Wir planen unseren Urlaub. Wir haben nur 8 ¼ Tage Zeit, also wohin?
Lydia hatte bis dato noch nie die Alpen gesehen und ich kannte sie nur vom Skifahren. Das war Jahrzehnte her. Also bietet sich eine „ Eine Alpen Schotter Tour“ an - für jeden etwas dabei.
Da wir hier schon einiges gelesen hatten, war klar: Wir düsen in den Piemont
Ziel war Salbertrand als Basic Camp zu nutzen und von dort aus die Schotterstrecken zu erkunden. Das war ursprünglich das Ziel.
Freitag den 4.9.2015
Die Motorräder stehen gepackt im Hof und sind bereit. Unser Hund ist bei einem Freund gut unter gebracht. Der eingesprungen war, da unser eigentlicher Hundesitter ausfiel.
Am Mittwoch hatte ich noch neue Reifen und Schläuche aufziehen lassen. Das Navi ist voll gestopft mit Tracks und Routen. Also alles perfekt? Fast.
Wo bleibt Lydia? Die wollte doch früher von der Arbeit, damit wir rechtzeitig los kommen.
Um 16:30 kam sie endlich, gestresst. Also haben wir noch eine gute Stunde gewartet und dann drauf auf die Böcke mit dem Ziel Königsfeld im Schwarzwald.
Wir hatten die Option bei Gavia zu nächtigen. Vielen lieben Dank nochmal an dieser Stelle für das Angebot. Da wir allerdings nicht wussten bis wann wir ankommen und am nächsten morgen wieder früh los wollten, hatten wir uns für das Park Hotel im Schwarzwald entschieden.
Die Anfahrt gestaltete sich dann doch nicht so einfach wie gedacht. Eine Baustelle mit Umleitung folgte der anderen und so kamen wir dann auf knapp 70 km Umweg im Hotel um 22:30Uhr an, haben eingecheckt, geduscht und sind ins Bett gefallen.


Samstag den 5.9.2015
Gut geschlafen, mit einem kräftigen Frühstück gestärkt und bei strahlendem Sonnenschein starten wir mit dem Ziel Kandersteg. Also einmal durch die Schweiz.
Navi an…irgendetwas fehlt hier…mist ich habe vergessen die Tour zu laden. Egal, Position markieren, Route finden und immer schön Lydia anlächeln.
Die Strecke führte uns am Schwarzwaldhof Werksverkauf vorbei. Als ich das Schild gesehen habe, war mir klar, dass meine Lydia nicht widerstehen kann. Also umgedreht und mal eben rein schnuppern. Zum Glück hatte Lydia schon gefrühstückt. Ansonsten hätte ich wohl einen Anhänger gebraucht... Freudestrahlend bepackt mit Geräuchertem ging es dann wieder weiter


Mit 80km/h durch die Schweiz können sich echt ziehen. Dafür war das Wetter klasse. Später begann es mit tröpfeln und ging über ins gießen.-.ca.5 km vor der Bahnverladung in Kandersteg. (Danke für den Tipp Ryna)


In Göppenstein angekommen erwartet uns ein strahlenblauer Himmel. Unsere Stimmung steigt und unser Ziel, der Campingplatz in Ortha, erscheint uns wieder in erreichbare Nähe gerückt zu sein.
In Brig biegen wir rechts ab und fahren rauf über den Simplonpass –Zwischenberg nach Ortha San Giulo zum Campingplatz.



Bild "dsc_0227jpu36.jpg" anzeigen.
Ab ca. 20.00Uhr haben wir das Zelt am See aufgeschlagen, eine kleine Vesper gemacht, eine Karaffe Rotwein im Restaurant getrunken und danach ab in die Schlafsäcke. Ich war, glaube ich, seit 10 Jahren in keinem Schlafsack mehr und habe geschlafen wie ein Baby.
Sonntag den 6.9. 2015
Um 6 Uhr öffnen sich meine Augen. Die ersten Sonnenstrahlen berühren die Gipfel, was für ein Anblick! Einfach traumhaft. Dazu der spiegelglatte See. Der Campingplatz ist noch ruhig. Nur hin und wieder hört man ein Auto vorbei fahren.




Einfach irre „ Wir sind in den Alpen“ Ich strahle über beide Wangen. Meine kleine Ly erwacht auch langsam (unter Nachhilfe – Anmerkung von Ly…) mit dem Prostest: „Wir haben Urlaub-ich will ausschlafen“

Doch der Anblick der Berge macht auch Sie schnell wach.

