Empuriabrava – die große Ernüchterung
Mittelmeerküste – die große Freude
(ich gehe nicht drauf ein, aber was mir im weiteren Verlauf auffallen sollte ist, dass die Zeit schon wesentlich stärker in Richtung Saison fortgeschritten war,
was vor allem am Reiseverkehr der Wohnmobile festzumachen war.)
„Tach, na hässe jot jeschloope? Wor e biske laut jestern Oovend noch, wah?“
Manni schaut mir beim abbauen zu und wartet auf eine Reaktion von mir. Die bekommt er aber von Bärchen, der ihn missachtend anschaut.
„Ähm, jaja“, antworte ich dann trotzdem und seh zu, dass ich schleunigst dieses braune Fleckchen Erde auf spanischem Boden verlassen kann.
General Franco und Konsorten hätten wohl viel Spaß an dem hier anzutreffenden Völkchen. Manni verschwindet wieder in sein Luxus-Domizil
und wünscht mir jedenfalls noch eine gute Fahrt. Wenigstens etwas.
Ein neuer Zuschauer ist mit einem Mal da. Er ist Österreicher, wie ich unschwer am Dialekt erkennen kann und wir wechseln ein paar Worte
miteinander. Woher, wohin, ob ich gut geschlafen habe... Geschlafen? Nein, das hab ich wenig, denn bei den Gesängen. Er schaut mich an,
lacht und sagt: Jojo, so sans die Piefkes! Ich schmunzle ein wenig und frag ihn, was heut bei ihnen so ansteht. Sie sind mit ihren Harleys unterwegs
und werden heute ein wenig in der näheren Umgebung fahren. Er sei immer der erste – wie ich – und schaut sich auf dem Platz um. Ich wünsch ihm
nen feinen Fahrtag und er mir eine gute Rückreise.
Meine sieben Sachen sind schnell aufs Mopped gepackt und ich fahre vom Platz, denn ich will mir das Städtchen noch anschauen, wo ich als Kind
so viel Spaß hatte. So ein paar Sachen erkenne ich noch wieder, bspw. den Turm im Hafen. Aber den Rest erkenne ich beim besten Willen nicht wieder.
Ich halte kurz an einer Bäckerei, hole mir eine Ensaimada und ein kleines Fläschchen Kakao und setze mich ein paar Meter weiter hin um mein Frühstück
zu absolvieren. Als ich so da sitze und meine Ensaimada genieße, drehe ich mich um und sehe hinter mir eine Kneipe. „Zum Dorfkrug“ ist zu lesen
und ich stelle fest, dass ich heute hier an diesem Ort keinen Urlaub mehr verbringen möchte. Sicherlich sind auf Formentera viele Touristen zu finden,
aber man hat dort wenigstens noch das Gefühl, in Spanien zu sein und dort freuen sich die Spanier, wenn man Spanisch mit ihnen redet... der Versuch
zählt einiges.

wenigstens der Turm sieht noch aus, wie früher - nur schmutziger...
Ich bin fertig. Mit dem Frühstück und mit Empuriabrava. Ich verlasse den Ort und nehme die nächste Tankstelle um den Tank zu füllen. Hier hole ich mir
noch schnell zwei Flaschen Wasser und setze meinen Weg fort. Ich muss rüber ans andere Ende der Bucht nach Rosas und von dort aus geht’s wieder in die
Berge und dann an der Küste entlang: Cadaques, Cap de Creus, Port de la Selva, Llanca, Colera und dann kurz vor Frankreich ist der letzte Routenpunkt
in Spanien Port Bou. Dann rüber nach Frankreich, weiter der Küste entlang. Ich freu mich riesig auf die Strecke.

irgendwo Richtung Cap de Creus
Nach einer kurzen Zeit ziehen an mir hupend Harleys vorbei und ich erkenne die Österreicher vom Campingplatz, naja, jedenfalls gehe ich davon aus,
dass sie es sind. Mit einem Schlenker Richtung Osten steuere ich Cap de Creus an, den östlichsten Punkt von Spanien. Oben angekommen habe ich ein
Problem, denn sämtliche Stellplätze, die es einigermaßen ermöglichen würden, meine Q gerade hinstellen zu können, sind schon durch PKW belegt und
so kann ich nur gegenüber eines Müllcontainers die Gute abstellen – natürlich mit eingelegtem Gang, sonst galoppiert sie ins Tal.


Ein paar Aufnahmen sind schnell gemacht und so mache ich mich wieder auf den Weg. Übernachten werde ich heute wieder bei Holger und Susanne in
Moux und darauf freue ich mich schon. Aber erstmal ist noch fahren angesagt. In irgendeinem Forum (war es Mimoto?) hab ich einiges über die Ecke hier
gesehen und gelesen und so mache ich mich auf den Weg, immer die Küstenlinie entlang. Das, was ich nur aus der Theorie kenne, bestätigt sich hier um
ein vielfaches. Nach Cap de Creus geht’s weiter Richtung Porto de la Selva. Hier finde ich am Strand den guten alten Salvatore Dali, der allerdings mehr
gelangweilt als interessiert auf seinem Stock lehnt.

der alte Dali interessierte sich nicht für mich
Zwei Typen machen sich am Ufer zu schaffen, einer steht bis zu den Knöcheln im Wasser, der andere sieht ihm telefonierend zu. Als der eine aus dem
Wasser kommt, frage ich ihn, ob er in irgendetwas rein getreten sei? Mit nichten, gibt er zu verstehen und zeigt auf seinen Knöchel, danach auf sein
Mopped. Er hätte sich an der Auspuffanlage verbrannt. Damit schmiert er sich irgendeine Salbe auf eben jene Stelle, setzt sich in Badeschlappen und
kurzer Hose zusammen mit seinem Kumpel – der auch nichts anderes trägt – auf seine alte Duc und weg sind sie. Wen wunderts?

