Bei mir vorm Haus wird die ganze Straße aufgerissen. Die Gäste müssen also einmal quer über den Spielplatz und die Motorräder auf den Fußweg stellen. Da selbiger aktuell in einem Loch endet, ist mit exzessivem Passenten-Verkehr nicht wirklich zu rechnen.

Nacheinander trudeln dann auch noch Stevie und Abdul ein und so steht einem gemütlichen Flammkuchen-Abend nichts mehr im Wege.

Abdul lässt es sich nicht nehmen, eine Riesenpackung syrischer Pistazien-Leckereien durchs Land zu schaukeln. Die sind übrigens echt lecker!

Nach dem Essen sollst Du ruh’n oder die steile Treppe zum Zillhauser Wasserfall hinunter lustwandeln.

Zu sehen gibt es nicht viel, der Wasserfall tröpfelt nur traurig vor sich hin. Der Weg hinunter durch die dichte blühende Bärlauchplantage ist aber auch ohne Fallendes Wasser begehenswert.
Da ich nur 2 Schlafplätze habe, muss sich Stevie wieder auf den Weg machen, um im mondänen Alb-Motel zu übernachten.

Solange uns die Temperaturen noch hold sind, machen wir es uns auf der Terrasse bequem mit exklusivem Blick auf die Straßenbaustelle. Abdul hat einen App-Tipp auf Lager: mit “PACE Drive” kann man direkt über die App an der Zapfsäule bezahlen. Wir finden das so interessant, dass wir’s gleich installieren.
Weder Abdul & Reiner noch wir müssen noch irgendwo hin, also nehmen wir uns des kleinen Alkohol-Schrankes an und machen ein kleines Tasting des Slyrs-Whiskeys und eines spanischen Schoko-Likörs. Gute Nacht!
Mittwoch, 28. Mai – Getrennte Wege
„Eigentlich“ wollten wir ja heute mit den Jungs zusammen die halbe Strecke nach Oberdrauburg abreiten. Uneigentlich haben wir aber noch einen Arbeitseinsatz bei meinen Eltern eingeschoben und werden morgen die komplette Strecke fahren.

So verabschieden wir unsere Mitstreiter vorübergehend, die sich mit Stevie treffen und dann auf den Weg Richtung Österreich machen.

Ganz so schlimm finde ich es nicht, dass wir den Nachmittag mit Räumungsarbeiten verbringen und dann den Abend gemütlich bei meinen Eltern mit Kuchen, Wurstsalat und SkipBo-Spielen ausklingen lassen.
Vor allem nicht, wenn ich bei einigen Mimotos verfolge, durch welch Wasserspiele sie sich Richtung Kärntern kämpfen müssen, während wir im warmen Trockenen hocken.
Ich lege abends meine Siebensachen fürs Losfahren bereit. Nanu? Wo ist denn mein geliebter Funktionspulli? Mist, den scheine ich zuhause liegen gelassen zu haben… naja, das Wetter soll ja gut bleiben und ich hab noch die Windbreaker-Schicht in der Jacke, das sollte reichen.
Donnerstag, 29. Mai: Auf nette Gesellschaft und neue Bekanntschaften.
Wir kommen pünktlich um halb 10 los. Ich liebe ja die Einstellung “Autobahnen meiden”, denn so führt uns TomTom auf einer interessanten Mischung aus Bundes-, Kreis- und Landstraßen querfeldein.