Also wird Kaffee gekocht und Speck aus dem Schwarzwald mit Ei aus der Schweiz gebruzelt, schnell das Zelt abgebaut und alles verstaut.


Heute sind 220 km geplant. Über kleine Passstraßen soll es rüber nach Susa und dann weiter auf den Campingplatz Don Bosco bei Salbertrand. Den kennen hier einige sicherlich.
Das war der Plan…das Schicksal hatte andere Pläne mit uns.
Um 9.30Uhr sind wir gut ausgeruht und mit Elan gestartet.



Ly-Tier

halt nein hier steht sie

Ein gewaltiger Anblick selbst aus der Ferne der Mount Blanc



Auf der Sp 513 Richtung Europa




Gut 1 Std später auf der Sp513, ich werde den Straßennamen nicht so schnell vergessen, bei genau:
N 45° 38.852
E007° 59418
stimmt irgendwas mit dem Vorderreifen oder der Lenkung nicht. Gerade aus der Spitzkehre heraus sehe ich, dass mein Reifen platt wird. Zum Glück ist in 50 m eine kleine Parkbucht. Bis dahin sollte ich es noch schaffen. Lydia überholt mich und hält glücklicherweise genau da, wo ich vorhabe hinzukommen. (Anmerkung Ly: Ich dachte, er wartet freundlich auf mich, nachdem er zuvor die Kehren hoch gestochen ist…)
Schei…Vorderreifen platt. Erster Gedanke: Ich hoffe, ich habe mir keinen Nagel reingefahren.
Also erst mal Reifen kontrollieren.



Nichts zu sehen. Der Mantel war okay. Der Reifen und Schlauch kam ja auch erst am Mittwoch drauf und ich war dabei….Öhm Schlauch. Schlauch Pannenspray…..da war doch was. Ein Blick zu Lydia und ich glaube, sie hatte den gleichen Gedanken wie ich. „ Ja, ja wenn ich Dich das Pannenspray hätte kaufen lassen“ (Anmerkung Ly: Er hatte die halbe Werkstatt mit, um für ALLES gerüstet zu sein. Dass gerade das Pannenspray benötigt wird, hätte ich nicht geglaubt… Naja, wofür gibt’s den ADAC?)
Ich habe jeglichen Mist dabei, um beide Motorräder zu zerlegen und notdürftig zu reparieren.
Pannenspray war mir u.a. wegen Gewicht untersagt worden. Begründung „ Für was hast Du eine ADAC Plus Mitgliedschaft?“.
Naja, was soll`s. Das Wetter ist klasse und wir stehen hier an einem wunderdschönen Pass und Lydia nutz die Zeit zum Knipsen.