Salvatore nicke ich noch nett zu, ihn scheints nicht zu interessieren. „Spinner“, rufe ich ihm zu und mache mich ebenfalls auf den Weg. Über Cap de Bol,
Llanca, Colera, Port Bou gelange ich nach Frankreich – dass ich in Frankreich bin, stelle ich auch an den Spritpreisen fest - und fahre dort die D914 weiter
entlang. Irgendwann gelange ich bei Saint Cyprien in einen Bereich, der wohl als größter Campingplatz Europas bezeichnet werden könnte, denn hier ist
ein Platz neben dem anderen. Touristisch erschlossene Ortschaften reihen sich aneinander, wie auf einer Perlenkette. Das, was eben noch so schön war,
wird hier total kontrastiert. Ich gebe nicht auf und fahre die D627 weiter, bis ich bei Saint Pierre westlich Richtung Leucate fahre.
Ich hab keine Lust mehr, das ist mir hier einfach zu langweilig. Ich halte an und stoppe meine geplante Tour im Navi, setze die Voreinstellung auf
„Kürzester Weg“ und gebe die Anschrift von Holger und Susanne (Maison las Clauzes) ein. Mir reicht es hier wirklich. Das Navi sagt jetzt irgendwas von
einer Fahrzeit von rd. einer Stunde und mit diesem Ziel vor Augen fahre ich weiter.
Claire sehe ich diesmal nicht, wie ich hier in Moux über die Strassen fahre. Dafür finde ich aber auf Anhieb die Abbiegemöglichkeit zu Holger und Susanne.
Holger treffe ich im Restaurantbereich an und wir quatschen einen Augenblick. Er ist mit Kochen beschäftigt – die zwei kochen wirklich wunderbar – und somit
mach ich mich dann vom Acker. Schnell ist mien Zelt aufgebaut, die Q stelle ich in die Garage, die nun schon etwas voller als bei meinem ersten Besuch ist.
Das Haus scheint voll zu sein. Auch die Wiese ist diesmal stärker belegt. Ein VW Bus, und zwei weitere Zelte sind zu finden.
Ablauf, wie gehabt: Ab unter die Dusche, zurück zum Zelt – stadtfein machen - und dann zum Vorhof des Restaurantbereiches, denn da wartet bestimmt schon
mein Weizen...

Um 19.30 klingelts, wir sitzen alle noch draussen – die ersten Leute hab ich schon kennengelernt – und kommen nicht richtig von den bequemen Stühlen hoch.
Holger kündigt nochmal den ersten Gang an, womit wir uns dann doch – wohlwissend, dass es was leckeres gibt – ins Restaurant bewegen.
Zum Essen sitze ich neben Hans. Hans, etwa gefühlte 2,50 groß (ich bin 1,70), scheint ein netter Kerl und so kommen wir fix ins Gespräch. Der Typ hat Sachen
zu erzählen... Mitte 50 ist er und hat wirklich schon die „Motorrad- Welt" gesehen. Er erzählt von seinem Berufsausstieg, den er mit Mitte 20 hatte, und wie er
damals mit seiner Enduro in Richtung Afrika gefahren ist. Es ist einfach spannend, ihm zuzuhören. Wenn ich das so höre, bekomm ich immer mehr Appetit auf
das, was schon hinter mir liegt und das was noch vor mir liegt. Ob ich nach Afrika will (Rüver no Tanger...?) weiss ich nicht, aber ich hab jetzt schon den Narren
am Tourenfahren gefressen. Genau weiss ich allerdings, dass das Essen heute wieder supergenial ist.
Nach einer kleinen aber feinen Vorspeise gibt es als Zwischengang wieder einen Salat mit einem spitzenmäßigen Dressing, danach Lammkeule mit Rosmarinkartoffeln
und zum Schluss ein Apfelsorbet – alles aus eigener Herstellung. Den Kaffee danach nehme ich wieder gerne an.
Es ist eine lustige Gesellschaft am Tisch und so wird neben dem Essen viel Blödsinn gemacht, bis Hans mich auf einmal anschaut und mich fragt, was für ein Mopped
ich denn fahre. Auf meine Antwort „GS“ hin, schaut er mich fragend an und meint „Hm, nimms mir nicht übel, aber wie geht denn das bei Deiner Größe?“ Kurz erklär
ich ihm, dass ich den Fahrersitz in der unteren Position und das Federbein runtergedreht habe, so dass es auch mit der Beladung zusammen noch alles passt (zuhause
fahr ich ne flachere Sitzbank). Er schaut mich trotzdem ungläubig an, was solls. Da die Gesellschaft heute noch netter als auf der Hinfahrt ist, wird es etwas später
für mich als geplant aber irgendwann ist Schluss. Bärchen wartet schließlich schon seit geraumer Zeit und ich muss eben auch ins Bett, respektive Schlafsack.
„Nacht zusammen“, mit den Worten verabschiede ich mich von der verrückten Truppe, gehe zu meinem Kinderzelt und freue mich auf eine ruhige Nacht.