Wenn sich’s anbietet, ist auch mal ein geteerter Feldweg dabei - also Autobahnen sind das definitiv nicht.
Verkehrstechnisch ist es entspannt, der nimmt auch nur in den typischen Ballungsgebieten ein wenig zu. Bis Schöngau bleiben wir trocken, dann drängen uns dräuende Wolken in die Pellen – und das keine Minute zu früh! Uns erwischt ein veritabler Wolkenbruch, der aber wie mit dem Lineal gezogen, von jetzt auf gleich wieder aufhört.
Weil es heute Abend ja Halbpension gibt, haben wir uns für die Mittagszeit was zum Vespern besorgt und nutzen die Tankpause in Bad Tölz dafür.
Eine Dame in einen türkisfarbenen Audi fährt vor und bewundert erst mal meine pinke ERNA – das wir auf einer geschmacklichen Wellenlänge surfen, war mir klar, als sie aus dem Auto stieg
Es dauert nicht lange und wir werden schon wieder angesprochen. Diese Mal ist es mein Balinger Kennzeichen, das die Aufmerksamkeit von Rita erregt: sie lebt schon seit 40 Jahren in München und betreibt dort einen Blumenladen, aber gebürtig ist sie aus Albstadt-Ebingen. Und jetzt ratet mal? Damals hat sie in der Arbeitsvorbereitung bei effeff gearbeitet – also beim gleichen Arbeitgeber wie ich! Was für ein Zufall!
Wo wir schon mal im Gespräch sind, können wir ihr auch gleich unsere Hilfe anbieten mit dem Luftdruck-Messe-und Aufpump-Gerät.
Das war der eigentliche Grund, warum sie an die Tankstelle gefahren ist. Während Chris sich ganz gentlemanlike um das Aufpumpen des Reifens kümmert, plaudern wir über dies und das.
Sie träumt schon lange davon, den Motorradführerschein zu machen und wir bestärken sie darin, dass es nie zu spät für eine glückliche Kindheit ist. Und ihren Zweifel, ob sie denn auch Leute zum Fahren finden würden, wischen wir mit einem Hinweis auf Foren wie bei den Mimotos und auf Gruppen wie She Rides gleich beiseite.

Kontaktdaten werden natürlich auch ausgetauscht und wir versprechen, in Kontakt zu bleiben. Die Pause war damit klar länger als geplant, aber diese tolle Begegnung war’s auf jeden Fall wert!
Nach der Pause nähern wir uns den typisch Bayerischen Tourigegenden wie dem Schliersee. Wofür ist der Schliersee bekannt? Na? Na?

Für die Destillerie “Slyrs” natürlich! Da das ein oder andere geistig hochprozentige Werk auch bei uns zuhause steht, schauen wir kurz vorbei. Leider haben sie a) zu und b) eine Baustelle direkt vor der Tür, was ein richtig schönes Foto verhindert.

Richtung Kufstein findet TomTom wieder eine wunderbar kleine Straße und nur ein einziges Münchner Auto bremst unseren Vortrieb.
In Kufstein verabschiedet sich mein Navi mit dem Hinweis, dass es jetzt genug navigiert hätte und der Akku jetzt all ist. Auf Wiedersehen. Hätte ich das wilde Rumgeblinke und Genöle “Akku fast leer” wohl doch nicht einfach ignorieren sollen.
Aber wozu hat frau ne Powerbank? Frisch bestromt führt uns das Navi weiter Richtung Felbertauern. Steht eh schon angeschrieben. “Das würden wir ab jetzt auch ohne Navi finden”, erkläre ich selbstbewusst. Was wir nicht finden würden, ist die prima “Ich kenn da ne Abkürzung”-Strecke, die TomTom uns weist und die ein wenig Würze und Abwechslung ins Hauptstraßen-Reiten bringt.