Die Straße ist echt schmal. Mal schauen, ob der ADAC hier her einen Abschleppdienst bekommt. ADAC-Mitgliedskarte rausgesucht und dort angerufen.
Das Telefonat:
DGD: Hallo DGD hier,
ADAC: Was können wir für Sie tun?
DGD: Ich habe einen platten Reifen am Motorrad.
ADAC: Haben Sie Pannenspray?
DGD: NEIN!! Deswegen ruf ich an.
ADAC: Wo sind sie aktuell?
DGD: Ich stehe hier in Italien auf der Sp 513.
ADAC: Die Straße sehe ich nicht, können sie mir sagen bei welchen Km?
DGD: Ich könnte ihnen die GPS Koordinaten geben.
ADAC: Ja das würde uns helfen.
DGD: N…..E….
ADAC: Da ist keine Straße….
DGD: Zoomen Sie mal in die Karte rein.
ADAC: Oh…das ist ja im nirgendwo. Wir Informieren für Sie den ADAC Italien, die melden sich dann bei ihnen.
DGD: Cool
ADAC: Sie werden per SMS auf den Stand gehalten. Dauert max. 2 Std bis jemand da ist.
DGD: Klasse, vielen Dank auch.
Keine 5 min später kam eine SMS von ADAC Italien: Ihr Auftrag ist in Bearbeitung
20 min später folgte der Anruf:
ADAC: Hören Sie, also wir sind nicht für Sie verantwortlich.
DGD: Warum?
ADAC: Sie sind auf Island und…
DGD: Wo soll ich sein?!
ADAC: Laut GPS Daten auf Island…
DGD: Leute, ich bin in Italien.
ADAC: Wo?
DGD: Auf der Sp513
ADAC: Kenne ich nicht, können Sie uns vielleicht die GPS Daten geben.
DGD: Klar…N…E…
ADAC: Oh, da gab es wohl einen Zahlendreher, aber da ist keine Straße….
DGD: Zoomen sie mal
ADAC: Oh….ja doch die ist ja winzig…wir melden uns wenn wir einen Abschleppdienst haben.
10min später kommt die SMS, dass ein Abschlepper um 16.10 bei mir sei…
Um 16:30 Uhr war der gute Mann auch wirklich da. Respekt, der ist wirklich mit einem Klein-LKW hier her gekommen. Also wenden ist auf der Strecke nicht drin. Ob der um die Spitzkehren kommt, bei der Länge???
Das Motorrad war schnell aufgeladen und ordentlich gesichert. Der Mann sprach zwar kein Englisch, doch dank meiner Übersetzungs App klappt die Verständigung auch so hervorragend.
Nun kam der Teil, über den ich mir am meisten Sorgen gemacht hatte: Wie kommen wir mit dem Geschoss durch die Spitzkehren? Ich hoffte auf die Erfahrung des Fahrers.
Es kam wie es kommen musste… Nach ca. 100m in der ersten Spitzkehre sprang ich runter vom Beifahrersitz und ging raus zum Einweisen. Vor und zurück nach 5 Manövern war der LKW rum.
Ich hüpfte wieder rein. Nach etwa 100m das gleiche Spiel. Bei den ersten beiden war er noch ziemlich entspannt. Nun kamen die richtig engen Kehren dran. Das Gefluche auf italienisch war sehr eindeutig aus der Fahrerkabine zu hören. Dennoch kamen wir auch durch diese. Er fragte mich, wie viele noch kommen würden. Meine Antwort: Noch 5 Stück… Das französische Wort für Schei….musste ich nicht in den Translater eingeben…
Ich entschied mich, gleich auf der Ladefläche Platz zu nehmen, da ich dann schneller um den LKW rum rennen konnte. Nach einer gefühlten Stunde waren wir raus aus der Gasse. Ab da ging es im Schweinsgalopp in Richtung Biella, wo die Kati in der „Garage“ bis zur Reperatur abgestellt werden soll. Lydia ist hinter uns her gebraust. Sie hat sich schnell der Fahrweise der Italiener angepasst.
Während der Fahrt kam ein Anruf vom ADAC. Ich wurde darüber aufgeklärt, dass sie heute, am Sonntag, keine offene Werkstatt finden und mich der Fahrer zu einem Hotel bringen wird. Die Rechnung für uns beide übernimmt der ADAC. Montag soll ich 10 Uhr erfahren, wie es weiter geht.
Klasse!
Der Fahrer hält am besagten Hotel, ich nehme mir hastig meinen Tankrucksack, Helm und Jacke. Auf der Kati blieb (leider) meine gesamte Privatkleidung, sodass ich gezwungenermaßen mit Motorradhose und –stiefel die nächste Zeit zubringen musste.
Lydia, die hinter uns steht, erkläre ich, dass Sie nur auf die andere Straßenseite muss und dort das Hotel mit Tiefgarage ist. (Anmerkung Ly: Eine zweispurige Straße, an deren Ende als einzige Wendemöglichkeit ein zweispuriger Kreisel besteht…)
Noch ein kurzer Blick zum Motorrad: Alles Wichtige habe ich??? Ja
Und weg ist der Gute. Innerlich mach ich mir schon Sorgen um meine kleine Kati.
In Italien alleine irgendwo in einer „Garage“…Naja wird schon gut gehen hoffe ich. Ich denke an die Worte vom ADAC: Ich soll mir keine Sorgen machen.
Das Hotel ist ganz nett und ziemlich zentral gelegen. Also warum nicht das Beste daraus machen?
Dann kommt auch schon Lydia angedüst etwas verwirrt…“Die haben hier zweispurigen Kreisverkehr, das ist die Hölle. Da ich nicht wusste wie ich am schnellsten durch komme, habe ich einfach eine dritte Spur eröffnet.“
Okay, Lydia ist halt eine Kämpfernatur-die beisst sich auch hier durch.
Das Hotel Europa ist ganz nett, so im 80er Jahre Stil. Zimmer waren frei. Die Rezeption konnte sogar wenige Worte Englisch und gab uns einen Tipp, wo wir gut essen gehen können. Mit einer leckeren Pizza im Bauch und einen guten Schoppen Rotwein ließen wir den Abend ausklingen. Gut, dass es den ADAC gibt :-)