurz anhalten und wieder Fotos machen. Obwohl mich das schon recht nervt, denn meine Nikon D90 verschlingt den größten Teil meines Tankrucksackes. Ich
könnte Fotos machen bis zum Umfallen, nur nervt halt jedes Mal das aus- und einpacken der Kamera. Auf der Hinfahrt hat mich das schon extrem genervt und mittlerweile hab
ich auch beschlossen, mich von dem Ding zu Hause zu trennen. Einfach zu groß und zu schwer, da muss ne Alternative her (reimt sich... ;-) )


Bild
wenn da mal nix aus'm Fenster fällt


Bild
Einblick oder Durchblick?


Langsam wird es schon etwas schummrig und es sind zum Glück nur noch ein paar Kilometer bis Orcet, meinem Übernachtungsziel.

Als ich den Platz erreiche, ist zum Glück „schon Saison“, was ich speziell daran merke, dass ich die Möglichkeit habe, nach dem Duschen für einen akzeptablen Kurs
bei Cheffe drei kleine Fläschchen Bier zu erstehen. Essen könne ich auch in der Bar, erklärte er mir beim Einchecken, jedoch entschliesse ich mich zu einem letzten
Dinner aus der Tüte: Pasta a la Carbonara soll es geben. Ähnlich gut, wie der Linseneintopf a la Grasnarbe, hab ich mir sagen lassen.

Bärchen ist fix und fertig und ich finds schade, dass es morgen wieder auf direktem Weg in Richtung Heimat geht. Bevor es auf die Autobahn geht, stehen noch ein
paar Kilometer Landstrasse an und das ist auch gut so.

Schnell prüfe ich noch den Ölstand, nachdem die Maschine abgekühlt ist und stelle fest, dass ich nichts nachfüllen muss. Auf dem Hinweg hatte ich hier auf dem Platz
etwas nachgefüllt. Seitdem keinen einzigen Tropfen.

Also: Ärztliche Verordnung für den nächsten Trip "Vermeiden Sie unbedingt unnötiges Herumfahren von Öl- und Spritreserven" (den Sprit aus dem beiden 2 Liter-Kanistern hab
ich irgendwann mal zwischendurch in den Tank gekippt, weil ich es nicht mehr einsah, den spazieren zu fahren...)!


Bild
Letzte Tüte vor der Autobahn

Jetzt aber mampfen und dann ab ins Kinderzelt, denn die Mücken haben scheinbar jetzt auch die Saison eröffnet. Mahlzeit.
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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

#22 Ungelesener Beitrag von Savethefreaks »

Toller Bericht, hab mich herrlich unterhalten!

Und was ich besonders toll finde: man kann sich also auch mit Navi hemmungslos verfransen :lol: Und ich dachte, die besonders witzen Ausflüge würde man damit vermeiden... 8-)
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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

#23 Ungelesener Beitrag von Mimoto »

Savethefreaks hat geschrieben:...man kann sich also auch mit Navi hemmungslos verfransen :lol: Und ich dachte, die besonders witzen Ausflüge würde man damit vermeiden... 8-)

:mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: ..Du hast ja keine Ahnung! ...mit Navi fängt der Spass erst an. :lol:

Gruß
Michael /mimoto

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Re: Reisebericht Düsseldorf Formentera und zurück

#24 Ungelesener Beitrag von Mimoto »

...In irgendeinem Forum (war es Mimoto?) ...
Wenn es denn in diesem Frühjahr war... ..gut möglich.

Bärchen, ich denke das ist Dein Ersatz für Deine Frau die nicht dabei ist, Ersatz wird zwar schwierig sein mit dem Teil aber so Mental bestimmt ne Stütze sich mit dem "Kerl" in Gespräche zu vertiefen denk ich. Erinnert mich an einen Film, komme gerade nicht auf den Titel wo einer irgendwo im Pazifik wie Robinson nach einem Flugzeugabsturz strandet und einem Volleyball ein Gesicht malt, ..würde ja mal behaupten das die "diskussions" Runden Robinson das leben gerettet hat...

Ok im ernst, ja es geht nach Haus und das was und wie Du es schreibst ist einfach mitreisend, authentisch - Deine Stimmung kommt beim Leser an, ....braunes Stückchen Erde - ernsthaft traurig aber dennoch lustig wie es von Dir kommt.

Rene echt schön diese Reise zu lesen und ich denke Du hast bereits kapiert das nicht nur Rauchen süchtig macht. :D

..gespannte Grüße
Michael /mimoto

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