Wenn wir schon pausieren, dann aber bitte direkt vor dem Nicht-Parken-Schild...
Am Felbertauern haben wir mal wieder das typische Harley-Problem: vor uns 5 der Laut-Treter. Eigentlich fahren sie ja ganz vernünftig, sowohl inner- als auch außerorts, so dass wir gar keinen Drang verspüren, vorbeizuziehen. Bis die erste Kurve kommt. Da bremst die Truppe fast bis zum Stillstand... Als eine zweispurige Strecke vor uns auftaucht, denke ich nur “Prima, Problem gelöst!”. Naja, so einfach löst sich das Problem nicht, der geneigte Harley-Treiber findet, dass die linke Spur viel besser zu ihm passt als die schnöde rechte Spur für Schleicher.
Wir schauen uns das kurz an und fahren dann einfach charmant rechts an der Gruppe vorbei. Ist ja kein Verkehr und damit genug Platz.
Der Tourguide der Gruppe kann das natürlich nicht auf sich sitzen lassen und heizt hinter uns her wie von Sinnen. Dass er dabei seine komplette Gruppe aus den Augen verliert – geschenkt! Ich weiß echt nicht, was das Problem mit diesen Leuten ist....
Vor dem Felberauentunnel ist eine rote Ampel und wir halten an. Hinter uns schließen bollernd die Harleys auf. Vor uns stehen nur zwei Autos und vor denen ist noch Platz neben einem anderen Motorradfahrer. Diese Lücke füllen wir und stellen uns in die Pole Position.
Der Motorradfahrer neben uns ist aus UK und verbringt gerade eine Woche im Salzkammergut. Wir plaudern ein wenig, die Ampel ist ja noch rot und unsere Motorräder bollern ja nicht so laut, dass eine Verständigung nicht mehr möglich ist. Scheinbar ist heute der Großglockner für Motorräder gesperrt. Er wollte dort eigentlich drüber und musste umkehren. Für ihn ist der Felbertauern natürlich ein nicht unerheblicher Umweg.
Die Ampel wird grün und wir unterqueren den Berg – es ist schon immer wieder faszinierend-bedrohlich, wenn man drüber nachdenkt, wie viele Tonnen Stein gerade über unseren Köpfen thronen..
Direkt nach der Maut-Station ist ein Parkplatz mit Aussicht und ja, davon hat es reichlich. Allerdings stapeln sich da schon die Motorradfahrer und wir haben gerade so schön freie Fahrt, diese einsame Pole Position wollen wir uns nicht nehmen lassen und rauschen ungeaussichtet weiter ins Tal. Ich bin auch nicht in Fotografierlaune, dabei ist es schon ansehnlich, das Panorama mit den schneebedeckten Bergen unter dem leuchtend blauen Himmel.
Waren es oben am Portal des Felbertauern noch lauschige 11 Grad, steigert sich die Temperatur analog zu unserer Laune von Meter zu Meter, so dass wir strahlend bei knapp 24 Grad am Talboden ankommen. Und das erste Mal heute ist mir so richtig schön warm!
Bis Oberdrauburg sind es dann nur noch wenige Kilometer und ich freu mich schon auf das Wiedersehen!

Natürlich sind schon viele Mimotos da, aber wir beziehen trotzdem erstmal unser Wunschzimmer (das mit dem schönen Erker)

Eigentlich wollen wir die Motorräder dann noch in eine der hauseigenen Garagen stellen, aber die ist knüppelrappelvoll. Meine kleine Erna findet noch ein Plätzchen am Rand, der Rest dreht ungeparkt wieder um. Liegt vielleicht auch an der silbernen BMW, die quer parkt und damit 2-3 Parkplätze belegt... Ein Halter ist nicht zu ermitteln und zuparken wollten wir ihn jetzt auch nicht.
Wir machen uns ausgehfein und gesellen uns zum Schwätzen zu den verschiedenen Gruppen.
Und endlich lerne ich auch den Blahwas aka Johannes kennen! Seinen Reiseberichten folge ich immer mit großem Interesse und hab mir auch den ein oder anderen Techniktrick und Reisetipp abgeschaut. Er ist mit zwei Freunden auf der Durchreise nach Kroatien und das Timing der Zwischenübernachtung hat perfekt gepasst- Seinen Reisebericht findet ihr hier
Uwe und Doris, mit denen wir im Anschluss ans Mimoto-Treffen noch ein paar Tage in Slowenien touren wollen, sind schon früher losgefahren und so treffen wir unsere Reise-Buddies erst heute.

Den Abend verbringen wir im Separée, das exklusiv für die Mimotos reserviert ist.

Immer mehr der Truppe trudeln ein und es ist wie üblich laut und schön. Das Menü, das die Post uns zaubert, kann sich auch sehen lassen!

Außer uns sind noch andere Gäste, auch größere Motorradgruppen, da und das Restaurant, die Bar und die Terrasse sind bumsvoll. Das Team wuppt das aber super souverän und immer mit einem freundlichen Lächeln und einem Scherz. Cool ist auch, dass wir nicht alle gleichzeitig essen müssen: ist ein Tisch besetzt, wird das Essen aufgenommen. So essen wir staffelweise – je nachdem, wer früher hungrig ist oder später ankommt.

Gute Nacht aus Kärnten!